Geändert hat sich nichts an der Ausbreitung der Schweinegrippe, aber jetzt ist sie plötzlich wieder in den Medien. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie heute der Aufmacher in der Tagesschau wäre.
Gewiß, die WHO hat jetzt Warnstufe 6 ausgerufen. Aber das war nur eine Frage der Zeit. Schon als man Warnstufe 5 ausrief, sagten die Verantwortlichen der WHO, es werde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Pandemie kommen. Man hat abgewartet, bis eine kritische Zahl von Fällen erreicht war, und jetzt Stufe 6 ausgerüfen.
Etwas, das, wie mir scheint, Erwähnung verdient: Nola hat hier im Forum in dem vorausgehenden Thread zu diesem Thema immer wieder beharrlich auf die Entwicklung der Epidemie hingewiesen; zuletzt erst am dritten Juni.
Zitat von ZettelMedien sind so etwas wie Differenzmelder. Sie sprechen auf Änderungen an, nicht auf Zustände. Und sie sprechen auf Änderungen nur an, wenn diese sich mit einer gewissen Schnelligkeit oder Dramatik vollziehen.
Will meinen: die erste Ableitung nach der Zeit ist wichtig. Sozusagen d(Schweinegrippe)/dt.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von ZettelMedien sind so etwas wie Differenzmelder. Sie sprechen auf Änderungen an, nicht auf Zustände. Und sie sprechen auf Änderungen nur an, wenn diese sich mit einer gewissen Schnelligkeit oder Dramatik vollziehen.
Will meinen: die erste Ableitung nach der Zeit ist wichtig. Sozusagen d(Schweinegrippe)/dt.
In diesem Fall, lieber Gorgasal, vielleicht sogar die zweite Ableitung. Die Zunahme der Beschleunigung der Ausbreitung.
Zitat von ZettelMedien sind so etwas wie Differenzmelder. Sie sprechen auf Änderungen an, nicht auf Zustände. Und sie sprechen auf Änderungen nur an, wenn diese sich mit einer gewissen Schnelligkeit oder Dramatik vollziehen.
Will meinen: die erste Ableitung nach der Zeit ist wichtig. Sozusagen d(Schweinegrippe)/dt.
In diesem Fall, lieber Gorgasal, vielleicht sogar die zweite Ableitung. Die Zunahme der Beschleunigung der Ausbreitung.
Neinnein! Die Ausbreitung ist die erste Ableitung, die Beschleunigung der Ausbreitung die zweite, und die Zunahme der Beschleunigung ist ja schon die dritte Ableitung!
Bitte hier keine Fehlinformationen einstellen!
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von ZettelMedien sind so etwas wie Differenzmelder. Sie sprechen auf Änderungen an, nicht auf Zustände. Und sie sprechen auf Änderungen nur an, wenn diese sich mit einer gewissen Schnelligkeit oder Dramatik vollziehen.
Will meinen: die erste Ableitung nach der Zeit ist wichtig. Sozusagen d(Schweinegrippe)/dt.
In diesem Fall, lieber Gorgasal, vielleicht sogar die zweite Ableitung. Die Zunahme der Beschleunigung der Ausbreitung.
Neinnein! Die Ausbreitung ist die erste Ableitung, die Beschleunigung der Ausbreitung die zweite, und die Zunahme der Beschleunigung ist ja schon die dritte Ableitung! Bitte hier keine Fehlinformationen einstellen!
Ja, die dritte. Und Sie hatten gar nicht das mathematisch ausgedrückt, was ich geschrieben hatte: "Sie sprechen auf Änderungen nur an, wenn diese sich mit einer gewissen Schnelligkeit ..."
Das war also schon die zweite Ableitung gemeint - die Beschleunigung der Ausbreitung -, nicht die erste, wie Sie geschrieben hatten. Ich habe auf das, was Sie schrieben, nur noch eins draufsetzen wollen, und war deshalb - falsch - erst bei der zweiten Ableitung gelandet.
Zitat von ZettelEs hat sich exponentiell ausgebreitet.
Zitat von ZettelDa war also schon die zweite Ableitung gemeint [...] nicht die erste [...]
Völlig wurscht, da die Ableitung der Exponentialfunktion bekanntlich diese selbst ist. Sie hätten die siebzigste Ableitung meinen können, das hätte auch nichts geändert.
Was Sie hier vielmehr schon hätten meinen können, und bei genauer Lektüre auch schon ungefähr gesagt haben, daß es gar nicht um Ableitungen geht, sondern um Unstetigkeitsstellen:
Zitat von ZettelMedien sind so etwas wie Differenzmelder. [...] Sie informieren uns nicht, wenn das Haus einen Riß nach dem anderen zeigt, sondern erst dann, wenn es in den Fugen kracht, wenn nicht gar einstürzt.
Die WHO ist ein Stetigkeitsbrecher, ein A/D-Wandler, der aus dem glatten Fluß natürlicher Vorgänge eine diskrete Folge von Medienereignissen macht.
Glückwunsch zu diesem und auch Ihrem früherem Blogbeitrag zum Thema: eine der wenigen differenzierten Sichtweisen unter den üblichen Extremen von Panikmache bzw. Verharmlosung.
In der wissenschaftlichen Community ist die jetzige Entwicklung für niemanden eine Überraschung. Numerische Simulationen wie diese
zeigen genau den zu Beginn schleichenden, dann nach einer "Inkubationszeit" von einigen Wochen sich immer mehr beschleunigenden und zunächst in "Clustern" konzentrierten Verlauf.
Leider sind die Menschen durch die aberwitzige Flut an medial aufgebauschten Pseudogefahren (vom "Feinstaub" bis zum "Gefrierbrand" ;-) bereits so weit abgestumpft, daß eine Sensibilisierung für wirkliche Gefahren nicht mehr möglich scheint. Dauernd rennen die Medien durchs Dorf und brüllen "Wolf!,Wolf!" ... Aber was, wenn dann (so wie jetzt) tatsächlich einer in der Nähe gesichtet wird ?
Tatsache ist:
1. Das Virus wird effektiv von Mensch-zu-Mensch übertragen
2. Wir sind erst ganz am Beginn einer globalen Ausbreitung. Nimmt man vergangene Influenza-Pandemien zum Vergleich, würde sich am Ende etwa ein Drittel der gesamten Weltbevölkerung infiziert haben, also im Milliardenbereich.
3. Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt nicht, wie gefährlich das Virus tatsächlich ist im Vergleich zu "herkömmlichen" Grippeviren. Auf der Homepage der Amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC heißt es dazu seit Wochen nur lapidar:
In Antwort auf: It’s uncertain at this time how serious or severe this novel H1N1 pandemic will be in terms of how many people infected will develop serious complications or die from novel H1N1 infection. Experience with this virus so far is limited and influenza is unpredictable.
Die bisher einzige (!) wissenschaftliche Studie http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/1176062 kommt zu dem Schluß kommt, daß die Sterblichkeit (Case Fatality Rate) zwischen 0.3 und 1.5 Prozent aller Erkrankten liegt. Und wäre damit tatsächlich zwischen 3 und 15 mal gefährlicher als die Saisonale Grippe mit ihrer CFR von ca. 0.1%.
Damit ergibt sich die erste grobe Abschätzung der Dimension des Problems: Die Multiplikation der CFR (selbst in der optimistischsten Variante) mit dem oben genannten Erwartungswert der globalen Fallzahlen ergibt eine potentielle Opferzahl in der Größenordnung von Zehntausend mal "09/11".
Persönlich hoffe ich, daß die Fraser-Studie die tatsächliche CFR doch deutlich unterschätzt, aber so lange keine weiteren Studien vorliegen, ist das nun einmal die einzige peer-reviewed, evidence-based Informationsgrundlage die uns für eine rationale Risikoabschätzung zur Verfügung steht.
Bernd314
P.S.: habe mich mit dem Thema die letzten Wochen ausfürlich beschäftigt, da ich insofern persönlich betroffen bin, als meine Frau hochschwanger ist und damit zu einer Hauptrisikogruppe gehört (10% der Todesfälle in Mexiko und den USA waren schwangere Frauen
Zitat von ZettelDa war also schon die zweite Ableitung gemeint [...] nicht die erste [...]
Völlig wurscht, da die Ableitung der Exponentialfunktion bekanntlich diese selbst ist. Sie hätten die siebzigste Ableitung meinen können, das hätte auch nichts geändert.
Da haben Sie auch wieder Recht. Dieser Punkt geht an Sie, lieber Kallias.
Zitat von KalliasDie WHO ist ein Stetigkeitsbrecher, ein A/D-Wandler, der aus dem glatten Fluß natürlicher Vorgänge eine diskrete Folge von Medienereignissen macht.
Diesen Vergleich hatte ich auch erwogen. Anfangs hatte ich "Medien als Digitalisierer" hingeschrieben. Dann fiel mir ein, daß beim Digitalisieren ja keine Information verlorengeht; es wird nur das Format gewechselt. Bei der Wandlung, um die es hier geht, wird aber selegiert.
Deshalb habe ich das durch "Medien als Differential- Detektoren" ersetzt. So stand es auch für die ersten Minuten im publizierten Text. Dann kamen mir Zweifel, daß dieser Begriff überhaupt im Deutschen geläufig ist, und ich habe danach gegoogelt. Erst "Differential-Fühler" geschrieben, dann "Differential-Sensoren". Was alles von Biologen und Technikern verwendet wird, mir aber auch nicht gefiel.
Bis mir dann "Differenzmelder" ein- und gefiel. So habe ich dann die Überschrift und den Text geändert.
Interessant ist auch, dass sich die Amerikanische Gesundheitsbehörde CDC anscheinend auch an den newscycle hält. Von Ende April bis etwa Mitte Mai hielt die Behörde täglich eine Pressekonferenz zum Thema Schweinegrippe ab. Danach nahm diese Regelmäßigkeit stetig ab, bis es diesen Monat anscheinend so gut wie garnichts mehr zu sagen gab. Die letzten drei Konferenzen fanden am 28. Mai, am 4. Juni, und dann erst wieder gestern am 11. Juni statt.
Vielen Dank, lieber Bernd, für diesen informativen Beitrag. Wenn ich - was zu erwarten ist - wieder etwas zu diesem Thema schreibe, werde ich Ihre Informationen nutzen.
werde mich nach einer Zeit der berufsbedingten blog-Abstinez ab jetzt wieder öfter im ZR aufhalten
Im Moment bin ich noch beim Aufholen der ganzen Beiträge aus dem Archiv: eine höchst vergnügliche und lehrreiche Lektüre, gerade weil viele Ihrer Beiträge weit über das aktuelle Tagesgeschehen hinaus reichen (z.B. die Miniserien über Philosophie und Wissenschaft
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