Als ich den Artikel in der "Süddeutschen Zeitung" gelesen hatte, dachte ich, das sei vielleicht Stoff für eine kleine ironische Marginalie. Dann habe ich mir angsehen, was der Verlag Langenscheidt da anbietet; und es war Schluß mit Lustig. Herausgekommen ist diese Meckerecke.
es fällt mir grade wahnsinnig schwer, ernst zu bleiben. In der guten alten Zeit ward also die dralle Maid zur Wuchtbrumme, ja?
Zugegeben, die Ranwanzerei von Langenscheidt ist peinlich, aber ihre zitierten Artikel aus den 80-ern sind's nicht minder. Sobald die Altvorderen versuchen den Sprachcode der Jugend zu ergründen, wird es regelmäßig albern. Da werden Phantasiebegriffe hochgejazzt, die vielleicht originell sind, aber kaum Einzug in die Alltagssprache gefunden haben. "Aknestäbchen" ist so ein Fall. Ich kann mir nicht vorstellen, dass den Begriff jemand benutzt, wenn er viel kürzer "Fritten" oder "Pommes" sagen kann.
Ich habe mir die Begriffe angesehen und kann ihre Empörung irgendwie nicht nachvollziehen. Bösartig, aggressiv und herabsetzend finden sie diese? Erschließt sich mir nicht.
Okay, die "Knieschoner" sind grenzwertig, aber ich musste da doch spontan grinsen, weil ich an die eine Lehrerin in South Park (Miss Choksondik?) denken musste. Der "Hagelschaden" mag zwar nicht pc sein, aber er lässt gleich ein Bild vor Augen entstehen (ähnlich wie der "Waschbrettrücken"). Schlimm? Finde ich nicht. Obwohl ich auch mittlerweile ein Kandidat für "Gammelfleischpartys" wäre, kratzt mich diese Bezeichnung nicht im geringsten. Warum auch? Ist es nicht ein Recht der Jugend, sich von den "Erwachsenen" abzugrenzen? Schwer genug ist es ja, da die "Alten" zunehmend "ewig jung" sein wollen. Da brauchts auch mal die grobe Kelle.
Viele Begriffe aus der Langenscheidt-Liste finde ich durchaus witzig und treffend. Die "Edelratte" trifft doch zum Beispiel voll ins Schwarze. Was dem Punk sein Nager, ist dem Sternchen sein Mikrohund. Der "Damager" ist ein prima Wortspiel, während der "Komajunkie" und das "Pisaopfer" nur eine Weiterentwicklung medialer "Haudrauf-Worte" darstellt. Der "AOK-Chopper" ist mir schon seit vielen Jahren als Rollstuhl bekannt, während ich diverse Wortkombinationen mit "Kukident-" auch schon in Leitmedien gelesen zu haben glaube. Hm, "Faltenparty"? Also ich fühle mich da nicht diskriminiert, andere Anwesende vielleicht? Überhaupt stellt sich die Frage, wieso ausgerechnet Teenies sich Begriffe für Cellulite und Ausflugsschiffe einfallen lassen sollten. Ominös das.
Mein Favorit ist übrigens "Rudelgucken", da man hier einen schön lässigen deutschen Begriff für das allgemein gehypte "Public viewing" gefunden hat. Chapeau!
Also irgendwie bösartig finde ich das ganze nicht, eher 'n bissl an den Haaren herbeigezogen. Ich finds ganz lustig, aber irrelevant. Spannender fände ich eine Untersuchung, in wie weit Chatkürzel und Gamer-Slang schon in der Lautsprache Fuß gefasst haben. Da wird echter Code gesprochen, da lol'ts und rofl'ts teilweise, dass es eine Art hat. Da steht und staunt der Noob dann aber...
Herzlich, Calimero
OMFG, Zettel ... "dralle Maid" und "Wuchtbrumme" ... ROFLMAO!
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Ich finde "Edelratte" eine wunderbar witzige Beschreibung: Viele Jugendliche scheinen "eine Ratte" als Haustier zu lieben, dieser kleine sündteure Hund ist halt die Luxusversion.
Kukidentdampfer ! Don Promillo zeugt von einer gewissen Weltoffenheit, immerhin muß man wissen were Don Camillo ist.
Und jetzt gehe ich Rollator googeln, vielleicht kann ich danach lachen!
Sie erlauben mir ein stilles Grinsen darob, dass Sie in einer Kolumne unter dem Tag "Linguistik" den Langenscheidt-Verlag konsequent als "Langenscheid" bezeichnen...
Ist die Rechtschreibreform jetzt doch auch in Zettels Raum angekommen?
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Ich kann aus vielen Jahren Jugendmarketing versichern: Nur ein ganz geringer Teil dessen, was Medien als "Jugendsprache" verkaufen, wird realiter verwendet. Entsprechende Geschichten verkaufen sich prima, sie bieten Gesprächswert. Ich habe mich scon in den 80ern darüber kaputtgelacht. Ich wette: Von 100 Befragten unter 25 fällt 95 zum Wort "Aknestäbchen" alles mögliche ein - nur nicht Pommes. Nur wenige jugendtypische Begriffe und Redewendungen sind wirklich flächendeckend im Einsatz: Nahezu alles ist derzeit "krass", junge Männer reden sich mit "Alter" an und statt "und so weiter" sagt man "blablabla und so".
Ich schließe mich Herrn Eichler an. Als studierter Sprachwissenschaftler und jetzt als Gymnasiallehrer weise ich darauf hin, dass 1. auch die Jugendsprache regional differenziert ist (auch wenn die FU im DFG-Antrag was anderes behauptet), wenngleich die Unterschiede v.a. durch überregionale MEdien verringert werden, 2. manche Wörter der angeblichen Jugendsprache wohl eher "Insider" einer kleinen Gruppe sind. Als ich selbst Schüler war, hatten wir auch unseren "Sonderwortschatz" an Formulieren, an Ausdrücken und Redewendungen - aber das meiste war nur in unserer Gruppe oder SChule verständlich, weil vieles davon in einer konkreten Situation geprägt wurde und sich verselbständigt hatte, aber auch nur witzig war für die "Insider". 3. erhebliche soziale Unterschiede bestehen - es gibt nicht eine allgemein übliche "Jugendsprache". Es gibt einen gewissen jugendtypischen Wortschatz, den alle Schüler einer Klasse benutzen ("krass"), ohne dass man hier bereits von besonders ausgeprägter Jugendsprache sprechen würden. Einen wirklichen "Jugendslang" verwenden nur wenige, die dann in der Regel nicht zu den Leistungsträgern einer Klasse gehören. 4. die Wörter, die im Langenscheidt-Wörterbuch "Jugendsprache" verzeichnet sind, meinen Schüler zu einem größeren Teil unbekannt waren. Gleiches gilt für die Wörter, die sich in Deutschbüchern finden, wenn man in der 7. oder 8. Klasse das Thema "Jugendsprache" im Unterricht behandeln soll. Die Schüler finden's ganz witzig, aber ihre eigene Sprechweise ist das nicht.
Nachtrag / Ergänzung: Die Wörter, die tatsächlich benutzt werden, sind bei Langenscheidt et al. natürlich nicht verzeichnet, da nicht pc, etwa "einen Türkenkreis machen" = "jd. umringen und heruntermachen, ggf. auch verprügeln". Dieser Begriff ist - leider - allgemein verbreitet.
Zitat von GorgasalSie erlauben mir ein stilles Grinsen darob, dass Sie in einer Kolumne unter dem Tag "Linguistik" den Langenscheidt-Verlag konsequent als "Langenscheid" bezeichnen... Ist die Rechtschreibreform jetzt doch auch in Zettels Raum angekommen?
Nein, lieber Gorgasal. "LangenScheid" war eine Hommage an Arno Schmidt.
Hab's aber jetzt doch korrigert; schließlich ist nicht allen Lesern die VerSchreibKunst geläufig.
Und "Linguistik" lasse ich jetzt auch doch stehen, statt Linkuistik daraus zu machen.
Zitat von CalimeroIch habe mir die Begriffe angesehen und kann ihre Empörung irgendwie nicht nachvollziehen. Bösartig, aggressiv und herabsetzend finden sie diese? Erschließt sich mir nicht.
Interessant, lieber Calimero. Die meisten der Begriffe in der Liste sind doch herabsetzende Bezeichnungen für bestimmte Gruppen, nicht wahr? Ich habe jetzt einmal nachgezählt: Von 21 Substanziven in der Liste sind 15 aggressiv, herabsetzend, beleidigend. Nicht in diese Kategorie (nach meiner Zuordnung) gehören die folgenden sechs: Edelratte (Schoßhündchen), Jamabajaner (irgendwas mit Handy), Knickknack (Sex), Pornflakes (Viagra), Rudelgucken, Schizo-Clip.
Man könnte sagen, so ist Jugend halt. Aber das stimmt eben nicht. Deshalb habe ich ja Beispiele aus der Jugendsprache der achtziger und neunziger Jahre gebracht. Da fehlt so gut wie völlig dieses hämische Herabsetzen von Minderheiten oder anderen, auf die man arrogant herabblicken kann. Diese Mischung aus Arroganz und Aggressivität ist typisch rechtsextrem; ich wundere mich deshalb, daß man das so gelassen sehen kann.
Zitat von CalimeroObwohl ich auch mittlerweile ein Kandidat für "Gammelfleischpartys" wäre, kratzt mich diese Bezeichnung nicht im geringsten. Warum auch? Ist es nicht ein Recht der Jugend, sich von den "Erwachsenen" abzugrenzen?
Aber ja, lieber Calimero. Aber das Herabsetzen richtet sich ja keineswegs nur gegen Erwachsene oder Ältere, sondern gegen alle, auf die man eben glaubt herabblicken zu dürfen - Mädchen mit Hängebusen oder Cellulite, schlechte Schüler usw.
Das ist keine Abgrenzung gegen Erwachsene, sondern es ist Häme gegen Schwache.
Zitat von ReaderKurzer Zwischenruf: Ich finde "Edelratte" eine wunderbar witzige Beschreibung: Viele Jugendliche scheinen "eine Ratte" als Haustier zu lieben, dieser kleine sündteure Hund ist halt die Luxusversion.
Ja, das fand ich auch halbwegs lustig, dear Reader. Und wer ein Ohr für Etyms hat, bei dem schwingt "Edelnutte" mit.
Aus Veröffentlichungen über Jugendsprache auf Jugendsprache zu schließen, ist ein grober Fehler. Diese Wörterbücher sind hochgradig unseriös und haben mit Sprachwissenschaft so viel zu tun wie das Bild-Horoskop mit Astronomie.
Wenn man die tatsächliche Jugendsprache einer Region hören möchte, hilft ein einfacher Trick. Man geht bewußt erwachsen und konservativ gekleidet in eine Teenagerkneipe, setzt sich hin und trinkt einen Schoppen Wein. Ja, einen Schoppen. Flaschen und Gläser kann ja jeder bestellen. Zum einen kann man nur dort, wo viele Jugendliche zumeist unter sich sind, Jugendsprache hören. Zum anderen macht man so die Frontlinie klar und zum anderen provoziert man die Jugendlichen durch so deutliches Eindringen in deren Territorium eventuell dazu, mit schönstem Imponiergehabe phasenweise auch all die Dinge zu sagen, von denen sie wissen, daß man sie vor einem Erwachsenen nicht in den Mund nehmen sollte.
Man muß natürlich filtern: Wörter und Sprüche, die besonders viel Beifall oder Ablehnung erfahren, sind wahrscheinlich nicht üblich. Interessant sind die Sachen um die Pointen herum. Alles, was ohne besondere Betonung in Nebensätzen vorkommt.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Zitat von ReaderKurzer Zwischenruf: Ich finde "Edelratte" eine wunderbar witzige Beschreibung: Viele Jugendliche scheinen "eine Ratte" als Haustier zu lieben, dieser kleine sündteure Hund ist halt die Luxusversion.
Ja, das fand ich auch halbwegs lustig, dear Reader. Und wer ein Ohr für Etyms hat, bei dem schwingt "Edelnutte" mit.
Und Edelschimmel. Edelfaule Trauben. Wunderschöne Wörter, nicht wahr? Wie gemacht für witzige Analogiebildungen.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Zitat von Boris EichlerIch kann aus vielen Jahren Jugendmarketing versichern: Nur ein ganz geringer Teil dessen, was Medien als "Jugendsprache" verkaufen, wird realiter verwendet. Entsprechende Geschichten verkaufen sich prima, sie bieten Gesprächswert. Ich habe mich scon in den 80ern darüber kaputtgelacht. Ich wette: Von 100 Befragten unter 25 fällt 95 zum Wort "Aknestäbchen" alles mögliche ein - nur nicht Pommes. Nur wenige jugendtypische Begriffe und Redewendungen sind wirklich flächendeckend im Einsatz: Nahezu alles ist derzeit "krass", junge Männer reden sich mit "Alter" an und statt "und so weiter" sagt man "blablabla und so".
Für die "Erhebungsmethode" von Langenscheidt stimmt das sicher; offenbar kann dort ja jeder das einsenden, was er für mitteilenswert hält.
Ernster zu nehmen dürften linguistische Untersuchungen sein, die mit ähnlichen Methoden arbeiten wie die Ethnologen: Interviews mit Jugendlichen, Aufzeichnung und Transskription von Gesprächen usw.
Ich war, als ich für den Artikel a bisserl recherchiert habe, erstaunt, wieviel von dem, was in den achtziger Jahren als Jugendsprache aufgezeichnet wurde, inzwischen in die Umgangssprache eingegangen ist oder jedenfalls von jedem Sprecher des Deutschen verstanden wird. Hier ein Auszug aus einer Gemeinschaftsarbeit einer Schulklasse, die 1983 eine Rede Kohls in ihre Jugendsprache "übersetzt" hat:
Zitat von Der SpiegelDas Antörnen der Teenies ist für unser Land eine echt coole Sache. Auch wird jeder ne geile Azubistelle raffen können, nur nicht immer dort, wo seine Alten rumhängen. Ein so aufgemotztes und aufgepowertes Land muß es checken, diesen Brasel zu schnallen. Wir müssen es als Laberköpfe endlich raffen, eh, den langhaarigen Körnerfressern, Poppern, Punks, Schleimern, Schnallies, Tunten, Prolos und Alkis den Null-Bock auf Future zu nehmen. Die Teenies machen uns nämlich ständig an, daß sie so gefrustet, total fix und foxy sind und wir ihnen tierisch auf den Senkel gehen, ätzend wah?
Herzlich, Zettel
PS: Willkommen, lieber Boris Eichler, im kleinen Zimmer! Es hat mich sehr gefreut, hier etwas von Ihnen zu lesen.
Zitat von ZettelDie meisten der Begriffe in der Liste sind doch herabsetzende Bezeichnungen für bestimmte Gruppen, nicht wahr?
Die meisten davon zeichnen sich dadurch aus, daß sie wegen ihrer Frechheit Wahlen gewinnen oder in einzelnen Situationen legendär werdende Sprüche prägen. Wobei es nicht unbedingt eine Auszeichnung ist, in der eigenen Altersgruppe zur Legende zu werden. Das wissen Sie ja sicher noch genauso gut wie jeder von uns. Der Sinn abwertender Begriffe ist bei Jugendlichen nur, Ablehnung und Coolness auszudrücken. "Voll die Faltenparty!" könnten sich zwei genervte Teenies tatsächlich zuraunen, wenn beim Polterabend mal wieder die Kastelruther Spatzen aufgelegt werden. Der Lernprozeß, Ausdrucksstärke von der Bewertung von Menschen zu trennen, ist bei Jugendlichen meist noch im vollem Lauf und hört bei den meisten Menschen nie auf. Bis in die 20er hinein diskutieren junge Leute sehr häufig und ausgiebig, warum man doch nicht in dieser Situation "so einen Spruch lassen kann", obwohl "der" doch höchstens mal in so einer anderen Situation "gediegen kommt" und wie "total unmöglich" sich dieser "Vollpfosten" mal wieder gemacht habe.
Echte Jugendsprache ist schlecht verkäuflich. Sie ist erstens regional stark variierend, meist stadt-, oft schul- und sogar cliquenspezifisch und somit für nur wenige interessant. Zweitens ist sie leichter zu verstehen, als man meint. Verschriftet sieht sie seltsam aus. Es ist eine schriftlose Sprache. Jugendschrift (bei SMS beispielsweise) wird von den Jugendlichen selbst streng von Jugendsprache geschieden. Gesprochen ist sie auch für Erwachsenen durch Mimik, Betonung und Kontext leicht verständlich. Scheinbar schwer verständliche Fachausdrücke existieren, sind aber nicht jugend- sondern branchenspezifisch (Musiksprache, Sportausdrücke, etc.). Und drittens findet der bei "Jugend"-Wörterbüchern vermarktete Kulturverfall schlicht nicht statt. Die meisten Jugendlichen legen es ganz im Gegenteil darauf an, möglichst intelligent und gebildet zu erscheinen, und lernen dabei aber den Unterschied zwischen Stil und Hochnäsigkeit auf die hochnotpeinliche Tour.
Anders gesagt: Entwarnung bitte. Boys will be boys will be boys will be boys will be boys will be boys will be boys will be boys and the kids are alright.
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Zitat von Zettel Für die "Erhebungsmethode" von Langenscheidt stimmt das sicher; offenbar kann dort ja jeder das einsenden, was er für mitteilenswert hält.
Vor allem wird in dieser schon schlechten Datenmenge gewertet, was möglichst viele kichernde Kids für witzig oder krass halten. Das ist so ziemlich die dümmste Erhebungsmethode der Welt. Es gibt in der seriösen Linguistik ein grundlegendes Gesetz: Werden Sprecher über ihre Sprache befragt, so lügen sie. Meistens. Sonst irren sie. Das ist natürlich arg zugespitzt, trifft den Nagel aber auf den Kopf.
Zitat von Zettel Ernster zu nehmen dürften linguistische Untersuchungen sein, die mit ähnlichen Methoden arbeiten wie die Ethnologen: Interviews mit Jugendlichen, Aufzeichnung und Transskription von Gesprächen usw. Ich war, als ich für den Artikel a bisserl recherchiert habe, erstaunt, wieviel von dem, was in den achtziger Jahren als Jugendsprache aufgezeichnet wurde, inzwischen in die Umgangssprache eingegangen ist oder jedenfalls von jedem Sprecher des Deutschen verstanden wird.
Das ist für Ausdrücke, die sich über die Popkultur in Fanzines, etc. verteilen, normal. Ob diese Ausdrücke noch in 30 Jahren geläufig sind, ist eine andere Sache. Und wie gesagt: Echte Jugendsprache ist immer noch Deutsch und wird auch von Erwachsenen verstanden, wenn der Kontext und die Sprecher gegenwärtig sind.
Zitat von Zettel Hier ein Auszug aus einer Gemeinschaftsarbeit einer Schulklasse, die 1983 eine Rede Kohls in ihre Jugendsprache "übersetzt" hat:
Zitat von Der SpiegelDas Antörnen der Teenies ist für unser Land eine echt coole Sache. Auch wird jeder ne geile Azubistelle raffen können, nur nicht immer dort, wo seine Alten rumhängen. Ein so aufgemotztes und aufgepowertes Land muß es checken, diesen Brasel zu schnallen. Wir müssen es als Laberköpfe endlich raffen, eh, den langhaarigen Körnerfressern, Poppern, Punks, Schleimern, Schnallies, Tunten, Prolos und Alkis den Null-Bock auf Future zu nehmen. Die Teenies machen uns nämlich ständig an, daß sie so gefrustet, total fix und foxy sind und wir ihnen tierisch auf den Senkel gehen, ätzend wah?
Arrgh! Dieser Horror geistert nun schon seit '83 durch die Welt und niemand will zugeben, was jeder sieht, wenn er den Text liest: Die Schüler hatten einen Haufen Spaß und haben ungewollt die halbe Republik verarscht. Allein die Ballung der Ausdrücke zeigt die Ironie überdeutlich an. Dieser Text hat mit Jugendsprache nicht mehr zu tun, als das sinnlose Rezitieren der Lexemtitel eines Computerlexikons mit Informatik.
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Zitat von ZettelHier ein Auszug aus einer Gemeinschaftsarbeit einer Schulklasse, die 1983 eine Rede Kohls in ihre Jugendsprache "übersetzt" hat:
Zitat von Der SpiegelDas Antörnen der Teenies ist für unser Land eine echt coole Sache. Auch wird jeder ne geile Azubistelle raffen können, nur nicht immer dort, wo seine Alten rumhängen. Ein so aufgemotztes und aufgepowertes Land muß es checken, diesen Brasel zu schnallen. Wir müssen es als Laberköpfe endlich raffen, eh, den langhaarigen Körnerfressern, Poppern, Punks, Schleimern, Schnallies, Tunten, Prolos und Alkis den Null-Bock auf Future zu nehmen. Die Teenies machen uns nämlich ständig an, daß sie so gefrustet, total fix und foxy sind und wir ihnen tierisch auf den Senkel gehen, ätzend wah?
Arrgh! Dieser Horror geistert nun schon seit '83 durch die Welt und niemand will zugeben, was jeder sieht, wenn er den Text liest: Die Schüler hatten einen Haufen Spaß und haben ungewollt die halbe Republik verarscht. Allein die Ballung der Ausdrücke zeigt die Ironie überdeutlich an. Dieser Text hat mit Jugendsprache nicht mehr zu tun, als das sinnlose Rezitieren der Lexemtitel eines Computerlexikons mit Informatik.
Das sehe ich nicht so, lieber Califax.
Die Schüler haben vermutlich die Aufgabe gestellt bekommen, den Kohl-Text in Jugendsprache zu übersetzen. Natürlich haben sie dafür alles an Begriffen, Metaphern, Redensarten genommen, was ihnen eingefallen ist.
Insofern ist das natürlich kein Text, den irgendein Jugendlicher so verfaßt oder gar gesprochen hätte. Aber es ist doch so etwas wie ein kleines Inventar der Ausdrucksformen, die damals die Jugendsprache hatte.
Und wie gesagt: Das meiste ist uns heute verständlich, wenn nicht - von antörnen über cool bis raffen und gefrustet - längst in die Umgangssprache eingegangen.
Zitat von Zettel Insofern ist das natürlich kein Text, den irgendein Jugendlicher so verfaßt oder gar gesprochen hätte. Aber es ist doch so etwas wie ein kleines Inventar der Ausdrucksformen, die damals die Jugendsprache hatte.
Eben. Eine Rezitation von Lexemtiteln. Keine Jugendsprache. Wir sind uns ja einig.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Zitat von Boris Eichlerjunge Männer reden sich mit "Alter" an
Ob das überhaupt Jugendsprache ist? Ich bin schon im Kindergarten damit aufgewachsen. Jugendsprache war die Abwandlung "Altner" (sic). Keine Ahnung, woher die kam. Und natürlich ist die Freundin oder Frau die "Alte". Mir scheint das eher hochsprachlich veralteter, aber in den Dialekten überwinterter, Sprachgebrauch zu sein.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Nach dem Servercrash wieder eingefügter Beitrag, der dank Kallias gesichert wurde:
Puh, jetzt komme ich gerade vom „unernsten Quiz“ Kallias’ und traue mich kaum noch, hier meine niedere Prosa zu verewigen. Aber ihren Vorwurf an mich, die vermeintlich „typisch rechtsextreme Mischung aus Arroganz und Aggressivität“ zu gelassen zu sehen, kann ich so nicht einfach unwidersprochen stehen lassen. Zunächst mal möchte ich mich allen anderen Vorrednern anschließen, die diese Voting-Liste nicht als Beispielsatz „typischer Jugendsprache“ ansehen. Hier wurde ganz einfach eine Ansammlung freakiger, weil nicht geläufiger, Synonyme zusammengestellt.
Jetzt aber zu meiner Replik auf ihren Vorwurf. Zufällig fiel meine Jugendzeit genau in den Zeitraum (80-er/90-er), welchen sie als den jugendsprachlich netteren und harmloseren ansehen, daher denke ich in dieser Beziehung eine gewisse Kompetenz vorweisen zu können. Mit dieser, meiner „Dabeigewesenenkompetenz“ muss ich ihnen, lieber Zettel, sagen, dass sie mit der „Verrohungsvermutung“ von damals zu heute falsch liegen. „Häme gegen Schwache“ gab es in meiner Jugend auch, und ich kann mir kaum vorstellen, dass das jemals nicht so war.
Um ihnen mal zu verdeutlichen, warum ich die angeführten Begriffe für harmlos halte, werde ich einfach mal zu jedem schreiben, was mir dazu spontan einfällt und eventuell, was bei uns „in der guten alten Zeit“ als Äquivalent geläufig war. Tut mir leid, aber sie zwingen mich quasi dazu, zu dem ganzen Unsinn einzeln Stellung zu nehmen.
Aknestäbchen: Falls sie mit ihrer Kritik auf das Merkmal Akne abzielen, muss ich sie fragen, ob sie „Pickelfresse“ besser finden. AOK-Chopper: Bezeichnet ein Gerät, keinen Menschen. BÄM: Kenne ich nur aus der Gamer-Szene als Ausruf vor allem von Kiddies, die einen besonders schönen Treffer abfeiern. Bankster: Hab ich, so glaube ich, schon mal irgendwo gelesen. Garantiert keine Jugend-Wortschöpfung. Buttern: Da ist mir ein Kommentar zu blöd. Wer kommt auf so was? Crashdummy: Sie finden „Hirni“ besser? Oder den Vollidiot, der gleich dahinter steht? Damager: Das Spiel mit den Buchstaben finde ich gelungen. Und, in welcher Position kann man denn am ehesten maximalen Schaden anrichten? Eben! Ich sehe da kein Pauschalurteil allen Managern gegenüber, sondern eher eine witzige Reaktion auf das beliebte mediale Managerbashing. Don Promillo: Ist mir persönlich zu affektiert, bei uns war es halt ein Spriti, Alki, oder Suffkopp. Edelratte: Wie gesagt, ein treffender Begriff. Ich präferiere im alltäglichen Sprachgebrauch allerdings weiterhin die „Fußhupe“. Ego-Deko: Schön allumfassend, da es auch Piercings mit einbezieht. Bei uns gab’s damals nur den Begriff „Tuschkasten“. Englisches Ballett tanzen: Wird wohl einen wahren Hintergrund haben. Ich war allerdings noch nie mit Engländern auf z.B. „Malle“. Faltenparty: Na ja, für einen Teeny ist so eine Graukopf-Veranstaltung mit Kaffee und Kuchen durchaus ein Horror. Ich kenne da abwertendere Termini, die mit „Zombie-„ oder „Mumien-“ beginnen. Gesichtszirkus: Siehe „Ego-Deko“ und vergleiche „Tuschkasten“. Hagelschaden: Wertet keinen Menschen ab, sondern umschreibt ein körperliches Merkmal. Die Bezeichnung „Orangenhaut“ umschreibt dieses ebenso, klingt aber eben viel fruchtiger. Hartzen: Finden sie „gammeln“ hübscher? Hier werden m.E. keine Arbeitssuchenden herabgewürdigt, sondern das Abfinden mit einer Existenz in der sozialen Hängematte beschrieben. Jambajaner: Ein williges Opfer der Klingeltondealer von Jamba. Knickknack: Häh? Also da gibt’s aber mannigfaltig schönere Begriffe fürs … Knieschoner: Wie gesagt, grenzwertig, aber finden sie die allgemein gebräuchlichen „Hänget****n“ weniger abwertend? Komajunkie: Also, wie viele Medienwortschöpfungen mit „Koma-„ werden den Jugendlichen denn täglich um die Ohren gehauen? Der Begriff „Komasaufen“ wurde ja schließlich nicht von Teenies erfunden. Korall: Öhm, na ja … andere Zeiten, andere Begriffe. Werden da jetzt Korallen, oder ein Waschmittel beleidigt? Kukidentdampfer: Wie schon gesagt, die Assoziation von Kukident mit Rentnern ist wirklich uralt. Ich habe schon lange keine Kukidentwerbung mehr gesehen, aber als Jugendlicher waren die glücklichen Grauköpfe mit ihren Sprudeltabletten und Haftcremes im TV allgegenwärtig. Da liegt die Gleichsetzung doch nah. Mausgerecht: Die Erklärung erschließt sich mir nicht. Da es mit Sicherheit was mit Computerbedienung zu tun hat und etwas besonders leicht zu handhabendes bezeichnen könnte, würde ich es spontan mit „klickibunti“ übersetzen. Obama: Pffft! Pisaopfer: Also, auf welche Art und Weise man einen intellektuellen Vollpfosten bezeichnet, scheint mir nun wirklich egal zu sein. Sie, lieber Zettel, bevorzugen ja anscheinend „Hirni“, während ich das süddeutsche „Depp“ sehr hübsch finde. Pornflakes: Lustiger Begriff, sollte bei Pubertierenden aber relativ unnötig sein. Rudelgucken: Ein sehr schönes Wort, wie schon in meinem ersten Post geschrieben. Schizo-Clip: Hehe … Treffer, versenkt! Schnecken-TÜV: Eine Herabwürdigung? Glauben sie mir, die Mädels schon meiner Generation gehen damit auch verbal äußerst locker um. Da habe ich vielleicht als 14-jähriger das letzte mal rote Ohren bekommen. Untermoppelt: Also das finde ich netter als die früher übliche „Fahrradspeiche“. Nicht mal das Gegenteil ist anscheinend uncharmant, nach dem Erfolg von „Moppel-Ich“ zu schließen. Verschnitzeln: Da haben sie, lieber Zettel wohl selbst etwas „verschnitzelt“, wenn ich mir ihre Assoziation mit „Stücken rohen Menschenfleisches“ so angucke. Wenn der Begriff für „verhauen/verpatzen“ stehen soll, hat er eher was mit vergeigten Aufgaben/Prüfungen zu tun. Ich persönlich spreche da gern von „verreißen“ und meine damit auch keine Vierteilung.
Mir scheint, dass wir da eine Art sprachlichen Generationenkonflikt ausfechten, den keiner für sich entscheiden können wird. Was darf, was darf man nicht? Was ist moralisch einwandfrei, was grenzwertig, was einfach nur spinnert? Die Eingangssätze im Hauptartikel, die sie „rotzig, witzig, sprachspielerisch und spracherfinderisch“ nennen, finde ich, nun ja … irgendwie niedlich und „oldfashioned“. Ich hätte ihre Entstehung spontan irgendwo in den 60-ern verortet. So unterschiedlich sind wohl die Sichtweisen, wenn man auf verschieden lange Zeiträume zurückblicken kann. Ich verstehe ihre Empörung wirklich nicht. Für mich gehört das alles in die gleiche Kategorie harmlosen Unsinns wie der "Warmduscher" oder der "Turnbeutelvergesser".
Herzlich, Calimero
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Antwort rekonstruiert, da ich sie im Kallias-Schatz nicht gefunden habe.
Zitat von CalimeroVerschnitzeln: Da haben sie, lieber Zettel wohl selbst etwas „verschnitzelt“, wenn ich mir ihre Assoziation mit „Stücken rohen Menschenfleisches“ so angucke. Wenn der Begriff für „verhauen/verpatzen“ stehen soll, hat er eher was mit vergeigten Aufgaben/Prüfungen zu tun. Ich persönlich spreche da gern von „verreißen“ und meine damit auch keine Vierteilung.
Da haben Sie nur allzu Recht, lieber Calimero. Ich hatte "verhauen" im Sinn von "verprügeln" verstanden und Kettensägenmassakar etc assoziiert.
Als ich den Artikel dann nochmal gelesen habe, fiel mir das ein, was Sie schreiben; daß "verhauen" ja auch das Scheitern in einer Prüfung bedeuten kann. Also habe ich den Text geändert. Das mit dem Menschenfleisch dürften nur wenige gelesen haben, die entweder sehr lange aufgeblieben oder sehr früh aufgestanden waren.
Zitat von CalimeroMir scheint, dass wir da eine Art sprachlichen Generationenkonflikt ausfechten, den keiner für sich entscheiden können wird. Was darf, was darf man nicht? Was ist moralisch einwandfrei, was grenzwertig, was einfach nur spinnert?
Eine Generationsfrage wird es schon sein, was man als normal und was man als daneben, abstoßend usw. empfindet. Ich habe mich zB nur sehr langsam daran gewöhnt, daß "geil" nicht mehr ein vulgärer Ausdruck für sexuell erregt ist, sondern ein Ausruf der Anerkennung.
Mit Dürfen allerdings hat das aus meiner Sicht nichts zu tun. Natürlich darf man. Mit Moral auch nicht. Sprache ist ja nicht eine Frage der Moral.
Mich hat dieses Überwiegen von hämischen, herabsetzden Ausdrücken einfach nur gewundert, wohl auch ein wenig deprimiert. Was ist das für eine Jugend, die derart darauf fixiert zu sein scheint, negativ über Alte, über Frauen, über Häßliche usw. zu sprechen?
Zitat von CalimeroDie Eingangssätze im Hauptartikel, die sie „rotzig, witzig, sprachspielerisch und spracherfinderisch“ nennen, finde ich, nun ja … irgendwie niedlich und „oldfashioned“. Ich hätte ihre Entstehung spontan irgendwo in den 60-ern verortet.
Vieles mag aus den Siebzigern sein; nur habe ich aus denen keine brauchbare Quelle gefunden. Aber was 1983 aufgeschrieben wurde, dürfte wohl überwiegend in den Siebzigern entstanden sein.
In den Sechzigern wohl weniger. Deren Jugendsprache - "klasse Typ", "flotte Biene", "heißer Ofen" - ist ja längst in die Umgangssprache eingegangen.
Zitat von CalimeroIch verstehe ihre Empörung wirklich nicht. Für mich gehört das alles in die gleiche Kategorie harmlosen Unsinns wie der "Warmduscher" oder der "Turnbeutelvergesser".
"Empörung" ist es, wie gesagt, nicht.
Ich frage mich nur, warum die Jugendsprache sich in drei, vier Jahrzehnten so gewandelt hat.
Ich meine das nicht in dem Sinn, daß alte Wörter aus ihr verschwinden und neue auftauchen, das war natürlich immer so. ("kollosal" --> "famos" --> "knorke" --> "klasse" --> "spitzenmäßig" --> "super" -- "astrein" [wohl vor allem in der DDR bis in die Achtziger; dort auch "einwandfrei"] --> "geil" --> "cool").
Sondern erstens in dem Sinn, daß die Gossensprache dominiert; daß die Unterschicht die Mittelschicht beeinflußt, statt sich - wie es in den meisten Kulturen die Regel ist - an ihr zu orientieren.
Und zweitens eben mit diesem seltsamen Vorherrschen des Hämischen, Herabsetzenden, Arroganten Anderen gegenüber. Etwas, das der Jugendsprache der vorausgehenden Generationen ganz fremd war; sieht man von ein paar spöttischen Ausdrücke für Erwachsene und speziell Eltern ab ("meine Altvorderen", "mein alter Herr").
Das scheint mir eine andere Lebenshaltung vieler in der heutigen Jugend zu sein. Und keine, die mich freut.
Ich verstehe langsam, was sie meinen. Die "Verlotterung" des sprachlichen Umgangs mit seinen Mitmenschen.
Die von ihnen angesprochene "Sprachverrohung" hat m.E. etwas mit schwächer werdender sozialer Kontrolle zu tun. Wenn die Eltern vielleicht sogar noch darauf achten, dass ihre Sprösslinge sich eines gepflegten Umgangstones befleißigen, hat die "Brut" doch wesentlich mehr soziale Kontakte im Freundeskreis und in der Schule ... und da kann ein "spießiges Mamikind" in der Gruppe nur verlieren. Ich könnte mir vorstellen, dass sogar in katholischen Internaten (vielleicht gerade da) inoffiziell sprachlich auch "die Post abgeht", aber nach außen wird es nicht getragen, weil die Eltern einer starken sozialen Kontrolle unterliegen und darum ihren Nachwuchs entsprechend einschränken.
Ich wurde z.B. noch mit Sätzen erzogen wie: "Sagt man sowas?", "Sowas sagt man nicht!", "Achte auf deine Wortwahl, Filius!" Meine Eltern hätten sich geschämt, wenn sie auf einem Elternabend mit meinen "frechen Ausdrücken" konfrontiert worden wären. Auch war der Kontakt mit Eltern Gleichaltriger z.B. durch die Arbeit immer gegeben, da wäre bei meinen Erzeugern mit Sicherheit angekommen, wenn ich mich sprachlich dauernd "danebenbenommen" hätte. Da hätte ich Ärger bekommen.
Trotzdem hatten wir, unter uns, einen eigenen Sprachcode, der nicht minder herabsetzend und diskriminierend gegenüber Schwachen war, wie der heutige. Nur hatten wir keine überregionalen Plattformen, um uns unserer "Coolness" zu versichern. Auch waren die Medien damals sprachlich relativ konservativ. Wir hatten ganz einfach keinen starken "Meinungsverstärker", der uns in unserer Wortwahl bestätigt, oder gar angefeuert hätte.
Das ist heute alles anders. Die Kids unterliegen einem medialen Dauerfeuer, wenn es um "Coolness" und "Angesagtheit" geht. Da kann man sich nur mit sehr, sehr starkem Ego davon abgrenzen. Zudem ist durch den Zerfall sozialer Strukturen einfach ein gutes Stück der sozialen Kontrolle implodiert.
Schlimm finde ich das aber trotzdem nicht. Is halt so ... Zeitgeist.
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
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