Noch einmal ein Beitrag zu Obamas Besuch in Moskau. Diesmal aufgrund einer Kolumne von Charles Krauthammer, dem es nicht nur um den militärischen, sondern auch den machtpolitischen Aspekt geht.
Verständnisfrage: Haben denn die USA wirklich einen funktionierenden Raketenschild? Ich bin immer davon ausgegangen, dass die großen Hoffnungen in das SDI-Projket sich nicht realisiert haben. Und die Handvoll Abwehrraketen, die in Tschechien geplant sind, dürften (selbst wenn sie funktionieren*) kaum ausreichen, um die nach wie vor vielen Hundert oder Tausend russischen Atomraketen zu stoppen.
(*Das ballistische Problem, mit einer Rakete eine andere Rakete im Flug zu treffen, sollte man nicht unterschätzen...)
Ich dachte daher immer, die Stationierungspläne in Osteuropa hätten weniger einen ernsthaften militärischen Zweck sondern sollten eher als politisches Symbol gemeint sein (als Hinweis an Russland, dass in Tschechien handfeste amerikanische Interessen bestehen und man dieses Land daher nicht mehr so einfach überfahren kann).
Und zumindest offiziell sollen die Raketen in Tschechien ja doch auch ein Schild gegen z.B. iranische Raketen sein und nicht gegen russische (was allein schon aufgrund der Zahl der russischen Raketen auch plausibel wäre).
Soweit war bislang mein Kenntnisstand. Gerne lasse ich mich eines besseren belehren.
Zitat von FlorianVerständnisfrage: Haben denn die USA wirklich einen funktionierenden Raketenschild? Ich bin immer davon ausgegangen, dass die großen Hoffnungen in das SDI-Projket sich nicht realisiert haben.
Hier, lieber Florian, ist die Passage bei Krauthammer, auf die ich mich bezogen habe:
Zitat von KrauthammerThis is important for Russia because of the huge American technological advantage in defensive weaponry. We can reliably shoot down an intercontinental ballistic missile. They cannot. And since defensive weaponry will be the decisive strategic factor of the 21st century, Russia has striven mightily for a quarter-century to halt its development. Gorbachev tried to swindle Reagan out of the Strategic Defense Initiative at Reykjavik in 1986. Reagan refused. As did his successors -- Bush I, Clinton, Bush II.
Vielleicht habe ich das in dem Artikel zu weitgehend interpertiert, wenn ich geschrieben habe:
Zitat von ZRDank des SDI-Programms von Ronald Reagan verfügen die USA, schreibt Krauthammer, über eine ungleich bessere Raketenabwehr als Rußland.
Ich werde das ein wenig umformulieren, mit Dank für Ihren Hinweis.
Was die Motive für das geplante Abwehrsystem in Osteuropa angeht, sind wir einer Meinung: Sie sind nicht militärisch gegen Rußland gerichtet und können das auch gar nicht sein, sondern eben gegen einen Angriff aus dem Iran oder Nordkorea.
Zugleich ist es aber ganz so, wie Sie schreiben:
Zitat von FlorianIch dachte daher immer, die Stationierungspläne in Osteuropa hätten weniger einen ernsthaften militärischen Zweck sondern sollten eher als politisches Symbol gemeint sein (als Hinweis an Russland, dass in Tschechien handfeste amerikanische Interessen bestehen und man dieses Land daher nicht mehr so einfach überfahren kann).
So ungefähr habe ich es auch jetzt in dem Artikel geschrieben, und schon früher, u.a. in dem verlinkten Artikel vom Februar 2007.
Zumindest der erste Artikel scheint allerdings nicht ganz frisch zu sein. Ob das System noch in der Enwicklungssphase oder schon operational ist, geht für mich daraus nicht eindeutig hervor.
Charles K mal wieder - und wie so oft liegt er mal wieder voll daneben.
"...invite the Russians to build as many warheads as they want and profitably watch them spend themselves into penury..."
Und dabei zusehen wie Russland ein riesiges Arsenal an Atomwaffen anhaeuft, aus dem grosse Teile dann leicht in die falschen Haende geraten koennen. Ausserdem uebersieht Krauthammer dass waehrend der sowjetischen Aufruestung in den 60er, 70er und 80er Jahren auch die NATO gewaltige Summen in ihre eigene Ruestung stecken musste um Schritt zu halten. Wo soll diese Geld heute herkommen wenn die USA sich kaum noch den Irakkrieg leisten koennen?
"Moammar Gaddafi gave up his nukes the week we pulled Saddam Hussein out of his spider hole."
Und nach Jahren zaeher Verhandlungen. Und die duerften wichtiger gewesen sein als das Schicksal seines Kollegen aus dem Irak
"We can reliably shoot down an intercontinental ballistic missile."
Das ist mal was neues. Bislang ist noch gar nicht sicher dass dieser famose Raktenschild ueberhaupt "reliably" funktioniert.
"Gorbachev tried to swindle Reagan out of the Strategic Defense Initiative at Reykjavik in 1986"
More like: Reagan had been swindling about SDI for years and the Soviets believed his bluff. SDI war nur das, ein riesiger Bluff auf den die Sowjets zum Glueck hereinfielen. Ich denke die Russen werden daraus gelernt haben.
"Obama further said that the East European missile shield "will be the subject of extensive negotiations" between the United States and Russia."
Das heisst ja noch nicht dass er ganz vom Tisch ist.
"The decline in relations came from Putin's desire to undo what he considers "the greatest geopolitical catastrophe" of the 20th century -- the collapse of the Soviet empire."
Sollte das Putin's Ziel sein hat er bislang ziemlich wenig erreicht. Er hat Georgien, einen Kleinstaat am Rand des Kaukasus eingeschuechtert, er hat Weissrussland staerker an Russland gebunden, und er hat den Krieg in Tschetschenien beendet - was das heavy lifting betrifft, die Ukraine, Kasachstan, Aserbaidshan etc ist er nicht recht vorangekommen und die Zeit laeuft ihm davon. Denn inmitten von fallenden Oelpreisen UND fallenden Energieexporten aus Russland wird ihm auch bald die Kohle fuer solche Vorhaben ausgehen. Es gab noch nie eine "Energiegrossmacht" und Russland wird auch keine.
"And finally, less than a year ago, his invading a small neighbor..."
Es ist ja nicht klar ob Georgien, in voelliger Verkenntnis der Realitaet, nicht zuerst einmarschiert ist.
"That's the cause of the collapse of our relations. Not drift, but aggression."
Aggression auf beiden Seiten wuerde ich sagen. Ich habe keine Sympathien fuer Russland aber es existiert und hat als Nation das Recht seine Sicherheitslage selber zu beurteilen - wie die USA und die BRD auch. Und solange die NATO in Afghanistan Krieg fuehrt wird sie mit Russland in der einen oder anderen Form zu einem Verstaendis kommen muessen - ob das Krauthammer passt oder nicht.
In Antwort auf:"Moammar Gaddafi gave up his nukes the week we pulled Saddam Hussein out of his spider hole."
Ich würde nicht ausschließen, dass Gaddafis Verzicht auf sein Atomprogramm nicht auch von der Invasion im Irak beeinflusst war.
In Antwort auf:"Obama further said that the East European missile shield "will be the subject of extensive negotiations" between the United States and Russia."
Das heisst ja noch nicht dass er ganz vom Tisch ist.
Eben. Dieser Raketenschild ist doch möglicherweise genauso wie SDI damals ein Bluff, um den Russen in "extensive negotiations" etwas abzutrotzen. Vielleicht war es ja von Anfang an nichts anderes als eine Drohkulisse zur Verbesserung der eigenen Verhandlungsposition.
Zitat von FlorianHaben denn die USA wirklich einen funktionierenden Raketenschild?
Nein.
Dennoch haben sie schon einige einsatzbereite Waffensysteme die ballistische Raketen abwehren können: das landgestützte MIM-104 Patriot (mit PAC-2 und PAC-3 Raketen) und das schiffsgestützte Aegis Kampfsystem (mit SM-2 Block IV Raketen).
Kurz vor der Einführung steht das THAAD-System und Aegis BMD mit dem SM-3 Flugköprer, der sogar Satelliten abschießen kann.
Zitat von john j"We can reliably shoot down an intercontinental ballistic missile."
Das ist mal was neues. Bislang ist noch gar nicht sicher dass dieser famose Raktenschild ueberhaupt "reliably" funktioniert.
"Gorbachev tried to swindle Reagan out of the Strategic Defense Initiative at Reykjavik in 1986"
More like: Reagan had been swindling about SDI for years and the Soviets believed his bluff. SDI war nur das, ein riesiger Bluff auf den die Sowjets zum Glueck hereinfielen. Ich denke die Russen werden daraus gelernt haben.
Ich habe das, lieber John, damals in den achtziger Jahren auch so gesehen. Reagan hatte damals in Deutschland ungefähr den Ruf, den dann später George W. Bush hatte.
Ich kann mich an einen Artikel eines Informatikers im "Kursbuch" erinnern, der nachwies, daß SDI nie würde funktionieren können, schon weil man zur Steuerung viel zu viele Programmzeilen brauche.
Aber die Kritiker haben ja Unrecht gehabt. Es hat nur länger gedauert, als man damals erwartet hat. Die Computer waren in den achtziger Jahren nur noch nicht schnell genug, um in Realzeit die nötigen Berechnungen vorzunehmen.
Wie sieht es heute aus? Laut Wikipedia liegt die Trefferquote bei Tests, über die Jahre gemittelt, bei 57 Prozent. Wenn man sich die Liste der Tests ansieht, dann zeigt sich, daß die meisten Mißerfolge nichts mit Zielerfassung und Bahnberechnung zu tun hatten, sondern auf mechanischen Fehlern beruhten (Raketenstufen trennten sich nicht usw.).
SDI war kein Bluff. Wohl aber hat Reagan zu Recht kalkuliert, daß er damit die UdSSR in einen Rüstungswettlauf zwingen würde, den sie nicht gewinnen konnte. Man kann zumindest argumentieren, daß das wesentlich zum Ende des Kommunismus beigetragen hat.
Heute, lieber John, wird aus meiner Sicht immer deutlicher, daß der alte KGB-Agent Putin die imperiale Politik der Sowjets fortsetzen will. Kein zweites Brest-Litowsk!
Das zentrale Ziel der sowjetischen Europapolitik war es gewesen, die USA aus Westeuropa hinauszudrängen, um dieses unter den Einfluß der UdSSR zu bringen. Das zentrale Ziel Putins ist es, die Amerikaner aus Osteuropa herauszudrängen. Bush hat das erkannt und dem widerstanden. Bei Obama sehe ich das nicht.
"Wie sieht es heute aus? Laut Wikipedia liegt die Trefferquote bei Tests, über die Jahre gemittelt, bei 57 Prozent."
57%? Und Charles K bezeichnet das als "reliable"? Mit einer Trefferquote von 57% kommet fast jede zweite Rakete ins Ziel - aus welchem Grund der Abschuss nicht funktioniert ist zweitrangig. Wenn ich also 57% Erfolg zugrundlege dann funktioniert der Schild eben nicht. Ob er in der Zukunft funktioneren wird ist eine andere Frage.
"SDI war kein Bluff. Wohl aber hat Reagan zu Recht kalkuliert, daß er damit die UdSSR in einen Rüstungswettlauf zwingen würde, den sie nicht gewinnen konnte."
Der "Rüstungswettlauf" den die UdSSR nicht gewinnen konnte war ja schon laengst vor SDI im Gang, siehe Reagan's "600 ship navy", die neue Generation von Flugzeugen der 80er wie die F-15, F-18, F-117, A-6 usw., und die neuen Kampffahrzeuge wie der M-2, M-1, usw, die alle ihren sowjetischen Pendants weit ueberlegen waren. SDI war Teil dieser Strategie aber eben nur auf dem Papier, es kam ja nie zur Verwirklichung. Die Sowjets waren bereits bei konventionellen Waffensystemen und deren elektronischen Faehigkeiten so stark ins Hintertreffen geraten (im Gegensatz zu dem 50er und 60er Jahren) dass ihre zahlenmaessige Ueberlegenheit immer weniger entscheidend wurde. Und sie konnten den Vorsprung der USA und der NATO nicht mehr aufholen.
"...daß der alte KGB-Agent Putin die imperiale Politik der Sowjets fortsetzen will. Kein zweites Brest-Litowsk!"
Das mag sein und es wuerde aus der Sicht von Putins ja auch Sinn machen. Aber was er will und was er erreichen kann sind eben zwei sehr verschiedene Dinge. Und ich meine dass seine Erfolge bislang eher bescheiden sind. Russland ist heute sicher in vielen Bereich staerker als noch vor 10 oder 15 Jahren. Das haengt mE aber mehr mit der unnatuerlichen Schwaeche Russlands in den fruehen 90er Jahren zusammen als es wie sein damaliger Praesident angeschlagen und halb ohnmaechtig uber die Weltbuehne taumelte. Diesen Zustand hat Putin beendet. Ob er von dieser Position aus weitergehend die UdSSR wiederherstellen will und kann ist eine andere Frage. Auch in seinem heutigen Zustand ist Russland wesentlich schwaecher und noch dazu in einer geostrategisch unguenstigeren Lage als es die UdSSr zwischen 1950 und 1990 jemals war.
Leider haben sich die USA und die NATO vor allem durch den Krieg in Afghanistan in gewisser Weise von Russland abhaengig gemacht. Das kann man nicht durch verbale Muskelspiele einfach ungeschehen machen.
Zitat von john jDas mag sein und es wuerde aus der Sicht von Putins ja auch Sinn machen. Aber was er will und was er erreichen kann sind eben zwei sehr verschiedene Dinge. Und ich meine dass seine Erfolge bislang eher bescheiden sind. Russland ist heute sicher in vielen Bereich staerker als noch vor 10 oder 15 Jahren. Das haengt mE aber mehr mit der unnatuerlichen Schwaeche Russlands in den fruehen 90er Jahren zusammen als es wie sein damaliger Praesident angeschlagen und halb ohnmaechtig uber die Weltbuehne taumelte. Diesen Zustand hat Putin beendet. Ob er von dieser Position aus weitergehend die UdSSR wiederherstellen will und kann ist eine andere Frage. Auch in seinem heutigen Zustand ist Russland wesentlich schwaecher und noch dazu in einer geostrategisch unguenstigeren Lage als es die UdSSr zwischen 1950 und 1990 jemals war.
Keine Frage. Und das wird so bleiben, solange es nicht Osteuropa zurückerobert hat.
Vielleicht finden Sie Zeit, lieber John, in ZR diesen Artikel zu lesen.
Rußland hat keinen Anspruch auf den Status einer Großmacht, geschweige denn einer Weltmacht. Im BSP liegt Rußland zwischen Brasilien und Indien; im BSP pro Kopf der Bevölkerung zwischen Botswana und dem Libanon, in der Bevölkerungszahl hinter Bangla Desch und Nigerien. In den Militärausgaben liegt Rußland gleichauf mit Deutschland, in der Truppenstärke hinter Südkorea.
Rußland ist ein Entwicklungsland, allenfalls ein Schwellenland. Allein seine Atomrüstung gibt ihm eine herausragende Position.
In Antwort auf:57%? Und Charles K bezeichnet das als "reliable"? Mit einer Trefferquote von 57% kommet fast jede zweite Rakete ins Ziel - aus welchem Grund der Abschuss nicht funktioniert ist zweitrangig. Wenn ich also 57% Erfolg zugrundlege dann funktioniert der Schild eben nicht
Das sehe ich anders. Falls die Trefferquote tatäschlich bei 57% liegt (wobei ich mir kaum vorstellen kann, dass das unter "realen" Bedingungen auch so funktionieren würde*), dann wäre das sicher ausreichend. Wenn man auf jede Offensiv-Rakete 2 Defensiv-Raketen ansetzt, dann hat man bereit 81% Erfolgsquote. Bei einem 3-zu-1-Verhältnis liegt der Wert bei 92% und bei 4-zu-1 bei 97%.
*Der Punkt ist aber, dass das in der realen Welt anders läuft als unter Laborbedingungen. In der Realität kennt man den Abschusszeitpunkt nicht. Und in einer zunehmend multipolaren Welt kennt man ggf. auch den Abschussort vorab nicht. Oft wird man eine Rakete auch erst recht spät als solche identifizieren. Entsprechend hat die Rakete womöglich schon einen großen Teil ihrer Strecke zurück gelegt, bis man sie überhaupt als Gefahr registriert. Dann vergehen weitere kostbare Sekunden, bis die Abfangrakete aktiviert ist und man ggf. die nötigen Freigaben bekommen hat. Und wenn die Abfangrakete nicht GANZ günstig relativ zu Zielrakete und Zielort positioniert ist, dann wird sie die Zielrakete allein schon aufgrund der Entfernungen und relativen Geschwindigkeiten nicht mehr erreichn können.
"Rußland hat keinen Anspruch auf den Status einer Großmacht,..."
Einen solchen "Anspruch" gibt es mE sowieso nicht - ein Staat oder eine Nation ist was es ist - Kleinstaat, Mittelmacht, Grossmacht, was auch immer. Wer auf einem Status wie "Grossmacht" besteht und ihn oeffentlich einfordert der legt nur seine eigene Schwaeche dar.
"Rußland ist ein Entwicklungsland, allenfalls ein Schwellenland. Allein seine Atomrüstung gibt ihm eine herausragende Position."
Stimmt - sozusagen ein Pakistan del Norte - mit ein paar Bodenschaetzen. Und weil es Russland's atomares Arsenal ist das es von sagen wir mal Brasilien, Nigeria oder Mexico unterscheidet finde ich es in gewisser Weise logisch dass man versucht dieses Arsenal zu verringern. Die USA werden, allein aufgrund ihres wirtschaftlichen Gewichts und ihrer konventionellen militaerischen Staerke, immer eine Supermacht sein, auch mit weniger Atomwaffen. Ein Russland ohne Atomwaffen waere dagegen dann wie Nigeria...
Zitat von john jUnd weil es Russland's atomares Arsenal ist das es von sagen wir mal Brasilien, Nigeria oder Mexico unterscheidet finde ich es in gewisser Weise logisch dass man versucht dieses Arsenal zu verringern. Die USA werden, allein aufgrund ihres wirtschaftlichen Gewichts und ihrer konventionellen militaerischen Staerke, immer eine Supermacht sein, auch mit weniger Atomwaffen. Ein Russland ohne Atomwaffen waere dagegen dann wie Nigeria...
Exakt, und deshalb wird ja auch Putin seine Atomwaffen nicht ernsthaft verringern. Eine gemeinsame Obergrenze bedeutet für Rußland aber, daß die USA ihr jetziges Übergewicht verlieren.
Zugleich ist Rußland massiv mit der Modernisierung seiner konventionellen Streitkräfte beschäftigt.
Was ist übrigens mit China? Es rüstet munter auf. Und schon deshalb kann Rußland es sich gar nicht leisten, sich atomar ernsthaft zu schwächen.
Die Chinesen verhalten sich sehr geschickt, indem sie sich aus allem heraushalten. Eines Tages werden sie als Weltmacht auftreten, gestützt auf die größte und modernste Armee der Welt; so wie sie es bei den Olympischen Spielen im Sport vorgemacht haben. Und über Obama, der alle Nukes abschaffen wollte, schon als er noch Student war, sich kräftig amüsieren.
In Antwort auf:Ich kann mich an einen Artikel eines Informatikers im "Kursbuch" erinnern, der nachwies, daß SDI nie würde funktionieren können, schon weil man zur Steuerung viel zu viele Programmzeilen brauche.
Meinst du damit zufällig David L. Parnas? Der hatte jedenfalls Recht.
Zitat von ZettelDie Chinesen verhalten sich sehr geschickt, indem sie sich aus allem heraushalten. Eines Tages werden sie als Weltmacht auftreten, gestützt auf die größte und modernste Armee der Welt;
Warum prophezeien Sie China eine Zukunft als Weltmacht und Russland eine als "Nigeria mit Atomwaffen"?
Gut, Chinesen gibt es mehr, aber die Auswirkungen der Ein-Kind-Politik sind ähnlich wie die Nicht-Reproduktion der ethnischen Russen. Und wenn Sie das Bruttosozialprodukt pro Kopf von Russland anschauen, dann sieht es da bei China nicht viel besser aus. China hat nicht einmal Bodenschätze wie Russland. Und ob die zarten Pflänzchen wirtschaftlicher Freiheit in China Bestand haben, wissen wir noch nicht - ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich nicht bei aller Klientelpolitik, bei allem Bananenrepublikanismus nicht noch immer mehr Vertrauen in die russische als in die chinesische Wirtschaft habe. Das einzige, was für China spricht, ist die Dynamik der letzten Jahre, aber wie die den Abschwung übersteht, steht in den Sternen.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
"Eine gemeinsame Obergrenze bedeutet für Rußland aber, daß die USA ihr jetziges Übergewicht verlieren."
Ich hoffe doch dass diese "gemeinsame Obergrenze" unterhalb auch des derzeitigen russischen Arsenals liegen wird.
"Zugleich ist Rußland massiv mit der Modernisierung seiner konventionellen Streitkräfte beschäftigt."
Die haben das auch bitter noetig. Allerdings denke ich dass Russland fuer eine generelle konventionelle Aufruestung bald das Geld ausgehen wird.
"Was ist übrigens mit China?"
Keine Ahnung. Ich denke China hat interne Probleme die dem Aufstieg zur Supermacht im Weg stehen koennten - die demographische Entwicklung, die regionalen Konflikte mit Uiguren, Tibetanern etc, eine stark nachlassende Wirtschaft, die noch dazu sehr vom Export abhaengig ist, wenig Bodenschaetze (China wurde ja, als es mit der Wirtschaft steil bergauf ging ziemlich schnell von einem Exporteur zu einem Importeur von Oel und Gas), und dem unterschwelligen Konflikt zwischen dem diktatorischen politischen System und dem Kapitalismus, der nach mehr oder weniger demokratischen Regeln laeuft, und der sich eines Tages Bahn brechen koennte.
One problem at a time Zettel: Erst der Nahe Osten wo die momentanen Herausforderungen liegen, dann Russland, und dann vielleicht China, eines Tages.
Zitat von GorgasalWarum prophezeien Sie China eine Zukunft als Weltmacht und Russland eine als "Nigeria mit Atomwaffen"?
Rußland ist im Augenblick ein Entwicklungsland mit Atomwaffen. Seine Zukunft zu prognostizieren fällt mir schwer.
1989 dachte ich wie vermutlich die meisten, jetzt werde in Rußland zügig der Kapitalismus aufgebaut werden, wie in China. Stattdessen ist eine Mischung aus Zarenreich und UdSSR im Entstehen, mit einer wieder herrschenden Beamtenkaste, ergänzt durch ein paar Oligarchen.
Warum? Schwer zu sagen. Siebzig Jahre Kommunismus, das waren drei Generationen, in denen jede Kultur vernichtet wurde. Kein Mittelstand, keine Privatinitiative. Und natürlich hatte es das auch unter den Zaren nur in ersten Ansätzen gegeben.
Es ist m.E. kein Zufall, daß unter den Oligarchen so viele Juden sind. Mit ihrer eigenen, ganz anderen Kultur, viele mit Weltläufigkeit durch famliäre Beziehungen nach Israel usw. Eines der wenigen dynamischen Elemente im heutigen Rußland.
Also, wie sich das entwickeln wird, weiß ich nicht. Die Macht der UdSSR basierte wesentlich auf der Ausbeutung der osteuropäischen Kolonien und Satelliten. Ob und wie man das kompensieren kann, weiß ich nicht.
Und China? In den siebziger Jahren, als ich gerade meinen ersten Taschenrechner aus Singapur (Corvus, ein geklonter HP, umgekehrte polnische Notation) gekauft hatte und als die Computerbausteine aus Taiwan auf den Markt kamen, ist mir durch den Kopf gegangen: Was müssen diese Chinesen lernfähig sein! Und was wäre wohl, wenn in Rotchina der Kapitalismus Einzug halten würde?
Wo diese ungeheure Lernfähigkeit, diese Lernwilligkeit, diese Intelligenz, diese Disziplin, vor allem auch der immense Fleiß in China herkommen, weiß ich nicht. Liegt es am Konfuzianismus? Liegt es an einer kulturellen Tradition, in der man nur Beamter werden konnte, wenn man Gedichte schreiben und kalligraphisch darstellen konnte? Liegt es an jahrtausendelanger genetischer Auslese? No lo so.
In Antwort auf:Ich kann mich an einen Artikel eines Informatikers im "Kursbuch" erinnern, der nachwies, daß SDI nie würde funktionieren können, schon weil man zur Steuerung viel zu viele Programmzeilen brauche.
Meinst du damit zufällig David L. Parnas? Der hatte jedenfalls Recht.
Ich habe a bisserl rumsuchen müssen, lieber Eltov, aber jetzt habe ich das Kursbuch. Es ist Nummer 83 vom Frühjahr 1986, und ja genau, es ist der Aufsatz - eigentlich mehr ein Gutachten - von Parnas.
Ich habe den Artikel jetzt noch nicht wieder gelesen, werde es aber tun. Inwiefern meinst du, daß Parnas Recht hat, wo doch SDI heute im Begriff ist, realisiert zu werden?
Zu den Abschuss-Zahlen lohnt es sich vielleicht nach der Abschussquote der Irakischen Scut-Raketen durch US/Isreaelische PATRIOTs im Zweiten Golfkrieg zu suchen, das war damals ein mittlerer Skandal (Funktioniert alles nicht vs. hat die Scuts neutralisiert).
Je nachdem was man berechnet kamen damals sehr unterschiedliche Trefferquoten heraus:
a) Eine Abfangrakete explodiert nicht oder 'trifft' nicht das Ziel. b) Die Abfangrakete 'trifft' zwar, aber das Ziel wird nicht zerstoert. c) Die Abfangrakete 'trifft', aber das Ziel fliegt ballistisch weiter. d) Die Abfangrakete 'trifft', das Ziel stuerzt ab und richtet Schaden an. e) Die Abfangrakete 'trifft', das Ziel wird in der Luft zerstoert und zerlegt sich in kleine harmlose Splitter.
'treffen' ist deswegen in Anfuerhungszeichen, weil eine Boden-Luft Rakete klassischer Bauart so aufgebaut ist, dass eine Sprengladung bei genuegender Annaeherung an das Ziel explodiert und eine Wolke aus kleinen Metallteilen und den Splittern der eigenen Rakete erzeugt. Das Ziel, i.d.R. ein Flugzeug, fliegt nun auf eine Wand aus kleinen Splittern und geht deswegen kaputt. Eine Rakete dagegen muss an diesen Splittern nicht kaputt gehen, der Sprengsatz kann etwa auf einer ballistischen Bahn weiter in (s)ein Ziel fliegen.
In Antwort auf: Ich habe den Artikel jetzt noch nicht wieder gelesen, werde es aber tun. Inwiefern meinst du, daß Parnas Recht hat, wo doch SDI heute im Begriff ist, realisiert zu werden?
Nein, Nein und nochmals Nein. Man kann nach beinahe 30(sic!) Jahren mit erschreckend geringer Zuverlässigkeit unter unrealistisch günstigen Bedingungen einzelne Raketen abfangen. Vergleich das mit der ursprünglichen SDI Zielsetzung. Du hast seine Argumente völlig falsch in Erinnerung:
In Antwort auf:Aber die Kritiker haben ja Unrecht gehabt. Es hat nur länger gedauert, als man damals erwartet hat. Die Computer waren in den achtziger Jahren nur noch nicht schnell genug, um in Realzeit die nötigen Berechnungen vorzunehmen.
Parnas hat nicht mit mangelnder Rechenkapazität argumentiert. Man hat es da nicht mit einem Kapazitätsproblem zu tun, sondern mit einem Komplexitätsproblem. Um mal kurz zu verdeutlichen worum es dabei geht:
Der rekursive Algorithmus für die Berechnung der n-ten Zahl der Fibonacci Folge:
let rec fib = function | 0 -> 0 | 1 -> 1 | n -> fib (n-1) + fib (n-2)
hat eine Komplexität von O(1,63^n) (aus dem Gedächtnis, habe keinen Nerv das jetzt nachzurechnen). Mit meinem PC dauert die Berechnung von fib 30 13 Tausendstelsekunden, fib 50 über drei Minuten, und die Berechnung von fib 55 läuft jetzt seit über einer Stunde. D.h. es ist praktisch ausgeschlossen, dass irgendein Computer jemals in der Lage sein wird, mit diesem Algorithmus fib 100 innerhalb eines Menschenlebens zu berechnen. Derartige Komplexitätsüberlegungen gelten insbesondere für die Entwicklung von Software. Und genau da hat Parnas sehr richtig das Hauptproblem erkannt. Man kann nicht einfach mehr Programmierer auf das Problem schmeißen und hoffen das da etwas herauskommt wenn man nur lange genug wartet. Mit zunehmender Komplexität steigen Kosten, Zeit und vor allem das Risiko eines katastrophalen Scheiterns exorbitant. Und bei der SDI hätte es sich das gewaltigste jemals angegangene Softwareprojekt gehandelt, dass zudem beim ersten Einsatz absolut zuverlässig hätte funktionieren müssen.
Also ist man hingegangen und hat die Spezifikation auf das Machbare zusammengestrichen. Die Verteidigung soll jetzt nicht mehr versuchen, einen ernsthaften Angriff abzufangen, sondern einzelne Raketen von Schurkenstaaten abschießen. Dass man Software schreiben kann die eine Rakete abfängt sagt überhaupt gar nichts über die Möglichkeit auch nur 10 Raketen abzufangen.
In Antwort auf: Ich habe den Artikel jetzt noch nicht wieder gelesen, werde es aber tun. Inwiefern meinst du, daß Parnas Recht hat, wo doch SDI heute im Begriff ist, realisiert zu werden?
Nein, Nein und nochmals Nein. Man kann nach beinahe 30(sic!) Jahren mit erschreckend geringer Zuverlässigkeit unter unrealistisch günstigen Bedingungen einzelne Raketen abfangen.
Sagen wir, gut zwanzig Jahre. Konkrete Form nahm SDI 1987 mit dem Vorliegen der Strategic Defense System Phase I Architecture an; siehe Wikipedia. Als Parnas 1985 seinen Text schrieb, der 1986 im Kursbuch erschien, war man ja erst dabei, überhaupt Wissenschaftler für das Projekt zu rekrutieren.
Aber das nur nebenbei. Parnas behauptet, daß ein solches System nicht realisierbar sei, weil es nicht zuverlässig programmierbar sei. Dabei kommt er auf allerlei zu sprechen - wie Programmierer überhaupt verfahren, daß man das System nicht komplett testen könne, was aber nötig sei, um Bugs zu beseitigen usw.
Ich kann das im einzelnen nicht beurteilen; vielleicht können diejenigen hier im Forum, die vom Programmieren mehr verstehen als ich, dazu etwas sagen.
Jedenfalls scheint mir aber als Laien folgendes der Fall zu sein: Wenn man eine anfliegende Rakete abschießen kann, dann kann man auch viele abschießen. Es ist eine Frage des Geldes, ob man das will, aber ich sehe keine unüberwindbare Hürde. Zum zweiten scheint mir, daß man mit Simulationen solche Systeme inzwischen auch testen kann, ohne daß der Ernstfall eingetreten sein muß. Aber wie gesagt - ich bin auf Kommentare gespannt und will mich mangels Kompetenz da nicht einmischen.
Zitat von EltovDu hast seine Argumente völlig falsch in Erinnerung
You couldn't be more correct. Denn der Artikel, an den ich mich erinnert hatte, war gar nicht der von Parnas gewesen.
Als ich das Kursbuch letzte Nacht in meiner Bibliothek gefunden hatte und sah, daß da tatsächlich ein Artikel von einem Parnas drin war, dachte ich natürlich, das sei der Gesuchte.
Inzwischen habe ich mir das Kursbuch genauer angesehen: Der Artikel, an den ich mich erinnert hatte (und den ich vielleicht a bisserl mit dem von Parnas konfundiert hatte) stammt von dem deutschen Informatiker Bernd Mahr und steht im selben Heft direkt vor dem von Parnas. Naja, es ist immerhin 23 Jahre her, daß ich das gelesen habe.
Mahr bringt das Argument mit den Ressourcen. Er nahm an, daß für SDI eine Rechengeschwindigkeit von einem Terahertz benötigt werde und erwartete diese Leistung für frühestens 2020. Bis dahin sei das System also gar nicht realisierbar.
Bei Mahr steht auch das, was ich über Programmzeilen in Erinnerung hatte. Er schätzte für das SDI-Programm 10 bis 100 Millionen Programmzeilen. Die beste Fehlerrate liege bei etwas unter einem Fehler pro 1000 Programmzeilen. Das wären bei SDI selbst unter der extremen Annahme einer Fehlerrate von 0,3 immer noch 3.000 bis 30.000 Fehler.
Auch hier kann ich nicht beurteilen, wie das heute ist, nehme aber an, daß man mit der automatischen Prüfung von Programmen seither weiter gekommen ist.
Natürlich, lieber Eltov, wird auch SDI oder - wie es jetzt heißt - Ground Based Midcourse Defense - niemals fehlerfrei arbeiten. Aber die Frage scheint mir zu sein, ob das für eine Abschreckung erforderlich ist. Denn dazu dient das Ganze ja.
Man wird sicher nicht alle amerikanischen Städte verteidigen können. Aber wenn man zB alle Raketenbasen verteidigen kann, die für den Zweitschlag benötigt werden, dann wäre die Abschreckung so groß, daß jeder Angriff auf die USA der reine Selbstmord wäre.
In Antwort auf:Jedenfalls scheint mir aber als Laien folgendes der Fall zu sein: Wenn man eine anfliegende Rakete abschießen kann, dann kann man auch viele abschießen. Es ist eine Frage des Geldes, ob man das will, aber ich sehe keine unüberwindbare Hürde. Zum zweiten scheint mir, daß man mit Simulationen solche Systeme inzwischen auch testen kann, ohne daß der Ernstfall eingetreten sein muß. Aber wie gesagt - ich bin auf Kommentare gespannt und will mich mangels Kompetenz da nicht einmischen.
Eine Rakete abfangen und 10,20, 100 abfangen sind völlig verschiedene Dinge. Geht man davon aus das nur eine abgefangen werden muss, so ist das ganze aus Softwaresicht durchaus lösbar; man kann man das System einfach und dumm konzipieren -- es würde dann sobald es die Rakete bemerkt aus allen Rohren feuern, die einzelnen Komponenten können autonom agieren, es erfordert bis auf den Killbefehl keine Abstimmung. Wenn jetzt aber dutzende Raketen, Brennstufen, Sprengköpfe und Täuschkörper durch die Gegend fliegen, einzelne Sateliten ausfallen, evtl die Kommunikation zeitweise abbricht, dazu noch Atombomben im Orbit explodieren und die Sensoren blenden, wird Priorisierung und Abstimmung erforderlich, damit nicht ein und derselbe Sprengkopf dutzendfach bekämpft wird während der Rest ungehindert Washington, New York, London, Paris, Berlin usw verdampft. Und genau diese Abstimmung ist der absolute Albtraum für Programmierer (oder besser Systemarchitekten), dass ist der Punkt an dem das Problem in die exponentielle Komplexitätsklasse kippt, zumal auch noch knallharte Realtime Anforderungen dazu kommen.
Simulieren kann man so etwas, die Aussagekraft solcher Tests dürfte allerdings nicht all zu hoch liegen, so ungefähr im Bereich der des Wetterberichts für den nächsten Monat. Und das auch nur unter der Voraussetzung das keine unerwarteten Hardwarefehler auftreten.
In Antwort auf:Bei Mahr steht auch das, was ich über Programmzeilen in Erinnerung hatte. Er schätzte für das SDI-Programm 10 bis 100 Millionen Programmzeilen. Die beste Fehlerrate liege bei etwas unter einem Fehler pro 1000 Programmzeilen. Das wären bei SDI selbst unter der extremen Annahme einer Fehlerrate von 0,3 immer noch 3.000 bis 30.000 Fehler.
Auch hier kann ich nicht beurteilen, wie das heute ist, nehme aber an, daß man mit der automatischen Prüfung von Programmen seither weiter gekommen ist.
Kaum. Es gibt (gab damals schon!) Sprachen deren Compiler halbwegs zuverlässig Tippfehler, Typisierungsfehler (z.B. Aufruf einer Funktion die diskrete Werte erwartet mit Fließkommazahlen) und dergleichen entdecken. Das war aber noch nie die Sorte Fehler die große Probleme bereitet hat. Problematisch sind Dinge wie Rundungsfehler, Wertebereichsfehler (so einer hat die erste Ariane 5 vaporisiert), Deadlocks oder Wettlaufsituation bei Gleichzeitigkeit etc. Halbwegs zuverlässig kann man so etwas nur durch formelle Korrektheitsbeweise vermeiden, und die sind ab einer gewissen Codemenge völlig undurchführbar. Es gibt und gab damals schon Ansätze solche Beweise zu vereinfachen in dem man Sprachen verwendet die anstatt auf der der Arbeitsweise des Computers angemessenen Automatentheorie auf dem Lambdakalkül beruhen. Aber die tauchen erst heute ganz ganz langsam auf dem Radar des Programmierermainstreams auf. Beweisbarer Code ist immer noch so etwas wie der Heilige Gral der theoretischen Informatik; außerhalb akademischer Kreise -- ich spreche hier von weltweit aller aller allerhöchstens tausend Menschen -- hat damit kaum jemand etwas am Hut. Und diese Leute sitzen -- sofern sie nicht Compiler stricken oder sich auf [ur]http://lambda-the-ultimate.org/[/url] streiten -- jahrelang an vergleichsweise winzigen Codestücken die Flugzeuge, Airbags und medizinische Geräte steuern. Für ein Projekt wie die SDI bräuchte man aber eine ganze Armee dieser Leute.
In Antwort auf:Man wird sicher nicht alle amerikanischen Städte verteidigen können. Aber wenn man zB alle Raketenbasen verteidigen kann, die für den Zweitschlag benötigt werden, dann wäre die Abschreckung so groß, daß jeder Angriff auf die USA der reine Selbstmord wäre.
Ach, man sollte die Sprengköpfe auch noch nach voraussichtlichem Einschlagpunkt priorisieren? Bitte denk dir zu allem was ich oben geschrieben habe eine dreimal so drastische Formulierung aus. Und selbst wenn: Man hätte gegenüber den vorherigen 50 Jahren MAD genau gar nichts gewonnen. Wenn man sich um die Zweitschlagskapazität Sorgen gemacht hätte, hätte man für weniger Geld hunderte zusätzliche Bomber in der Luft halten oder hunderte zusätzliche strategische U-Boote anschaffen können. Das wäre wenigstens zuverlässig gewesen. Stattdessen ist man auf die AI Leute hereingefallen, die in der Aussicht auf unglaubliche Forschungsetats jeden Anstand haben fahren lassen und unhaltbare, unverantwortliche und hochgradig gefährliche Versprechungen gemacht haben, bis sie letztendlich als Scharlatane entlarvt wurden. Die ganze Angelegenheit gehört wirklich zu den peinlichsten Kapiteln in der Geschichte der Informatik.
In Antwort auf:Stattdessen ist man auf die AI Leute hereingefallen, die in der Aussicht auf unglaubliche Forschungsetats jeden Anstand haben fahren lassen und unhaltbare, unverantwortliche und hochgradig gefährliche Versprechungen gemacht haben, bis sie letztendlich als Scharlatane entlarvt wurden. Die ganze Angelegenheit gehört wirklich zu den peinlichsten Kapiteln in der Geschichte der Informatik.
hehehe. Und man hat nix dazu gelernt. Gestern war es der Industriel-Militaerische Komplex, heute ist es der wissenschaftlich-oekologische Komplex, der die Forschungsmilliarden abzieht.
Ob im SDI Projekt am Quantenkomputer gearbeitet wird? Quantum Parallelism verspricht einen Vorteil in der Komplexizitaetstheorie.
danke für diesen ausführlichen und kompetenten Beitrag!
Deine Kompetenz fehlt mir leider. Ich hatte eigentlich darauf gehofft, daß andere, die sich im Programmieren auskennen, kommentieren würden. Naja, vielleicht kommt das ja noch.
Deshalb nur ein paar Fragen eines Laien:
Zitat von EltovEine Rakete abfangen und 10,20, 100 abfangen sind völlig verschiedene Dinge. Geht man davon aus das nur eine abgefangen werden muss, so ist das ganze aus Softwaresicht durchaus lösbar; man kann man das System einfach und dumm konzipieren -- es würde dann sobald es die Rakete bemerkt aus allen Rohren feuern, die einzelnen Komponenten können autonom agieren, es erfordert bis auf den Killbefehl keine Abstimmung. Wenn jetzt aber dutzende Raketen, Brennstufen, Sprengköpfe und Täuschkörper durch die Gegend fliegen, einzelne Sateliten ausfallen, evtl die Kommunikation zeitweise abbricht, dazu noch Atombomben im Orbit explodieren und die Sensoren blenden, wird Priorisierung und Abstimmung erforderlich, damit nicht ein und derselbe Sprengkopf dutzendfach bekämpft wird während der Rest ungehindert Washington, New York, London, Paris, Berlin usw verdampft. Und genau diese Abstimmung ist der absolute Albtraum für Programmierer (oder besser Systemarchitekten), dass ist der Punkt an dem das Problem in die exponentielle Komplexitätsklasse kippt, zumal auch noch knallharte Realtime Anforderungen dazu kommen.
Das ist aus meiner Sicht als Laie sicherlich eine berechtigte Kritik an dem ursprünglichen Plan, die USA überhaupt unverwundbar zu machen. Aber der ist ja längst aufgegeben. Es geht um eine begrenzte Verteidigung.
Ist die Koordination wirklich solch ein Problem? Um überhaupt eine anfliegende Rakete bekämpfen zu konnen, muß man ihre Bahn berechnen. Dann weiß man auch, wo ungefähr sie unbekämpft einschlagen würde. Ist es so schwierig, dann auch festzulegen, welche Abfangrakete auf sie losgelassen wird?
Ich stelle mir das - als Laie - wie beim Fußball vor. Wenn ein Stürmer heranrauscht, dann ruft der eine Verteidiger dem andern zu: "Den übernehm ich". Oder drücke es in der Sprache neuronaler Netzwerke aus: Competition and Cooperation. Wer am besten positioniert ist, der bekommt den Auftrag.
Was mich zu einer anderen Frage bringt, lieber Eltov: 1986 dachte man sich offensichtlich, daß SDI von einem gewaltigen Zentralrechner gesteuert werden müßte. Ist das nicht obsolet? Jede Batterie von Abfangraketen kann doch ihren eigenen Rechner haben, und diese brauchen sich nur untereinander abzustimmen, wer welche anfliegende Rakete übernimmt. Mag sein, daß es an meinen mangelnden Kenntnissen liegt - aber ich kann mir nicht vorstellen, daß das so schwierig sein sollte.
Daß im Krieg natürlich Vieles nicht funktioniert, weil der Feind einwirkt, ist eine andere Frage. Aber das gilt nicht nur für SDI.
Zitat von Eltov
In Antwort auf:Man wird sicher nicht alle amerikanischen Städte verteidigen können. Aber wenn man zB alle Raketenbasen verteidigen kann, die für den Zweitschlag benötigt werden, dann wäre die Abschreckung so groß, daß jeder Angriff auf die USA der reine Selbstmord wäre.
Ach, man sollte die Sprengköpfe auch noch nach voraussichtlichem Einschlagpunkt priorisieren?
Ja, das denke ich, siehe oben. Wenn man die Bahn berechnet hat, weiß man auch, wo ungefähr die Rakete einschlagen würde. Ohne erfolgreiche Berechnung der Bahn kann man sie eh nicht bekämpfen.
Zitat von EltovWenn man sich um die Zweitschlagskapazität Sorgen gemacht hätte, hätte man für weniger Geld hunderte zusätzliche Bomber in der Luft halten oder hunderte zusätzliche strategische U-Boote anschaffen können. Das wäre wenigstens zuverlässig gewesen.
Ja, das stimmt. Man hätte auch Geld in gehärtete Silos investieren können. Es gab die Idee von Minuteman-Raketen, die auf dem Eisenbahnnetz der USA ständig unterwegs sind, usw.
Aber die Raketenabwehr ist eben eine alternative Möglichkeit. Ob sie billiger oder teurer ist, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls hat sie eine Technologie hervorgebracht, die zur Abschreckung des Iran und Nordkoreas viel wert ist. Denn daß man diese durch einen zweifellos möglichen Zweitschlag vernichten würde, ist eine unglaubwürdige Drohung.
Zitat von EltovStattdessen ist man auf die AI Leute hereingefallen, die in der Aussicht auf unglaubliche Forschungsetats jeden Anstand haben fahren lassen und unhaltbare, unverantwortliche und hochgradig gefährliche Versprechungen gemacht haben, bis sie letztendlich als Scharlatane entlarvt wurden. Die ganze Angelegenheit gehört wirklich zu den peinlichsten Kapiteln in der Geschichte der Informatik.
Das kann ich überhaupt nicht sehen, lieber Eltov. Ich weiß, daß diese Story in linken Informatiker-Kreisen seit langem kursiert.
Ich sehe es - mit meinem laienhaften Verständnis - eher so, daß erstens natürlich die Grundlagenforschung Forschungsgelder abgreift, wo immer sie kann. Das war nie anders. Astronomen haben viel Geld für ihre Radioteleskope bekommen, weil sie vorgaben, damit nach extraterrestrischer Intelligenz zu suchen. Das Marsprojekt ist ein anderes Beispiel.
Ich sehe da wirklich keine Scharlatanerie. Was bisher herausgekommen ist, das ist weit bescheidener als das, was Reagan 1983 angekündigt hatte. Aber das ist doch die Regel. Es gibt jetzt Projektstudien zur Besiedlung des Mars, gar Terraforming. Nichts davon wird realisiert werden. Aber man lernt dabei viel über Klimasysteme, über die Anforderungen an bemannte Raumfahrt usw.
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