Das Thema hatte vergangene Woche eine nur kurze, aber heftige Medienpräsenz: Clinton holte zwei US-Journalistinnen aus Korea heraus. Nicht die Außenministerin, sondern ihr Mann.
War das humanitär? Ja, natürlich. Die beiden Frauen und ihre Familien werden den Clintons ihr Leben lang dankbar sein. War es auch politisch vernünftig? Darüber kann man zumindest streiten.
Es war es nicht, wenn Christopher Hitchens Recht hat und die beiden Gefangenen ohnehin hätten freigelassen werden sollen.
Wenn das stimmt, dann haben die USA ohne viele Verhandeln für zwei Geiseln einen Höchstpreis gezahlt - nämlich die Aufwertung des Regimes in Pjöngjang, eine Verbesserung des Images des Diktators Kim Jong-il, dazu auch noch die Räumung der bisherigen diplomatischen Position der USA, mit einer so brutalen Diktatur wie der in Nordvietnam werde nicht verhandelt.
Jeder Reeder und jeder Versicherer verhandelt da hartnäckiger um den Preis für die Freilassung von Geiseln.
Die Befreiung war, soweit man weiß, eine Coproduktion von Bill und Hillary Clinton, abgesegnet von Barack Obama.
Diese Bilder gingen vor einer Woche um die Welt. Aber erst jetzt, durch den Artikel von Hitchens, frage ich mich, ob diese Aktion nicht mehr durch die privaten Interessen des Trios Clinton, Clinton & Gore bestimmt gewesen war als durch das nationale Interesse der USA.
Ich glaube nicht dass irgendein zurechnungsfaehiger Mensch auch nur eine Sekunde glaubt dass es sich bei Kim Jong-Il um einen "humanitaeren" Diktator handelt weil er 2 Geiseln freigelassen hat. Niemand glaubt das von Gaddafi als er die bulgarischne und franzoesischen Geiseln auf Intervention von Sarkozy freiliess.
"...die Räumung der bisherigen diplomatischen Position der USA, mit einer so brutalen Diktatur wie der in Nordvietnam werde nicht verhandelt."
Das hoert sich gut an, ist aber leider oft nicht praktikabel. Auch ueber das Atomprogramm Nordkorea's wird und wurde ja verhandelt.
Ich weiss nicht ob Hitchens recht hat oder nicht, aber ich wuerde nicht einfach annehmen dass die Geiseln in naher Zukunft eh freigelassen wuerden. Die Freilassung der Crew der Pueblo dauerte bspw immerhin fast ein Jahr. Je eher die Geiseln aus dem nordkoreanischen Gulag befreit werden konnten umso besser. Auch um den Preis des Besuchs eines Ex-Praesidenten.
Zitat von john jIch glaube nicht dass irgendein zurechnungsfaehiger Mensch auch nur eine Sekunde glaubt dass es sich bei Kim Jong-Il um einen "humanitaeren" Diktator handelt weil er 2 Geiseln freigelassen hat. Niemand glaubt das von Gaddafi als er die bulgarischne und franzoesischen Geiseln auf Intervention von Sarkozy freiliess.
Das stimmt, lieber John. Aber in der diplomatischen Auseinandersetzung ist es schon wichtig, wenn die US-Außenministerin Kim Jong-il eine "humanitäre Geste" bescheinigt.
Zitat von john j"...die Räumung der bisherigen diplomatischen Position der USA, mit einer so brutalen Diktatur wie der in Nordvietnam werde nicht verhandelt."
Das hoert sich gut an, ist aber leider oft nicht praktikabel. Auch ueber das Atomprogramm Nordkorea's wird und wurde ja verhandelt.
Mit dem bekannten Ergebnis. Und das, was Kim zwecks Aufwertung seines Regimes immer wollte - direkte Verhandlungen mit den USA - hat Präsident Bush ihm nie zugestanden.
Der Besuch Clintons wurde sofort als ein erster Schritt zu solchen direkten Verhandlungen interpretiert.
Zitat von john jIch weiss nicht ob Hitchens recht hat oder nicht, aber ich wuerde nicht einfach annehmen dass die Geiseln in naher Zukunft eh freigelassen wuerden. Die Freilassung der Crew der Pueblo dauerte bspw immerhin fast ein Jahr. Je eher die Geiseln aus dem nordkoreanischen Gulag befreit werden konnten umso besser. Auch um den Preis des Besuchs eines Ex-Praesidenten.
Ich weiß auch nicht, ob Hitchens Recht hat; aber seine Argumentation klingt mir plausibel. Hätte man die beiden Journalistinnen wirklich zwölf Jahre in einem Arbeitslager schuften lassen wollen - sie wären an deren Ende knapp 50 Jahre gewesen, also in dem Alter, in dem die meisten Insasssen sich totgearbeitet und -gehungert haben -, dann hätte man sie gleich dorthin bringen können.
Man hätte sie jedenfalls nicht gepäppelt, was aber augenscheinlich der Fall gewesen war. Die beiden haben ja auch gesagt, daß sie Angst davor hatten, ins Arbeitslager gebracht zu werden. Warum hat man das fünf Monate lang nicht getan?
Hätten die USA länger verhandelt, dann wären sie länger in diesen offenbar nicht unerträglichen Bedingungen geblieben; jedenfalls ging es ihnen, wie es scheint, weit besser als etwa den Matrosen der Hansa Stavanger.
Ich bin, lieber John, ja durchaus dafür, daß man ihre Befreiung versucht hat. Nur scheint mir, daß die USA voreilig einen hohen Preis dafür gezahlt haben.
Und daß die Achse Gore --> Clinton --> Clinton mit dem persönlichen Interesse Gores an den beiden Journalistinnen dabei am Werk war, kommt mir auch bedenklich vor.
Umgekehrt wäre es doch richtig gewesen: Bill Clinton hätte sagen sollen: Da mein enger Freund Gore hier persönliche Interessen hat, halte ich mich aus der Sache heraus.
Naja, Hitchens' Argumentation ist doch wirklich ein bisschen sehr dünne. Die Geiseln sollten seiner Meinung nach sowieso freigelassen werden, ja? Und wenn die USA tatsächlich auf ihrer "keine Verhandlungen mit Nordkorea"-Position verharrt hätten? Hätten die Nordkoreaner die beiden Journalisten dann zur Grenze gebracht, "sorry, aber wir wollten Euch ja sowieso freilassen, also könnt Ihr jetzt gehen"? Nein, in dem Fall wären die beiden halt weiterhin gefangen geblieben, möglicherweise weiterhin gut ernährt, vielleicht aber auch irgendwann verhungert.
Wenn ich mein Auto per Anzeige verkaufen will, dann fahre ich damit auch durch die Waschstraße, bevor ich es Interessenten zeige. Aber wenn ich kein adäquates Angebot bekomme, dann verkaufe ich es trotzdem nicht. Nur daraus, dass es sauber ist, darauf zu schließen, dass ich es ohnehin verkaufen will und dass man mir deswegen kein vernünftiges Angebot machen muss, ist für einen Möchtegern-Gebrauchtwagenkäufer nun wirklich keine gute Strategie.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Auch die Isolierung Nordkoreas hat zu keinem greifbaren Ergebnis gefuehrt. Manchmal muss man halt auch etwas Neues versuchen.
"Und das, was Kim zwecks Aufwertung seines Regimes immer wollte - direkte Verhandlungen mit den USA - hat Präsident Bush ihm nie zugestanden."
Siehe oben. Was ist wichtiger, Nordkorea's Atomprogramm zu stoppen bzw zu verhindern oder den Grundsatz "Wir verhandeln nicht mit Schurken" mehr oder weniger konsequent durchsetzen? Zumal die USA ja auch bspw mit Nordvietnam, China, etc verhandelte bzw verhandelt.
"Hätten die USA länger verhandelt, dann wären sie länger in diesen offenbar nicht unerträglichen Bedingungen geblieben; jedenfalls ging es ihnen, wie es scheint, weit besser als etwa den Matrosen der Hansa Stavanger."
Das ist leicht gesagt von Leuten wie ihnen, mir oder Hitchens. Wir sitzen ja auch nicht in Nordkorea fest. Und ich glaube immer noch, auch wenn ich Hitchens schaetze, dass auch er nicht mit irgendeiner Gewissheit wissen kann oder konnte was der Irre in PyongYang im Detail vor hat.
"Bill Clinton hätte sagen sollen: Da mein enger Freund Gore hier persönliche Interessen hat, halte ich mich aus der Sache heraus."
Das Argument verstehe ich nicht. Eher haette sich Hillary Clinton hier dann heraushalten sollen, in ihrer offiziellen Funktion als secretary of state, wenn es eine Verquickung mit Privatinteressen bzw Freundschaften gab. Bill Clinton fuellt ja keine offizielle Funktion in der US Regierung aus, ebensowenig wie Gore.
Zitat von john jWas ist wichtiger, Nordkorea's Atomprogramm zu stoppen bzw zu verhindern oder den Grundsatz "Wir verhandeln nicht mit Schurken" mehr oder weniger konsequent durchsetzen? Zumal die USA ja auch bspw mit Nordvietnam, China, etc verhandelte bzw verhandelt.
Und sogar mit Südvietnam .
Ja, natürlich geht es, lieber John, darum, das Atomprogramm und das damit gekoppelte Raktenprogramm der Nordkoreaner zu stoppen. Nur sind doch augenscheinlich Verhandlungen das denkbar unwirksamste Mittel dazu.
Die Nordkoreaner spielen das übliche Katz- und Maus- Spiel. Mal machen sie Zugeständnisse, um Vorteile zu erlangen. Dann sagen sie "April, April" und nehmen wieder alles zurück.
Das einzige Wirksame wäre, soweit ich das beurteilen kann, ein totaler internationaler Boykott. Aber da machen weder die Russen noch die Chinesen mit, die ja die Existenz Nordkoreas durchaus zu schätzen wissen; denn die USA sind auf sie in Bezug auf Nordkorea angewiesen.
Zitat von john j"Bill Clinton hätte sagen sollen: Da mein enger Freund Gore hier persönliche Interessen hat, halte ich mich aus der Sache heraus."
Das Argument verstehe ich nicht. Eher haette sich Hillary Clinton hier dann heraushalten sollen, in ihrer offiziellen Funktion als secretary of state, wenn es eine Verquickung mit Privatinteressen bzw Freundschaften gab. Bill Clinton fuellt ja keine offizielle Funktion in der US Regierung aus, ebensowenig wie Gore.
Es war ja eben eine semioffizielle Mission. Keine ehemaliger Präsident würde so etwas ohne die Billigung des amtierenden Präsidenten machen.
Wäre ein Verantwortlicher der TV-Firma, die Gore mitgegründet hat, nach Nordkorea gefahren, dann wäre alles in Ordnun gewesen. Aber dieser hätte Kim nicht das bieten können, was er wollte: Anerkennung, freundliche Worte von einem ehemaligen Präsidenten. Und auch noch Flankenschutz von der Außenministerin.
Zitat von john jNiemand glaubt das von Gaddafi als er die bulgarischne und franzoesischen Geiseln auf Intervention von Sarkozy freiliess.
... umso weniger, als Gaddafi seit über einem Jahr zwei unbescholtenen Schweizer Bürgern die Ausreise verweigert, weil sein Sohn in der Schweiz vorübergehend wegen Misshandlung seiner Sklaven ... pardon ... Angestellten festgenpommen worden war.
"Ich weiß auch nicht, ob Hitchens Recht hat; aber seine Argumentation klingt mir plausibel. Hätte man die beiden Journalistinnen wirklich zwölf Jahre in einem Arbeitslager schuften lassen wollen - sie wären an deren Ende knapp 50 Jahre gewesen, also in dem Alter, in dem die meisten Insasssen sich totgearbeitet und -gehungert haben -, dann hätte man sie gleich dorthin bringen können."
Lieber Zettel, ich weiss es auch nicht so genau...
Meine Vermutung ist folgende:
- Man verhaftet die beiden Frauen, um sie als Verhandlungsmasse gegen Geldleistung (oder sonst irgendwas) einsetzen zu können. - Für den Fall, dass die beiden Damen von irgendeinem US-Diplomaten 'rausgekauft' werden, tut man natürlich gut daran, sie nicht sofort ins KZ zu schaffen, weil sie nach ihrer Freilassung vermutlich ausführlich über die Zustände dort berichten würden. Im Gegenteil: Wenn man davon ausgeht, dass es diplomatische Bemühungen geben wird, sollte man sie regelrecht verwöhnen, damit sie später von der tadellosen Behandlung durch das Regime berichten können; das steigert die Akzeptanz in der Welt doch irgendwie, nicht wahr? Vor allem, wenn man dann das Propaganda-Gegenstück Guantanamo zum Vergleich heranzieht. - Natürlich setzt man einen Zeitplan auf: Sollte sich in angemessener Zeit niemand für die beiden Interessieren, landen sie selbstverständlich im Gulag; schließlich hat man neben dem mächtigen Feind USA ja auch noch den weniger mächtigen, allerdings weitaus gefährlicheren Feind 'Bevölkerung' mit glaubwürdigem staatl. Terror zu versorgen, damit die nicht auf dumme Gedanken kommen (Der kleine Verrückte hat sicher ein paar Bücher über die Revolutionen in Europa in der jüngeren Geschichte gelesen).
...selbst wenn es keine diplomatischen Bemühungen gegeben hätte, hätte man immer noch entscheiden können, was einem wichtiger ist: Durch die Freilassung international den eigenen Großmut zu medialisieren, oder durch die Durchsetzung des Urteils ein Exempel ggü. der Bevölkerung zu statuieren.
Für den kleinen Verrückten ist das ganze eine Win-Win-Situation gewesen, ich hätte vermutlich nach genau diesem Schema gehandelt (Gott, an mir ist ein guter Diktator verlorengegangen:-)).
Im übrigen, Zettel, erinnert mich die ganze Sache ein wenig an ihre Piraten-Story (also: die auf dem Meer, nicht die im Parlament): Erstmal entführen und die Reaktionen abwarten, dann kann man immer noch aus einer Fülle von Handlungsmöglichkeiten schöpfen.
P.S.: Würde mich interessieren, was die Freilassung zweier Amerikanerinnen auf dem Schwarzmarkt so kostet... gibt's da schon Insiderinformationen?
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