Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen Hausunterricht ("homeschooling") verboten ist - in Österreich oder der Schweiz ist es beispielsweise legal, Kinder nicht in die Schule zu schicken, sondern daheim selbst zu unterrichten oder unterrichten zu lassen; dafür wird der Wissensstand der Kinder regelmäßig überprüft. http://de.wikipedia.org/wiki/Hausunterricht
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Ich habe da in den letzten Jahren meine Meinung geändert. Während ich selbst mit dem Gesamtschulsytem der DDR-POS sehr gute Erfahrungen gemacht habe, muss ich mittlerweile konstatieren, dass das Schulsystem der DDR sich nicht auf die heutigen Schulen übertragen lässt. Da hing ich wohl lange Zeit einem Wunschdenken nach.
Die heutigen Schulen können Eltern durchaus Angst machen, ihre Kinder dorthin zu schicken. Wenn eine Schule einen Ausländeranteil von mehr als 20% hat, macht es wahrscheinlich kaum noch Sinn, die Gören da überhaupt hinzuschicken. Zum Zweiten ist die Indoktrinationsmöglichkeit durch zeitgeistbeeinflusstes Lehrpersonal derzeit sehr hoch. Zum Dritten sind auch die Lehrpläne teilweise sehr zeitgeistbeeinflusst und bringen keine wirkliche Allgemeinbildung. Zum Vierten fallen jede Menge Stunden aus (was ich allerdings auch nur aus den Medien weiß).
Privatschulen sind ja deshalb sehr beliebt, und wenn keine solche in der Nähe ist ... warum kein homeschooling? Wichtig wäre da m.E lediglich die zyklische Überprüfung und auch, dass die Rangen da nicht einzeln, sondern im Verband lernen, wegen der Sozialkompetenz.
Herzlich, Calimero
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Zitat von GorgasalDeutschland ist eines der wenigen Länder, in denen Hausunterricht ("homeschooling") verboten ist - in Österreich oder der Schweiz ist es beispielsweise legal, Kinder nicht in die Schule zu schicken, sondern daheim selbst zu unterrichten oder unterrichten zu lassen; dafür wird der Wissensstand der Kinder regelmäßig überprüft. http://de.wikipedia.org/wiki/Hausunterricht Was meinen Sie dazu?
Das Problem ist, daß die Schule ja nicht nur der Vermittlung von Wissen dient, sondern auch dem sozialen Lernen. Und zwar in einer Art Arbeitssituation; da geht es also um ganz andere social skills als auf Parties oder bei irgendwelchen Freizeitaktivitäten.
Kinder, die ausschließlich zu Hause unterrichtet werden, dürften da ein erhebliches Defizit haben.
Zitat von ZettelDas Problem ist, daß die Schule ja nicht nur der Vermittlung von Wissen dient, sondern auch dem sozialen Lernen. Und zwar in einer Art Arbeitssituation; da geht es also um ganz andere social skills als auf Parties oder bei irgendwelchen Freizeitaktivitäten. Kinder, die ausschließlich zu Hause unterrichtet werden, dürften da ein erhebliches Defizit haben.
Haben Sie dazu Untersuchungen, oder ist das nur ein Bauchgefühl?
Ich würde dagegen argumentieren, dass Eltern, die ihre Kinder daheim unterrichten, typischerweise mehrere Kinder haben, sich (in den USA) zusammenschließen und gemeinsame Aktivitäten durchführen, und schließlich, dass zuweilen die social skills in der Schule sich darauf beschränken, das eigene Licht unter den Scheffel zu stellen, damit man nicht als Streber gebrandmarkt wird.
Hier eine Untersuchung zum Thema:
Zitat von National Home Education Research Institute# 71% of [homeschooled] subjects were participating in any ongoing community service activity (e.g., coaching a sports team, volunteering at a school, or working with a church or neighborhood association), while 37% of similarly aged U.S. adults and 39% of all U.S. adults did so. # The degree to which the respondents thought they could understand and affect society and government was also addressed. For example, fewer of the home educated (4%) than the general public (35%) thought that “politics and government are too complicated to understand.” About the same percent of the home educated (98%) and the general public (94%) thought that they “could write a letter to government official that clearly states his/her opinion.” # Statistics on the direct civic involvement of home-educated adults and the general United States population are presented. For all civic activities (e.g., working for candidate/political party/political cause, voting in national/state elections) and at all age groups, the home-educated adults in this study were more civically involved than the general population.
Man kann natürlich argumentieren, dass dieses Institut klar Partei ergreift und die Daten damit suspekt sind - aber dann würde ich die gleichen fehlgeleiteten Anreize gegenüber Erziehungswissenschaftlern und deren Untersuchungen ins Feld führen; wenn Hausunterricht erfolgreich ist, trifft das die Notwendigkeit von Lehrern empfindlich.
Ein sinnvolleres Argument zu den obigen Zahlen ist sicher, dass Familien mit Hausunterricht in den USA nicht repräsentativ für den Landesdurchschnitt sind, dass man also deren Werte nicht mit den Zahlen der Gesamt-USA vergleichen kann. Darüber kann man diskutieren.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von GorgasalEin sinnvolleres Argument zu den obigen Zahlen ist sicher, dass Familien mit Hausunterricht in den USA nicht repräsentativ für den Landesdurchschnitt sind, dass man also deren Werte nicht mit den Zahlen der Gesamt-USA vergleichen kann. Darüber kann man diskutieren.
Bis ich an diese Stelle gekommen bin, hatte ich vorgehabt, auf diesem Eiwand rumzureiten.
Jetzt drehe ich nur eine Pirouette: Wer sein Kind zu Hause unterrichten (lassen) kann, gehört doch sicher nicht zur Unterschicht oder zur unteren Mittelschicht. Mit deren in Schulen erzogenen Kindern müßte man also den Vergleich vornehmen.
Aber ich gebe zu: Ich hatte eher an den Hausunterricht gedacht, wie er zB in Deutschland noch bis zum Zweiten Weltkrieg vorkam (Pfeiffer mit drei fff wurde bekanntlich von einem Hauslehrer zum Abitur geführt). Da gab es wohl nicht viel soziales Lernen.
Zitat von ZettelBis ich an diese Stelle gekommen bin, hatte ich vorgehabt, auf diesem Eiwand rumzureiten.
Ich versuche ja nur, die Diskussion abzukürzen, indem ich die offensichtlichen Einwände vorwegnehme
Zitat von ZettelJetzt drehe ich nur eine Pirouette: Wer sein Kind zu Hause unterrichten (lassen) kann, gehört doch sicher nicht zur Unterschicht oder zur unteren Mittelschicht. Mit deren in Schulen erzogenen Kindern müßte man also den Vergleich vornehmen.
Das hört sich nach einer Antwort auf meine obige Frage an, ob Sie Daten oder nur ein Bauchgefühl haben...
Ich denke hauptsächlich an das homeschooling in den USA, wo typischerweise ein Elternteil die Lehre übernimmt. Insofern man da auf ein Einkommen verzichtet (und typischerweise mehrere Kinder hat), sind diese Haushalte sicherlich nach Einkommen nicht weit oberhalb der Mitte. Andererseits herrscht dort ein größerer Respekt vor Bildung, der wiederum klassische Mittelschicht ist.
Zitat von ZettelAber ich gebe zu: Ich hatte eher an den Hausunterricht gedacht, wie er zB in Deutschland noch bis zum Zweiten Weltkrieg vorkam (Pfeiffer mit drei fff wurde bekanntlich von einem Hauslehrer zum Abitur geführt). Da gab es wohl nicht viel soziales Lernen.
Das scheint Pfeiffer mit drei fff aber nicht daran gehindert zu haben, ein funktionierendes Mitglied der erwachsenen wie auch der jugendlichen Gesellschaft zu sein...
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von Calimero Zum Vierten fallen jede Menge Stunden aus (was ich allerdings auch nur aus den Medien weiß).
Zumimindst in Bayern fallen natürlich regelmäßig Stunden aus. Aber warum ist das so? Um als Lehrer etwas zu gelten, muss man versuchen statt normalem unterricht möglichst viele dieser sogenannten Projekte zu machen. Was ja alles mögliche sein kann und prinzipiell auch nichts schlechtes sein muss. Allerdings, wenn Lehrer X mal wieder den ganzen Tag mit Klasse Y sich dem Projekt Z widmet, dann muss er natürlich in allen anderen Klassen, welche er laut Stundenplan an diesem Tag hätte, vertreten werden bzw. diese fallen aus. Dieselben Leute welche nach Projekten schreien, weil ihnen der böse Frontalunterricht nicht passt, beschweren sich dann, dass zuviel Unterricht ausfällt. So ist das heutzutage am Gymnasium in Bayern, zumindest an Schulen, welche besonders fortschrittlich sein wollen. Natürlich gibt es auch in diversen Fächern einen Lehrermangel bzw. es wird einfach jeder genommen, der das Staatsexamen besteht (siehe Methematik), aber da sollte man sich vielleicht mal überlegen, warum denn heutzutage nur noch so wenige Menschen Lehrer werden wollen. Da ist die Gesellschaft und vor allem die Politik gehörig mit daran Schuld. Wie sagt es unser Kanzler Schröder noch (damals noch als Ministerpräsident von Niedersachsen): "Lehrer sind faule Säcke". War Lehrer früher ein angesehender Beruf, ist er doch heute genau das Gegenteil, und daran sind sicher nich nur die Lehrer schuld.
Hi Gorgasal, in den USA gibt es ganz andere Entfernungen als in der Puppenstubenschweiz und in Deutschland. Die Überprüfung der Leistungsstärke und die Bereitstellung des Lehrmaterials sind seit Jahrzehnten und in der neuen Zeit mittels Internet bestens abgefedert.Natürlich geht es um den Lehrstoff, nicht um politische Einstellungen. Übrigens müßten hier die Kinder spätestens ab Klasse 5 doch auf "Normalschulen" gehen, weil Mami nicht alles weiß. Und inzwischen gibt es auch staatliche Schulen, die aussichtsreiche Projekte angemeldet haben (siehe Schulprojekt Chemnitz, leider ohne Link). Grüßchen, Inger
Zitat von ZettelDas Problem ist, daß die Schule ja nicht nur der Vermittlung von Wissen dient, sondern auch dem sozialen Lernen.
Das ist bisher auch mein Standardargument gegen Heimunterricht. Aber ich muß zugeben, daß meine Ablehnung nur einem Bauchgefühl entspringt, daß ich rational zugeben muß, keine wirklichen Argumente zu haben.
Denn einerseits scheint es ja nicht so zu sein, daß die zu Hause unterrichteten Kinder beim Sozialverhalten Probleme aufweisen würden. Was an Erfahrungen da ist, scheint wohl eher das Gegenteil zu belegen.
Und andererseits gibt es genug schlechte staatliche Schulen, an dem die Kinder eher ein negatives Sozialverhalten lernen.
Eine deutsche Familie, die ihre Kinder zu Hause unterrichten wollte, erhält in den USA politisches Asyl.
Zitat von HSLDAIn his ruling, Burman said that the scariest thing about this case was the motivation of the government. He noted it appeared that rather than being concerned about the welfare of the children, the government was trying to stamp out parallel societies—something the judge called “odd” and just plain “silly.” In his order the judge expressed concern that while Germany is a democratic country and is an ally, he noted that this particular policy of persecuting homeschoolers is “repellent to everything we believe as Americans.”
-- La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat ...trying to stamp out parallel societies...
Lieber Gorgasal,
ich habe den Eindruck, daß einer der derzeitigen Ansätze, soziale Probleme von der Schule lösen zu lassen, verbietet, daß Präzedenzfälle geschaffen werden. Gestattet man der einen Minderheit, seine Kinder nicht zur Schule zu schicken, wird sich demnächst eine andere darauf berufen wollen. Wie will man denn dann soziale Kontrolle ausüben? Hätte man früher noch alle Augen zugedrückt, ist das ab sofort nicht mehr möglich!
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