Ich nenne ihn in der Überschrift des Artikels einen "Mann aus der DDR". Das ist in keiner Weise abwertend gemeint. Dieter Althaus war, soweit ich das beurteilen kann, ein ausgezeichneter Ministerpräsident.
Aber es fehlt ihm, wie fast allen, die vom Leben in der DDR geprägt sind, die Fähigkeit des "connecting to people". Diese unbekümmerte Selbstsicherheit, aus der Kommunikation entsteht.
Wenn so jemand strauchelt, dann fällt er meist auch. Wer ihn gestern noch bejubelt hat, der will in der Niederlage nichts mehr von ihm wissen. Das hat Dieter Althaus erfahren müssen; und das ist - denke ich - der Grund dafür, daß er sich offenbar in der vergangenen Nacht entschlossen hat, das Handtuch zu werfen.
Wie gut Dieter Althaus als MP von den Thüringern gesehen wurde entzieht sich meiner Kenntnis. Und nur die Bevölkerung des Landes kann entscheiden, ob er sie gut regiert hat. Von daher ist der Blick von außen immer etwas verzerrt.
Althaus hat aber (im geschwächten Zustand) nach seinem Skiunfall medial mächtig Prügel bezogen. Ich glaube nicht, dass sowas an einem locker vorbei geht. Er wurde von verschiedenen Seiten und aufgrund verschiedener Ereignisse einfach "sturmreif geschossen".
Manfred Stolpe wäre soetwas in seiner "kleinen DDR" niemals passiert. Der war quasi unverwundbar ... "connecting to people" halt. ;-)
Gruß, Calimero
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Er ist aber nicht zu Unrecht kritisiert worden. Er hat im Umgang mit den Medien einen formvollendeten Slalom vorgeführt: mal wollte er über den Unfall schweigen, dann hat er ihn wieder gezielt eingesetzt. Ich meine, der Kommunikations-Stil oder die Kommunikationsfähigkeit sind nicht entscheidend für Althaus' Niederlage. Er hatte nach dem Unfall einfach keine Substanz und keine klare Linie mehr.
Bei Herrn Stolpe habe ich mich oft gefragt: Was könnte ein Mann aus dieser wunderbarem Stimme machen, der wirklich etwas mitzuteilen hat? Stolpe konnte noch die größten Banalitäten mit einer Bestimmtheit rüberbringen, die mich immer wieder erstaunt hat. Bei ihm würde ich das Muster »qconnecting to people« gelten lassen, allerdings mit der Einschränkung, dass bei diesen Verbindungen eben nichts Substantielles rüberkam.
Zitat von CalimeroWie gut Dieter Althaus als MP von den Thüringern gesehen wurde entzieht sich meiner Kenntnis. Und nur die Bevölkerung des Landes kann entscheiden, ob er sie gut regiert hat. Von daher ist der Blick von außen immer etwas verzerrt.
Ja, das stimmt. Aber von außen kann man immerhin beurteilen, daß unter seiner Regierung Thüringen wirtschaftlich aufgeholt hat. Hier die Beurteilung durch die INSM. Insgesamt reicht es zwar nur für Platz 11; aber die Einzelanalyse zeigt, daß das vor allem an der Abwanderung von Arbeitskräften liegt. Hier hat Thüringen wegen seiner Lage im "Herzen Deutschlands" ein besonderes Problem. Ansonsten sind die Daten beachtlich.
Zitat von CalimeroAlthaus hat aber (im geschwächten Zustand) nach seinem Skiunfall medial mächtig Prügel bezogen. Ich glaube nicht, dass sowas an einem locker vorbei geht. Er wurde von verschiedenen Seiten und aufgrund verschiedener Ereignisse einfach "sturmreif geschossen".
Das sehe ich auch so. Solch ein Trauma geht an niemandem spurlos vorüber. Ich habe mich gewundert, wie schnell er sich wieder dienstfähig gemeldet hat.
Und wenn man dann derart persönlich angegriffen wird, wie es ihm widerfahren ist, dann dürfte das erst recht an die Substanz gehen. Mit "Schuld" ist das ja so eine Sache. Seine Schuld bestand, soweit ich das verfolgt habe, darin, daß er an eine Kreuzung von zwei Skipisten kurz in die andere eingebogen ist, die steil nach oben führte; warum auch immer.
Er ist den Medien auf den Leim gegangen. Natürlich wäre es wahlkampftaktisch am besten gewesen, über die Sache kein Wort zu verlieren. Aber er wurde ja immer wieder danach gefragt, es wurde hochgespielt. Und da hatte er nicht die Chuzpe, eisern zu schweigen.
In den letzten Tagen vor der Wahl gab es dann auch noch diese Kampagne, angeführt von irgendeinem dieser Polit-"Magazine", eine Zeitschrift hätte Public Relations für ihn gemacht.
Wie in dem Artikel geschrieben - er war das sozusagen prädestinierte Opfer. Nicht gerissen genug, um eine so schwierige Situation zu meistern.
Zitat von CalimeroManfred Stolpe wäre soetwas in seiner "kleinen DDR" niemals passiert. Der war quasi unverwundbar ... "connecting to people" halt. ;-)
Genau. Den IM "Sekretär" hatte ich bei der Aufzählung der Kommunikationsgenies zu erwähnen vergessen.
Zitat von stefanolixEr ist aber nicht zu Unrecht kritisiert worden. Er hat im Umgang mit den Medien einen formvollendeten Slalom vorgeführt: mal wollte er über den Unfall schweigen, dann hat er ihn wieder gezielt eingesetzt. Ich meine, der Kommunikations-Stil oder die Kommunikationsfähigkeit sind nicht entscheidend für Althaus' Niederlage. Er hatte nach dem Unfall einfach keine Substanz und keine klare Linie mehr.
Dazu habe ich, lieber Stefanolix, gerade in meiner Antwort an Calimero etwas geschrieben. Sein "Slalom" bestand aus meiner Sicht darin, daß er nicht die Chuzpe hatte, trotz aller Nachfragen der Medien eisern zu schweigen.
Daß er den Unfall "gezielt eingesetzt" hat, glaube ich nicht. Jedenfalls habe ich für diese Behauptung bisher keinen Beleg gesehen.
Und ist nicht genau dieses Versagen dabei, mit dieser schwierigen Situation mediengerecht umzugehen, ein Beispiel für mangelnde Kommunikationsfähigkeit?
Zitat von stefanolixBei Herrn Stolpe habe ich mich oft gefragt: Was könnte ein Mann aus dieser wunderbarem Stimme machen, der wirklich etwas mitzuteilen hat? Stolpe konnte noch die größten Banalitäten mit einer Bestimmtheit rüberbringen, die mich immer wieder erstaunt hat. Bei ihm würde ich das Muster »qconnecting to people« gelten lassen, allerdings mit der Einschränkung, dass bei diesen Verbindungen eben nichts Substantielles rüberkam.
Das sehe ich auch so; auch dazu habe ich gerade Calimero geantwortet. Es ist ja interessant, daß solche DDR-untypischen Kommunikatoren wie Gysi und Stolpe in der DDR ihr Wirkungsfeld in Grauzonen fanden, in denen sie das Vertrauen beider Seiten brauchten. Gysi war ein Vertrauensmann des ZK und genoß zugleich - jedenfalls in gewisem Umfang - das Vertrauen der Dissidenten, die er "verteidigte". Stolpe genoß ganz ähnlich sowohl das Vertrauen des Staats als auch das der Kirche.
Sowas kann eben nur jemand, der jeden Gesprächspartner zu umgarnen weiß. Schröder konnte das ja auch bestens. In einem biographischen Artikel über ihn habe ich mal gelesen, schon als Lehrling in einer Gemischtwarenhandlung hätte er den Ruf gehabt, jedem alles verkaufen zu können.
Zitat von ZettelDazu habe ich, lieber Stefanolix, gerade in meiner Antwort an Calimero etwas geschrieben. Sein "Slalom" bestand aus meiner Sicht darin, daß er nicht die Chuzpe hatte, trotz aller Nachfragen der Medien eisern zu schweigen. Daß er den Unfall "gezielt eingesetzt" hat, glaube ich nicht. Jedenfalls habe ich für diese Behauptung bisher keinen Beleg gesehen. Und ist nicht genau dieses Versagen dabei, mit dieser schwierigen Situation mediengerecht umzugehen, ein Beispiel für mangelnde Kommunikationsfähigkeit?
Ich meine, es ist ein Beispiel für fehlende Urteilsfähigkeit. Dieter Althaus hat doch im Grunde seit der Wende gezeigt, dass er für Thüringer Verhältnisse genau die richtige Kommunikation beherrscht. Die ist nicht so strahlend und professionell. Aber sie hat funktioniert.
Ich komme in meinem eigenen Artikel zu einem anderen Ergebnis: Dieter Althaus war (wie man im Sport sagt) angeschlagen und hätte nicht wieder antreten sollen. Allein schon seine Wiederaufstellung als Spitzenkandidat in Abwesenheit fand ich nicht angemessen.
Man verstehe das bitte nicht als Nachtreten. Ich bin überzeugt davon, dass Thüringen bei der CDU in guten Händen wäre (das ist einfach ein Bundesland, das man sich am ehesten CDU-regiert vorstellen kann). Aber es hat sich wieder gezeigt: wenn jemand von der eigenen Unersetzbarkeit so stark überzeugt ist, dann sorgt er eben nicht für eine Nachfolgeregelung und dann geht es gegen den Baum.
Ich habe mir die Wortwahl »gezielt eingesetzt« schon gut überlegt. Ich bin davon überzeugt, dass Spitzenpolitiker solche Fragen niemals dem Zufall überlassen. Das Dekolletee-Foto von Angela Merkel war gezielt eingesetzt, genauso wie jede »home-story« und eben auch diese Gespräch von Dieter Althaus mit einer großen Boulevardzeitung. Dieter Althaus hat dieses Gespräch geführt, um bei schlechten Umfragewerten einen bestimmten Sinn des Publikums anzusprechen (Stichworte: Beten, Reue, Beziehung zum Hinterbliebenen).
Wenn er sich in dem letzten Gespräch vor der Wahl dazu verstiegen hat, Bezug auf sein Verhältnis zum Ehemann des Opfers zu nehmen, dann ist das ein Zeichen für mangelndes Problembewusstsein und völlige Verzweiflung, zumal eben dieser Ehemann die Angelegenheit sofort dementierte.
Zitat von ZettelDieter Althaus war, soweit ich das beurteilen kann, ein ausgezeichneter Ministerpräsident.
Das überrascht mich. Ich habe mich nicht weiter damit beschäftigt, bisher aber nur Meinungen gehört, die das Gegenteil sagen. Auch in CDU-Kreisen (bei denen ich aber die spezielle Thüringen-Kompetenz nicht beurteilen kann) gilt er als problematisch, er hätte mit seiner Eichsfeld-Clique hemmungslosen Nepotismus betrieben und in Sachfragen viele Fehler gemacht.
Thüringen wurde ja unter Vogel recht erfolgreich regiert, fast so gut wie Sachsen. Von dieser Basis ausgehend ist es immer noch Nummer Zwei im Osten (aber die Konkurrenz ist ja auch schwach regiert), aber der Abstand zu Sachsen wächst (wieder: ich wiederhole hier nur, habe keine Originalzahlen dazu geprüft).
Und von der absoluten Mehrheit Vogels ist Althaus nach zwei vernichtenden Wahlniederlagen weit entfernt, die CDU hat auch kommunal stark nachgelassen.
Über die Skiunfall-Sache will ich gar nicht reden, das ist ein sehr schwieriges und ungewöhnliches Thema. Aber er war ja schon vor dem Unfall in den Umfragen deutlich zurückgefallen und die Abwahl war absehbar.
Zitat von R.A.Ich habe mich nicht weiter damit beschäftigt, bisher aber nur Meinungen gehört, die das Gegenteil sagen. Auch in CDU-Kreisen (bei denen ich aber die spezielle Thüringen-Kompetenz nicht beurteilen kann) gilt er als problematisch, er hätte mit seiner Eichsfeld-Clique hemmungslosen Nepotismus betrieben und in Sachfragen viele Fehler gemacht. (…)
Ich habe ähnlich (aber ohne Betonung auf seine Heimatregion) gehört: Althaus habe sich in den letzten Jahren zu sehr auf die Absicherung der Macht konzentriert und zu wenig gestaltet. Er habe das Machtgefüge auf seine Person zugeschnitten, so dass der CDU bei der Aufstellung des Spitzenkandidaten keine andere Wahl blieb. Er habe die Möglichkeiten nicht genutzt, die sich aus der absoluten Mehrheit ergeben (die Althaus bei der letzten Wahl 2004 errang). Er habe aus dem Erbe seines Vorgängers nichts gemacht. Auch meine Stimmen können natürlich nicht als repräsentativ gelten.
Zitat von R.A.Ich habe mich nicht weiter damit beschäftigt, bisher aber nur Meinungen gehört, die das Gegenteil sagen. Auch in CDU-Kreisen (bei denen ich aber die spezielle Thüringen-Kompetenz nicht beurteilen kann) gilt er als problematisch, er hätte mit seiner Eichsfeld-Clique hemmungslosen Nepotismus betrieben und in Sachfragen viele Fehler gemacht. (…)
Ich habe ähnlich (aber ohne Betonung auf seine Heimatregion) gehört
Vielleicht habe Sie beide recht. Ich habe gegenteilige Urteile gelesen. Solche Beurteilungen sind natürlich immer sehr subjektiv.
Wirtschaftlich scheint mir die Problematik Thüringens - ich habe das schon angedeutet - in seiner geographischen Lage begründet zu sein. Der westliche Teil jedenfalls ist ganz nach Hessen hin orientiert: sogar der Dialekt ist ja ähnlich. Das hat Nachteile und Vorteile. Thüringen konnte sich dadurch nach 1989 besser entwickeln; aber es gibt eben auch eine starke Sogwirkung. Gute junge Leute können zB in Hessen arbeiten und und sind zum Wochenende doch schnell zu Hause.
Mir scheint, daß Althaus angesichts dieser Rahmenbedingungen eine gute Politik gemacht hat; aber wie gesagt ...
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