Der erwartete Fall ist eingetreten: Jetzt entfaltet der Wahlkampf Dynamik.
Und nicht zugunsten von Schwarzgelb. Wenn die Kanzlerin jetzt weiter die Mobilisierungsphase des Wahlkampfs ignoriert, dann wird sie zu Recht verlieren.
Auch der Höhenflug der FDP scheint vorbei zu sein. Gleichauf mit den Kommunisten - das hat es in diesem Jahr noch nicht gegeben.
Guido Westerwelle hat auf dem Parteitag in Hannover die Argumente für einen Lagerwahlkampf vorgetragen. Entweder gelingt es in den verbleibenden zwei Wochen, den Wählern klarzumachen, was eine Volksfront für sie bedeuten würde - oder sie werden es auf die harte Weise erfahren müssen.
Und die FDP wird es sich - wenn sie dann nicht doch noch in eine Ampel springt - von den harten Bänken der Opposition aus ansehen können.
Calimero
(
gelöscht
)
Beiträge:
10.09.2009 08:12
#2 RE: Wahlen '09 (16): Kommunisten gleichauf mit der FDP
Also langsam nervt es mich auch, dass das bürgerliche Lager anscheinend so gar kein Thema findet. Ich sehe praktisch kaum fern, weiß daher nicht, ob da was Kontroverses abläuft (am 13.09. ist wieder langweiliges TV-Duell?). Die Wahlplakatierung ist aber extrem nichtssagend. Die Zensursula-Partei "hat die Kraft" und die FDP plakatiert "Arbeit muss sich wieder lohnen", was zwar grundrichtig ist, aber die ganzen Transferleistungsempfänger irgendwie nicht so recht vom Sofa, oder dem Rektorenstuhl hauen wird.
Am interessantesten plakatiert ja noch die Linke mit: "Reichtum für alle!" und andererseits "Reichtum besteuern!"
Es muss doch Themen geben, mit denen man elektrisieren kann. Meinungs- und Informationsfreiheit z.B.. "Lasst unsere Jungs nicht im Stich!" vielleicht. "Sozialismus heißt: Armut für alle" - irgendsowas.
Passiert aber nix. Gepflegte Langeweile, keiner kommt aus den Puschen - nur das linke Lager dreht an allen Knöpfen.
Jetzt geistert noch die angebliche Ankündigung eines deutschen 9/11 durchs Netz. Da mag ich lieber gar nicht dran denken.
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Zitat von CalimeroPassiert aber nix. Gepflegte Langeweile, keiner kommt aus den Puschen - nur das linke Lager dreht an allen Knöpfen.
Ja, so ist es leider.
Die Linke bestimmt bisher diese Endphase des Wahlkampfs - so, wie sie es im Frühjahr schon einmal dominierend gewesen war, als ich diese Serie mit der Frage eröffnet habe, ob Angela Merkel noch gewinnen kann.
Dann schien die Strategie des Dämmer-Wahlkampfs aufzugehen. Nur an nichts rühren. Weiter so. Keine Experimente.
Vielleicht klappt es ja am Ende doch damit. Aber eine solche Strategie ist eben extrem anfällig für jedes unerwartete Ereignis, das die Gegenseite für sich ausschlachten kann. Jeder Stoß kann das indifferente Gleichgewicht beseitigen.
Jetzt Afghanistan. Ab morgen vielleicht die Schließung deutscher Opel-Werke.
Und das könnte dann richtig gefährlich werden; denn wenn GM das macht, was sich jetzt andeutet, dann wird nicht nur die Angst vor Arbeitslosigkeit zum dominierenden Thema, sondern auch Wut auf die Amis und den Kapitalismus.
Wie wollen FDP und Union dann noch die Marktwirtschaft preisen? Wie wollen sie dann noch aus ihrem Kuschelwahlkampf herausfinden?
Mal ehrlich: Wie sollen sich die Kommunisten (ich neige zu dem Wort Postkommunisten, das wird fuer andere Ex-Ostblock-KPs auch verwendet) innerhalb von einer Woche um 40% steigern?
Das finde ich bischen an den Haaren herbeigezogen. Allerdings scheint es so zu sein, dass ein Teil der Union keine Schwarz-Gelbe Koalition will. - Zumindest wenn man aus dem Ausland seine Informationen ueber die Deutsche Innenpolitik ueber SPIEGEL/BILD/FAZ online bezieht.
Ärgerlich ist, dass die FDP in die allgemeine Anti-Afghanistan-Stimmung miteinstimmt, oder wie anders ist die Aussage von Max Stadler, seineszeichen FDP-Sicherheitexperte zu deuten?
Zitat von Max Stadler"Ziel muss ein rascher Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sein, möglichst innerhalb der nächsten Jahre"
Das ist Feigheit vor dem Wähler. Bloß nicht gegen die allgemeine Stimmung reden. Warum werden die Kommunisten nicht gestellt?
Zitat von DagnyMal ehrlich: Wie sollen sich die Kommunisten (ich neige zu dem Wort Postkommunisten, das wird fuer andere Ex-Ostblock-KPs auch verwendet)
Es sind keine Postkommunisten. Die Postkommunisten sind Sozialdemokraten, die in der EU auch in der Fraktion der Sozialisten sind.
Die deutsche "Linke" ist eine kommunistische Partei, die zusammen mit kleinen, im Osten übriggebliebenen und bedeutungslosen kommunistischen Parteien, mit den Kommunistischen Parteien Frankreichs, Spaniens usw. in der Europäischen Linken organisiert ist.
In dieser ist zB die Nachfolgepartei der italienischen PCI nicht; weil sie inzwischen linkssozialistisch ist.
Sondern die Partner von "Die Linke" sind die beiden extremistisch-kommunistischen Parteien Italiens, die Communisti Italiani und die Rifundazione Comunista.
Lothar Bisky ist der offizielle Vorsitzende fast aller Kommunisten Europas. Nicht Postkommunisten, das sind ganz andere Leute.
Ich schreibe mir fast die Finger wund, um das unter die Leute zu bringen. Und noch nicht einmal Sie, liebe Dagny, nehmen es mir ab. Es ist schon bedrückend. Die Tarnung der deutschen Kommunisten funktioniert wirklich gut.
Zitat von Dagny innerhalb von einer Woche um 40% steigern? Das finde ich bischen an den Haaren herbeigezogen.
Es ist nun mal so. Schröder hat die Deutschen 2002 an ihrer Friedensbesoffenheit gepackt. Damals war es der Irak, jetzt ist es Afghanistan. Damals kam es der SPD zugute, jetzt den Kommunisten.
Letztlich rächt sich jetzt, dass seit vielen Jahren - wenn nicht Jahrzehnten - die bürgerlichen Parteien nicht mehr offensiv ihre Grundwerte und Positionen vertreten. Nur so ist es überhaupt denkbar, dass mit derart durchsichtigen Strategien, wie sie die SED fährt (und teilweise auch die Grünen und die SPD) überhaupt eine einzige Wählerstimme gewonnen werden kann.
Wenn ich nur an die Energiepolitik denke - da höre ich von CDU/CSU und FDP nur schlecht getarnte Rückzugsgefechte. Man ist ja nun auch irgendwie für EE-Subventionen. Und irgendwie will man die Kernenergie ja auch loswerden. Und irgendwie und irgendwas. Und aus Afghanistan will man ja eigentlich auch raus, zumindest will man aber auf keinen Fall Krieg führen, weil dass ja böse ist. Irgendwie jedenfalls.
Ich vermisse klare Positionen, die über Jahre hinweg bis aufs Messer verfochten werden. Leider ist dieser Zug abgefahren, weil sowohl in der Äre Kohl als auch in der Äre Merkel eine solche Wischi-Waschi-Politik betrieben wurde (vielleicht ausgenommen die ersten 4-6 Jahre Kohl), dass man sich völlig seiner Glaubwürdigkeit beraubt hat.
Gruß, hubersn
Nola
(
gelöscht
)
Beiträge:
10.09.2009 15:55
#8 RE: Wahlen '09 (16): Kommunisten gleichauf mit der FDP
In Antwort auf:Zitat Calimero "Sozialismus heißt: Armut für alle" - irgendsowas.
Das stimmt in der Tat, lieber Calimero. Der Wähler ist durch die Bedrohung seiner Existenz verunsichert und die Stimmungslage wechselt dementsprechend. Jetzt wieder wegen Opel.
Aber das finanzielle Desaster hat Namen und Herkunft, mit oder ohne Finanzkrise. Das geht beim Bürger leider zu oft unter.
„Noch im Jahr 2000 kassierte der Staat 23,6 Milliarden Euro Körperschaftssteuer von den Kapitalgesellschaften. Im Jahr darauf, nach Inkrafttreten des Reformwerks (gemeint ist die Unternehmenssteuerreform der rot-grünen Bundesregierung, (Anm. d. Autors), brachen diese Einnahmen vollkommen weg. Per saldo mussten die Finanzämter sogar fast eine halbe Milliarde Euro an die Firmen auszahlen – das hatte es noch nie gegeben. Bis heute bekommt der Staat weitaus weniger Gewinnsteuern als in früheren Jahren.“ („Das größte Geschenk aller Zeiten“, in: Die Zeit, 8.9.2005)
Seit elf Jahren ist das Finanzressort von der SPD besetzt: von Oskar Lafontaine über Hans Eichel bis Peer Steinbrück.
Der Bundesfinanzminister hat noch im September 2008 sich vor den Bürger hingestellt und behauptet, die Finanzkrise sei vor allem ein amerikanisches Problem, obwohl er es besser wusste.
Kurze Rückblende Für die Jahre 2001 und 2002 hat Steinbrück, Finanzminister in NRW, bereits zwei verfassungswidrige Haushalte vorgelegt, zu denen das Landesverfassungsgericht in Münster bescheinigt hat, dass er zur Präsentation eines ausgeglichenen Haushaltes widerrechtlich kreditfinanzierte Rücklagen benutzt habe. FDP-Fraktionschef Ingo Wolf bezeichnete das Urteil als "erneute Schlappe für den Ministerpräsidenten in der nicht enden wollenden Serie Pleiten, Pech und Pannen des Peer Steinbrück". Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit sei "eine juristische Abstrafung erster Güte und ein rabenschwarzer Tag für die rot-grüne Haushaltspolitik." Steinbrück trat nicht zurück und wurde zur Belohnung Bundesfinanzminister.
Während wir auf die täglichen Scharmützel der profilierungssüchtigen Sozialdemokraten schauen und die Volksfront befürchten, holt uns die Finanzkrise wenige Tage vor den Wahlen wieder ein, indem die Bürger sehen, das nichts von angekündigter „in Regressnahme“ der verantwortlichen Rating-Agenturen und Bankenmanagern passiert ist. Im Gegenteil, es wird fleissig weitergemacht - siehe im Fall Arcandor :
… und Kredite für die Unternehmen blockiert. So dass die Regierung hier noch mehr Gelder nachschieben muß, um die Unterstützung einer angeschlagenen Wirtschaft zu gewährleisten.
Auch das Milliardengrab der HRE kommt ja nicht von ungefähr und plötzlich daher. Auch hier hat Herr Steinbrück versagt. Als Finanzminister mit Zugang zu allen Fakten hat er sich von einem Chaos zum anderen gerettet. Immer mit Leichenbittermiene und dem streng seriös wirkenden erhobenen Zeigefinger an dem die Steuereinnahmen der Bürger kleben blieben und die dann in jede Banken-Lücke verpulvert werden. Die Lücken der Bürger allerdings blieben davon unberührt. Bis auf die Abwrackprämie, aber das war ja keine Lücke im Geldbeutel zum täglichen Leben.
Leider wurde der neue Wirtschaftsminister gleich bei ersten Gehversuchen gecancelt, obwohl er sehr richtig lag in seiner Einschätzung, so dass auch hier kein Gegengewicht zur Finanzpolitik des Herrn Steinbrück entstehen konnte. Nun wurde Opel zur Chefsache, das Ergebnis kennen wir. Dabei ist es nichts weiter als ein Prestige-Objekt. Viele andere tausende Arbeitsplätze sind genauso in Gefahr und zwar dort, wo eben auch die Banken ihre Mithilfe versagt haben. Banken, die mit der Maßgabe die Wirtschaft zu stützen von Herrn Steinbrück „gerettet“ wurden.
Als der Aufschrei der Unternehmen zu groß wurde, blieb Steinbrück nichts anderes übrig als nachzukarten, noch mal steuerfinanziert.
Steueroasen schuldig zu sprechen für entgangene Steuereinnahmen ist da wesentlich einfacher. Diese und einige andere Umstände sind in vielen Jahren von den Finanzministern der SPD ja nie geändert worden.
Stattdessen hat man sich mit anderen „Finanzgeschäften“ befasst, z.B. CBL (Cross Border Leasing) was sich in Zeiten der Finanzkrise, die sich – wie man weis - langfristig abzeichnete, als Milliarden-Bumerang für die Kommunen erweisen könnte.
In Antwort auf:http://www.wwt-online.de/gronegger.htm
An dieser Stelle sorgte die Finanzkrise auch für Turbulenzen im Cross Border Leasing, vor allem durch die Herabstufung der Bonität des US-Versicherungsriesen American International Group (AIG) im Herbst 2008, der nicht ausreichend Rückstellungen gebildet hatte. In solchen Fällen müssen betroffene Kommunen zusätzliche Sicherheiten stellen – entweder eine andere Bank oder Versicherung mit besserem Rating in das Geschäft einbringen oder selbst Geld nachschießen. So werden schließlich nach dem Staatshaushalt der USA auch öffentliche Budgets in Deutschland durch die CBL-Geschäfte belastet.
Wird alles bezahlt mit Steuergeldern! Einige Kommunen haben sich deshalb an die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewandt, die nun die Anfragen prüft, weitere Auskünfte gibt die KfW nicht.
Wer nach den Wahlen die Bürger vertreten soll ist noch ungewiß, aber ich finde, das Bundesfinanzministerium sollte nicht mehr in die Hände der SPD. Seit die Sozialdemokraten unsere Finanzen verwalten geht es m. E. mit dem Wohlstand des Landes bergab.
Mehr zu CBL und PPP (das deutsche Modell) folgt unter Rubrik Pro und Contra.
♥lich Nola
Calimero
(
gelöscht
)
Beiträge:
10.09.2009 16:09
#9 RE: Wahlen '09 (16): Kommunisten gleichauf mit der FDP
Zitat von Zettel Ab morgen vielleicht die Schließung deutscher Opel-Werke.
Jaa, da werden Kopfstände ohnegleichen gemacht, von den Arbeitsplatzrettern der GroKo. Komisch, bei Opel sind tausende Arbeitsplätze gefährdet ... in den möglichst sofort abzuschaltenden Kernkraftwerken arbeiten anscheinend keine Menschen.
Naja, wenigstens geht das Opel-Know-how jetzt endgültig an Russland. Ich frage mich, warum GM zwei Standorte in Deutschland schließen wollte, wenn Magna jetzt alles locker in eine strahlende Zukunft führen kann.
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Calimero
(
gelöscht
)
Beiträge:
10.09.2009 16:49
#10 RE: Wahlen '09 (16): Kommunisten gleichauf mit der FDP
Zitat von hubersnLetztlich rächt sich jetzt, dass seit vielen Jahren - wenn nicht Jahrzehnten - die bürgerlichen Parteien nicht mehr offensiv ihre Grundwerte und Positionen vertreten. (...) Ich vermisse klare Positionen, die über Jahre hinweg bis aufs Messer verfochten werden.
Genau so isses. Ich habe das hier irgendwo auch schonmal kritisiert. Seitdem alles in die Mitte drängelt, ist das bürgerliche Lager konturlos geworden, während sich das linke Lager nun in drei kleine Parteien aufgespalten hat (die Piraten könnten mittelfristig dazustoßen).
Links hat jede Partei ihr Steckenpferd (SPD derzeit: "Atomausstieg", Grüne: "Erneuerbare Energien und gegen Gentechnik", die Linke: "Afghanistan und Umverteilung") Gegenhalten des bürgerlichen Lagers? Kaum wahrnehmbar (kann aber auch an der medialen Berichterstattung liegen). Eigene unverkäufliche Positionen? Keine.
Was nehme ich von der CDU/CSU wahr? Nanny-Staats-Denke (Gegen Gentechnik, Schutz der Bevölkerung vorm bösen Internet und vor bösen Menschen, so ein bissl "Energiewende" ist gewünscht wegen Klima und so.) Larifari.
Dazu passt auch noch die Betrachtung von Bernd314 an dieser Stelle. Die Bürgerlichen haben leider die Waffen abgelegt.
Gruß, Calimero
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Ach, das mit der Mitte ist doch so: Wahlen werden in der Mitte gewonnen, war das Credo von Schroeder 1998 ff. Das Eiswagenbeispiel aus der BWL steckt da hinter: Wenn man dem Gegner in der Mitte Stimmen abjagen will, muss man sich da naeher hin bewegen. Funktioniert, solange sich am Rand nicht neue Eiswaegen einfinden. Genau das ist der SPD passiert, die Linkspartei fischt hinter der unter Schroeder in die Mitte gewanderte SPD die Wahler ab und die zugelaufenen Waehler wurden vom linken Geschmack des Eises unter der Schale abgeschreckt.
Die Union hat es einfacher, weil es Rechts von der Union einfach keine Demokraten gibt. Wen die CDU/CSU in die Mitte wandert um Waehler zu gewinnen, dann braucht sie sich um die konservztive Flanke keine Sorge machen, dort kann niemand angreifen.
Die FDP greift die Marktwirtschaftler ab, das kann (oder will) die Union nicht kompensieren / verhindern.
Fuer die Union ist es relativ risikolos und durchaus nicht unvernuenftig, in die Mitte zu rutschen und den Konservativen am rechten Rand weniger Aufmerksamkeit zu widmen. Fuer die gibt es keine Wahlalternative, Zuhausebleiben bedeutet SPD-Regierung, deshalb werden die trotz Unzufriedenheit CDU waehlen.
Nachtrag: Postkommunisten bezieht sich imho auf Posy 1989.
Nachtrag-Nachtrag: GM haette eine Nachricht die Werkschliessungen bedeutet haette, wohl erst nach der Wahl verkuendet.
Zitat von Dagny Die Union hat es einfacher, weil es Rechts von der Union einfach keine Demokraten gibt.
Das ist erst so, seit man die Republikaner bekämpft hat, statt sie zu Koalitionspartnern aufzubauen.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Calimero
(
gelöscht
)
Beiträge:
11.09.2009 07:21
#13 RE: Wahlen '09 (16): Kommunisten gleichauf mit der FDP
Zitat von DagnyDas Eiswagenbeispiel aus der BWL steckt da hinter: Wenn man dem Gegner in der Mitte Stimmen abjagen will, muss man sich da naeher hin bewegen. Funktioniert, solange sich am Rand nicht neue Eiswaegen einfinden.
Interessantes Modell. Demnach verteilen sich von der Mitte bis zum linken Ende des Strandabschnitts momentan vier Eiswagen (ein freier Bauchladenverkäufer geht, marktwirtschaftlich denkend eine Nische suchend, im mittleren Strandbereich direkt zu den Badegästen), während rechts der Mitte der freie Marktzutritt für Konkurrenten vom Kartell aller fünf Marktteilnehmer blockiert wird.
Der ganz "rechte" Rand holt sich sowieso beim nächstgelegenen Gammelfleischdealer was Braunes und Fettiges, aber der Rest rechts der Mitte? Da essen bestimmt einige was aus der eigenen Thermobox und gucken den anderen lieber beim Eisessen zu, als soo weit zu laufen. Die Gefahr ist ja groß, dass das leckerste Eis schon ausverkauft ist, wenn man ankommt.
Soll heißen: Es ist vielen Konservativen bestimmt egal, ob nun die schwarzen, oder die roten Sozialdemokraten am Ruder sind. Da kann man bei der Wahl gleich daheim bleiben.
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Zitat von califaxDas ist erst so, seit man die Republikaner bekämpft hat, statt sie zu Koalitionspartnern aufzubauen.
Das war völlig richtig von der Union. Sie mußte kurzfristig etwas Macht abgeben (am bittersten in der GroKo 1992 in BaWü), hat sich dadurch aber dauerhaft eine Konkurrenz vom Hals geschafft, mit der sich um Wähler zu streiten ihr die Mehrheitschancen in der Mitte kaputt gemacht hätte. Natürlich sind dann einige Wähler ganz fürs demokratische Spektrum verloren gegangen, das sind aber nur Bruchteile verglichen mit den Mittewählern, die die Union gewinnen konnte.
Die SPD gibt ja derzeit das klägliche Musterbeispiel einer Partei, die nicht die Kraft hatte, ähnlich konsequent zu sein. Sie hat ihren Abgrenzungskurs gegenüber den Grünen nicht durchgehalten, weil die kurzfristige Gier nach Macht stärker war. Anstatt nach einiger Zeit wieder zu verschwinden (was geschehen wäre, wären die Grünen dauerhaft ohne Machtperspektive isoliert worden), hat sich eine Konkurrenzpartei links etabliert, der die SPD immer wieder Zugeständnisse machen muß, die sie immer wieder mit "grünen" Politikvorschlägen übertrumpfen muß, um nicht Wähler an sie zu verlieren.
Der Kurs der SPD ist fast mehr von grün als von sozialdemokratisch geprägt, das hat zu desaströsen Verlusten in der Mitte und bei Stammwählern geführt.
Derzeit macht die SPD den Fehler erneut mit den Kommunisten. Und verliert Wähler en masse, weil sie nie so unseriös "sozial" sein kann wie die linke Konkurrenz. Und gleichzeitig verprellt ihr wegen der Konkurrenz nach links verlegter Kurs Wähler in der Mitte.
Zitat von DagnyAch, das mit der Mitte ist doch so: Wahlen werden in der Mitte gewonnen, war das Credo von Schroeder 1998 ff. Das Eiswagenbeispiel aus der BWL steckt da hinter: Wenn man dem Gegner in der Mitte Stimmen abjagen will, muss man sich da naeher hin bewegen. Funktioniert, solange sich am Rand nicht neue Eiswaegen einfinden. Genau das ist der SPD passiert, die Linkspartei fischt hinter der unter Schroeder in die Mitte gewanderte SPD die Wahler ab und die zugelaufenen Waehler wurden vom linken Geschmack des Eises unter der Schale abgeschreckt.
Kleine Anmerkung: Das Modell würde ich überall (Rational Choice, Spieltheorie), nur nicht in der BWL verorten. In der Rational Choice heißt die angepasste Variante "Medianwählermodell".
Es ist in diesem Modell übrigens NICHT rational, für jemanden, der neu in den Markt eintritt, sich an einem Rand zu positionieren. Viel besser ist es, nahe an den bisherigen Anbietern positioniert zu sein.
Annahme: Es gäbe 2 Anbieter "CDU" und "SPD", die beide genau in der Mitte des 100 Meter langen Strands sitzen. Wenn nun ein neuer Anbieter "REP" 1 Meter rechts der CDU auftaucht, dann bekommt er (fast) die Hälfte des Strandes für sich. Wenn er stattdessen an den rechten Rand geht, bekommt er nur ein Vierteil des Strandes für sich.
Allerdings ist das Modell nun nicht stabil. Es ist für "CDU" wiederum attraktiv, 2 Meter nach rechts zu rutschen. Wenn man das ganze als Rundenspiel durchdenkt, gibt es immer einen Anbieter der sich durch eine Neupositionierung verbessern kann.
Aber NIE wird es für einen Anbieter rational sein, sich genau an einen Rand zu setzen.
Zitat von FlorianZum "Eiswagen-Modell": Es ist in diesem Modell übrigens NICHT rational, für jemanden, der neu in den Markt eintritt, sich an einem Rand zu positionieren.
Schaut man sich die Miniparteien an, findet man vor allem Parteien, die von sich behaupten, die Mitte zu repräsentieren. ;)
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Üblicherweise sieht man das "Eiswagen-Modell" immer nur mit 2 Anbietern. Da ist die "Lösung" einfach und stabil: beiden in die Mitte.
Bei 3 Anbietern gibt es keine stabile Lösung.
Aber bei 4 Anbietern dann schon wieder: Je 2 Anbieter positionieren sich ein Viertel links bzw. rechts von der Mitte. Jeder bekommt 1/4 des Strands für sich und keiner kann sich durch eine Verlagerung verbessern.
Auch bei jeder weiteren geraden Anzahl an Anbietern gibt es stabile Lösungen. Bei ungerader Anzahl hingegen nicht.
In Antwort auf: Üblicherweise sieht man das "Eiswagen-Modell" immer nur mit 2 Anbietern. Da ist die "Lösung" einfach und stabil: beiden in die Mitte.
... weshalb dieses Modell auch immer wieder im Zusammenhang mit der entstehung bzw. stabilisierung der US-amerikanischen "zwei-gleichgroße-Parteien-Landschaft" verwendet wird.
Die paradoxe Konsequenz aus diesem Modell ist ja, daß bei zunehmender Annäherung an das rationale (spieltheoretische) Gleichgewicht der Ausgang der Wahlen zwangsläufig immer gegen exakt 50:50 geht ... oder mit anderen Worten: Der tatsächliche Gewinner hängt praktisch vom Zufall ab, genau so wie es Zettel in dem Beitrag über das "beliebige last-Minute Ereignis" beschreibt, welches noch kurz vor der Wahl die Mehrheit auf die eine oder andere Seite kippen lässt, meist nur über einen winzigen "Swing" von 1-2% der Stimmen.
<übersptitzt> Wenn man es also recht betrachtet, hängt die gesamte politische Grundrichtung unserer Regierung von Zufallsfluktuationen der öffentlich-medialen Stimmung ab. </überspitzt>
In Antwort auf: Üblicherweise sieht man das "Eiswagen-Modell" immer nur mit 2 Anbietern. Da ist die "Lösung" einfach und stabil: beiden in die Mitte.
... weshalb dieses Modell auch immer wieder im Zusammenhang mit der entstehung bzw. stabilisierung der US-amerikanischen "zwei-gleichgroße-Parteien-Landschaft" verwendet wird. Die paradoxe Konsequenz aus diesem Modell ist ja, daß bei zunehmender Annäherung an das rationale (spieltheoretische) Gleichgewicht der Ausgang der Wahlen zwangsläufig immer gegen exakt 50:50 geht ... oder mit anderen Worten: Der tatsächliche Gewinner hängt praktisch vom Zufall ab, genau so wie es Zettel in dem Beitrag über das "beliebige last-Minute Ereignis" beschreibt, welches noch kurz vor der Wahl die Mehrheit auf die eine oder andere Seite kippen lässt, meist nur über einen winzigen "Swing" von 1-2% der Stimmen.
Das Gleichgewicht ist normalerweise auch wieder weg, wenn man eine zweite Dimension hinzufuegt, auf der der Eisverkaeufer, Kandidat etc. sein Angebot bewegen kann.
In Antwort auf:Das Gleichgewicht ist normalerweise auch wieder weg, wenn man eine zweite Dimension hinzufuegt, auf der der Eisverkaeufer, Kandidat etc. sein Angebot bewegen kann.
Waehler werden heutzutage ja eher in einem 2D Diagramm verortet. Meist ist wirtschaftliche freiheit vs. wirtschaftliche kontrolle und gesellschaftliche ordnung vs. gesellschaftliche freihheit aufgetragen. Fuer die USA liegt in so einem Diagramm die Mehrheit leicht links; auch ist es nicht unbedingt eine Gaussverteilung um einen Mittelwert, sondern es kann weitere Inseln geben, an denen sich waehler haufen. Ein aehnliches model bietet das sinus-milleau model in dem Menschen in Ober-Mittel-Unterschicht nach dem zur Verfuegung stehenden Vermoegen/Einkommen geteilt werden und dann erneut hinsichtlich der Bereitschaft Geld auszugeben.
Das Eiswagenmodell muesste demnach in der Tat auf wenigstens 2D erweitert werden, aber wenn die Loesungen komplizierter werden, geht das Modelhafte verloren.
In Antwort auf: This strategy is a Nash equilibrium. It results in voters being indifferent between candidates and casting their votes for either candidate with equal probability. Hence in expectation each politician receives half of the votes.
Ja, das ist doch genau mein Punkt: diese Zuspitzung auf 50:50 (und weil es am Ende ja kein "Patt" geben kann) sorgt dafür, daß der tatsächliche Gewinner mehr oder weniger vom Zufall abhängt.
In Antwort auf: in expectation each politician receives half of the votes.
Ja: im Erwartungswert. Aber die tatsächliche Realisation der Zufallsvariable "Wählerstimmen" ist dann 49:51 oder eben auch 51:49 etc. oder ....
Am Ende entscheidet ein kleiner Ausschlag der ständig leicht fluktuierenden öffentlichen Stimmung (ausgelöst durch irgendein "externes Ereignis", wie von Zettel beschrieben) in die Eine oder andere Richtung.
Was natürlich im theoretischen Modell-Geichgewicht nicht weiter schlimm wäre, da ja beide Seiten sowieso exakt die gleiche (Median-)Position vertreten (Partei A: "Frieden und Wohlstand für alle" vs. Partei B: "Wohlstand und Frieden für alle !" In der Praxis sieht es aber anders aus: da kann eine solche Zufallsfluktuation die gesamte politische Weichenstellung der Republik bestimmen ("Volksfront" vs. Schwarz-Gelb).
Übrigens gelten die gleichen Überlegungen auch für ein mehr-als-zwei-Parteien-System, wenn diese sich (wie bei der Bundestagswahl) entlang einer klar definierten "Dimension" (links <-> rechts) in Koalitionen vorhersehbar zu genau zwei Lagern zusammenfinden.
In Antwort auf:Das Eiswagenmodell muesste demnach in der Tat auf wenigstens 2D erweitert werden, aber wenn die Loesungen komplizierter werden, geht das Modelhafte verloren.
Die Komplexität entsteht bei mehr als 2 Anbietern. Die Anzahl der Dimensionen ist hingegen nicht das Problem.
Denn: Wenn es nur einen Anbieter gibt, setzt er sich immer dorthin, wo die Summe der Entfernungen zu allen Kunden minimiert ist. Das gilt auch im 2D-Fall (oder auch im 3D-Fall). Wenn nun ein zweiter Anbieter dazukommt, ist es für ihn (unabhängig von der Anzahl der Dimensionen) immer rational, sich genau auf die Position des ersten Anbieters zu setzen. Denn dann bekommt er 50% vom Kuchen. In jeder anderen Position bekommt er weniger als 50% des Kuchens.
Zitat von Florian Wenn es nur einen Anbieter gibt, setzt er sich immer dorthin, wo die Summe der Entfernungen zu allen Kunden minimiert ist. Das gilt auch im 2D-Fall (oder auch im 3D-Fall).
Egal, ob 2D oder 3D ... das Eiswagenmodell sollte für Parteien eigentlich nicht gelten. Da geht es ja ursprünglich um verschiedene Eissorten, die angeboten werden sollten.
Die Liebhaber von Erdbeereis tun sich zusammen und bieten Erdbeereis an, während die Schoko-Fans halt Schokoladeneis, für sich und andere, offerieren.
Meiner Ansicht nach ist es ein Fehler, wenn alle Parteien irgendwie alles anbieten wollen (nur in unterschiedlichen Waffelgrößen) um möglichst viele Wählerstimmen abzugreifen. Konsequent weitergedacht bräuchte es da eigentlich nur einen einzigen Eiswagen, der dann 99,2% vom Kuchen abbekommt.
Gruß, Calimero
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
In Antwort auf:In der Praxis sieht es aber anders aus: da kann eine solche Zufallsfluktuation die gesamte politische Weichenstellung der Republik bestimmen ("Volksfront" vs. Schwarz-Gelb).
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.