Jetzt möchte ich doch das Thema S-Bahn München Solln aufgreifen.
Zunächst geht mein herzliches Beileid an die Angehörigen des verstorbenen Dominik Brunner.
In Antwort auf:http://netplosiv.org/200929852/vermischtes/kriminalitaet/s-bahn-schlaeger-in-muenchen-opfer-war-vorstandsmitglied-der-erlus-ag
Die Polizei hat zudem jetzt eine weitere wichtige Zeugin gefunden. Eine Frau (62) hatte offenbar ebenfalls versucht die Totschläger von den Kindern in der S-Bahn zu vertreiben. Sie rief „Lasst sie in Ruhe!“ Die Jugendlichen beschimpfen die Frau. Doch vergeblich. In der S-Bahn sind die Kinder den Totschlägern wehrlos ausgesetzt, keiner hilft ihnen, außer Manager Dominik Brunner. „Das ist ja nicht auszuhalten!“ ruft der 50-Jährige den Totschlägern entgegen, alarmiert mit dem Handy die Polizei. Dann bietet er den Kindern an, mit ihm in Solln auszusteigen („Ich beschütze euch“). Doch auf dem Bahnsteig in Solln wird Dominik Brunner von den Totschlägern brutal angegriffen. Nachdem er sich zunächst noch wehren kann, geht er schließlich zu Boden. Die Totschläger trampeln immer weiter auf ihn ein.
Zwischen Dominik B.’s Anruf und dem Eintreffen der ersten Polizeistreife lagen zehn Minuten. Als die S-Bahn um 16.09 Uhr in Solln hielt, war die Polizei noch nicht da. Dominik B. stieg mit den Kindern aus. Da hatte er nur noch eine Minute zu leben. Denn die Schläger folgten ihm. Auf Höhe des Wartehäuschens griffen sie den ahnungslosen Dominik B. unvermittelt an. Der 50-Jährige stürzte zu Boden, streifte ein Geländer und blieb benommen liegen. Trotzdem traten und schlugen Markus S. und Sebastian L. wie von Sinnen auf Kopf und Körper des Wehrlosen ein. Blut schoss ihm aus Mund und Nase, sein Blick wurde starr. Erst da ließen die Täter von ihm ab und schlugen sich feige in die Büsche. Die Polizei löste eine Großfahndung aus.
Berufslos, arbeitslos. Um den Tag herumzubringen, saufen sie und dröhnen sich mit Drogen zu. Von den Totschlägern ist der 18 Jahre alte Markus S. derjenige, der die meiste Erfahrung mit der Justiz hat. Der Münchner ist in diesem Jahr bereits zwei Monate im Gefängnis gesessen. Wegen schwerer räuberischer Erpressung war er zunächst vier Wochen in U-Haft, dann wurde er zu einem Monat Dauerarrest verurteilt. Viel Eindruck hat die Zeit in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim bei Markus S. aber nicht hinterlassen. In seinem Internetprofil schreibt er, wo er seinen letzten Urlaub verbracht hat – Stadelheim Ostbau. Er fand den Knast wohl eher witzig. Jedenfalls hat er mit seiner Haftstrafe geprahlt und dadurch großes Ansehen in seiner Clique bekommen,
Brauchen wir mehr Zivilcourage? Brauchen wir mehr Gesetze? Welchen Schutz können Bürger sich gegenseitig geben ohne rechtliche Folgen?
Da es diesmal nicht um Migrationshintergründe geht, kann man sich in dieser Diskussion etwas freier bewegen. (!) Wer ein ganz normales Empfinden zum Schutz von Kindern oder überhaupt der Gewalt ausgesetzten Schwächeren empfindet, würde vermutlich handeln wie Dominik Brunner. Ich auch. Auch als Frau. Ich könnte nicht zuschauen. Vermutlich hätte ich versucht auch andere Mitfahrer zu aktivieren, aber ich hätte mich eingesetzt, ungeachtet aller möglichen Konsequenzen.
Was aber sind die wirklichen Konsequenzen. Wie ist es mit der rechtlichen Absicherung bestellt? Es muß ja einen Grund geben, warum die meisten Menschen wegschauen bzw. nicht nur körperliche Folgen fürchten. Vielleicht kann hier auch jemand über die genaue Rechtsprechung in Sachen Zivilcourage etwas sagen.
Gut, wenn man Kinder beschützt, ist man fast automatisch auf der sicheren Seite, was aber ist wenn es sich um den Schutz eines normalen Erwachsenen handelt. Wann hat man ein Faustrecht gegenüber Gewalttätern deren Alter man oft nicht einordnen kann? Mein Bauchgefühl wäre, wer Gewalt ausübt, muß damit rechnen, daß diese auf ihn zurückkommt. Das ist warscheinlich rechtlich nicht haltbar. In der Vergangenheit hat es meines Wissens hier richterliche Entscheidungen gegeben, die eine Zivilcourage genau ins Gegenteil verkehrt haben.
Ein weiterer Punkt ist die versicherungsrechtliche Seite. Hat man sich freiwillig in Gefahr begeben? Hat man die Gefahr "fahrlässig" in Kauf genommen. Die ungeschriebenen und bislang zumeist in unserer kulturellen Gemeinschaft auch eingehaltenen Gesetze gehend zunehmend den "Bach 'runter" also wegschauen ist nicht.
Man muß es nicht dramatisieren, das Drama ist da und zwar für jeden von uns. Jeden könnte es treffen und zwar ganz unverhofft.
Zitat von Nola Brauchen wir mehr Zivilcourage? Brauchen wir mehr Gesetze? Welchen Schutz können Bürger sich gegenseitig geben ohne rechtliche Folgen? Da es diesmal nicht um Migrationshintergründe geht, kann man sich in dieser Diskussion etwas freier bewegen. (!)
/Sarkasmus on
Zivilcourage haben wir doch nun echt genug. Gesicht zeigen gegen rechts, Zunge zeigen gegen rechts, sogar Pfunde wuchern lassen gegen rechts (Gutmenschen wiegen), und heute früh erst Größe zeigen gegen rechts (oder so ähnlich) - jedenfalls Körpergrößenzentimeter der zivilcouragierten Bürger addieren und dann ganz doll stolz auf sich sein.
Also, mehr Zivilcourage geht ja nun wirklich nicht.
Da das Opfer ein Deutscher, und sogar Manager war, werden uns die ewig "Warum?"-Schilder tragenden Kerzenhalter wohl leider nicht mit der Erkenntnis belasten, dass die Gesellschaft schuld daran ist, dass die Täter zu Tätern werden mussten.
/bitterer Sarkasmus off
Wie kann man so verrohen? Wie kann man sich so unmenschlich verhalten und alle humanitären und zivilisatorischen Schranken ignorieren? Empathieunfähig? Spiegelneuronen wegge(was-weiß-ich)t? Ich bin fassungslos. Mein tief empfundenes Beileid den Hinterbliebenen von Dominik Brunner.
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Naja in der S-Bahn hätte man vermutlich nicht auf die beiden Einschlagen dürfen, da es ja zu diesem Zeitpunkt noch zu keinem Angriff gekommen ist. Das Vernünftigste wäre wohl gewesen sich mit mindestens einem anderen Fahrgast abzusprechen, die Polizei über die Ausstiegsstation zu informieren und gemeinsam aus zu steigen. Und vor allem dem Pack keine Sekunde den Rücken zudrehen.
In Antwort auf:Naja in der S-Bahn hätte man vermutlich nicht auf die beiden Einschlagen dürfen, da es ja zu diesem Zeitpunkt noch zu keinem Angriff gekommen ist. Das Vernünftigste wäre wohl gewesen sich mit mindestens einem anderen Fahrgast abzusprechen, die Polizei über die Ausstiegsstation zu informieren und gemeinsam aus zu steigen. Und vor allem dem Pack keine Sekunde den Rücken zudrehen.
Also wenn ich das richtig gelesen habe, dann hat der Herr Brunner die Polizei informiert. In diesem Falle wäre es tatsächlich besser gewesen, die Polizei wäre zur Einstiegshaltestelle gefahren und auch zum angebenen Zielbahnhof. Ich glaube auch, daß der Herr Brunner nicht mit dieser Brutalität und mit dieser Frechheit gerechnet hat. Er dachte wohl, wie ich es auch denken würde, das bißchen Respekt vor einem "Erwachsenen" und seiner Anwesenheit hätte etwas einschüchternde Wirkung.
Zu Handgreiflichkeiten ist wohl in der Bahn schon gekommen, und zwar von dem dritten "Kumpel" der wohl auch der Anstifter gewesen sein soll. Dieser hatte sich jedoch vorher schon abgesetzt.
Je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr fallen mir die Anfänge solcher Auseinandersetzungen ein. Vor etlichen Jahren war schon zu beobachten, wie sich manche Jugendliche in der Straßenbahn verhalten. Es hat in den Jahren immer mehr zugenommen. Alles was die Bahn und ihre Verantwortung angeht, man hat ja schließlich bezahlt für diese Transportnutzung, erschöpfte sich in noch mehr Kontrolleure die Schwarzfahrer erwischen wollten, aber nicht für die Ordnung und Sicherheit eingesetzt wurden. Das muß man mal ganz deutlich sagen.
Und man kommt einfach nicht umhin, auf die Mitwirkung der Eltern zu pochen, die gefälligst eine Erziehung zu leisten haben, die aber andernfalls auch unbedingt für ihre Kinder zu haften haben.
Zitat von NolaJe mehr ich darüber nachdenke, umso mehr fallen mir die Anfänge solcher Auseinandersetzungen ein. Vor etlichen Jahren war schon zu beobachten, wie sich manche Jugendliche in der Straßenbahn verhalten. Es hat in den Jahren immer mehr zugenommen. Alles was die Bahn und ihre Verantwortung angeht, man hat ja schließlich bezahlt für diese Transportnutzung, erschöpfte sich in noch mehr Kontrolleure die Schwarzfahrer erwischen wollten, aber nicht für die Ordnung und Sicherheit eingesetzt wurden. Das muß man mal ganz deutlich sagen.
Ich war ein Jahr lang in einer französischen Großstadt. Abends ab 20:00h fuhren vier oder mehr Sicherheitsleute in der S-Bahn mit. Busse fuhren abends keine mehr, da hätte man wahrscheinlich einfach die Begleitung nicht mehr bezahlen können. Trotzdem brannte in diesem Jahr ein Bus aus, nachdem tagsüber ein Molotovcocktail hineingeworfen wurde. Möglicherweise geht es in deutschen Großstädten auch in diese Richtung.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
In Antwort auf: Wie kann man so verrohen? Wie kann man sich so unmenschlich verhalten und alle humanitären und zivilisatorischen Schranken ignorieren? Empathieunfähig?
Das frage ich mich auch lieber Calimero. Aber was auch immer dazu führt, ich würde gern wissen, was passiert wenn ich mich ganz massiv zu Wehr setzen würde und notfalls "Hilfsmittel" einsetze? Ab wann genau stelle ich mich außerhalb des Gesetzes. Oder muß ich nur glaubhaft machen können, wie sehr ich geängstigt war?
Was die Strafe für Täter angeht, siehe hier:
In Antwort auf:http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/bochum/2009/9/14/news-133159911/detail.html
Ein 43-jähriger Masseur wollte damals nachts auf der Straße einer bedrängten Frau helfen - und wurde deshalb von zwei Schlägern heftig zusammengetreten und -geschlagen. Dafür wurde am Montag der eine Täter (19) wegen gefährlicher Körperverletzung zu vier Wochen Dauerarrest in einer Jugendarrestanstalt verurteilt, der andere (29) zu 14 Monaten Haft auf Bewährung und 160 Sozialstunden.
Ganz zu schweigen von den Sozialstunden, die hoffentlich nicht in einem Altenheim oder Kinderheim abzuleisten sind. Am Ende werden unsere Angehörigen von diesen Straftätern "versorgt".
Aus einem Berliner Bericht über Busfahrer habe ich entnommen, das bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung die im Bus befindlichen Sicherheitskräfte (nicht im Dienst gewesen) absichtlich weggeschaut hätten.
Es muß wohl doch Sicherheitskräfte vielleicht auf besonders gefährdeten Strecken geben. Vielleicht auch in privater Organisation. Vielleicht weis jemand darüber etwas?
Diese Gewaltbereitschaft jedenfalls ist den Jugendlichen viel zu lange "verziehen" und nicht ernst genommen worden.
Auch schlimm für Eltern, deren Kinder tagtäglich durch solche Brennpunkte müssen - sei's in die Schule, in die Bahn oder zu Fuß.
Wenn Sicherheitskräfte oder Bürger in Notwehr handgreiflich werden, würde ich nicht dafür garantieren, dass es ihnen nicht wie dem Oberst Klein in Afghanistan ergeht.
Da mag man kaum noch Zivilcourage zeigen. Glücklicherweise wohne ich in einer Gegend, wo die "Welt noch in Ordnung ist" ... wurde mir von einer Berlinerin gesagt.
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Das ist ein plausibler Vergleich. Obwohl ich heute den ganzen Tag die Ermunterung zur Zivilcourage auf allen Medien gehört habe, von unterschiedlichen Kompetenzen, bin ich nicht überzeugt, das man als mutiger Bürger rechtlich und versicherungstechnisch aus dem Schneider wäre.
Im Netz findet man jede Menge an Beispielen die einfach den Täterschutz bzw. die Behandlung derer vor den Opferschutz stellten. Angefangen über den anschließend benötigten Rollstuhl und eine Auseinandersetzung mit dem Sozialamt über die Kosten, bis hin zu Organisationen, die Opfer finanziell und auch psychologisch betreuen.
Das sind alles ungeregelte Zustände, die ich nicht verstehe. Deshalb nochmal meine Frage, gibt es rechtliche Grundlagen auf die sich der Zivilcouragierte stützen kann. Ich möchte gerne mal das aktuelle Geschehniss verlassen und mich auf all die vielen bisherigen Gewalttaten berufen.
Die bisherige Bestrafung der Täter halte ich auch nicht für angemessen. Aber das berühmte Exempel wird wohl jetzt statuiert.
Zitat von Nola Das sind alles ungeregelte Zustände, die ich nicht verstehe. Deshalb nochmal meine Frage, gibt es rechtliche Grundlagen auf die sich der Zivilcouragierte stützen kann. Ich möchte gerne mal das aktuelle Geschehniss verlassen und mich auf all die vielen bisherigen Gewalttaten berufen.
Zunächst einmal: Vorsicht, ich bin kein Anwalt. Wer das Geld übrig hat, sollte mal einen guten erfahrenen Anwalt dazu befragen. Aus meiner Sicht gibt es nur drei Grundlagen für die Zivilcourage: Notwehr, Pflicht zur Hilfeleistung und das Recht, Verdächtige bis zum Eintreffen der Polizei mit minimalem Gewalteinsatz festzuhalten. Vor allem das Notwehrrecht wird aber oft extrem scharf ausgelegt - begibt man sich selbst wissentlich in Gefahr, besteht keine Not, ergo keine Notwehr. Die Pflicht zur Hilfeleistung beinhaltet für Zivilisten keine Verpflichtung zur Gewalt gegen Gewalttäter.
Aus persönlicher Erfahrung: Man muß realistisch einschätzen, ob man sich den Kampf leisten und vor allem, ob man ihn gewinnen, kann. Eine bestimmte Tätergruppe spricht man einfach nicht an. Entweder man schlägt sie schnell, brutal* und effektiv bewegungsunfähig oder man schaut weg und sagt nichts. Dazwischen gibt es in der Praxis keinen Weg, der nicht dazu führt, daß man selbst plattgemacht wird. Entweder wegducken und hinterher die Polizei rufen oder schnell und gründlich gewinnen. Mit Notwehr hat das nichts zu tun. Es ist illegal wie jede andere Straßenschlägerei auch.
*Brutalität ist wegen der Abschreckung wichtig, um bei mehreren Tätern nicht gegen alle kämpfen zu müssen und eventuell mit den Tätern sympathisierende Zeugen von späteren Aussagen abzuhalten.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
In Antwort auf:Zitat Califax: Vor allem das Notwehrrecht wird aber oft extrem scharf ausgelegt - begibt man sich selbst wissentlich in Gefahr, besteht keine Not, ergo keine Notwehr.
Man muß also als Bürger mit einem tödlichen Ausgang rechnen, auch bei scheinbar "oberflächlichen" Delikten. Da das Gewaltpotential nicht einzuschätzen ist bzw. das Gericht nicht hinter der Zivilcourage steht. Siehe drei Berichte von folgendem Fall.
Die Prügelei wurde von anderen Badegästen bemerkt. Drei Männer eilten Ralf-Hans S. zu Hilfe. Unter ihnen Darius E., der den Knüppel schwingenden Ugur Al. von hinten unter die Schultern fasste und ihm den Kopf mit dem sogenannten Doppel-Nelson-Griff nach unten drückte. Beide kamen ins Straucheln und stürzten. Darius E. fiel dabei bäuchlings über Ugur Al. In diesem Moment stach Erol A. von hinten zu.
Die Staatsanwaltschaft hatte den wegen gefährlicher Körperverletzung unter Bewährung stehenden Erol A. wegen Mordes angeklagt. Die Jugendkammer verurteilte ihn aber wegen Totschlags, weil das Mordmerkmal Heimtücke nicht gegeben sei. Darius E. habe zwar nicht mit einem Messerstich rechnen müssen, ihm sei aber bewusst gewesen, dass er sich in einer gefährlichen Situation befunden habe.
Eine weitere mutmaßliche Straftat des Angeklagten Ugur Al. konnte die Jugendkammer noch nicht berücksichtigen. Der 18-Jährige soll am 29. Dezember 2007 einen 17-Jährigen mit einem Messer lebensgefährlich verletzt haben. Das Opfer hatte Erol A. im Fall der Messerattacke am Tegeler See bei der Polizei belastet und berichtet, dass Erol A. Anfang Juni angekündigt habe, sein neues Klappmesser bald mal einzusetzen.
Was ist nur in diesem Land los? Da sieht man, wie jemand von anderen verprügelt wird, eilt dem Opfer zur Hilfe, zeigt Zivilcourage, wie es Politiker immer wieder fordern, und dann wird man elendig von hinten abgestochen und der Mörder bekommt lächerliche 8 Jahre Haft? Das Gericht erklärt durch die Blume "Selber Schuld" und dann spricht der Opferanwalt ebenfalls noch von einem "fairen" Verfahren?
Dieses Urteil zeigt wieder mal ganz deutlich, wie die deutsche Justiz tickt. Und die Botschaft ist klar: Wer anderen in Not helfen möchte, sollte das lieber nicht tun. Er bringt sich nicht nur selbst in Gefahr sondern muss auch damit rechnen, daß die Täter, sogar im Falle eines Mordes, sowieso nur milde bestraft werden.
Vor dem tödlichen Angriff hatte es eine Schlägerei gegeben. Deshalb saßen drei Freunde von A. jetzt mit auf der Anklagebank. Die 17- bis 19-Jährigen wurden der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen. Für die ebenfalls geständigen Angeklagten endete der Prozess mit Bewährungsstrafen. Einer von ihnen soll während des laufenden Prozesses erneut gewalttätig geworden sein.
Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn Erol A. in einem früheren Verfahren härter bestraft worden wäre. Das jedenfalls waren Überlegungen seines Verteidigers am Rande des nicht öffentlichen Prozesses. Nur zwei Monate vor der Bluttat war der Jugendliche zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Auch damals ging es um eine Messerattacke. Das Opfer, ein junger Mann, hatte Glück und überlebte.
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In Antwort auf:Zitat Califax: Aus persönlicher Erfahrung: Man muß realistisch einschätzen, ob man sich den Kampf leisten und vor allem, ob man ihn gewinnen, kann. Eine bestimmte Tätergruppe spricht man einfach nicht an. Entweder man schlägt sie schnell, brutal* und effektiv bewegungsunfähig oder man schaut weg und sagt nichts. Dazwischen gibt es in der Praxis keinen Weg, der nicht dazu führt, daß man selbst plattgemacht wird.
Hallo Califax, alle Freunde und Bekannte, auch die Frauen, haben Deiner These wie oben zugestimmt. Selbst die, die eigentlich als ruhig und besonnen gelten. Und jeder im Umfeld rechnet inzwischen damit, daß Auseinandersetzungen unter Zuhilfenahme eines Messers bei diesen gewaltbereiten Jugendlichen normal ist. Das erklärt dann auch, warum sich einige erst gar nicht trauen einzugreifen.
Wenn jetzt Frau Merkel erklärt, das man Zivilcourage unterstützen solle und das sich Zivilcourage lohnen müsse, dann frage ich mich wie? Belohnung nach dem Tod mit dem Bundesverdienstkreuz, oder meint sie Erstattung von Kosten wenn ich anschließend einen Rollstuhl benötige. Sarkasmus ist hier fehl am PLatz, dafür ist das Thema zu ernst. Aber es ist auch zu ernst, um durch solcherart Parolen der Politiker abgespeist zu werden, indem keine Unterstützungszusage und Haftungsaufkommen für daraus folgende Schäden des Zivilcouragierten gemacht werden.
Wenn ein Richter schon in der Verhandlung zu verstehen gibt, man habe sich in Gefahr gebracht, dann wird eine Lebensversicherung das erst recht sagen. Hier ist die Politik gefordert eine Regelung zu finden.
tz tz - "Zivilcourage müsse sich lohnen" - das hört sich an wie Westerwelles "Arbeit müsse sich wieder lohnen". Darum klingt es in meinen Ohren nach einem Slogan, der sich nicht nach Anteilnahme anhört.
In Antwort auf:Vor allem das Notwehrrecht wird aber oft extrem scharf ausgelegt - begibt man sich selbst wissentlich in Gefahr, besteht keine Not, ergo keine Notwehr. Die Pflicht zur Hilfeleistung beinhaltet für Zivilisten keine Verpflichtung zur Gewalt gegen Gewalttäter.
Mit "sich in Not begeben" ist aber Provokation des Gegenübers gemeint, nicht tätliche Nothilfe. Letztere ist zwar keine Pflicht (im Gegensatz zur Alarmierung der Polizei oder ähnlicher zumutbarer Hilfeleistung), ist aber durchaus als Notwehr geschützt. In der Praxis können sich natürlich trotzdem einige Probleme ergeben, wie zum Beispiel die Gefahr verletzt oder getötet zu werden, oder daß die Streithähne sich mehr oder weniger schnell (entweder vor Gericht oder schon vor Ort) "versöhnen" und gegen den Nothelfer verbünden (*** schlägt sich, *** verträgt sich).
Insgesamt finde ich die Richtung, die die Diskussion des Vorfalles in Deutschland annimmt, befremdlich. Gesetzesveränderungen im Jugendstrafrecht werden reflexartig abgelehnt (die mutmaßlichen Mörder sind wohl in 5 Jahren wieder draußen - Strafaussetzung auf Bewährung nach 2/3 der Strafe ist die Regel, nach 1/2 der Strafe möglich und im Jugendstafrecht nicht unüblich, Höchststrafe ist 10 Jahre), statt dessen hat man nun die "Gaffer" (die vielleicht 100 Meter entfernt standen, die Vorgeschichte nicht kannten und von dem möglicherweise nur einige Sekunden dauernden Angriff vermutlich überrascht wurden - ich will die Gaffer nicht verteidigen, ich kenne die Details nicht, aber da bin ich wohl nicht der einzige) als die wahren Täter ausgemacht. Typisch deutsch.
„Überraschende Wende“ im Strafprozess, verkünden Zeitungen. „Die neue Wahrheit“, schreibt die „Frankfurter Rundschau“. Ob man Brunner „nicht zu früh zum Helden gemacht hat“, zweifelt die „Rheinische Post“. Die „taz“ schreibt, Brunner sei „ums Leben gekommen“ – als ginge es um einen Unfall. An anderer Stelle heißt es: „Der Kampfsportfreund“ habe „das Prügeln versucht“. Der „Spiegel“ analysiert: Der „angeblich totgetretene Brunner“ sei „über Monate in den Medien zum Helden der Zivilcourage hochstilisiert worden“.
ZUM HELDEN HOCHSTILISIERT? ANGEBLICH TOTGETRETEN? PRÜGELNDER KAMPFSPORTFREUND?
Die Wahrheit ist: Nichts ist anders seit dem Wochenende! Nur, dass dem Opfer nun sogar im Grab die Ehre genommen werden soll.
Dominik Brunner starb, weil Markus S. und Sebastian L. über ihn herfielen. Hemmungslos. Mit unvorstellbarer Grausamkeit. Weil Markus S. ihm noch ins Gesicht trat, als er schon wehrlos am Boden lag und schrie „wie ein Tier“.
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