Doch ausgerechnet bei einem seiner ersten Auftritte vor internationaler Presse machte der Außenminister in spe keine gute Figur. Auf einer Pressekonferenz lehnte es Westerwelle ab, die englische Frage eines BBC-Reporters auch auf Englisch zu beantworten. Man sei auf einer deutschen Pressekonferenz in Deutschland, erklärte der FDP-Chef dem Reporter, deshalb müsse auch die Frage auf Deutsch gestellt werden.
Seitdem sieht sich Westerwelle wachsendem Hohn und Spott im Internet ausgesetzt. Beim Videoportal Youtube sind neben dem Auftritt auf der Pressekonferenz auch andere Westerwelle-Videos in den vergangenen Tagen der Renner. Hunderttausende haben sich etwa einen etwas holprigen Vortrag Westerwelles auf Englisch von 2006 angeschaut. Und ein Satiremagazin dichtete im Januar ein Spott-Lied auf den mit aller Wahrscheinlichkeit nächsten deutschen Außenminister. Auch die Klickraten des Westerwelle-Liedes stiegen in den vergangenen Tagen weiter.
Aha, eine Auftritt vor internationaler Presse. Damit soll suggeriert werden, ein internatinaler Anspruch müsse in englischer Sprache befriedigt werden. Wieso? Die Pressekonferenz fand in Deutschland und da zuerst für Deutsche statt. Internationale Gäste sind willkommen und sicher auch neugierig, dann muß man eben für eigene Übersetzung sorgen oder die hier übliche Landessprache selbst beherrschen.
Ich finde es absolut richtig, das Westerwelle um Fragen in Landessprache gebeten hat, schließlich soll der Landesbürger zunächst verstehen, was auf der Pressekonferenz für Aussagen gemacht werden. Mag ja sein, daß Englisch im internationalen Austausch zur Weltsprache erkoren wurde, aber eine erste Pressekonferenz des vermutlich neuen Vizekanzlers hat ganz klar in deutscher Sprache stattzufinden.
Die Häme die mittlerweile (man kann sich schon denken aus welchem Lager) ausgeschüttet wird über Herrn Westerwelle ist an Frechheit nicht zu überbieten. Außerdem würde mich da mal ein Umfrageergebnis interessieren wieviele unserer Volksvertreter der englischen Sprache in Wort und Schrift mächtig sind. Ausgenommen diejenigen, die innerhalb der letzten Jahre die Schule verlassen haben, da müßte es noch present sein. Ein Bekannter von mir hat aufgrund eines betrieblichen Lehrgangs in England in der Vorbereitung flugs einen Englisch-Crash-Kurs in 6 Wochen absolviert. Wer die Schule mehr als 20 Jahre hinter sich gelassen hat und bis auf Schlagworte im Berufsleben die englische Sprache kaum brauchte, der wird wissen daß er bei Bedarf eine massive Auffrischung braucht. Das ist nix besonderes. Macht fast jeder zweite Manager - es sei denn er hat seit 20 Jahren englische Artikel gelesen um die Sprache nicht zu verlieren.
Wie oft wurde hier im Forum schon über Begriffe diskutiert, die keinesfalls - selbst für die Experten hier - eine eindeutige Übersetzung in der Aussage eines Begriffes wiedergab.
Die Frage zu stellen, ob ein Außenminister zwangsläufig englisch sprechen muß (auch wenns wünschenswert ist) - sei dahingestellt, ich sehe seine Qualifikation sowieso eher im Innern des Landes.
Ich stelle ganz einfach die Frage, ob bei o. g. Pressekonferenz die Bitte um deutschsprachige Fragen richtig war? Ich finde ja und kann hier die Blamage, die man ihm unterstellen will nicht erkennen.
Zitat von NolaIch stelle ganz einfach die Frage, ob bei o. g. Pressekonferenz die Bitte um deutschsprachige Fragen richtig war?
Soviel ich weiß, liebe Nola, richten sich Journalisten im allgemeinen vernünftigerweise nach den Sprachkenntnissen des Befragten. Politiker, von denen man weiß, daß sie das Englische beherrschen, werden auf Englisch gefragt, was nicht bedeutet, daß man auch die Antwort auf Englisch erwartet.
Schröder bekam also selten Fragen auf Englisch gestellt; aber Fischer schon. Bei Merkel ist das kein Problem; Kohl hat niemand auf Englisch befragt. Kouchner spricht ausgezeichnet Englisch, wie auch sein Vorgänger de Villepin. Andere französische Minister hatten und haben da Lücken. Sarkozy habe ich noch nicht Englisch sprechen hören.
Westerwelle war auf der Pressekonferenz in dieser Hinsicht wohl ein unbeschriebenes Blatt. Vernünftige Journalisten werden ihm künftig keine Fragen mehr auf Englisch stellen.
Wenn allerdings sein Englisch so schlecht ist, wie man jetzt vermuten muß, dann wäre das für einen Außenminister schon ein erhebliches Handicap. Bei offiziellen Sitzungen wird natürlich gedolmetscht. Aber für informelle Gespräche, für das ja auch nicht wichtige Plaudern ist das Englische fast unerläßlich. Bei Feiern wie denen kürzlich in Straßburg/Kehl, in Buchenwald und in Danzig waren die Staatsmänner unter sich; weit und breit kein Dolmetscher. Wer da nicht wenigstens ein working knowledge des Englischen hat, der steht buchstäblich dumm da.
Bettina Röhl hat darauf auch eine gute Antwort parat:
In Antwort auf:(...) Nun ist der Zweite Weltkrieg lange her und die ganze Welt hat sich daran gewöhnt Fremdsprachen zu lernen. Nur an den Briten ist dieser Trend vorbei gegangen. Die feiern immer noch die Vergangenheit und ruhen sich darauf aus, dass Englisch eine Weltsprache ist.
Warum englische und deutsche Medien jetzt gemeinsam einen BBC-Korrespondenten in Deutschland verteidigen und es gleichsam als selbstverständlich betrachten, dass dieser kein Deutsch kann, ist etwas merkwürdig. Und deswegen ist eine gewisse Häme in englischen und deutschen Medien gegen Westerwelle, der immerhin englisch kann, wenn auch offenbar nicht wie ein Weltmeister, durchaus etwas befremdlich.
Hans-Dietrich Genscher konnte besser sächsisch als angelsächsisch und Joschka Fischer und Gerhard Schröder waren bei Amtsantritt auch ziemlich unsicher auf dem Parkett. Bei ihrem ersten Besuch schlichen sie noch ziemlich wackelig auf den Beinen ums weiße Haus herum, obwohl sie sich hierzulande schon relativ breitmäulig aufgeplustert hatten.
Fischer, der in seiner Biographie als Ausbildung nur einen sehr mageren Schulbesuch vorzuweisen hat, sprach ein ziemliches Denglisch, das aber kernig feldmarschallmäßig, eben wie ein echter Straßenkämpfer. Das kam bei den deutschen Medien an.
Nun sollte man auch Westerwelle eine Chance geben und nicht schon vor Beginn der Arbeit der schwarz-gelben Koalition in alte Routinen zurück verfallen und konservative Politiker in einer völlig anderen Weise als nicht konservative Politiker lächerlich machen. Das ist ein bisschen zu primitiv. (...)
Spricht mir aus der Seele.
Was Sie schreiben, lieber Zettel ist schon klar. Stimmt auch. Aber der Punkt, in Deutschland den Anspruch auf eine deutsche Pressekonferenz vorauszusetzen, wie Westerwelle das tat, unerheblich aus welchen Gründen, mag mit wiedererwachtem Nationalempfinden zu tun haben, aber ich fand das gut. Ich hatte diese Passage im Fernsehen gesehen und gedacht, na der traut sich ja was. Aber nach längerem "Sacken" lassen, fand ichs immer besser.
Zitat von Bettina RöhlHans-Dietrich Genscher konnte besser sächsisch als angelsächsisch und Joschka Fischer und Gerhard Schröder waren bei Amtsantritt auch ziemlich unsicher auf dem Parkett.
Schröders Englisch ist wirklich dürftig. Fischer dagegen spricht passabel Englisch, was bei jemanden mit seiner Unbildung verwundern mag. Die Erklärung ist, daß er zwischen dem Abbruch seiner Lehre als Fotograf und seinem Auftauchen in der Frankfurter Szene als Globetrotter, wie man das damals nannte, durch die Welt trampte; da lernt man das zwangsläufig.
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