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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 10 Antworten
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 Pro und Contra
Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

12.10.2009 16:37
Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Wir hatten ja unlängst eine kleine Diskussion zum Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen in verschiedenen deutschen Städten. Das würde ich gerne noch einmal aufgreifen:

Zitat von Philip Eppelsheim in der FAZ
Angesichts der betrunkenen Gruppen, die durch die Straßen ziehen und die öffentlichen Plätze zu ihrem Territorium erklären, schweigt man, weicht ihnen aus, macht, aus berechtigter Angst, einen weiten Bogen um sie. Und wenn dann doch ein Bundesland wie Baden-Württemberg beschließt, ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot einzuführen, oder Städte wie Freiburg den Alkohol und mit ihm die hemmungslose Gewalt von ihren Plätzen verbannen wollen, dann erklingt der Schrei nach Freiheit in der Republik. Dann wird darüber diskutiert, ob die Probleme dadurch nicht nur von einem Ort an den anderen verschoben würden, ob man es sich nicht zu einfach mache. Und es kommt das vermeintliche Argument der Argumente: Solche Verbote seien nicht liberal, gar undemokratisch. Denn schließlich bestehe die Freiheit des Bürgers auch darin, zu trinken, wann und wo er will.

...

Den meisten Menschen muss man nicht verbieten, in der S-Bahn Bier zu trinken, sie würden sich schämen. Denen, die sich dessen nicht schämen, sollte man es allerdings untersagen.


http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E...tml?rss_politik

Ich kann diese Argumentation gut nachvollziehen und sehe ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen auch nicht als Auswuchs des Nanny State. Andere Meinungen?

--
Las ideas tontas son inmortales.

Cada nueva generación las inventa nuevamente. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Kaa Offline




Beiträge: 658

12.10.2009 17:11
#2 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Trinken soll erlaubt sein, wann und wo man will. Straftaten und Belästigungen, die wegen Rausch verübt wurden, sollen bestraft werden, wie bei einem Nüchternen auch.


Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt

califax Offline




Beiträge: 1.502

12.10.2009 18:00
#3 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Zitat von Kaa
Trinken soll erlaubt sein, wann und wo man will. Straftaten und Belästigungen, die wegen Rausch verübt wurden, sollen bestraft werden, wie bei einem Nüchternen auch.



Beleidigungen, sexuelle Belästigung, Sachbeschädigung und Ruhestörung inklusive.
Allerdings braucht man dazu Polizisten, die sich mit Assis befassen.

Bei einem Alkoholverbot braucht man nur zwei Ordnungsbeamte, die Schülerfeten im Park sprengen.

Ersteres wäre notwendig. Letzteres ist politisch gewollt.

Klug und fleißig - Illusion
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The Outside of the Asylum

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

12.10.2009 18:15
#4 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Zitat von Gorgasal
Andere Meinungen?



Ja. Ich schließe mich da absolut Kaa an. Alkohol im öffentlichen Raum schließt ja auch den Schoppen Roten beim Picknick im Park ein. Es ist ein Bestandteil von Freiheit und Lebensqualität sich irgendwelchen ungesunden Genüssen auch im öffentlichen Raum hinzugeben. Für das Rauchverbot gilt das Gleiche.

Belästiger, Pöbler und Gefährder sollten im öffentlichen Raum verfolgt werden, nicht das, was sie bei sich führen. Die asoziale Drogenszene an diversen Bahnhöfen konnte ja auch nicht durch das Betäubungsmittelgesetz aufgelöst werden. Ein Alkoholverbot zieht nicht, wo es notwendig wäre, kujoniert aber die friedlichen Genießer.

Übrigens ... Bier in der S-Bahn kenne ich normalerweise bei Jugendlichen. Ein Kumpel in Hamburg berichtete mir dann aber von Anzugträgern, die nach 17:00 Uhr in der Bahn sitzen, ihren Aktenkoffer aufklappen und erstmal eine Dose Bier rausholen. Ich wollte es erst nicht glauben, habs dann aber selbst gesehen ... ich fand das irgendwie erheiternd und entspannt.

Nee, ich bin absolut gegen den Mami-Staat.

Beste Grüße, Calimero

----------------------------------------------------
... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.

califax Offline




Beiträge: 1.502

12.10.2009 23:04
#5 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Zitat von Calimero

Zitat von Gorgasal
Andere Meinungen?


Übrigens ... Bier in der S-Bahn kenne ich normalerweise bei Jugendlichen. Ein Kumpel in Hamburg berichtete mir dann aber von Anzugträgern, die nach 17:00 Uhr in der Bahn sitzen, ihren Aktenkoffer aufklappen und erstmal eine Dose Bier rausholen. Ich wollte es erst nicht glauben, habs dann aber selbst gesehen ... ich fand das irgendwie erheiternd und entspannt.




Frankfurt Main, Bahnabteil, früher Abend/später Nachmittag, Schlipsträger aller Alters- und Einkommensgruppen:
Einsteigen, Schlips lockern, Aufatmen, Plopp-Zischhhhhh, eine Dose FAX und die Tageszeitung.

Eine meiner ersten Erfahrungen mit echten Wessis. Ich kam mir vor wie ein Anthropologe bei den Indianern. :)

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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.10.2009 23:27
#6 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Zitat von Calimero
Alkohol im öffentlichen Raum schließt ja auch den Schoppen Roten beim Picknick im Park ein. Es ist ein Bestandteil von Freiheit und Lebensqualität sich irgendwelchen ungesunden Genüssen auch im öffentlichen Raum hinzugeben. Für das Rauchverbot gilt das Gleiche.

Belästiger, Pöbler und Gefährder sollten im öffentlichen Raum verfolgt werden, nicht das, was sie bei sich führen. Die asoziale Drogenszene an diversen Bahnhöfen konnte ja auch nicht durch das Betäubungsmittelgesetz aufgelöst werden. Ein Alkoholverbot zieht nicht, wo es notwendig wäre, kujoniert aber die friedlichen Genießer.


Besser kann ich es nicht ausdrücken. Sic!

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.10.2009 23:38
#7 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Zitat von califax
Frankfurt Main, Bahnabteil, früher Abend/später Nachmittag, Schlipsträger aller Alters- und Einkommensgruppen:

Einsteigen, Schlips lockern, Aufatmen, Plopp-Zischhhhhh, eine Dose FAX und die Tageszeitung.
Eine meiner ersten Erfahrungen mit echten Wessis. Ich kam mir vor wie ein Anthropologe bei den Indianern. :)


Wie war das denn in der DDR, lieber Califax? Ich vermute, da gab es kein Dosenbier, wegen des kostbaren Materials. Also mußte man, vermute ich, bis zu Hause warten, um sich endlich sein Entspannungs-Bier zu gönnen. Oder man kehrte unterwegs in eine Kneipe ein. Vermute ich.

Ich habe das zu stressigeren Zeiten auch so gemacht. Wenn man einen Tag lang sehr angespannt war, dann ist ein Entspannungs-Bier oder dergleichen eine Wohltat. Was ist dabei?

Herzlich, Zettel

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

12.10.2009 23:56
#8 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Zitat von Zettel
Wenn man einen Tag lang sehr angespannt war, dann ist ein Entspannungs-Bier oder dergleichen eine Wohltat. Was ist dabei?



Ganz genau garnix ... das ist ja das, was eine freie Gesellschaft ausmacht. Ich glaube, dass Califax das auch so sieht. Nur kommen wir aus der DDR und kannten sowas nicht. Bei uns wurde nach Arbeitsschluss, oder bei Kollektiv-Feierlichkeiten hemmungslos "reingehalten" ... aber doch nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln ... wie sähe das denn aus?

Nee, da sehe ich entspannte Schlipsträger, aufatmend in der Bahn, beim "Zisch und Plopp" schon sehr gern. Alles auch nur Menschen ... so wie ich.

Beste Grüße, Calimero

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califax Offline




Beiträge: 1.502

13.10.2009 11:38
#9 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von califax
Frankfurt Main, Bahnabteil, früher Abend/später Nachmittag, Schlipsträger aller Alters- und Einkommensgruppen:
Einsteigen, Schlips lockern, Aufatmen, Plopp-Zischhhhhh, eine Dose FAX und die Tageszeitung.
Eine meiner ersten Erfahrungen mit echten Wessis. Ich kam mir vor wie ein Anthropologe bei den Indianern. :)


Wie war das denn in der DDR, lieber Califax? Ich vermute, da gab es kein Dosenbier, wegen des kostbaren Materials. Also mußte man, vermute ich, bis zu Hause warten, um sich endlich sein Entspannungs-Bier zu gönnen. Oder man kehrte unterwegs in eine Kneipe ein. Vermute ich.
Ich habe das zu stressigeren Zeiten auch so gemacht. Wenn man einen Tag lang sehr angespannt war, dann ist ein Entspannungs-Bier oder dergleichen eine Wohltat. Was ist dabei?




In der DDR war der Ort des Biertrinkens ein Zeichen für den sozialen Status.
Assis tranken auf der Straße und in der Bahn.
Die unteren eher staatsfeindlich und oft arbeitsunwillig eingestellten Schichten des Arbeiter- und Bauerntums tranken auf der Arbeit und vor der Kaufhalle.
Der normale Durchschnittsarbeiter und -bauer trank sein Bier (bzw. sein Herrengedeck) in der Eckkneipe aber nie auf der Straße oder gar in der Bahn.
Schlipsträger tranken geschäftlich ein Bier oder Herrengedeck an der Hotelbar oder in der HO-Gaststätte, aber nie ein öffentliches Feierabendbier. Das gab es erst zuhause, am besten im Gärtchen.
Ich weiß noch, wie mein Vater wütete, als nach der Wende die Gastronomie in unserem Städtchen um die Genehmigung für Freisitze kämpfte. Der hielt das für zutiefst asozial und gesellschaftsschädigend.
"Gesindel", das am hellichten Tage Zeit hat, in Cafés herumzulungern statt zu arbeiten, gehörte für ihn ins Gefängnis oder in Arbeitslager. Touristen inklusive.

Diese Ansicht war weit verbreitet. Es hat Jahre gedauert, bis sich das gelockert hat.
Ich kann mich noch an die Pleite unseres Schallplattenhändlers erinnern, der eigentlich einen bombensicheren Stand, ein richtiges althergebrachtes Monopol in den Köpfen der Bevölkerung hatte.
Aber er meinte eben zusammen mit "gesellschaftlich engagierten Bürgern" und besorgten Eltern sicherstellen zu müssen, daß die Jugend keine Hottentottenmusik bekam, was sein Warenangebot de facto unvrkäuflich machte: kaum Pop, kein Rock, kein Lambada, kein Blues, nur diverse Dirndltruppen und Klassik. Aber die Generation, die so noch als Kundschaft übrigblieb, kaufte nicht viel Musik. Alles viel zu dekadent.
Man hatte da eine zerkratzte Platte für Weihnachten und ein paar Platten (die schönsten Opernmelodien, die bedeutendsten Arien, etc.) fürs Wohnzimmerregal neben das Schillerbuch (Kurzbiographie, Erbauungsaufsatz über seine Bedeutung für den heutigen Weltbürger, die wichtigsten Gedichte in gekürzter Form, die wichtigsten Ausschnitte aus seinen sonstigen Werken, zwei Bilder).
An der Pleite des Ladens war natürlich der böse Kapitalismus schuld. Heute würde man die Schuld der Mode folgend auf den Neoliberalismus schieben, da sie mit der Gewerbeerlaubnis für einen modernen Musikladen im Gewerbegebiet korrellierte.
Der hatte dann ein riesiges Extraregal für Heavy Metal, und eines für Punk und Oi, eines für Blues, eines für Jazz, eines für Latinmusik, eines für Irish Folk, ...

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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.10.2009 12:34
#10 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Vielen Dank, lieber Califax. Ich lese solche Berichte aus eigenem Erleben immer besonders aufmerksam, weil das meiste, was ich über die DDR weiß, viel zu abstrakt ist, zu weit weg von den Kleinigkeiten des Alltags.

Eine Anmerkung nur zu einer Kleinigkeit, die aber vielleicht doch bezeichnend ist:

Zitat von califax
Der normale Durchschnittsarbeiter und -bauer trank sein Bier (bzw. sein Herrengedeck) in der Eckkneipe aber nie auf der Straße oder gar in der Bahn. Schlipsträger tranken geschäftlich ein Bier oder Herrengedeck an der Hotelbar oder in der HO-Gaststätte, aber nie ein öffentliches Feierabendbier. Das gab es erst zuhause, am besten im Gärtchen.


Herrengedeck! Im Ruhrgebiet heißt das "eine Lage". "Herrengedecke" gab es (gibt es noch?) allerdings auf der Reeperbahn. Das ist ein Bier mit einem Piccolo. Was für den besseren Herren, der sich dann auch von "Tischdamen" verwöhnen (naja) lassen sollte.

Ausgerechnet in der proletarischen DDR hatte man's mit den Herren. Der Vatertag hieß ja, glaube ich, auch Herrentag.

Warum war das so?

Fragend, Zettel

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

13.10.2009 13:26
#11 RE: Alkohol im öffentlichen Raum Antworten

Zitat von Zettel
Der Vatertag hieß ja, glaube ich, auch Herrentag.



Lieber Zettel, mein Erleben ist wahrscheinlich nicht repräsentativ und eher meiner proletarischen Sozialisation geschuldet, aber ich kenne den Vatertag eigentlich nur als "Männertag".
So wie der Frauentag, ein Tag gesellschaftlich anerkannten "über-die-Stränge-schlagens".

Während die Männer allerdings öffentlich mit Fahrrad und Bollerwagen die Kneipen abfuhren, fanden die "Frauentagsrunden" eher klandestin in angemieteten Sälen statt. Und ... diese Feiern müssen legendär gewesen sein. Noch heute wird verklärten Blickes über das damalige Treiben berichtet.

Meine Vermutung ist, dass diese Frauentags- und Männertags-Feiern dieselbe Funktion hatten wie der Karneval in katholischen Gegenden. Einmal im Jahr kräftig die Sau rauslassen.

Gruß, Calimero

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