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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 11 Antworten
und wurde 833 mal aufgerufen
 The Outside of the Asylum
califax Offline




Beiträge: 1.502

02.11.2009 23:40
Landesfürsten und ihre Macht Antworten

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Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.11.2009 01:21
#2 RE: Landesfürsten und ihre Macht Antworten

Zitat von Califax
Ist es nicht eigentlich so, daß die Kompetenz der Landesregierungen hauptsächlich darauf beschränkt ist, für innenpolitische Zwecke Geld auszugeben, während sie selbst keine Steuern erheben dürfen, sondern bei den Einnahmen auf Staatsunternehmen und Bundespolitik angewiesen sind? Wie also soll sich eine Landesregierung bewähren, wenn nicht durch Geldausgeben?


Wenn man einem Amerikaner sagt, daß die Länder zwar eigene Steuern erheben, daß deren Höhe aber der Bund festlegt, dann gucken sie einen an, als käme man aus einer anderen Welt.

Was ja stimmt. In den USA können die Staaten nicht nur die Höhe ihrer eigenen Steuern selbst festsetzen, sondern sogar entscheiden, welche Steuern sie überhaupt erheben. Die Staaten erheben in der Regel zum Beispiel Vermögens- und Grundsteuern. Aber Staaten können auch eine eigene Einkommensteuer zusätzlich zu der des Bundes erheben, oder Lohnsteuern oder Umsatzsteuern. Das ist alles jedem Staat selbst überlassen; in Californien zum Beispiel gibt es eine Steuer auf Zierpflanzen! (Ich habe diese Einzelheiten natürlich aus der Wikipedia).

Man muß, lieber Califax, nur sehen, welche Konsequenzen das hat: Von einer "Angleichung der Lebensverhältnisse" kann keine Rede sein. Staaten mit vielen zahlungskräftigen Bürgern können diese auch kräftig zur Kasse bitten; arme Staaten müssen froh sein, wenn sie ihre Bürger auch ohne viele Steuern nicht verlieren.

Ich halte einen solchen Wettbewerb für gut; aber als ich das kürzlich einmal in einer Runde gesagt habe, stieß ich auf ein allgemeines Schütteln des Kopfes.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

04.11.2009 01:41
#3 RE: Landesfürsten und ihre Macht Antworten

Zitat von Zettel

Man muß, lieber Califax, nur sehen, welche Konsequenzen das hat: Von einer "Angleichung der Lebensverhältnisse" kann keine Rede sein.



Die Lebensverhältnisse prägt in Deutschland ja aber nicht die Landesregierung.
Sie täte es auch nicht, wenn sie einen Teil ihrer Ausgaben aus eigenen Steuern decken düfte.
Die unterschiedliche Höhe der Lebenshaltungskosten wird vor allem vom Markt geprägt.
Man vergleiche einfach mal Leipzig und München.

Zitat von Zettel

Ich halte einen solchen Wettbewerb für gut; aber als ich das kürzlich einmal in einer Runde gesagt habe, stieß ich auf ein allgemeines Schütteln des Kopfes.



Ein Wettbewerb zwischen den Ländern dürfte in Deutschland wohl nicht so schnell eine Mehrheit finden. Welchen Sinn sollt er auch haben? Aber eine Steuerhoheit der Landesfürsten und auch der Kommunen wäre sinnvoll, da sie die Regierenden eher zwingt, ihre Ausgaben den Zahlern zu erklären und zweitens unabhängig vom weit entfernten Berlin auf lokale Besonderheiten reagieren könnte.
Damit kann ich sogar meinen Vater überzeugen. Und der ist ein harter Brocken.

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Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.11.2009 03:36
#4 RE: Landesfürsten und ihre Macht Antworten

Zitat von califax

Zitat von Zettel

Man muß, lieber Califax, nur sehen, welche Konsequenzen das hat: Von einer "Angleichung der Lebensverhältnisse" kann keine Rede sein.


Die Lebensverhältnisse prägt in Deutschland ja aber nicht die Landesregierung.
Sie täte es auch nicht, wenn sie einen Teil ihrer Ausgaben aus eigenen Steuern decken düfte.



Aus eigenen, dh ihr zustehenden Steuern darf sie das ja auch jetzt. Die entscheidende Frage ist, ob sie diese auch festsetzen darf. Ein logisches Korrolar wäre, daß dann auch der Länderfinanzausgleich entfällt; so wie es ihn in den USA nicht gibt. Denn sonst könnte ja ein Land seine Steuern auf null fahren, damit Bürger und Industrie anlocken und sich von den anderen aushalten lassen

Zitat von califax
Die unterschiedliche Höhe der Lebenshaltungskosten wird vor allem vom Markt geprägt. Man vergleiche einfach mal Leipzig und München.


Sie würde aber auch von der Steuerpolitik geprägt, wenn z.B Bayern seine Steuern drastisch senken und viele einfach abschaffen würde. In den USA geht das und wird auch praktiziert.

Zitat von califax

Zitat von Zettel
Ich halte einen solchen Wettbewerb für gut; aber als ich das kürzlich einmal in einer Runde gesagt habe, stieß ich auf ein allgemeines Schütteln des Kopfes.


Ein Wettbewerb zwischen den Ländern dürfte in Deutschland wohl nicht so schnell eine Mehrheit finden. Welchen Sinn sollt er auch haben?



Den jedes Wettbewerbs: Die Länder müßten unnötige Kosten abbauen. Sie müßten sich um Bürger bemühen. Sie müßten versuchen, ihnen mehr zu bieten als andere Länder.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

06.11.2009 14:11
#5 RE: Landesfürsten und ihre Macht Antworten

Zitat von Zettel
Wenn man einem Amerikaner sagt, daß die Länder zwar eigene Steuern erheben, daß deren Höhe aber der Bund festlegt, dann gucken sie einen an, als käme man aus einer anderen Welt.


In der Schweiz gibt es eine Dreiteilung der Steuern, und die "Staatssteuer" ist nicht die, die wir an Bern abführen (das ist die "Bundessteuer"). Die Staatssteuer erhebt der Kanton. Und die Kantone stehen durchaus in einem scharfen Steuerwettbewerb. Im Thurgau wurde unlängst eine flat tax vom Stimmvolk verworfen, aber in anderen Kantonen wird sie allmählich eingeführt.

Und die Gemeinden entscheiden auch über ihre eigenen Steuern. Der Einfachheit halber setzt jede Gemeinde ihren Steuerfuss als Vielfaches der kantonalen Steuer fest. Und dann muss halt der Bürgermeister seinen Bürgern erklären, dass er eine neue Mehrzweckhalle will und dass er dafür den Steuerfuss drei Jahre lang um 5% anheben will. Und das Stimmvolk stimmt zu oder auch nicht.

Immer mehr Deutsche ziehen in die Schweiz. Zum Glück eher diejenigen, die mit solchen Konzepten umgehen können. Die anderen, denen bei der bloßen Lektüre dieses Eintrags der Kopf explodieren würde, bleiben in Deutschland und wählen die Linke.

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La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.11.2009 19:30
#6 RE: Landesfürsten und ihre Macht Antworten

Zitat von Gorgasal
In der Schweiz gibt es eine Dreiteilung der Steuern, und die "Staatssteuer" ist nicht die, die wir an Bern abführen (das ist die "Bundessteuer"). Die Staatssteuer erhebt der Kanton. Und die Kantone stehen durchaus in einem scharfen Steuerwettbewerb.


Glückliche Schweiz! Wäre ich jung, dann würde ich wohl nur die Wahl haben, in die USA oder die Schweiz zu emigrieren.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

07.11.2009 22:41
#7 RE: Landesfürsten und ihre Macht Antworten

Zitat von Zettel
Glückliche Schweiz! Wäre ich jung, dann würde ich wohl nur die Wahl haben, in die USA oder die Schweiz zu emigrieren.


Ja, der Föderalismus ist den Schweizern heilig. Bei der jüngsten Unannehmlichkeit mit Libyen hat sich der Kanton Genf auch entrüstet gegen die Einmischung des Bundesrats verwehrt - die initiale Verhaftung von Ghaddafis Sohn in Genf geht nur die Genfer Polizei und die Genfer Behörden etwas an.

Dem Föderalismus hilft es natürlich, dass die Kantone zum großen Teil historisch gewachsen sind - in der Innerschweiz haben die "Urkantone" noch recht exakt die gleichen Grenzen wie zu Zeiten des Rütlischwurs im 13. Jh. Mit so etwas kann man sich besser identifizieren als mit einem Kunstgebilde wie Baden-Württemberg. Entsprechend verteidigen auch in Deutschland die Bayern am stärksten ihre Unabhängigkeit, also das Bundesland, das mit am längsten in den aktuellen Grenzen ein eigenes Staatswesen war.

Und in der Schweiz gibt es ja auch die Viersprachigkeit, die hilft auch, dass man sich gegenseitig und der Zentralgewalt nicht über den Weg traut. Kishon formulierte das so: "In der Schweiz verachten die Deutschen die Franzosen, die Deutschen und die Franzosen zusammen verachten die Italiener, und alle zusammen verachten die Ausländer." Aus meiner Erfahrung würde ich das fast komplett übernehmen, ich würde nur "die Ausländer" gegen "Bundesbern" austauschen.

Aber die Schweiz hat noch viele andere liberal-sympathische Züge. Etwa ein Krankenversicherungswesen mit einkommensunabhängiger Gesundheitsprämie, in Deutschland als der Gipfel der Unsozialität verschrien. Einkommensschwache Einwohner können eine Prämienverbilligung beantragen, und ansonsten zahlen in der Tat Chefarzt und Krankenschwester die gleichen Krankenversicherungsprämien. Die Prämie kann man auch noch durch die Wahl des eigenen Selbstbehalts ("Franchise") steuern - ich habe die höchstmögliche Franchise, zahle die ersten 3000 CHF (etwa 2000 EUR) im Jahr aus der eigenen Tasche und 10% der Arzt- und Medikamentenrechnungen, die darüber hinausgehen (bis zu einer gewissen Schmerzgrenze) und habe dadurch eine richtig angenehme Prämie. Zahnheilkunde ist in der normalen Grundversicherung nicht abgedeckt, und das ist auch gut so. Und schließlich: die Krankenversicherung zahlt allein der Arbeitnehmer, es gibt diesbezüglich keinen Arbeitgeberanteil.

Alles Sachen, mit denen man in Deutschland gesteinigt würde.

Mir gefällt es hier.

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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

10.11.2009 11:00
#8 Föderalismus in der Schweiz Antworten

Zitat von Gorgasal
Ja, der Föderalismus ist den Schweizern heilig.


Noch ein Beispiel: die Altersfreigabe von Filmen wird auf kantonaler Ebene geregelt. Das soll kippen, mit den üblichen Argumenten: "Das derzeitige System ist für die Öffentlichkeit und die Eltern verwirrend und für die Branche kompliziert und teuer, weil die Filme von verschiedenen Stellen beurteilt werden." Ja, und die 26 Kantonsregierungen sind auch verwirrend, kompliziert und teuer. Es ist auch verwirrend, kompliziert und teuer, wenn es mehr als eine Automarke gibt - in der DDR war es mit Wartburg und Trabant viel einfacher und billiger.

Vielleicht mache ich eine kleine Serie über den Föderalismus in der Schweiz auf. Oder gleich einen ZR-Beitrag. Aber das wäre dann ja wieder politisch

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califax Offline




Beiträge: 1.502

10.11.2009 11:05
#9 RE: Föderalismus in der Schweiz Antworten

Wie wär's mit einer Serie von ZR-Beiträgen?

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Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

10.11.2009 11:14
#10 RE: Föderalismus in der Schweiz Antworten

Zitat von califax
Wie wär's mit einer Serie von ZR-Beiträgen?


Ja, aber das wäre ja noch viel politischer...

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califax Offline




Beiträge: 1.502

10.11.2009 11:19
#11 RE: Föderalismus in der Schweiz Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von califax
Wie wär's mit einer Serie von ZR-Beiträgen?


Ja, aber das wäre ja noch viel politischer...




Betrachten wir die Schweiz als ein Gesamtkunstwerk, eine Installation, die Dauerausstellung einer aus Menschen gemachten Skulptur mit fortwährendem Eventcharakter, so wäre eine nähere Beschreibung dieses pfiffigen Werks von höchstem kulturellen Interesse.

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Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

10.11.2009 11:26
#12 RE: Föderalismus in der Schweiz Antworten

Zitat von califax
Betrachten wir die Schweiz als ein Gesamtkunstwerk, eine Installation, die Dauerausstellung einer aus Menschen gemachten Skulptur mit fortwährendem Eventcharakter, so wäre eine nähere Beschreibung dieses pfiffigen Werks von höchstem kulturellen Interesse.


Oh, das ist schön vor allem der "fortwährende Eventcharakter"! Hatten wir nicht einmal einen Zitatethread? Den finde ich gerade leider nicht, sonst hätte ich das sofort dort zum Ergötzen der staunenden Welt verewigt.

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