Ich habe seit 1967 manche "Aktionswochen", "Streikaktionen" und dergleichen an etlichen deutschen Universitäten erlebt. Ich habe kaum je erlebt, daß sie von der Mehrheit der Studierenden getragen wurden.
Am ehesten war das noch 1967/68 der Fall. Aber auch damals blieben diejenigen, die nichts mit dem Aufruhr zu tun haben wollten, meist einfach der Uni fern. Viele versuchten, trotz ständiger "Streiks" ihre Scheine zu machen und wurden daran von den Aktivisten nach Kräften gehindert. Ich habe es erlebt, wie Professoren eine Art Schleuserdienst einrichteten, um diejenigen, die z.B. eine Klausur mitschreiben wollten, an sichere Orte zu bringen, wo sie das konnten.
Das Grundprinzip aller dieser "Aktionen" von Extremisten war und ist dasselbe, das schon Herostratos zu seiner Tat veranlaßt hat: Wer bekannt werden will, muß Aufsehen erregen.
Und wer Aufsehen erregt, dessen politischen Meinungen und Forderungen werden oft für diejenige der Mehrheit gehalten. Sie werden durch die Medien verbreitet und erhalten damit eine Publicity, die ihnen angesichts der geringen Zahl der Aktivisten gar nicht zukommt.
Folglich versuchen immer wieder linke bis linksextreme Gruppen, an den Unis solche "Aktionstage" in Gang zu bringen. Jetzt ist es mal wieder so weit.
Auf die Hochschulpolitik haben solche Unternehmungen selten einen Einfluß, aber sie geben doch den sie inszenierenden Gruppen Gelegenheit zur Agitation und damit dazu, Kommilitonen "anzupolitisieren", einige vielleicht für sich zu gewinnen.
Mein Eindruck ist, dass jede 'Generation' Studenten in den letzten 10-15 Jahren einmal demonstrieren und 'streiken' geht. So alle 2-3 jahre wird gegen Reformen und fuer mehr Geld demonstriert: Klientelpolitik und Strukturkonservativismus pur.
Gehoert gefuehlt zum (deutschen) Studentendasein mittlerweile dazu.
Spannend eigentlich nur, dass sich lernwillige Studenten im Gegenzug heute besser vernetzten. Die Facebookgruppe gegen die Proteste in Oersterreich hat uber 20 000 Mitglieder, was es frueher so nicht gegeben haette. In Wuerzburg haben Erstsemester eine Abstimmung uber die Blockade des Audimax erzwungen, welche zugunsten der Vorlesung ausgegangen ist.
Zitat von ZettelUnd wer Aufsehen erregt, dessen politischen Meinungen und Forderungen werden oft für diejenige der Mehrheit gehalten. Sie werden durch die Medien verbreitet und erhalten damit eine Publicity, die ihnen angesichts der geringen Zahl der Aktivisten gar nicht zukommt.
Genau so sehe ich es natürlich auch. Dem könnte nur entgegengewirkt werden, wenn alle ihre Meinung zu aktuellen Problemen mit geringem Aufwand (als Meinungsbild) öffentlich machen könnten. Natürlich abgesichert im Sinne von "one man, one vote". Das Internet bietet dafür ja die benötigte Infrastruktur.
Das wäre im Moment wahrscheinlich auch das einzige "Projekt", in das ich bereit wäre einen Teil meiner Zeit zu investieren.
Was mich an diesen alle 2-3 Jahre wiederkehrenden Protestritualen fasziniert ist ihre anhaltende Ideen- und Erfolglosigkeit. Natürlich kommt da immer eine neue Generation, die ihre eigenen Erfahrungen machen muß. Aber kann man sich nicht mal minimal informieren und feststellen, daß alle vorgehenden Proteste dieser Art gescheitert sind?
Denn wenn es wirklich darum ging, zielgerichtet gegen einige Mißstände vorzugehen, hätten die Studenten erstklassige Möglichkeiten. Sie bilden eine große und wichtige Wählergruppe. Sie sind überaus finanzstark - die addierten Einnahmen der deutschen ASten liegen wohl im dreistelligen Millionenbereich, da kommen selbst die großen Industrie-Lobby-Verbände nicht mit. Sie haben hauptamtliches Personal und Infrastruktur in jeder wichtigen deutschen Stadt.
Mit einer professionellen und langfristig angelegten Lobby-Arbeit könnten die Studenten immense Erfolge erreichen. Aber den krakeelenden Wortführern geht es eben nicht wirklich um Studenteninteressen, um bessere Studienbedingungen und dauerhafte Erfolge. Das wäre ja eher kontraproduktiv, weil ihnen dann die Vorwände fehlen würden.
Ihnen geht es letztlich um antikapitalistischen Grundsatzprotest, um die Pflege des eigenen Ego und nicht zuletzt darum, ihren Lebensunterhalt durch Unterschlagung von Beitragsgeldern zu finanzieren.
Zitat von R.A.Ihnen geht es letztlich um antikapitalistischen Grundsatzprotest, um die Pflege des eigenen Ego und nicht zuletzt darum, ihren Lebensunterhalt durch Unterschlagung von Beitragsgeldern zu finanzieren.
Wie sagte Harald Schmidt, als er selbst noch nicht der anhaltenden Ideenlosigkeit zum Opfer gefallen war, bei einer ähnlichen Gelegenheit: "Wir gehen auf die beheizten Barrikaden!"
Zitat von R.A.Was mich an diesen alle 2-3 Jahre wiederkehrenden Protestritualen fasziniert ist ihre anhaltende Ideen- und Erfolglosigkeit. Natürlich kommt da immer eine neue Generation, die ihre eigenen Erfahrungen machen muß. Aber kann man sich nicht mal minimal informieren und feststellen, daß alle vorgehenden Proteste dieser Art gescheitert sind?
Exakt das gleiche könnte man über die Wahlerfolge der Linken sagen Those who cannot remember the past are condemned to repeat it. - George Santayana
-- La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von R.A.Was mich an diesen alle 2-3 Jahre wiederkehrenden Protestritualen fasziniert ist ihre anhaltende Ideen- und Erfolglosigkeit. (...)
Ihnen geht es letztlich um antikapitalistischen Grundsatzprotest, um die Pflege des eigenen Ego und nicht zuletzt darum, ihren Lebensunterhalt durch Unterschlagung von Beitragsgeldern zu finanzieren.
Und in Bezug auf solche Ziele sind sie, lieber R.A., eben nicht erfolglos.
Ich habe, wie schon gesagt, über die Jahrzehnte viele solcher Aktionen erlebt, und zwar oft hautnah in der Position desjenigen, der sich überlegen mußte, wie man mit derlei am besten umgeht.
Dabei ist mir immer wieder dasselbe Agitationsmuster aufgefallen: Die Agitatoren beginnen mit angeblichen oder tatsächlichen Mißständen und werfen dann die Frage auf, wem diese eigentlich dienten. Und dann sind sie irgendwann bei der grundsätzlichen Kritik des Kapitalismus.
Wenn diese Agitation gut ist, dann kann sie wirkungsvoll sein. (Es ist ja ein Agitationsmuster, das sich auch in anderen Breichen bewährt hat).
Die Extremisten brauchen solche Perioden, in denen sie "Diskussionen" erzwingen, in denen sie eine Revoluzzer-Atmosphäre zu schaffen versuchen, so wie die Gewerkschaften den gelegentlichen Streik brauchen und Filmstars ihre Auftritte in Talkshows.
Zitat von UngeltGenau so sehe ich es natürlich auch. Dem könnte nur entgegengewirkt werden, wenn alle ihre Meinung zu aktuellen Problemen mit geringem Aufwand (als Meinungsbild) öffentlich machen könnten. Natürlich abgesichert im Sinne von "one man, one vote". Das Internet bietet dafür ja die benötigte Infrastruktur. Das wäre im Moment wahrscheinlich auch das einzige "Projekt", in das ich bereit wäre einen Teil meiner Zeit zu investieren. Einen schönen Tag noch, Ungelt
Ein guter Vorschlag. Genau den gleichen habe ich vor etwa einem Monat mehrmals unserem AStA gemacht, reagiert wurde darauf aber leider nie... sehr schade; da frage ich mich doch, wofür ich dem AStA in Form von Semestergebühren indirekt Geld gebe. Ich fühle mich mit Veranstaltungen wie "Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber nie zu fragen wagten" (kein Scherz, fand gestern statt ^^) und lauter Musik auf dem Campus mit zehn betrunkenen Leuten die drum herum tanzen im Rahmen des "Bildungsstreiks" jedenfalls nicht gut vertreten. Trotzdem gibt es einen Haufen Missstände an unserer Hochschule, gegen die ich bereit wäre wie z.B. marode Gebäude und Ausstattung, also wirklich Sachen, die direkt die Lehre betreffen, zu protestieren. Auch der Bau eines Uni(!)-Fitness-Studios ruft selbstverständlich Unmut bei der Studentenschaft (und auch mir) auf, wenn sie seit etlichen Semestern Studiengebühren zahlen und sogar in manchen Hörsälen Netze angebracht sind, weil Teile der Deckenkonstruktion abfallen und nicht repariert werden.
Ich werde mich wohl mal bei "Wetten dass..." bewerben. Ich wette, dass ich die Studienfächer der protestierenden Studenten ("Studierende", wie sie politisch korrekt in den Medien genannt wird, sind es ja gerade eben nicht mehr...) aufzählen kann, ohne die betreffenden Personen jemals zu Gesicht bekommen zu haben. Und wenn man mir ein Foto oder eine Geruchsprobe gibt, ordne ich auch individuell zu.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von RaysonIch werde mich wohl mal bei "Wetten dass..." bewerben. Ich wette, dass ich die Studienfächer der protestierenden Studenten ("Studierende", wie sie politisch korrekt in den Medien genannt wird, sind es ja gerade eben nicht mehr...) aufzählen kann, ohne die betreffenden Personen jemals zu Gesicht bekommen zu haben. Und wenn man mir ein Foto oder eine Geruchsprobe gibt, ordne ich auch individuell zu.
Klientelpolitik und Strukturkonservativismus?? Liebe Dagny, aber da muss man dann doch einige Jahre weg sein von der Uni, um das ausgerechnet den Studenten vorzuwerfen. Ich glaub es nicht. Schauen Sie sich mal ne Fakultätsratssitzung an, da erleben sie Strukturkonservativismus pur. Den Widerstand gegen die Juniorprofessur oder die leistungsbezogene W-Besoldung. Wen jemand Klientelpolitik betreibt, dann sind es der Großteil der Professoren. Warum Juniorprofessur? Der Nachwuchs kann doch WHK werden, da kriegt er ja immerhin 240 € im Monat. Oh ja, und die lernwilligen Studenten sind ja soviel besser. Hauptsache ich werd fertig, was mit der Uni passiert interessiert mich einen Scheißdreck. Genau solche Leute braucht unsere Gesellschaft.
Und R.A.
In Antwort auf: Denn wenn es wirklich darum ging, zielgerichtet gegen einige Mißstände vorzugehen, hätten die Studenten erstklassige Möglichkeiten. Sie bilden eine große und wichtige Wählergruppe. Sie sind überaus finanzstark - die addierten Einnahmen der deutschen ASten liegen wohl im dreistelligen Millionenbereich, da kommen selbst die großen Industrie-Lobby-Verbände nicht mit. Sie haben hauptamtliches Personal und Infrastruktur in jeder wichtigen deutschen Stadt.
Die addierten Einnahmen der deutschen Asten liegen im dreistelligen Millionenbereich, da kommen nicht mal die großen Industriebetriebe mit?????? Mal ganz dumm gefragt, in welcher Welt leben Sie eigentlich?? Das wäre ja pro Uni ein Geldbetrag von mehreren hunderttausend Euro bis hin zu Millionen??? Und das alles wird nur für Lobbying ausgegeben?? Wann waren Sie eigentlich das letzte Mal an einer Uni? Große und wichtige Wählergruppe??? So ein Riesenblödsinn! Den gemeinen deutschen Politiker interessiert es einen Scheißdreck, was die Studenten machen. Die einzigen, die ein bisschen empfänglich sind, sind die linken Parteien, bei FDP und CDU, keine Chance.
In Antwort auf:Mit einer professionellen und langfristig angelegten Lobby-Arbeit könnten die Studenten immense Erfolge erreichen. Aber den krakeelenden Wortführern geht es eben nicht wirklich um Studenteninteressen, um bessere Studienbedingungen und dauerhafte Erfolge. Das wäre ja eher kontraproduktiv, weil ihnen dann die Vorwände fehlen würden.
Ihnen geht es letztlich um antikapitalistischen Grundsatzprotest, um die Pflege des eigenen Ego und nicht zuletzt darum, ihren Lebensunterhalt durch Unterschlagung von Beitragsgeldern zu finanzieren.
Immense Erfolge???? Ich glaub es nicht. Die Einführung der Studiengebühren in ca. der Hälfte der Bundesländer. Das Bachelor- und Mastersystem. Das alles sind Erfolge??? Unterschlagung von Beitragsgeldern zur Finanzierung des Lebensunterhalts? Damit sind wir endgültig auf nem Niveau angekommen, wo sich jeder Stammtisch für schämt!
In Antwort auf:Ich werde mich wohl mal bei "Wetten dass..." bewerben. Ich wette, dass ich die Studienfächer der protestierenden Studenten ("Studierende", wie sie politisch korrekt in den Medien genannt wird, sind es ja gerade eben nicht mehr...) aufzählen kann, ohne die betreffenden Personen jemals zu Gesicht bekommen zu haben. Und wenn man mir ein Foto oder eine Geruchsprobe gibt, ordne ich auch individuell zu.
Tätä tätä tätä. Und hier kommt er wieder der typische Soziologiestudent, ungewaschen, im Parka und erfolgreich sein Studium bis ins 28 Semester verlängert. Und weil er so faul ist, aber trotzdem was tun will, revoltiert er halt, steigt auf ein paar beheizte Barrikaden und verteilt Flugblätter (finanziert sind die ja durch Unterschlagung von Asta-Geldern) für die Weltrevolution.
Leute, gehts noch?? Ich hab Zettels Blog bisher immer gerne gelesen, auch weil ich hier interessante Sichtweisen gesehen habe, die zumindest gut durchdacht waren. Aber das hier ist untereste Schublade. Ich hab von 2002 bis 2007 an ner bayerischen Uni studiert und war in diversen Foren teilweise politische teilweise unpolitisch aktiv. Aber so wie es hier behauptet wird, da muss ich ja auf nem anderen Planeten gelebt haben.
Und um mal selbst was zu den Protesten zu sagen. Ich war mit dabei, als es gegen die Studiengebühren ging, hab mitdemonstriert gegen die Schließung diverser Studiengänge, mich aber nie an (in meinen Augen) kontraproduktiven Aktionen beteiligt. Stattdessen haben wir gleichzeitig den Dialog gesucht mit dem damaligen Wissenschaftsminister, der allerdings so arrogant reagiert hat, dass bspw. sogar der RCDS, der anfänglich für die Studiengebühren war schließlich dagegen protestiert hat!
Achja, die lieben, studierfreudigen Studenten. Nachdem die Studiengebühren eingeführt worden waren, haben einige Fachschaften heftigst mit den Fakultäten (unpolitisch!!) über die Verwendung der Gelder diskutiert. Einige haben versucht vorher Umfragen durchzuführen unter den Studenten, wo man das Geld am besten hineinstecken sollte. Teilnahme: nahe Null. Einige haben ihre Professoren überredet zur Verwendung der Gelder öffentlich Stellung zu nehmen. Teilnahme: nahe Null. Aber was interessiert es mich, wohin mein Geld geht, wenn Mami und Papi dafür zahlen. Nun könnte man jetzt sagen, dann sind die Studiengebühren ja nicht so schlimm. Für einen großen Teil stimmt das auch. Nur leider gibt es doch einige, die es sich nicht leisten können. Ja, auch wenn man es nicht glauben mag, aber 100 Euro zusätzliche Belastung können tatsächlich problematisch werden, wenn man sowieso schon arbeiten muss, ich weiß wovon ich rede.
Und die braven Professoren, schmuggeln Studenten, damit sie Prüfungen ablegen können. Die meisten Professoren, die ich kennengelernt habe, sind unglaublich kompetent, leider halt auch nur in ihrem Fach. Ansonsten sind sie so strukturkonservativ wie es nur die KPdSU war (zumindest die meisten davon). Ich hab ja oben schon die Schlagwörter genannt. Achja, man sollte sich mal intensiver mit der Geschichte der Einführung des Bachelor und Mastersystem beschäftigen. Ich trau mich wetten, auch aufgrund eigener Erfahrung, dass ein Großteil der Probleme bei der Einführung dieses neuen Systems von unseren Herren Professoren zu verantworten ist. Sie sind ohne Zweifel kompetent, aber leider in administrativen Funktionen zu großen Teilen heillos überfordert. Aber keine Angst, das gleichen sie durch Beratungsresistenz wieder aus.
Aber bei einem muss ich Euch Recht geben, die Protestformen sind inzwischen langweilig. Und ja, es gibt auch die Stereotype, die hier gerne rumgeworfen werden. Aber es sind halt vor allem Einzelfälle auch und vor allem unter den Studenten, die sich in Hochschulgruppen und Fachschaften engagieren.
Dass Audimaxe oder Rektorate besetzt werden, habe ich immer für kontraproduktiv gehalten und nie unterstützt. Dass man es macht, kann ich allerdings verstehen. Irgendwann reicht es einem, wenn nach nem Regen mal wieder haufenweise Eimer aufgestellt werden müssen, weil es überall reinregnet.
Nach meiner Studienzeit war für mich auf alle Fälle eines klar. Einen Doktor oder gar ne Karriere an ner deutschen Hochschule mach ich nicht. Dazu hat mich diese ganzen Spielchen und die ganze Entwicklung einfach zu sehr angekotzt!
Zitat von HiasSry, aber jetzt muss ich mich mal auskotzen. [Viel Wut und viel Richtiges]
Ruhig, Brauner, ruhig. Brrrr. Mir scheint auch oft, daß viele keine rechte Vorstellung von dem haben, was an den Unis vorgeht. Aber Sie brüllen hier noch den Wamba aus seiner Höhle, und das lohnt sich nicht. Hier herrscht das Florett, man blamiert Duellgegner mit der Benennung von Fakten. Wenn Sie eine deftige Polemik abschicken wollen, stelle ich Ihnen gerne mein Blog für einen Gastbeitrag zur Verfügung. Für die Diskussion hier sollten Sie dann aber besser die Fassung bewahren. :) Speziell die Probleme mit Studiengebühren und Bologna sind vermutlich nicht jedem bekannt.
-- Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.
Zitat von HiasSry, aber jetzt muss ich mich mal auskotzen.
Es ist Ihnen unbenommen, wo und wie Sie sich "auskotzen" wollen; aber nicht in diesem Forum.
Unter den Forumsregeln können Sie an erster Stelle lesen: "Beiträge, die Unhöflichkeiten oder persönliche Angriffe gegen andere Poster enthalten, sind nicht erlaubt". Dazu gehören Ausdrücke wie "Riesenblödsinn", "Niveau (...), wo sich jeder Stammtisch für schämt", "untereste Schublade", die Sie als Kommentare zu Beiträgen anderer Autoren verwendet haben.
Ich verwarne Sie hiermit und bitte Sie zu beachten, daß dies einer ersten gelben Karte entspricht. Eine zweite wäre also die gelbrote.
Herzlich, Wamba
PS: Was den Inhalt Ihres Beitrags angeht, finde ich ihn wert, diskutiert zu werden. Es kommt also eine Antwort von Zettel.
In Antwort auf:Hier herrscht das Florett, man blamiert Duellgegner mit der Benennung von Fakten. Wenn Sie eine deftige Polemik abschicken wollen, stelle ich Ihnen gerne mein Blog für einen Gastbeitrag zur Verfügung.
Gerade das hat mich so gewurmt. Ich lese ja wie gesagt, trotz anderer politischer Einstellung den Blog und auch die Diskussionen hier sehr gerne. Aber diese Diskussion ging in eine Richtung, die weit ab war von jedem Florettduell.
@Wamba
In Antwort auf:Es ist Ihnen unbenommen, wo und wie Sie sich "auskotzen" wollen; aber nicht in diesem Forum.
Unter den Forumsregeln können Sie an erster Stelle lesen: "Beiträge, die Unhöflichkeiten oder persönliche Angriffe gegen andere Poster enthalten, sind nicht erlaubt". Dazu gehören Ausdrücke wie "Riesenblödsinn", "Niveau (...), wo sich jeder Stammtisch für schämt", "untereste Schublade", die Sie als Kommentare zu Beiträgen anderer Autoren verwendet haben.
Hiermit entschuldige ich mich für die deftige Ausdrucksweise und auch für den Gebrauch von Ausdrücken wie Riesenblödsinn! Es ist nicht persönlich gemeint, aber beim Thema Hochschulpolitik reagiere ich leider schnell emotional.
Hm, Gelb-rot gibt es (zumindest im Fussball) nur im selben Spiel. Gesperrt wird man ansonsten erst nach der fünften gelben Karte
ich bin auch a bisserl mit den Problemen an deutschen Unis vertraut, wenn auch aus der Perspektive des Lehrenden. Ich habe mich, als es die ersten Bestrebungen zur Einführung des internationalen Abschluß-Standards Bachelor und Master gab, für diesen eingesetzt und sehe dazu auch heute keine Alternative. Wir wollen ja nicht, daß deutsche Abschlüsse international nichts mehr wert sind.
Ich war in meinem Bereich in der Kommission, die die Umstellung vorbereitet hat und habe deren Folgen dann erfahren und erlitten.
Mein Fazit:
Die Umstellung war notwendig. Aber sie wurde schlecht vorbereitet und überhastet durchgeführt. Und vor allem hat man es versäumt, für sie zunächst einmal die finanziellen und personellen Voraussetzungen zu schaffen. Dazu hätte die Einführung von Studiengebühren in erheblicher Höhe bei gleichzeitiger Ausweitung von Stipendien gehört; dazu hätte eine massive Aufstockung des Lehrpersonals bei gleichzeitigen strukturellen Änderungen gehört.
Die Umstellung fiel und fällt dem deutschen Universitätssystem besonders schwer, weil es in der Humboldt'schen Tradition eines der weltweit am wenigsten verschulten gewesen war. Was anderswo selbstverständlich ist - Anwesenheitspflicht in den Lehrveranstaltungen, ein festes Curriculum, studienbegleitende Prüfungen - , davon gab es in diesem deutschen System nichts oder fast nichts.
Ich habe dieses deutsche System immer geschätzt. Als ich in den frühen sechziger Jahren studierte, konnte ich mir meine Vorlesungen und Seminare frei aussuchen; ich habe mir zB als Erstsemester die Freiheit genommen, in ein Doktorandenseminar zu gehen, was mir der betreffende Prof auch erlaubte. Man machte seine Scheine, und wenn man sich prüfungsreif fühlte, dann ging man zum Prüfer und fragte ihn, ob er diese Scheine für ausreichend hielt. Nur ganz wenige Veranstaltungen (das experimentelle Praktikum, Methodenübungen) waren Pflicht.
Aber das ist eben Vergangenheit. Unter den heutigen Bedingungen ist es nicht mehr realisierbar.
Wenn wir das internationale System übernehmen wollen, dann muß man aber wirklich das ganze System übernehmen.
Dazu gehört ein festes Curriculum mit Pflicht- und Wahlpflichtkursen, für die Credits vergeben werden. Das setzt aber eine massive Aufstockung des Lehrpersonals voraus. Ich konnte eine klassische Vorlesung vor 100 bis 200 Hörern halten. Nach der Umstellung sollte ich sie nun auf einmal Kurs nennen und allen diesen Hörern Leistungspunkte geben; mußte sie also mündlich prüfen oder eine Klausur schreiben lassen. Und das nicht nur für eine, sondern für drei oder vier Lehrveranstaltungen.
Das ist kaum zu bewältigen. Man hat gar keine Wahl, als Zulassungsbeschränkungen einzuführen, die dann wieder zu Recht den Protest der Studierenden hervorrufen. Ich kenne groteske Szenen, wo Leute sich schon am Abend im Schlafsack vor eine Tür legten, um am Morgen ganz vorn in der Warteschlange zu sein.
Also, das Personal muß aufgestockt werden. Dazu muß aber auch mehr Lehre, wie das international üblich ist, an Doktoranden delegiert werden, die damit ihre Einkommen aufbessern und zugleich Lehrerfahrung sammeln können.
Und langfristig werden wir nicht um die Unterscheidung zwischen College und University herumkommen. Colleges sind lehrorientiert. Hier verdienen die Professoren weniger als an den Universities; dafür werden viel geringere - wenn überhaupt - Anforderungen an ihre Publikationstätigkeit gestellt. Sie müssen aber mehr lehren. Um Studenten zum Bachelor zu führen, reicht das auch völlig aus. Damit kann man das Lehrdeputat schaffen, das auf dieser Stufe unbedingt benötigt wird. (Es gibt auch Universitäten mit einem Undergraduate Program; aber das läuft dann ähnlich ab wie an den reinen Colleges)
Wer dann zum Masters weitergehen und vielleicht auch noch promovieren will, dem muß ein ganz anderes, forschungsorientiertes Angebot gemacht werden; hier nuß die Einheit von Forschung und Lehre gewahrt bleiben. Entsprechend höher werden dann die Studiengebühren sein, natürlich gestaffelt nach der Qualität der Universitäten.
So, lieber Hias, könnte man nach meinem Ermessen die jetzigen Probleme allmählich überwinden. Aber nicht durch Aktionen gegen Studiengebühren und gegen die Verschulung des Studiums. Oder gar gegen den Kapitalismus. Nirgends war und ist bekanntlich das Studium verschulter als in den sozialistischen Ländern.
Noch eine letzte Bemerkung, die ich mir doch nicht verkneifen will: Die jetzigen Studienbedingungen sind selbst im schlimmsten Fall ungleich besser als diejenigen, unter denen ich studiert habe.
Vorlesungen waren damals so überfüllt, daß der Prof oft im Audimax las und seine Worte in mehrere Hörsäle übertragen wurden; teils standen die Hörer auch noch auf den Gängen. Seminare fanden in ungeheizten Wohnzimmern irgendwelcher Bürgerhäuser statt, die man angemietet hatte.
Ich habe meine erste Lehrveranstaltung als Hiwi gehalten; da war ich im fünften Semster. Der einzige Ordinarius an dem Institut war wegberufen worden und hatte seinen einzigen Assistenten mitgenommen. Geführt wurde das Institut von einem Akademischen Rat, der für die Lehre eben Studenten rekrutierte, die er für geeignet hielt.
Es gab Studenten im dreißigsten oder vierzigsten Semester (sogenannte bemooste Häupter), die nie ein Studium abgeschlossen hatten und ihren kargen Lebensunterhalt auf irgendeiner Hiwi-Stelle verdienten. Die wurden zu allem eingesetzt, was heute nur Wissenschaftliche Mitarbeiter dürfen - Abhalten von Lehrveranstaltungen, Beisitz bei Prüfungen, Betreuung von Seminar- und Diplomarbeiten. Unterschrieben hat natürlich immer der Prof. Manchmal stand hinter allen Lehrveranstaltungen eines Instituts oder Seminars immer nur sein Name. Abgehalten wurden die Veranstaltungen von solchen bemoosten Häuptern, von Doktoranden oder vom meist einzigen Assistenten.
Bibliotheken waren auf dem Stand der vierziger Jahre, internationale Fachzeitschriften gab es so gut wie nicht. Auch von Lehrbüchern existierte in der Bibliothek in der Regel nur ein einziges Exemplar. Man kaufte sich diese von älteren Kommilitonen.
Vom Mensaessen will ich gar nicht reden, für das man zB in Tübingen durch die halbe Stadt anstand. Für das Anstehen ging die Mittagspause drauf. Das Essen kostete eine Mark. Die reichen Studenten konnten es sich leisten, für dasselbe Essen eine Mark zehn Pfennig zu zahlen; dafür durften sie in eines der angemieteten Lokale, in denen es kaum Wartezeiten gab und wo der Fraß am Tisch serviert wurde. Wer von den Portionen nicht satt wurde, der konnte eine weitere Speisestätte aufsuchen, wo irgendwelche Reste der vergangenen Tage bunt zusammengewürfelt (sagen wir, Nudeln mit Wirsing, darüber eine undefinierbare Mehlsoße), aber in Riesenportionen an den Mann gebracht wurden.
Ich schreibe so etwas immer mal wieder, lieber Hias, weil mir scheint, daß die "Proteste" heutiger Studenten viel damit zu tun haben, daß sie von Mama, Papa und dem Staat ihr Leben lang verwöhnt wurden.
Herzlich, Zettel
Edit: Text um einige Details ergänzt, die mir erst beim Erinnern allmählich wieder bewußt wurden.
da ja schon Zettel zum Bologna Prozess und zu Studienbedingungen gesagt hat, möchte ich einen anderen Aspekt aufgreifen: Sie fragen ob Sie während ihres Studiums auf einem anderen Planeten gelebt haben. Ja, haben Sie. Sie schliessen aufgrund ihrer fünfjährigen Erfahrungen auf einer bayrischen (!) Uni auf die restliche Bundesrepublik. Nun sind in Bayern Asten verboten und das was an studentischer Vertretung übrigbleibt ist allenfalls ein Schaten davon. Ich glaube nicht, dass sie sich ein Bild davon machen, was an Unis nördlich des Weisswurstäquators der Standard ist. Denn dort haben die Asten Geld. Und zwar Millionen. An einer durchschnittlichen Uni von sagen wir 40.000 Studenten beträgt der Gesamtetat des Astas nahezu eine Million Euro pro Jahr. Und wie dieses Geld ausgegeben wird, da reden wir lieber nicht zu laut drüber. Verschwendung und Veruntreuung ist da nichts so wirklich ungewöhnliches, allein in meiner Zeit, die aufgrund der Promotion ein bischen länger war als ihre, sind mehrere Fälle an meiner Uni aufgetreten. Und das Cliche des ewigen Studenten, der im 28 Semester Soziologie studiert, ist weit weniger chlichehaft als Sie vermuten. Die Hälfte des Astas besteht aus solchen Leuten, an meiner Uni gab und gibt es einen studentischen Angestellten des Astas, der bereits im Studentenparlament sass, als ich noch im Kindergarten war. Aber ich bin sicher, er hat meine Interessen immer gut vertreten und macht das auch für die aktuelle Generation. (sic)
Ich neige zudem zu vermuten, dass Sie einen schwerwiegenden Fehler machen: Sie assoziieren die Studenten mit deren Vertretung. Und das ist tatsächlich ein folgenschwerer Fehler. An einer durchschnittlichen Uni wählen weniger als 20% der Studenten ihre Vertretung und das obwohl sie an allen Ecken bedackelt werden doch bitte kurz ein Kreuz zu machen. Es interessiert sie einfach nicht. Und sie werden auch nicht von diesen vertreten. Wenn die Politik nicht allzuviel auf das Geschrei, und das kann man oft nicht anders nennen, dieser Vertreter gibt, dann hat das auch damit zu tun, dass die vor allem sich selbst vertreten, aber nicht die Studenten. Wenn R.A. davon schreibt, dass Studenten viel gemeinsam erreichen KÖNNTEN, dann hat er damit recht. Aber dafür müssten die sich erst einmal einig sein. Und ich für meinen Teil werde (und wurde) sicher nie einig mit Leuten, die unter studentischen Belangen vor allem eine "gerechtere Gesellschaft, gerechte Sprache oder die ökologische Revolution" verstehen. Für mich ist es immernoch erstaunlich wie politisch die Studentenvertretungen sind, wie uninteressiert aber an studentischen Belangen.
Danke für die ausführliche Antwort. Ich hoffe ich habe Sie nicht beleidigt, als ich meine Polemik gegen Professoren losgelassen habe. Nicht alle sind so, aber ich hab so manche Fachbereichsratssitzung mitgemacht, die eher einem Kindergarten glich.
Zunächst mal zum Bachelor und Mastersystem. Man kann über sie diskutieren, ich halte sie aber nicht für das grundsätzliche Problem. Die Art und Weise wie sie eingeführt wurden war dagegen ein Riesenproblem. Vielleicht haben sich inzwischen die Wogen geglättet, allerdings war diese Einführung, die ich hautnah miterlebt habe ein Riesenchaos. Studiengänge wurden angeboten, für die es keine Studienordnungen gab oder noch nicht die entsprechenden Veranstaltungen, oder was noch schlimmer war, die Studienordnungen für diese Studenten änderten sich dauernd, so das keiner wusste, was genau gilt. Das alte deutsche System hatte einige Vorteile, die man auch mit ins neue System nehmen hätte können. So hätte man beispielsweise anstatt dreijährige Bachelor vierjährige Bachelor konzipieren können. Oder, wie es im Ausland ist, ein festes Curriculum ergänzt um eine Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten. Das hätte die Möglichkeit gelassen, sich selber einen Schwerpunkt zusammenzustellen.
Hier sind wir also nicht so weit auseinander.
Was allerdings die Studiengebühren angeht, geh ich nicht d'accord mit Ihnen. Ich bin ein großer Gegner dieser Studiengebühren. In Deutschland steckte nämlich ein Gesamtkonzept dahinter. Wir zahlen mehr Steuern, dafür sind viele der staatlichen und öffentlichen Güter, die wir bekommen kostenlos oder nahezu kostenlos. Die Polemik, die gerne dagegen vorgebracht wird, dass nämlich die Friseuse das Studium für den Professorensohn finanziert ist dagegen in meinen Augen übertrieben. Natürlich beteiligt sich die Friseuse über Steuern auch an der Finanzierung des gesamten Systems, allerdings hat ihr Sohn/ ihre Tochter auch die Möglichkeit, relativ einfach (im finanziellen Sinne) zu studieren. Hier gibt es übrigens eine interessante Untersuchung: http://www.bpb.de/publikationen/WYCP6L,0...ls_Vorbild.html
Aber das besondere Problem in der BRD bei den Studiengebühren war, dass sie schlicht und einfach als notwendige Finanzierungsquelle herhalten mussten. Daher hat man sich keine Gedanken über die soziale Absicherung gemacht. Eine Möglichkeit wäre Stipendien gewesen, wobei ich da allerdings skeptisch bin, dass ein massiver Ausbau zum einen viel geholfen hätte, zum anderen auch die notwendige soziale Absicherung gebracht hätte. Mir ist aufgefallen, dass bei den Assesmentcentern schon strukturell die eher selbstsicheren und von sich überzeugten Studenten bevorzugt werden. Nur, dazu gehören leider in den seltensten Fälle gerade diejenigen, die das Geld bräuchten. Viel sinnvoller halte ich nachlaufende Studiengebühren, aber die haben wiederum das Problem, dass die Universitäten massiv Personal aufstocken müssten, um dieses Geld einzutreiben. Dazu kommt, dass jegliche Studiengebühren gerade für die sozialen Aufsteiger (ich nenn sie mal so) abschreckende Wirkung hat. Wer Arbeiter als Eltern hat und dann anfängt zu studieren, der begibt sich auf ein neues Terrain. Das macht es ihm schwer auszurechnen, wie groß die finanziellen Risiken tatsächlich sind. Und im Notfall (finanzielle Probleme, längere Arbeitslosigkeit) können die Eltern ihn auch nicht auffangen. Das ist (in meinen Augen) der wirkliche Grund, warum Studiengebühren gerade auf die Studenten aus "Unter- und unterer Mittelschicht" so abschreckend wirken, egal wie hoch sie sind.
So, jetzt noch ein bisschen genauer auf Ihren Beitrag:
In Antwort auf: Also, das Personal muß aufgestockt werden. Dazu muß aber auch mehr Lehre, wie das international üblich ist, an Doktoranden delegiert werden, die damit ihre Einkommen aufbessern und zugleich Lehrerfahrung sammeln können.
D'accord. Nur, dazu müsste man die wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen ausbauen. Lehraufträge und WHK-Stellen, die es meist zuhauf gibt sind andere Worte für Ausbeutung! Davon kann kein Mensch leben, nicht mal ein Student. Zugleich müsste man die Karrierelücke zwischen Promotion/Habilitation und sicherem Posten als bpsw. akademischer Rat oder Professor schließen. Ich habe in den letzten Jahren erlebt, dass man viele, die ihre Promotion gemacht haben, danach in ein Loch fielen, oder in Wartepositionen rumhingen, schlecht bezahlt, aber notwendig für die Lehre. Gerade die Junioprofessur oder ein zusätzlicher tenure track hatte da manch Gutes bewirken können.
In Antwort auf:Und langfristig werden wir nicht um die Unterscheidung zwischen College und University herumkommen. Colleges sind lehrorientiert. Hier verdienen die Professoren weniger als an den Universities; dafür werden viel geringere - wenn überhaupt - Anforderungen an ihre Publikationstätigkeit gestellt. Sie müssen aber mehr lehren. Um Studenten zum Bachelor zu führen, reicht das auch völlig aus. Damit kann man das Lehrdeputat schaffen, das auf dieser Stufe unbedingt benötigt wird. (Es gibt auch Universitäten mit einem Undergraduate Program; aber das läuft dann ähnlich ab wie an den reinen Colleges)
Hm, hier frage ich mich, warum wir eigentlich die Fachhochschulen (sry, die Hochschulen für angewandte Wissenschaften) so stiefmütterlich behandeln. Diese wären doch die idealen Colleges. Praxisorientierter, teilweise geradezu ideal ausgestattet, meistens bestens mit der örtlichen Wirtschaft vernetzt. Ideal für Studenten, denen vor allem an einem schnellen, praxisorientiertem Studium gelegen ist. Würde man deren Abschlüße gleichstellen und deren Ausbau forcieren, so könnte man die Universitäten entlasten, sowohl von den Studentenzahlen, als auch von dem Druck auch praxisorientiert zu unterrichten.
In Antwort auf: Wer dann zum Masters weitergehen und vielleicht auch noch promovieren will, dem muß ein ganz anderes, forschungsorientiertes Angebot gemacht werden; hier nuß die Einheit von Forschung und Lehre gewahrt bleiben. Entsprechend höher werden dann die Studiengebühren sein, natürlich gestaffelt nach der Qualität der Universitäten.
So, lieber Hias, könnte man nach meinem Ermessen die jetzigen Probleme allmählich überwinden. Aber nicht durch Aktionen gegen Studiengebühren und gegen die Verschulung des Studiums. Oder gar gegen den Kapitalismus. Nirgends war und ist bekanntlich das Studium verschulter als in den sozialistischen Ländern.
Wär ne Möglichkeit, nur das mit den Studiengebühren da werd ich auch weiterhin dagegen bleiben. Und sie gerade nach der Qualität der Universitäten zu staffeln halte ich für falsch, da es in meinen Augen nicht so einfach zu sagen ist, welche Universität gut ist. Das ist von Fach zu Fach verschieden. Ich gebe Ihnen ja Recht, dass die Aktionen nichts bringen. Nur und das ist der Punkt, den Hochschulpolitikern ist die Lage der Hochschulen im besten Fälle s*****-egal. Zumindest habe ich diese Erfahrung gemacht. Vielleicht war ja Goppel auch die Ausnahme, aber wenn selbst der RCDS massiv gegen den "eigenen" Minister protestiert und sich teilweise enttäuscht abwendet, dann heißt das schon einiges. Im Staatsministerium für Wissenschaft hat man sich lieber an Prestigeobjekten versucht und mit den Präsidenten von TUM und LMU umgeben, anstatt ne vernüftige Lösung für die Lage überhaupt zu suchen.
In Antwort auf:Noch eine letzte Bemerkung, die ich mir doch nicht verkneifen will: Die jetzigen Studienbedingungen sind selbst im schlimmsten Fall ungleich besser als diejenigen, unter denen ich studiert habe.
Das kann ich natürlich nicht beurteilen. Und die Studienbedingungen waren trotz vieler Mängel, zu Beginn meines Studiums so schlecht nicht. Nur 2003-2005 wurde (zumindest in Bayern) massiv eingespart. Was vorher mit viel Mühe und Erfindungsreichtum erstaunlich gut funktioniert hat, ist spätestens in diesen Jahren ins Wackeln gekommen. Ich möchte mal als ein Beispiel unsere Universitätsbibliothek nennen. Sie hatte nen guten Grundstock an Büchern, der ausgereicht hatte, um das notwendigste für Recherchen vor Ort zu haben. Durch das Bayernweite Bibliotheksnetz hat man sich innerhalb relativ kurzer Zeit auch neueste Bücher und Zeitschriften besorgen können. Nur, das System kam ins Wanken als den Bibliotheken immer mehr Mittel gestrichen wurden und manche Zeitschriften in keiner Bibliothek mehr vorhanden waren oder neue Bücher nur noch von einer Bibliothek angeschafft wurden. Oder auch die Tatsache, dass man die Ausstattung der Lehrstühle auf ein Minimum reduziert hat. Konnte man vorher in manchen Bereichen noch wählen und sich einen Schwerpunkt aussuchen, ging das auf einmal nicht mehr, da nicht mehr als das notwendigste angeboten worden war. Erst mit der Einführung der Studiengebühren verbesserte sich das alles wieder.
Was sich übrigens nicht mit der Einführung der Studiengebühren verbessert hat, war der bauliche Zustand. Das Geld durfte nämlich nicht dafür ausgegeben werden. Wär ja nicht so schlimm, wenn die Länder die Mittel umgeschichtet hätten. Nur leider hat man die Möglichkeit genutzt und die Mittel, die bspw. für die Bibliothek nicht mehr benutzt wurden, eingespart. Erst jetzt mit dem Konjuntkurprogramm verbessert sich das.
Apropos baulicher Zustand. Gerade hier wurde die Mängel des System offensichtlich. Da man seit Jahrzehnten zuenig Geld für die Instandhaltung ausgegeben hat, ist der bauliche Zustand fast jeder älteren Uni heute katastrophal schlecht! Was sich da an Milliarden, die notwendig wäre aufgehäuft haben, kann man kaum glauben. Ein typisches Beispiel für kurzfristiges Denken und seine teuren Folgen. Konkret für Bayern bedeutete dies: Die Bauämter rechnen mit Bauunterhaltskosten von 150 Mio. Euro pro Jahr für die Hochschulen. Demgegenüber standen im DHH 2007/2008 dafür nur 27,4 Mio. Euro bzw. 27,5 Mio. Euro zur Verfügung. Für weitere Informationen empfehle ich die Seite des bayerischen Rechnungshofes.
Fazit: Ich hoffe, ich hab ein bisschen deutlich gemacht, warum ich verstehen kann, dass viele Studenten die Schnauze voll haben. Es ist nicht, dass man verwöhnt wäre und daher gegen ein bisschen Einschränkung der Bequemlichkeit wäre. Das Problem ist, dass es an allen Ecken und Enden brennt. Wenn ich hier vom baulichen Zustand spreche, dann mein ich nicht, dass mal ne Wand nicht verputzt ist, sondern dass man ganze Bereiche der Universität nicht mehr betreten kann wenn es regnet, weil sie unter Wasser stehen, oder man Angst haben muss, von Fassadenteilen erschlagen zu werden (Das ist keine Übertreibung!!) Und wenn ich von den Problemen bei Bachelor und Master rede, dann rede ich nicht davon, dass es jetzt anstrengender ist, sondern davon, dass die Umsetzung ein heilloses Chaos war (ich weiß allerdings nicht, ob es inzwischen besser geworden ist) und nicht einmal Professoren oder Verwaltung einem sagen konnten, was man belegen müsse. Und wenn ich von Studiengebühren rede, dann mein ich nicht die Studenten, denen Mami und Papi das Studium zahlen. Sondern dann meine ich den Großteil derjenigen (wie ich es auch war), denen die Eltern ein bisschen was beisteuern, die aber trotzdem nebenher arbeiten müssen um das Studium zu finanzieren. Wer dann 100 Euro im Monat mehr zahlen muss, für den geht es dann nicht darum, ob der Frankreichurlaub ausfällt, sondern darum, dass diese 100 Euro genau die Summe ist, die man nicht, oder nur unter großen Problemen aufbringen kann. In meinem Fall (ich hab die letzten zwei Semester Studiengebühren bezahlt) bedeutete dies halt, dass ich im Sommer auch noch arbeiten musste.
Natürlich weiß ich auch, dass es viele unter den Protestierern gibt, die einfach mal Revolution spielen wollen. Allerdings gibt es auch viele, die sehen, dass hier etwas massiv falsch läuft und versuchen dagegen anzugehen. Achja, zum Thema Mami und Papi zahlt Studium. Die meisten Studenten, die sich engagiert haben und die ich kennengelernt habe, haben ganz oder zum größten Teil ihr Studium selber finanziert. Nicht diejenigen haben sich, egal ob politisch oder unpolitisch engagiert, die eigentlich die Zeit gehabt hätten, sondern zu 60-75% waren es Leute, die nebenher arbeiten mussten. Und die meisten davon haben ihr Studium dann auch tatsächlich in der Regelstudienzeit (+/- 2 Semester) abgeschlossen. Mag sein, dass es an anderen Universitäten anders ist, für die meisten bayerischen Unis hab ich es so erlebt.
Jetzt möchte ich doch auch einige Gedanken und Fragen zum Thema loswerden.
1. Warum die Einführung von BA und MA erforderlich gewesen sein soll, wie Sie, lieber Zettel, schreiben, kann ich nicht nachvollziehen. Die deutsche Abschlüsse seonst nichts mehr wert seien, kann ich nicht sehen - etwa die Ingenieure haben ja lange den dt. Dipl.-Ing. verteidigt damit, dass er international angesehen war. Und deutsche Ärzte mit deutschem Abschluss wurden und werden in GB und Skandinavien mit Handkuss genommen.
2. Vielleicht möchte man ja alle negativen Folgen auf die schlechte Umsetzung schieben. Ich war selbst von Mitarbeiterseite an der Umsetzung an einer sogenannten Traditionsuni beteiligt, und ich kann als Ergebnis der ganzen Geschichte v.a. folgende Punkte nennen: a) Verlust der Vergleichbarkeit der Studiengänge - jede Uni macht inhaltlich was anderes; daraus b) erhebliche Probleme beim Hochschulwechsel - die Probleme mit der Anerkennung von Studienleistungen, wie sie im alten System bestanden, haben sich vervielfacht; daraus auch c) Probleme, auf einen BA an anderer Uni einen MA aufzusetzen; d) unsinnige Verschulung; e) Abwicklung ganzer Teilfächer und daraus folgend ein erheblicher kultureller und wissenschaftlicher Verlust (und finanzieller Verlust, hat man im alten System mit Doktoranden die Dozenten für diese Teilfächer ausgebildet, so waren das staatliche Fehlinvestitionen in dem Moment, als man dann die entsprechenden Teilfächer gecancelt hat); f) mangelnde internationale Anerkennung: Der dt. BA (3 Jahre) wird in GB nicht als BA anerkannt (wenigstens in den Geisteswissenschaften). Insgesamt: Masse statt Klasse; Fortsetzung der Schule auf schlechtem Niveau.
3. Auf den Fernsehbildern sah man im Hintergrund die gelben "Bildungsstreik"-Plakate - man findet mit wenig googeln, dass es die Linken sind, die hinter diesem "Bildungsstreik" stehen und ihn nutzen, um unter jungen Leuten verdeckt zu agitieren.
4. In meiner Zeit an der Uni (Studium, wiss. Mitarbeiter, Promotion) wurde der AStA im Kern durchweg von Berufsrevolutionären gebildet, die darin ihre Versorgungsposition gefunden hatten und zugleich ihren politischen Hobbies nachgingen und versuchten, das Verbot der "allgemeinpolitischen Betätigung" möglichst kreativ zu umgehen. Zu Beginn meines Studiums waren in der AStA-Verwaltung dieselben Leute wie ein Jahrzehnt später.
5. Es mag einen Unterschied geben zwischen den Fächern. Ich behaupte auch, dass ich die streikenden oder demonstrierenden Studierenden ziemlich genau den Fakultäten zuordnen kann, aus denen sie stammen (oder nicht stammen).
6. Das dt. Hochschulwesen ist aus meiner Sicht durch eine unglaubliche Klientel- und Vetternwirtschaft geprägt. Bei diversen Stellenbesetzungen, die ich teils als Unbeteiligter, teils als Beteiligter beobachtet habe, bin ich zufolgender Überzeugung gekommen: Es bekommt nicht derjenige eine Stelle in dem sich selbst ergänzenden System, der sich durch gute wissenschaftliche Leistungen auszeichnet, sondern derjenige, der a) nicht besser ist als die, die bereits im jeweiligen Fachbereich arbeiten - sonst könnte der Neue ja die Leistung der anderen in den Schatten stellen oder, oh graus, etwas Neues machen, etwas reformieren wollen, frischen Wind hereinbringen; und der b) irgendwelche Förderer hat (die den Bewerber aus Sympathie, Bekanntschaft mit dessen Doktorvater oder sonst was unterstützen, aber im seltensten Falle nach dessen Fähigkeiten).
In Antwort auf:da ja schon Zettel zum Bologna Prozess und zu Studienbedingungen gesagt hat, möchte ich einen anderen Aspekt aufgreifen: Sie fragen ob Sie während ihres Studiums auf einem anderen Planeten gelebt haben. Ja, haben Sie. Sie schliessen aufgrund ihrer fünfjährigen Erfahrungen auf einer bayrischen (!) Uni auf die restliche Bundesrepublik.
Das freut eine Bayer immer, zu hören, dass er Bayern nicht die BRD ist
In Antwort auf:Nun sind in Bayern Asten verboten und das was an studentischer Vertretung übrigbleibt ist allenfalls ein Schaten davon. Ich glaube nicht, dass sie sich ein Bild davon machen, was an Unis nördlich des Weisswurstäquators der Standard ist. Denn dort haben die Asten Geld. Und zwar Millionen. An einer durchschnittlichen Uni von sagen wir 40.000 Studenten beträgt der Gesamtetat des Astas nahezu eine Million Euro pro Jahr. Und wie dieses Geld ausgegeben wird, da reden wir lieber nicht zu laut drüber. Verschwendung und Veruntreuung ist da nichts so wirklich ungewöhnliches, allein in meiner Zeit, die aufgrund der Promotion ein bischen länger war als ihre, sind mehrere Fälle an meiner Uni aufgetreten.
Nachdem ich mir jetzt die Haushaltspläne von Bielefeld, Hamburg und der FU angeschaut habe, finde ich trotzdem keine Millionenbeträge. Einzig beim ASta in Düsseldorf bin ich fündig geworden. Der verwaltet tatsächlich Millionenbeiträge, der Großteil fließt allerdings auch schnell wieder ab, hin zu Semesterticketbeiträgen, etc. Hinzu kommt, dass die ASten viele Angebote vorhalten, die in Bayern die Uni selber finanziert und vorhält. Worum es mir allerdings geht, ist die Aussage, dass das Millionenbeiträge zur Lobbyarbeit verwendet würde (mehr als von Industrieverbänden). Und diese Aussage halte ich nach wie vor für falsch. Auch ist mir klar, dass es Fälle von Veruntreuung gibt, dass sich allerdings ganze Horden von Studenten dadurch finanzieren kann ich mir einfach nicht vorstellen.
In Antwort auf:Und das Cliche des ewigen Studenten, der im 28 Semester Soziologie studiert, ist weit weniger chlichehaft als Sie vermuten. Die Hälfte des Astas besteht aus solchen Leuten, an meiner Uni gab und gibt es einen studentischen Angestellten des Astas, der bereits im Studentenparlament sass, als ich noch im Kindergarten war. Aber ich bin sicher, er hat meine Interessen immer gut vertreten und macht das auch für die aktuelle Generation.
Oh, ich kenne auch Leute, die im 28. Semester studieren. Solche wird es immer geben. Nur, ich hab (auch aus anderen Bundesländern) Mitglieder von Asten kennengelernt und die meisten sind eben nicht so. So sit zumindest mein Eindruck. Kann sein, dass sich das in letzter Zeit gewandelt hat, aber heute ist es schlicht und einfach schwerer, sein Studium so lange zu finanzieren.
In Antwort auf:Ich neige zudem zu vermuten, dass Sie einen schwerwiegenden Fehler machen: Sie assoziieren die Studenten mit deren Vertretung. Und das ist tatsächlich ein folgenschwerer Fehler. An einer durchschnittlichen Uni wählen weniger als 20% der Studenten ihre Vertretung und das obwohl sie an allen Ecken bedackelt werden doch bitte kurz ein Kreuz zu machen. Es interessiert sie einfach nicht. Und sie werden auch nicht von diesen vertreten. Wenn die Politik nicht allzuviel auf das Geschrei, und das kann man oft nicht anders nennen, dieser Vertreter gibt, dann hat das auch damit zu tun, dass die vor allem sich selbst vertreten, aber nicht die Studenten.
Oh, glauben Sie mir, ich mache diesen Fehler nicht. Dazu kenn ich die ganze Sache zu gut. Aber Sie machen es sich zu einfach. Denn bei den Protesten in Bayern gegen die Einführung der Studiengebühren waren teilweise 50-60% der Studierenden einer Uni auf der Straße. Also beileibe nicht das typische Zettern einer kleinen Minderheit. Nur, man macht schnell die Erfahrung, dass die Politiker sich schlicht und einfach nicht dafür interessieren. Was ich allerdings echt nicht verstehe ist, warum es die Studenten nicht interessiert, wie ihr Geld verwendet wird. Wenn ich schon zahle, dann will ich auch wissen, wo es hinfließt.
In Antwort auf:Wenn R.A. davon schreibt, dass Studenten viel gemeinsam erreichen KÖNNTEN, dann hat er damit recht. Aber dafür müssten die sich erst einmal einig sein. Und ich für meinen Teil werde (und wurde) sicher nie einig mit Leuten, die unter studentischen Belangen vor allem eine "gerechtere Gesellschaft, gerechte Sprache oder die ökologische Revolution" verstehen. Für mich ist es immernoch erstaunlich wie politisch die Studentenvertretungen sind, wie uninteressiert aber an studentischen Belangen.
Hm, wage ich zu bezweifeln. Die Studenten werden nie gemeinsam auftreten. Dazu sind die Interessenlagen zu verschieden. Und für viele ist der Leidensdruck einfach nicht groß genug. Ich denke, da ist es egal, wer da gerade als Vertreter von studentischen Belangen auftritt. Sieht man übrigens meistens sehr gut an den Vetretern aus Jura oder Wirtschaft, die deutlich konservativer oder aber liberaler sind und sich mit der Orientierung an den studentischen Belangen vom Asta versuchen abzusetzen. Nur, die haben die gleichen Probleme. Es interessiert keinen Menschen.
Zitat von Zettel Die Umstellung war notwendig. Aber sie wurde schlecht vorbereitet und überhastet durchgeführt. Und vor allem hat man es versäumt, für sie zunächst einmal die finanziellen und personellen Voraussetzungen zu schaffen. Dazu hätte die Einführung von Studiengebühren in erheblicher Höhe bei gleichzeitiger Ausweitung von Stipendien gehört; dazu hätte eine massive Aufstockung des Lehrpersonals bei gleichzeitigen strukturellen Änderungen gehört. Die Umstellung fiel und fällt dem deutschen Universitätssystem besonders schwer, weil es in der Humboldt'schen Tradition eines der weltweit am wenigsten verschulten gewesen war. Was anderswo selbstverständlich ist - Anwesenheitspflicht in den Lehrveranstaltungen, ein festes Curriculum, studienbegleitende Prüfungen - , davon gab es in diesem deutschen System nichts oder fast nichts. Ich habe dieses deutsche System immer geschätzt. Als ich in den frühen sechziger Jahren studierte, konnte ich mir meine Vorlesungen und Seminare frei aussuchen; ich habe mir zB als Erstsemester die Freiheit genommen, in ein Doktorandenseminar zu gehen, was mir der betreffende Prof auch erlaubte. Man machte seine Scheine, und wenn man sich prüfungsreif fühlte, dann ging man zum Prüfer und fragte ihn, ob er diese Scheine für ausreichend hielt. Nur ganz wenige Veranstaltungen (das experimentelle Praktikum, Methodenübungen) waren Pflicht.
Lieber Zettel,
das irritiert mich jetzt etwas - ich habe von 1992 bis 1998 (also doch recht lange vor Einführung des Bachelor/Master) an einer deutschen Uni den Dipl.Inf. gemacht, und dort waren in den Ingenieursstudiengängen bis auf die Anwesenheitspflicht das, was sie als systemfremd empfinden, der Normalfall. Das Studium war stark vorstrukturert, das Vordiplom bestand praktisch nur aus Pflichtveranstaltungen mit innerhalb eines engen Zeitrahmens abzulegenden Prüfungen - wer sein Vordiplom nicht nach 6 (Fach-)Semestern in der Tasche hatte, durfte gehen. Auch im Hauptstudiengang gab es Pflichtveranstaltungen und "Wahlpflichtfächer". Bei der Auswahl von Studien- und Diplomarbeit war man ebenfalls recht eingeschränkt, weil die Prüfer externe Arbeiten nicht gerne sahen.
Auf welche Studiengänge und welchen Zeitraum beziehen Sie sich? Oder ist das je nach Bundesland so unterschiedlich?
In Antwort auf:Das freut eine Bayer immer, zu hören, dass er Bayern nicht die BRD ist
Ist ja auch oftmals so, im Guten wie im Schlechten. Als ich anfing zu studieren dachte ich auch, dass ein Asta eine gute Idee wäre und die Bayern was falsch machen. Die nächsten Jahre haben mich dann vom Gegenteil überzeugt.
In Antwort auf:Worum es mir allerdings geht, ist die Aussage, dass das Millionenbeiträge zur Lobbyarbeit verwendet würde (mehr als von Industrieverbänden). Und diese Aussage halte ich nach wie vor für falsch.
Der einzelne Asta einer Uni wird nicht Millionen in solche Lobbyarbeit stecken. Aber zusammen sind das erheblich mehr und da würde eine Million nicht mal auffallen und zehn wären durchaus denkbar. Damit kann man schon viel bewegen, wenn man denn will. Man will ja auch, das Problem ist, dass das was man will, wenig mit der Uni zu tun hat.
In Antwort auf:Auch ist mir klar, dass es Fälle von Veruntreuung gibt, dass sich allerdings ganze Horden von Studenten dadurch finanzieren kann ich mir einfach nicht vorstellen.
Horden nicht, aber schon einige. Und den Gegenwert kann man mit der Lupe suchen. Natürlich treiben Asten auch sinnvolle Sachen, aber nicht gemessen an ihrem Etat. Wenn ich bedenke welche Anteil man an den Asta abführt und welchen an die Fachschaften und dann sieht wer wieviel für einen konkret tut, dann ist da ein eklatantes Mißverhältnis.
In Antwort auf:Denn bei den Protesten in Bayern gegen die Einführung der Studiengebühren waren teilweise 50-60% der Studierenden einer Uni auf der Straße.
Schwer vorstellbar. Ich war an einer ziemlich politischen Uni und Teil der Studentenproteste 93 und 97 (oh mann, ist das lang her). 97 war insofern was besonderes weil das in der Tat der größte "Aufstand" war. Allerdings waren das niemals die Hälfte. Vielleicht ein Drittel wenns hochkommt, wahrscheinlich eher ein knappes Viertel. Man muss aufpassen, dass man sich solche Zahlen nicht schönredet, da ist dann schnell von Demonstrationen von 10.000 Studenten die Rede, wenn man aber da war, findet man es verwunderlich, dass es überhaupt 5.000 gewesen sein sollen. Wenns in Bayern besser geklappt hat, herzlichen Glückwunsch, aber bevor ich das nicht gesehen habe, kann ich das nur schwer glauben, zu oft habe ich gesehen, wie solche Mechanismen greifen und man sich selber in Mehrheiten wähnt, die man nicht hat.
In Antwort auf:Was ich allerdings echt nicht verstehe ist, warum es die Studenten nicht interessiert, wie ihr Geld verwendet wird. Wenn ich schon zahle, dann will ich auch wissen, wo es hinfließt.
Das sehen Sie so. Viele Studenten tun das nicht. Das Kosten-Nutzen Verhältnis ist für den Einzelnen dabei auch sehr schlecht. Man hat viel Aufwand sich einzubringen, aber nur einen nur sehr fragwürdigen Nutzen. Viele Studenten wollen vor allem schnell studieren und interessieren sich nicht für die Hochschule an sich. Das ist per se nichts negatives, nicht jeder will die Verhältnisse ändern, nur weil ihm Details nicht gefallen.
In Antwort auf:Die Studenten werden nie gemeinsam auftreten. Dazu sind die Interessenlagen zu verschieden.
Dann dürfen sie sich eben auch nicht wundern, wenns keinen Politiker kümmert. Ich für meinen Teil glaube das auch nicht, ich denke schon, dass die meisten Studenten tatsächlich gemeinsame Interessen haben. Die haben nur wenig mit den Interessen von denen zu tun, die sie vorgeben zu vertreten. Das ist ein ganz doofer Mechanismus, diejenigen, die sich engagieren wollen, sind meistens die, die mit der Mehrheit der Studenten wenig gemeinsam hat, während die stille Mehrheit kein Interesse hat, sich dick zu engagieren. Die wollen fertig werden, die wollen was lernen, die wollen einen Abschluss.
In Antwort auf:Ist ja auch oftmals so, im Guten wie im Schlechten. Als ich anfing zu studieren dachte ich auch, dass ein Asta eine gute Idee wäre und die Bayern was falsch machen. Die nächsten Jahre haben mich dann vom Gegenteil überzeugt.
So ganz davon überzeugt bin ich nicht. Aber das Problem ist, was ist die bessere Alternative? Wär aber mal ne interessante Sache. Welche Governance-Strukturen könnte man an einer Uni aufbauen um eine sinnvolle Interessenvertretung zu gewährleisten und eine wirkliche Demokratisierung? Auf alle Fälle ein unterschätztes Thema.
In Antwort auf:Der einzelne Asta einer Uni wird nicht Millionen in solche Lobbyarbeit stecken. Aber zusammen sind das erheblich mehr und da würde eine Million nicht mal auffallen und zehn wären durchaus denkbar. Damit kann man schon viel bewegen, wenn man denn will. Man will ja auch, das Problem ist, dass das was man will, wenig mit der Uni zu tun hat.
Hm, ich bin nach wie vor nicht davon überzeugt. Ich wage es zu bezweifeln, dass in diese Studentenproteste mehr als ein paar tausend Euro fließen. Und das meiste davon wird für ein paar Flyer oder so ausgegeben werden. Und wie soll die weitere Lobbyarbeit aussehen? Es wird da ein paar Kongresse geben, wo sich die verschiedenen Asten austauschen, aber von Lobby-ähnlicher Arbeit hab ich noch nichts gehört. Ich würd mal vorschlagen, bevor man denen sowas unterstellt, sollte man erstmal mit Zahlen, Daten, Fakten kommen.
In Antwort auf:Horden nicht, aber schon einige. Und den Gegenwert kann man mit der Lupe suchen. Natürlich treiben Asten auch sinnvolle Sachen, aber nicht gemessen an ihrem Etat. Wenn ich bedenke welche Anteil man an den Asta abführt und welchen an die Fachschaften und dann sieht wer wieviel für einen konkret tut, dann ist da ein eklatantes Mißverhältnis.
Hm, da kommt es darauf an, was man als sinnvolle Arbeit versteht. Aber das die Fachschaften "näher am Studenten" sind, da stimme ich Ihnen zu. Ist allerdings auch deren Aufgabe.
In Antwort auf:Schwer vorstellbar. Ich war an einer ziemlich politischen Uni und Teil der Studentenproteste 93 und 97 (oh mann, ist das lang her). 97 war insofern was besonderes weil das in der Tat der größte "Aufstand" war. Allerdings waren das niemals die Hälfte. Vielleicht ein Drittel wenns hochkommt, wahrscheinlich eher ein knappes Viertel. Man muss aufpassen, dass man sich solche Zahlen nicht schönredet, da ist dann schnell von Demonstrationen von 10.000 Studenten die Rede, wenn man aber da war, findet man es verwunderlich, dass es überhaupt 5.000 gewesen sein sollen. Wenns in Bayern besser geklappt hat, herzlichen Glückwunsch, aber bevor ich das nicht gesehen habe, kann ich das nur schwer glauben, zu oft habe ich gesehen, wie solche Mechanismen greifen und man sich selber in Mehrheiten wähnt, die man nicht hat.
Ne, die Zahl stammte von der Polizei. Und ich weiß nicht, obs auf alle Unis zutrifft. Das Problem war allerdings, dass es zwei Tage später nur noch ein paar hundert waren. Die Proteste sind halt sehr schnell eingeschlafen.
In Antwort auf:Das sehen Sie so. Viele Studenten tun das nicht. Das Kosten-Nutzen Verhältnis ist für den Einzelnen dabei auch sehr schlecht. Man hat viel Aufwand sich einzubringen, aber nur einen nur sehr fragwürdigen Nutzen. Viele Studenten wollen vor allem schnell studieren und interessieren sich nicht für die Hochschule an sich. Das ist per se nichts negatives, nicht jeder will die Verhältnisse ändern, nur weil ihm Details nicht gefallen.
Ich rede ja nicht davon, sich zu engagieren. Es ging um eine ca. zweistündige Veranstaltung, bei der der Dekan anwesend war und einfach nur seinen Entwurf, wie die Studiengebühren ausgegeben werden sollten, vorgestellt hat. Ist klar, dass manche nur schnell studieren wollen und sich nicht so recht interessieren. Hab ich auch nichts dagegen. Und dennoch, gerade dann, wenn man darauf aus ist schnell zu studieren, würde ich erwarten, da anwesend zu sein um zu versuchen für seinen eigenen Interessen das beste rauszuschlagen. Es geht nicht darum, die Verhältnisse zu ändern, sondern die kleinen Details, die gerade für einen persönlich interessant sein könnten.
In Antwort auf: Dann dürfen sie sich eben auch nicht wundern, wenns keinen Politiker kümmert. Ich für meinen Teil glaube das auch nicht, ich denke schon, dass die meisten Studenten tatsächlich gemeinsame Interessen haben. Die haben nur wenig mit den Interessen von denen zu tun, die sie vorgeben zu vertreten. Das ist ein ganz doofer Mechanismus, diejenigen, die sich engagieren wollen, sind meistens die, die mit der Mehrheit der Studenten wenig gemeinsam hat, während die stille Mehrheit kein Interesse hat, sich dick zu engagieren. Die wollen fertig werden, die wollen was lernen, die wollen einen Abschluss.
Zitat von HiasWorum es mir allerdings geht, ist die Aussage, dass das Millionenbeiträge zur Lobbyarbeit verwendet würde (mehr als von Industrieverbänden). Und diese Aussage halte ich nach wie vor für falsch.
Aber diese Aussage hat ja niemand hier gemacht, vielleicht haben Sie da etwas missverstanden. R.A. schreibt oben:
Zitat von R.A.Denn wenn es wirklich darum ging, zielgerichtet gegen einige Mißstände vorzugehen, hätten die Studenten erstklassige Möglichkeiten. Sie bilden eine große und wichtige Wählergruppe. Sie sind überaus finanzstark - die addierten Einnahmen der deutschen ASten liegen wohl im dreistelligen Millionenbereich, da kommen selbst die großen Industrie-Lobby-Verbände nicht mit. Sie haben hauptamtliches Personal und Infrastruktur in jeder wichtigen deutschen Stadt.
Mit einer professionellen und langfristig angelegten Lobby-Arbeit könnten die Studenten immense Erfolge erreichen.
Sie könnten. Nichts davon, dass aktuell Millionen in Lobbies investiert werden, nur dass das Geld da wäre (wobei Sie recht haben: der größte Teil davon steht nicht für Lobbyarbeit zur Verfügung, sondern wandert recht direkt in Semestertickets).
Vielleicht schreibe ich auch noch etwas zur Sache. Ich war Mitte/Ende der Neunziger Jahre im AStA einer baden-württembergischen Uni aktiv, bin also auch nicht ganz unbeleckt
-- La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von hubersnAuf welche Studiengänge und welchen Zeitraum beziehen Sie sich?
Hierauf:
Zitat von ZettelAls ich in den frühen sechziger Jahren studierte, konnte ich mir meine Vorlesungen und Seminare frei aussuchen
Das galt damals für nahezu alle Studiengänge und alle Bundesländer. Ausnahmen gab es bei den Medizinern, den Juristen und möglicherweise den Ingenieurwissenschaften.
In Antwort auf:Aber das Problem ist, was ist die bessere Alternative? Wär aber mal ne interessante Sache. Welche Governance-Strukturen könnte man an einer Uni aufbauen um eine sinnvolle Interessenvertretung zu gewährleisten und eine wirkliche Demokratisierung?
Zunächst mal möchte ich sagen, dass eine Uni per se keine demokratische Veranstaltung ist und nach meinem Dafürhalten auch nicht demokratisiert werden muss oder sollte. Studentenvertretungen sollten demokratisch organisiert sein, aber das ist eben auch nur ein Teil des Ganzen. Was diese allerdings angeht, so stimme ich zu, es wäre wirklich interessant darüber nachzudenken, wie bessere Strukturen aussehen würden.
In Antwort auf:Aber das die Fachschaften "näher am Studenten" sind, da stimme ich Ihnen zu. Ist allerdings auch deren Aufgabe.
Es ist nicht weniger Aufgabe der Asten. Die Asten werden genauso von den Studenten finanziert und müssten genauso nahe am Studenten sein. Sie sind es aber nicht, weil sie eben politisch sind und sich auch so verstehen. Fachschaften sind, zumindest im Regelfall, nicht politisch. Und das gestattet ihnen ihre Aufgabe auch wahrzunehmen. Extrem versimpelt könnte man sagen: An meiner Uni war der Asta so sehr damit beschäftigt die Weltrevolution vorran zu treiben, dass man für so nichtige Dinge wie studentische Belange nun wirklich keine Zeit haben kann.
In Antwort auf:Die Proteste sind halt sehr schnell eingeschlafen.
Das habe ich, unabhängig davon wie gross die Zahlen nun wirklich sind, auch so erlebt. Aber ich halte auch das für eine indirekte Folge der falschen Zielsetzung. Als wir protestiert haben, ging es mehrere Tage lang vor allem um die Studienbedingungen. Um Bibliotheken, Seminare und Wartezeiten. Aber nach mehreren Tagen kam mehr und mehr "Asta" hinzu, die von der "Demokratisierung der Uni", der freien Bildung und ähnlichem Spökes anfingen. Und dahinter stellt sich dann eben genau der Anteil der Studenten, der solche Verbindungen auch in den SP-Wahlen stützt und das sind dann keine 15% der Studentenschaft. Alle anderen gehen nach Hause. Originalplaket im Protestzug als es mir gereicht hat: "Freie Bildung für alle. Sondersteuern für Millonäre.". Dahinter marschier ich nicht. Und viele andere eben auch nicht.
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