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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 55 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2010 14:24
Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Als Barack Obama, kein Präsident, sondern nur ein Senator und Kandidat, im Sommer 2008 Deutschland besuchte, waren die Medien aus dem Häuschen.

Jetzt ist der Präsident eines unserer wichtigsten Verbündeten auf Staatsbesuch in Deutschland. Und wie reagieren die deutschen Medien? So gut wie gar nicht.

Wahrscheinlich, damit sie die Rede von Peres morgen vor dem Bundestag als Überraschung präsentieren können.

Hajo Offline



Beiträge: 440

26.01.2010 15:33
#2 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Wenn es zutreffen sollte, daß Israel wirklich einer unserer wichtigsten Verbündete ist, bin ich auf ihre Definition der Wichtigkeit gespannt.

Vielleicht bin ich da ja etwas altmodisch, aber ich nehme irgendwie an, die Frage, ob ein Land für uns von Nutzen ist oder eben nicht, würde über dessen Bedeutung für uns entscheiden. Inwiefern Israel für Deutschland von Bedeutung ist und wie es uns helfen wird unseren Herausforderungen zu begegnen, ist mir bis heute ziemlich schleierhaft. Ich sehe für uns schlichtweg keinen Vorteil, den wir hätten, wenn die Beziehungen zu Israel besser wäre.

Vielleicht bin ich da ja auch etwas pessimistisch, aber diese ganze Diskussion um Israel und seine Beziehungen ist doch eine Diskussion, die ich irgendwo zwischen Feuilleton, Geistlichkeit, Axel Springer und den Ewig-Wohlmeinenden verorte. Für den gemeinen Bürger ist Israel doch de facto bedeutungslos.

P.S. Ich wäre auch auf Ihre Definition des Verbündeten gespannt, denn aus einem Bündnisschluß sollten sich ja Vorteile für beide Bündnispartner ableiten lassen. Welche Vorteile Israel haben könnte, leuchtet womöglich ein. Im umgekehrten Fall bin ich da wohl etwas begriffsstutzig...

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2010 15:56
#3 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Hajo
Wenn es zutreffen sollte, daß Israel wirklich einer unserer wichtigsten Verbündete ist, bin ich auf ihre Definition der Wichtigkeit gespannt.


Ich antworte, lieber Hajo, jetzt nur auf der Ebene der Vorteile, die Sie als einzige Ebene ansprechen. Daß Deutschland auch eine moralische Verantwortung für Israel hat (Außenpolitik ist ja nicht nur Machtpolitik), klammere ich also jetzt aus.

Daß Deutschland trotz aller Schändlichkeiten, die die Nazis begangen hatten, so schnell wieder in die Weltgemeinschaft aufgenommen wurde, ist wesentlich der Israel-Politik Konrad Adenauers zu verdanken. Sie hat die Welt davon überzeugt, daß es der Bundesrepublik ernst war mit dem demokratischen Neuanfang.

Heute ist Israel das einzige eindeutig westlich orientierte Land des Nahen Ostens (beim Irak wird das vielleicht auch bald der Fall sein; aber noch ist das unklar). Es ist der einzige Partner, mit dem wir die Werte der Freiheit und Demokratie teilen.

Das Verhältnis zwischen Israel und den meisten arabischen Regierungen ist weit besser, als es oft wahrgenommen wird. Das wird immer wichtiger, je mehr der Iran zur Vormacht des Nahen Ostens zu werden versucht. Staaten wie Ägypten, Jordanien, der Irak und die Golfstaaten sind inzwischen heilfroh, daß es Israel mit seiner starken Militärmacht gibt, die ihnen den Iran noch halbwegs vom Leib hält und die dazu beiträgt, daß sie im Inneren nicht von Extremisten à la Hamas und Hisbollah überrollt werden.

Das ist alles so offensichtlich, lieber Hajo, daß ich mich ein wenig wundere, daß Sie die Wichtigkeit unseres Verbündeten Israel offenbar in Zweifel ziehen. Mit wem im Nahen Osten sollte denn Deutschland nach Ihrer Ansicht kooperieren?

Herzlich, Zettel

Numpy Offline



Beiträge: 113

26.01.2010 16:27
#4 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Ja, Israel hat wirklich einen schweren Stand. Auch und vorallem bei den heranwachsenden Generationen, die nur noch eine Seite kennen: Die Darstellung in den Medien. Israel ist eine böse böse Nation, ein Vasalle des noch böseren Bush und der USA. Aber auch der allgemein Wunsch auf Selbstverteidigung und Souveränität missfällt den Linken.

Bei den 20+ Jährigen bemerke ich einen starken Hang zum Antizionismus, wenn nicht sogar ein latenter Antisemitismus.

Eine Diskussion ist ausgeschlossen, spricht man nur ein positives Wort aus über Israel, heißt es: "Du hast 'nen Schuldkomplex."

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2010 17:17
#5 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Numpy
Bei den 20+ Jährigen bemerke ich einen starken Hang zum Antizionismus, wenn nicht sogar ein latenter Antisemitismus.

Eine Diskussion ist ausgeschlossen, spricht man nur ein positives Wort aus über Israel, heißt es: "Du hast 'nen Schuldkomplex."


Ja, lieber Numpy, es ist schon bestürzend, wie viele in der heutigen jungen Generation bis in die Formulierung hinein das übernehmen, was vor einigen Jahrzehnten die Ewiggestrigen zur Israel-Politik Adenauers und seiner Nachfolger gesagt haben.

Sie waren eben überwiegend seit ihrer Schulzeit einer Propaganda ausgesetzt, die ein manichäisches Weltbild entwirft: Auf der einen Seite die armen Ausgebeuteten, zu denen selbstverständlich die Araber gerechnet werden; und auf der anderen Seite der Große Satan (USA) und der Kleine Satan (Israel) samt allen, die mit ihnen verbündet sind.

Viele junge Leute haben ein Bedürfnis, sich auf der Seite der Schwächeren zu engagieren; was ja nicht zu beanstanden ist. Sie sehen aber nicht, daß diese Schwächeren (zB die verarmten arabischen Massen) nicht deswegen schwach sind, weil es Israel gibt und weil die USA eine Weltmacht sind; sondern deshalb, weil der Arabische Sozialismus Länder wie Ägypten, Syrien und den Irak zugrundegerichtet hat.

Das einzige Land des Nahen Ostens, in dem Araber in ihrer großen Mehrheit in Wohlstand und Freiheit leben, ist Israel.

Herzlich, Zettel

flobotron Offline



Beiträge: 327

26.01.2010 18:15
#6 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zuerst einmal ein Großes Lob an Zettel, dessen Blog ich letztens erst entdeckt hab und seit dem regelmäßig verfolge.

und zum Thema:
Israel sollte in vielerlei hinsicht wichtig für Deutschland sein. Ich gebe hier nur mal ein paar Beispiele bezogen auf Israels Wirtschaft und Militär.


"Die gemeinsam erarbeiteten Forschungsergebnisse dokumentieren eindrücklich das große Potenzial der deutsch-israelischen Zusammenarbeit. Beispielhafte Ergebnisse konnten deutsch-israelische Projekte vorallem in den Bereichen Medizinforschung, Wassertech-nologie und -management, Geistes- und Sozialwissen-schaften sowie Chaosforschung erzielen."[3]
Israel ist ein Hochtechnolgieland und hat nicht nur die meisten Patentanmeldungen pro Kopf Weltweit, sondern auch die meisten wissenschaftlichen Veröffentlichungen.[1] Viele heutiger Schlüsseltechnologien wurden in Israel entwickelt. Das geht von Computer- und Magnet Resonaz Tomographie(MRT) über die Entwicklung der Intelprozessoren, zum ersten Handy[2] bis hin zur Tropfchenbewässerung, die es ermöglicht auch in extrem trockenen Regionen effizient Ackerbau zu betreiben.
Das wird auch von vielen "boykotiert israelische Waren"-Anhängern gerne ignoriert. Ob diese sich gegen eine MRT Untersuchung bei Krebsverdacht genauso sträuben wie gegen den Kauf israelischen Basilikums?

Auch auf militärischem Gebiet sehe ich Israel als wichtigen Verbündeten und nicht nur als Bittsteller für günstige Hightechwaffenlieferungen.
Israel war die einzige Nation die in Zeiten des Kalten Krieges erfahrung mit sowjetischen Waffensystemen und deren Taktiken hatte. Ihre im im Sechs-Tage-Krieg, Jom-Kippur-Krieg und Libanonkrieg(1982) erbäuteten Waffentechnologien und auch effiziente Strategienen in deren Bekämpfung gaben die Israelis an die NATO Staaten weiter.
Deutschland nutze diese Informationen u.a. für den Bau des Marder und des Leopards und im Training ihrer Soldaten.[4]
Auch heute noch ist Israel führend beim Bau von Drohnen, die es auch der Bundeswehr zur Verfügung stellt und vorallem im Know How im Kampf gegen Terroristen und Sicherheitsmaßnahmen um diese abzuwehren.

Abgesehen davon wie Deutschland von einer engen Zusammenarbeit mit Israel profitiert, ist Israel die einzige Demokratie in nahen Osten.
Schon allein das dieses Land, dass seinen Bürgern, egal welcher Religion sie angehören, Gleichberechtigung, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, freie Wahlen und Menschenrechte ermöglicht und dabei aber von Theokratien und Diktaturen umgeben ist, die auf dessen totale Vernichtung hinarbeiten, sollten jeder westlichen Demoratie hinreichend genug Gründe für Solidarität mit Israel liefern.
Und das völlig unabhängig von Holocaustvergangeheit.

mfg flobotron


[1]http://www.israelnetz.com/themen/wirtschaft/artikel-wirtschaft/datum/2009/11/25/israel-hat-die-meisten-patentanmeldungen-in-der-westlichen-welt/
[2]http://www.deutsch-israelische-gesellschaft.de/arbeitsgruppen/jubilaeum.htm
[3]http://www.bmbf.de/pub/zusammenarbeit_wtb_deutschland-israel.pdf
[4]http://www3.gkke.org/index.php?id=15&type=0&jumpurl=uploads%2Fmedia%2Fbits-studie_09.03.pdf&juSecure=1&mimeType=application%2Fpdf&locationData=15%3Att_content%3A26&juHash=3982cab135

ahs Offline



Beiträge: 27

26.01.2010 19:08
#7 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat zum Zitat des Tages:

"Die Herren von der anderen Fakultät wissen ganz genau, wie man der toten Juden gedenkt. Wir helfen den lebenden."
O-Ton Franz-Josef Strauß.

Ich weiß nicht, ob es die richtige Entscheidung des ZdJ war, seit Anfang der 90er gemensam mit den linken Parteien in Deutschland in den "Kampf gegen Rechts" einzusteigen...Man hätte vielleicht besser zuerst mit den Konservativen die Rechtsradikalen bekämpfen sollen.

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

26.01.2010 19:09
#8 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat
Abgesehen davon wie Deutschland von einer engen Zusammenarbeit mit Israel profitiert, ist Israel die einzige Demokratie in nahen Osten.
Schon allein das dieses Land, dass seinen Bürgern, egal welcher Religion sie angehören, Gleichberechtigung, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, freie Wahlen und Menschenrechte ermöglicht und dabei aber von Theokratien und Diktaturen umgeben ist, die auf dessen totale Vernichtung hinarbeiten, sollten jeder westlichen Demoratie hinreichend genug Gründe für Solidarität mit Israel liefern.
Und das völlig unabhängig von Holocaustvergangeheit.



Richtig. Israel ist einer der Pfeiler des freien Westen.

Pentas ( gelöscht )
Beiträge:

26.01.2010 19:43
#9 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von flobotron
Deutschland nutze diese Informationen u.a. für den Bau des Marder und des Leopards und im Training ihrer Soldaten.[4]


Ein wirklich hochinteressanter Link.


Hajo Offline



Beiträge: 440

26.01.2010 20:03
#10 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Zettel
Ich antworte, lieber Hajo, jetzt nur auf der Ebene der Vorteile, die Sie als einzige Ebene ansprechen. Daß Deutschland auch eine moralische Verantwortung für Israel hat (Außenpolitik ist ja nicht nur Machtpolitik), klammere ich also jetzt aus.



Richtig. Nur auf diese Ebene habe ich mich bezogen. Ob Deutschland eine moralische Verantwortung hat oder nicht sieht ohnehin jeder so oder so.

Zitat von Zettel
Daß Deutschland trotz aller Schändlichkeiten, die die Nazis begangen hatten, so schnell wieder in die Weltgemeinschaft aufgenommen wurde, ist wesentlich der Israel-Politik Konrad Adenauers zu verdanken. Sie hat die Welt davon überzeugt, daß es der Bundesrepublik ernst war mit dem demokratischen Neuanfang.



Der Alte hat sich wohl weniger aus ehrlicher Emotion heraus zu dieser Politik bekannt - er selbst wollte ein Abkommen, das Ansprüche für alle Zeiten ausschließt und war bereit dafür 10 Millionen D-Mark zu zahlen - sondern wurde schlichtweg durch massiven Druck zu dieser Politik genötigt. Ich würde es daher nicht allzu sehr idealisieren.

Zitat von Zettel
Heute ist Israel das einzige eindeutig westlich orientierte Land des Nahen Ostens (...) Es ist der einzige Partner, mit dem wir die Werte der Freiheit und Demokratie teilen.



Nun, an dieser Stelle schweifen Sie m.E. ab. Meine Vorstellung von außenpolitischen Interessen ist einfach bedeutend handfester. Ich will ein Beispiel geben. Nehmen wir Russland: Wir kaufen Rohstoffe, liefern im Gegenzug Maschinen, profitieren davon. Nehmen wir Frankreich, wo wir exzessive Handelsbeziehungen und eine Unmenge gemeinsamer Interessen, insb. im Rahmen der Europapolitik haben. Wir könnten selbst den Iran nehmen, wenn auch als zugegebenermaßen provokantes Beispiel, die uns Dollars und Pistazien gegen Maschinen und Hightech liefern.

Wie stellen Sie sich das nun im Fall von Israel vor? Sie organisieren sich als Demokratie und wir... profitieren davon? Mir leuchtet das nicht ein. Ich schaue mir die Bilanz des Außenhandels an und sehe einen Staat, dessen Hauptexportgüter Diamanten und Chemikalien sind, mit dem wir vielleicht ein Promille unseres Außenhandels bestreiten. Gemeinsame Interessen sehe ich da kaum.

Zitat von Zettel
Das ist alles so offensichtlich, lieber Hajo, daß ich mich ein wenig wundere, daß Sie die Wichtigkeit unseres Verbündeten Israel offenbar in Zweifel ziehen. Mit wem im Nahen Osten sollte denn Deutschland nach Ihrer Ansicht kooperieren?
Herzlich, Zettel



Wie wäre es mit einem neutralen Standpunkt?

Hajo Offline



Beiträge: 440

26.01.2010 20:11
#11 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Die Punkte, die Sie hier vorbringen, sind mir keineswegs unbekannt. Dennoch möchte ich Sie mahnen die Relation im Auge zu behalten. Israels BIP konkurriert etwa mit dem von Hamburg und Bremen zusammengenommen. Natürlich gibt es dort exzellente Wissenschaftler, aber mehr als in einem mittleren Bundesland werden es kaum sein.

Marriex Offline



Beiträge: 185

26.01.2010 21:02
#12 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2010 22:54
#13 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Marriex
http://www.tabletmag.com/news-and-politics/24312/they-dig-us/


Sehr interessant! Zitat daraus (Hervorhebungen von mir]:

Zitat von Tablet
The Sunni Arab states are no longer capable of shaping the region or even their own destiny, and so they wait to be rescued by Israeli Jews. The vast, opulent halls of Arab authority are vacant shells, while the crumbled synagogues of Beirut and Cairo are reminders of a power that once dwelled among the Arabs but has since migrated elsewhere.

Regional power has shifted away from Washington’s familiar Arab partners and toward non-Arab states. The fate of the Middle East no longer depends on the desires of Cairo and Riyadh. The choices that shape the lives of Arabs are now made in Tehran, Tel Aviv, and perhaps a newly ascendant Ankara.

An Israeli strike on Iran may or may not be a mirage, but it is the only possible salvation for Arab states too weak to control their own destiny. Though Washington is still the pre-eminent power in the region, its confused and changing priorities appear to have blinded it to the Middle East’s new configuration, and it is unlikely that America’s continuing political and financial crises will make our vision any clearer.


Herzlich, Zettel

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

26.01.2010 22:59
#14 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat
Meine Vorstellung von außenpolitischen Interessen ist einfach bedeutend handfester.



Das sind wirtschaftliche Interessen. Wenn es nach diesen ginge, stellt man sich hin, macht eine Handelsbilanz auf und verkauft seine Aussenpolitik an den meistbietenden. Sowas ist aber zu kurz gedacht, da man strategische Interessen, gemeinsame Werte, Stabilitaet, Sicherheitspolitik nicht vergessen darf.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2010 23:06
#15 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Hajo

Zitat von Zettel
Daß Deutschland trotz aller Schändlichkeiten, die die Nazis begangen hatten, so schnell wieder in die Weltgemeinschaft aufgenommen wurde, ist wesentlich der Israel-Politik Konrad Adenauers zu verdanken. Sie hat die Welt davon überzeugt, daß es der Bundesrepublik ernst war mit dem demokratischen Neuanfang.


Der Alte hat sich wohl weniger aus ehrlicher Emotion heraus zu dieser Politik bekannt - er selbst wollte ein Abkommen, das Ansprüche für alle Zeiten ausschließt und war bereit dafür 10 Millionen D-Mark zu zahlen - sondern wurde schlichtweg durch massiven Druck zu dieser Politik genötigt. Ich würde es daher nicht allzu sehr idealisieren.



Ich habe es ja nicht idealisiert, lieber Hajo. Ganz sicher hat sich Adenauer nicht von Emotionen leiten lassen; wohl aber von Überzeugungen.

Er war ein überzeugter Demokrat und ein überzeugter Anhänger einer Westintegration der Bundesrepublik. Diese konnte er nur erreichen, wenn er international Vertrauen in die deutsche Demokratie schuf. Und dafür war die Politik gegenüber Israel von ausschlaggebender Bedeutung.

Zitat von Hajo

Zitat von Zettel
Heute ist Israel das einzige eindeutig westlich orientierte Land des Nahen Ostens (...) Es ist der einzige Partner, mit dem wir die Werte der Freiheit und Demokratie teilen.


Nun, an dieser Stelle schweifen Sie m.E. ab. Meine Vorstellung von außenpolitischen Interessen ist einfach bedeutend handfester. Ich will ein Beispiel geben. Nehmen wir Russland: Wir kaufen Rohstoffe, liefern im Gegenzug Maschinen, profitieren davon. Nehmen wir Frankreich, wo wir exzessive Handelsbeziehungen und eine Unmenge gemeinsamer Interessen, insb. im Rahmen der Europapolitik haben. Wir könnten selbst den Iran nehmen, wenn auch als zugegebenermaßen provokantes Beispiel, die uns Dollars und Pistazien gegen Maschinen und Hightech liefern.



Ich glaube nicht, daß dies die ganze Komplexität einer erfolgreichen Außenpolitik wiedergibt.

Belastbare Bündnisse kann man nur auf der Grundlage gemeinsamer Grundüberzeugungen schließen. Natürlich können sich auch andere Staaten einmal aus Kalkül zusammentun, wie Hitler mit Stalin. Daß so etwas nicht trägt, hat man ja gesehen.

Außenpolitik ist nicht einfach nur wirtschaftliche Interessenpolitik. Vertrauen und Berechenbarkeit spielen eine große Rolle. Israel wird niemals einen Angriffskrieg führen. In einer Demokratie ist das gar nicht möglich; ich habe dazu Kants "Zum ewigen Frieden" zitiert. Sich mit Teheran zu verbünden wäre rein aus der Perspektive deutscher Interessen unverantwortlich, denn man muß damit rechnen, jederzeit übers Ohr gehauen zu werden.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2010 23:07
#16 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Dagny

Zitat
Meine Vorstellung von außenpolitischen Interessen ist einfach bedeutend handfester.


Das sind wirtschaftliche Interessen. Wenn es nach diesen ginge, stellt man sich hin, macht eine Handelsbilanz auf und verkauft seine Aussenpolitik an den meistbietenden. Sowas ist aber zu kurz gedacht, da man strategische Interessen, gemeinsame Werte, Stabilitaet, Sicherheitspolitik nicht vergessen darf.


Da haben wir parallel dasselbe geschrieben, liebe Dagny.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2010 23:18
#17 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von ahs
Ich weiß nicht, ob es die richtige Entscheidung des ZdJ war, seit Anfang der 90er gemensam mit den linken Parteien in Deutschland in den "Kampf gegen Rechts" einzusteigen...Man hätte vielleicht besser zuerst mit den Konservativen die Rechtsradikalen bekämpfen sollen.


Das ist auch meine Meinung. Unverständlich erscheint mir auch, daß der Generalsekretär des ZdJ, Stephan Krämer, sich immer wieder zum Anwalt des Islam macht, hier zum Beispiel.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2010 23:20
#18 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Vielen Dank, lieber flobotron, für diese interessanten Hinweise.

Und willkommen im kleinen Zimmer!

Herzlich, Zettel

Hajo Offline



Beiträge: 440

27.01.2010 08:33
#19 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Zettel
Ich habe es ja nicht idealisiert, lieber Hajo. Ganz sicher hat sich Adenauer nicht von Emotionen leiten lassen; wohl aber von Überzeugungen.
Er war ein überzeugter Demokrat und ein überzeugter Anhänger einer Westintegration der Bundesrepublik. Diese konnte er nur erreichen, wenn er international Vertrauen in die deutsche Demokratie schuf. Und dafür war die Politik gegenüber Israel von ausschlaggebender Bedeutung.



Was sind schon Überzeugungen in der Politik? Ich halte das für ein romantisches Ideal, das mit der Realität, so wie ich sie verstehe, wenig gemein hat. Adenauer hätte mit Sicherheit die Mittel, die auf dem Weg des Luxembourger-Abkommens aus der Volkswirtschaft geflossen sind, lieber für einen sozialpopulistischen Unfug verwendet.

Zitat von Zettel
Ich glaube nicht, daß dies die ganze Komplexität einer erfolgreichen Außenpolitik wiedergibt.
Belastbare Bündnisse kann man nur auf der Grundlage gemeinsamer Grundüberzeugungen schließen. Natürlich können sich auch andere Staaten einmal aus Kalkül zusammentun, wie Hitler mit Stalin.



Was ich auch nicht behauptet habe. Es erscheint mir aber geradezu notwendig, daß Interessen die Grundlage der Außenpolitik bilden. Werte, Freundschaft, eine historische Verantwortung gar bestenfalls ein netter Luxus sind.

Zitat von Zettel
Israel wird niemals einen Angriffskrieg führen. In einer Demokratie ist das gar nicht möglich; ich habe dazu Kants "Zum ewigen Frieden" zitiert. Sich mit Teheran zu verbünden wäre rein aus der Perspektive deutscher Interessen unverantwortlich, denn man muß damit rechnen, jederzeit übers Ohr gehauen zu werden.



Ich glaube auch Demokratien haben eine Vergangenheit im Bereich der Angriffskriege. Als jüngstes Beispiel fiele mir etwa der Einmarsch im Irak und in Afghanistan ein, aber eigentlich ist diese Frage im Moment nebensächlich. Wichtig ist, daß wir von jedem unserer "Freunde und Partner" jederzeit über's Ohr gehauen werden. Selbst mit den Franzosen ist es so, etwa im Rahmen der EU.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.01.2010 09:26
#20 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Hajo

Zitat von Zettel
Ich habe es ja nicht idealisiert, lieber Hajo. Ganz sicher hat sich Adenauer nicht von Emotionen leiten lassen; wohl aber von Überzeugungen.
Er war ein überzeugter Demokrat und ein überzeugter Anhänger einer Westintegration der Bundesrepublik. Diese konnte er nur erreichen, wenn er international Vertrauen in die deutsche Demokratie schuf. Und dafür war die Politik gegenüber Israel von ausschlaggebender Bedeutung.


Was sind schon Überzeugungen in der Politik? Ich halte das für ein romantisches Ideal, das mit der Realität, so wie ich sie verstehe, wenig gemein hat. Adenauer hätte mit Sicherheit die Mittel, die auf dem Weg des Luxembourger-Abkommens aus der Volkswirtschaft geflossen sind, lieber für einen sozialpopulistischen Unfug verwendet.



Da sind wir fundamental verschiedener Auffassung, lieber Hajo; und wahrscheinlich werden wir einander nicht überzeugen (!) können.

Je länger ich mich mit Geschichte befaßt habe, umso mehr ist mir deutlich geworden, daß die großen Staatsmänner diejenigen waren, die aus Überzeugung handelten - Friedrich II, Bismarck, Adenauer, Helmut Schmidt, um nur einige aus der deutschen Geschichte zu nennen. Churchill, de Gaulle, Thatcher, Reagan, George W. Bush, um einige aus anderen Ländern zu nennen.

Die Machiavellisten, die Trickser und Täuscher wie Richard M. Nixon, François Mitterand, Gerhard Schröder, Joschka Fischer werden dagegen keinen rühmlichen Platz in den Geschichtsbüchern finden.

Zitat von Hajo

Zitat von Zettel
Ich glaube nicht, daß dies die ganze Komplexität einer erfolgreichen Außenpolitik wiedergibt. Belastbare Bündnisse kann man nur auf der Grundlage gemeinsamer Grundüberzeugungen schließen. Natürlich können sich auch andere Staaten einmal aus Kalkül zusammentun, wie Hitler mit Stalin.


Was ich auch nicht behauptet habe. Es erscheint mir aber geradezu notwendig, daß Interessen die Grundlage der Außenpolitik bilden. Werte, Freundschaft, eine historische Verantwortung gar bestenfalls ein netter Luxus sind.



Dieselbe Antwort wie oben. Belastbare Bündnisse beruhen auf gemeinsamen Werten; vom Attischen Bund bis zur Nato.

Zitat von Hajo

Zitat von Zettel
Israel wird niemals einen Angriffskrieg führen. In einer Demokratie ist das gar nicht möglich; ich habe dazu Kants "Zum ewigen Frieden" zitiert. Sich mit Teheran zu verbünden wäre rein aus der Perspektive deutscher Interessen unverantwortlich, denn man muß damit rechnen, jederzeit übers Ohr gehauen zu werden.


Ich glaube auch Demokratien haben eine Vergangenheit im Bereich der Angriffskriege. Als jüngstes Beispiel fiele mir etwa der Einmarsch im Irak und in Afghanistan ein, aber eigentlich ist diese Frage im Moment nebensächlich.



Die Invasion Afghanistans war ein Verteidigungskrieg; der erste der Nato.

Die Invasion des Irak basierte - man vergißt das gern, vor allem in Deutschland - auf der Uno-Resolution 1441. Als die USA (zusammen mit zahlreichen Verbündeten, auch das wird oft vergessen) die Vorbereitungen für die Invasion begannen, konnten sie davon ausgehen, daß der Sicherheitsrat noch einmal formal bestätigen würde, daß der Fall, den 1441 mit "serious consequences" bedrohte, eingetreten war. Das wurde durch Frankreich und Deutschland hintertrieben, denen sich dann Rußland hinzugesellte. Der Ausgangspunkt war Schröders Wortbruch gegenüber Bush. Chirac erkannte die Chance, Deutschland an Frankreich zu binden, und schwenkte im Januar 2003 auf Schröders Kurs ein. Zuvor hatte Frankreich der Invasion keineswegs ablehnend gegenübergestanden.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

27.01.2010 11:43
#21 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Vielen Dank für diesen Beitrag - ich wollte ähnliches schreiben, hatte aber die Details nicht zur Hand.
Israel ist natürlich nicht so ein großer Partner wie die USA oder Frankreich - aber deutlich wichtiger für uns als viele der kleinen und mittleren europäischen Staaten.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

27.01.2010 11:47
#22 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Hajo

Zitat von Zettel
Das ist alles so offensichtlich, lieber Hajo, daß ich mich ein wenig wundere, daß Sie die Wichtigkeit unseres Verbündeten Israel offenbar in Zweifel ziehen. Mit wem im Nahen Osten sollte denn Deutschland nach Ihrer Ansicht kooperieren?


Wie wäre es mit einem neutralen Standpunkt?



Öhm, Neutralität zwischen der einzigen rechtsstaatlichen Demokratie im Nahen Osten und einem Haufen Halb-, Dreiviertel- und Volldiktaturen, wahlweise mit oder ohne Theokratie, Handabhacken und Frauen-in-Tüten-stecken-und-nicht-Autofahren-lassen? Nein danke.

--
La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Hajo Offline



Beiträge: 440

27.01.2010 12:32
#23 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Numpy
Aber auch der allgemein Wunsch auf Selbstverteidigung und Souveränität missfällt den Linken.



Nun fängt die Ablehnung von Selbstverteidigung und v.a. Souveränität im Fall der Deutschen ja schon an der eigenen Haustür an und hat Verfassungsrang in Gestalt der Förderung der europäischen Einigung. Wieso sollten wir da mit anderem Maß messen?

Omni Offline



Beiträge: 255

28.01.2010 18:06
#24 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat

Israel wird niemals einen Angriffskrieg führen. In einer Demokratie ist das gar nicht möglich; ich habe dazu Kants "Zum ewigen Frieden" zitiert.


Ist vielleicht der falsche Ort für diese Frage, aber mir ist schlicht nicht klar wie der ungebremste Ausbau israelischer Siedlungen in einem besetzten Gebiet, was offensichtlich eine Enteignung von Palästinensern darstellt, in einem Rechtsstaat möglich ist. Wie ist überhaupt eine militärische Besetzung fremder Gebiete rechtsstaatlich haltbar? Und ja, ehrlich gesagt regt mich persönlich beispielsweise dieser Siedlungsbau deutlich mehr auf als wenn die Hamas mal wieder Raketen auf Zivilisten schießt. Weil die Hamas eben eine Terrororganisation ist und kein Rechtsstaat. Wenn ein deutscher Polizist auf Demonstraten schießt ist das nunmal auch viel spektakulärer als wenn es ein chinesischer Polizist tut.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.01.2010 18:28
#25 RE: Zitat des Tages: Präsident Peres in Deutschland Antworten

Zitat von Omni
mir ist schlicht nicht klar wie der ungebremste Ausbau israelischer Siedlungen in einem besetzten Gebiet, was offensichtlich eine Enteignung von Palästinensern darstellt, in einem Rechtsstaat möglich ist.


Nein, das stellt keine Enteignung von Palästinensern dar.
Die Siedlungen stehen im wesentlichen auf staatlichem Land, in manchen Fällen auch auf regulär gekauftem Land. Dann gibt es noch ein paar Sonderfälle, die sind zu vernachlässigen.
Alles rechtsstaatlich einwandfrei.

Zitat
Wie ist überhaupt eine militärische Besetzung fremder Gebiete rechtsstaatlich haltbar?


Ganz normal nach einem Krieg.

Zitat
Und ja, ehrlich gesagt regt mich persönlich beispielsweise dieser Siedlungsbau deutlich mehr auf als wenn die Hamas mal wieder Raketen auf Zivilisten schießt.


Interessante Prioritätensetzung.
Ich finde einen Hausbau sehr harmlos, Angriffe auf Zivilisten dagegen widerlich.

Zitat
Weil die Hamas eben eine Terrororganisation ist und kein Rechtsstaat.


Herr Richter, der Mord ist damit zu entschuldigen, daß mein Mandant ohnehin ein vorbestrafter Krimineller ist - da kann man ja nichts anderes erwarten.

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