Aus der Diskussion über sexuelle Übergriffe in katholischen Einrichtungen wurde alsbald eine Diskussion über die Katholische Kirche.
Mit mindestens demselben Recht sollten die Vorfälle an der Odenwaldschule Anlaß zu einer Diskussion über die Reformpädagogik und über die Sexualmoral sein, die in den Jahren nach 1968 propagiert wurde. Offenbar versuchen Rotgrüne aber, eine solche Diskussion durch persönliche Verunglimpfung abzuwürgen.
Sie wird aber, denke ich, geführt werden, diese Diskussion. Auch in ZR, wo es demnächst einen längeren Artikel dazu geben wird; auch hier im Forum.
Zitat Aus der Diskussion über sexuelle Übergriffe in katholischen Einrichtungen wurde alsbald eine Diskussion über die Katholische Kirche. Mit mindestens demselben Recht sollten die Vorfälle an der Odenwaldschule Anlaß zu einer Diskussion über die Reformpädagogik und über die Sexualmoral sein, die in den Jahren nach 1968 propagiert wurde.
100% Zustimmung.
Was in diversen katholischen Einrichtungen passiert ist, ist unentschuldbar (und ich als Katholik bin wirklich erschüttert). Aber man sollte dennoch darauf hinweisen:
Für die katholische Kirche sind sexuelle Handlungen mit Kindern ganz klar Sünde. Die Vorkommnisse sind also ENTGEGEN der Moralvorstellungen der katholischen Kirche passiert.
Die Vorkommnisse in der Odenwaldschule scheinen hingegen mit den Moralvorstellungen der sie tragenden Gruppe kompatibel gewesen zu sein. Besonders klar sieht man das z.B. an Daniel Cohn-Bendit, der über seine sexuellen Erfahrungen mit ihm anvertrauten Kindergartenkindern berichtet hat. Und zwar in einem Ton der erkennen läßt, dass er das für das normalste der Welt hält und (zumindest in seinem sozialen Umfeld) keinerlei Unverständnis ausgesetzt war.
Zitat daraus: "Ich arbeite mit kleinen Kindern (alternativer Kindergarten)… Wir tätscheln uns. … Zuviel Tätscheln? Das ist lächerlich! Ich setze ihnen keine Ideen in den Kopf. Wissen sie, die Sexualität eines kleinen Kindes ist etwas absolut Fanatisches. Mann muss aufrichtig sein, seriös. … Bei den ganz Kleinen ist es was anderes, aber bei den Vier- bis Sechsjährigen. Wissen Sie, wenn ein kleines fünf-fünfeinhalbjähriges Mädchen beginnt, sie auszuziehen, ist das fantastisch. Es ist fantastisch, weil es ein Spiel ist, ein wahnsinnig erotisches Spiel.”
Natürlich - um das noch einmal klar zu sagen - finde ich die Vorkommnisse in der katholischen Kirche erschütternd. Es ist aber hochgradig heuchlerisch, wenn man aus diesen Verbrechen eine Grundsatzdiskussion über Struktur und Moralvorstellungen der katholischen Kirche macht (obwohl diese die Vorkommnisse nie gutgeheißen hat), hingegen im umgekehrten Fall bei den 68ern eine Diskussion über deren moralische Grundlagen als Unverschämtheit zurückweist (obwohl deren Moralvorstellungen zumindest in den Anfangsjahren genau diese Vorkommnisse für gut und segensreich empfunden haben).
[Fairerweise muss man allerdings auch sagen, dass auch die meisten 68ern die Dinge heutzutage anders sehen dürften. Auch Cohn-Bendit würde seine damaligen Aussagen heutzutage sicher nicht nochmal so wiederholen].
Zitat von FlorianFür die katholische Kirche sind sexuelle Handlungen mit Kindern ganz klar Sünde. Die Vorkommnisse sind also ENTGEGEN der Moralvorstellungen der katholischen Kirche passiert. Die Vorkommnisse in der Odenwaldschule scheinen hingegen mit den Moralvorstellungen der sie tragenden Gruppe kompatibel gewesen zu sein.
Das sehe ich, lieber Florian, auch als den entscheidenden Unterschied. Umso seltsamer, daß für die Vorfälle in den katholischen Einrichtungen die Institution Kirche verantwortlich gemacht wird, für die Übergriffe in der Odenwaldschule aber die Täter als Individuen.
Zitat von FlorianBesonders klar sieht man das z.B. an Daniel Cohn-Bendit, der über seine sexuellen Erfahrungen mit ihm anvertrauten Kindergartenkindern berichtet hat. Und zwar in einem Ton der erkennen läßt, dass er das für das normalste der Welt hält und (zumindest in seinem sozialen Umfeld) keinerlei Unverständnis ausgesetzt war. Siehe z.B. hier: http://www.fdesouche.com/articles/46086 (Video mit Interview mit Cohn-Bendit auf französisch mit deutschem Untertitel.)(...)
[Fairerweise muss man allerdings auch sagen, dass auch die meisten 68ern die Dinge heutzutage anders sehen dürften. Auch Cohn-Bendit würde seine damaligen Aussagen heutzutage sicher nicht nochmal so wiederholen].
Einzelheiten zu diesem Video findet man beim Express.
Es handelte sich um einen Auftritt Cohn-Bendits 1982 in der literarischen Talkshow Apostrophes von Bernard Pivot beim Sender Antenne 2, in der mit Autoren über ihre Bücher diskutiert wurde. Auf die damalige Sendung angesprochen, sagte Pivot 2001:
Zitat von Bernard PivotDaniel Cohn-Bendit n'avait été interpellé là-dessus par aucun des invités de l'émission. Ni par un homme d'ordre, le préfet Maurice Grimaud, ni par un catholique traditionaliste, Michel de Saint-Pierre, ni par le philosophe François Châtelet. Ni par moi non plus. Aucune protestation dans la presse, y compris à l'Express.
Cohn-Bendit wurde von keinem der Gäste der Sendung widersprochen. Weder von einem Mann des Gesetzes, dem Präfekten Maurice Grimaud, noch von einem traditionalistischen Katholiken, Michel de Saint-Pierre, noch von dem Philosophen François Châtelet. Auch von mir nicht. Kein Protest in der Presse, auch nicht in L'Express.
So wäre es wahrscheinlich auch in Deutschland gewesen. Die allgemeine Haltung zu den Themen kindliche Sexualität und Pädophilie war damals eben eine ganz andere als heute.
Auf der WebSite des Express ist noch ein zweites Video aus dem Jahr 2001, in dem Cohn-Bendit sagt: Er könne im Licht dessen, was man heute über Pädophilie wisse, diese Äußerungen nicht aufrechterhalten. Aber eben nur, weil man heute mehr wisse. Er habe ein gutes Gewissen, weil es keinen "Mißbrauch" gegeben hätte. Er habe ein schlechtes Gewissen, weil aus heutiger Sicht diese Äußerungen als Rechtfertigung der Pädophilie erscheinen könnten.
Ich nehme das Cohn-Bendit so ab. Aber gerade weil man damals ein gutes Gewissen hatte, wenn man sexuell mit Kindern herumspielte, muß diese Diskussion heute geführt werden. Was die Vorfälle an der Odenwaldschule zeigen, das ist die alte Wahrheit, daß es kein Halten mehr gibt, wenn Tabus erst einmal gefallen sind. Es beginnt mit sexuellen Tändeleien mit Kindern und endet mit deren Vergewaltigung.
Zitat Aus der Diskussion über sexuelle Übergriffe in katholischen Einrichtungen wurde alsbald eine Diskussion über die Katholische Kirche. Mit mindestens demselben Recht sollten die Vorfälle an der Odenwaldschule Anlaß zu einer Diskussion über die Reformpädagogik und über die Sexualmoral sein, die in den Jahren nach 1968 propagiert wurde.
100% Zustimmung. Was in diversen katholischen Einrichtungen passiert ist, ist unentschuldbar (und ich als Katholik bin wirklich erschüttert). Aber man sollte dennoch darauf hinweisen: Für die katholische Kirche sind sexuelle Handlungen mit Kindern ganz klar Sünde. Die Vorkommnisse sind also ENTGEGEN der Moralvorstellungen der katholischen Kirche passiert.
Daher gilt aber, daß es eben nicht mit demselben Recht geschehen soll, denn aus Unrecht (bei der Behandlung der Kirche) kann man kein Recht ableiten. Allerdings kann man den Beitrag der 68er-Pädagogik in Frage stellen. Nur den schwarzen Peter dann zwei Parteien hinzuschieben - noch dazu, wenn man selbst der Partei vorsteht, die doch mit vielen Veränderungen nach 68 verbunden ist, die ja damals (wenn es auch ein Ausdruck metaphorische Legasthenie war) plakatiert hat: "wir schaffen die alten Zöpfen ab!"
Zitat von lois janeAllerdings kann man den Beitrag der 68er-Pädagogik in Frage stellen.
Nicht nur. Gerade die Grünen als Partei waren ja damals ganz offiziell der Meinung, man solle sexuellen Mißbrauch mit Kindern "entkriminalisieren". D.h. sie hielten Vorgänge wie an der Odenwaldschule im wesentlichen für richtig.
Zitat Nur den schwarzen Peter dann zwei Parteien hinzuschieben ...
Hahn hat diese Darstellung des Tagesspiegels dementiert - er hat wohl nicht von SPD und Grünen gesprochen, sondern vom SPD-Politiker Holzapfel und dem Grünen-Politiker Cohn-Bendit.
Zitat ... wir schaffen die alten Zöpfen ab!
Damit war bei der FDP aber nie auch nur andeutungsweise die Legalisierung von Kindesmißbrauch gedacht. Daß andere alte Zöpfe damals zu Recht abgeschnitten wurden hat mit diesem Thema gar nichts zu tun.
Zitat von lois janeAllerdings kann man den Beitrag der 68er-Pädagogik in Frage stellen.
Nicht nur. Gerade die Grünen als Partei waren ja damals ganz offiziell der Meinung, man solle sexuellen Mißbrauch mit Kindern "entkriminalisieren". D.h. sie hielten Vorgänge wie an der Odenwaldschule im wesentlichen für richtig.
Das eine halt in der Folge des anderen. Mit Rot-Grün hat das aber nichts zu tun, denn einerseits hatten die Grünen in den Neunzigern schon längst realorisiert, andererseits hat die SPD damit gar nichts am Hut.
Zitat
Zitat Nur den schwarzen Peter dann zwei Parteien hinzuschieben ...
Hahn hat diese Darstellung des Tagesspiegels dementiert - er hat wohl nicht von SPD und Grünen gesprochen, sondern vom SPD-Politiker Holzapfel und dem Grünen-Politiker Cohn-Bendit.
Immer unter der Voraussetzung daß behauptete Kommentare auch wirklich gemacht wurden ...
Da wüßte ich gerne, was denn der Kultusminister Holzapfel in der Sache getan hat - der rote Dany will seine Hosenlatzgeschichten ja auch nicht mehr wahr haben und hatte außerhalb von Frankfurt nie ein öffentliches Amt, so daß hier die Hahnschen Beschuldigungen auch sinnlos sind.
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Zitat ... wir schaffen die alten Zöpfen ab!
Damit war bei der FDP aber nie auch nur andeutungsweise die Legalisierung von Kindesmißbrauch gedacht. Daß andere alte Zöpfe damals zu Recht abgeschnitten wurden hat mit diesem Thema gar nichts zu tun.
Es geht hier aber um den Zeitgeist, aus dem so etwas fließt. Und die Erfahrungen mit Revolutionen (politische und geistige) lehrt doch, daß eine solche Einschränkung selten funktioniert.
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