Dieser Text im Tagesspiegel erzeugt, zumindest bei mir, eine eiskalte Gänsehaut. Hier ist etwas völlig aus den Fugen geraten. Mein bisheriger Blick auf die Menschheit war der, dass sich in jeder Gruppe ca 10 Prozent Pappnasen und Versager tummeln, die aber durch ca 10 Prozent "Besserleister" (darunter evtl. 1-2% "Höchstleister") kompensiert werden können. Der Rest von 80 Prozent sollte das gesunde, gestaffelte Mittelmaß verkörpern. In Bezug auf Berlin liege ich da wohl extrem daneben.
Zitat von TagesspiegelIn Berlin wird es offenbar immer schwieriger, den Kindern in den ersten beiden Schuljahren die Grundlagen im Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Etliche Bezirke rechnen damit, dass in diesem Jahr noch mehr Zweitklässlern die Versetzung in die dritte Klasse verwehrt wird als im letzten Jahr, als jeder sechste Schüler betroffen war. Besonders alarmierend ist die Lage in den sozialen Brennpunkten Marzahns und Neuköllns, wo an einzelnen Schulen 40 bis 50 Prozent der Zweitklässler verbleiben müssen.
Ohwei, und das auch noch ausgerechnet in Berlin, dessen Abitur in Süddeutschland als gerade mal Hauptschulvergleichbar angesehen wird (hörte ich munkeln).
Aber bevor ich über fremde Quellen räsoniere ... meine Mutter ist Kindergärtnerin und beklagt sich seit einigen Jahren, dass die meisten Kleinen mittlerweile ohne grundsätzlichste motorische Fähigkeiten im KiGa aufschlagen (Stift, Pinsel, Schere, Purzelbaum, auf einem Bein stehen können etc.). - Mir graust es langsam wirklich.
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Pentas
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18.06.2010 09:12
#2 RE: 40-50 Prozent Sitzenbleiber in der 2.Klasse
Die meisten Schüler fallen an berufsbildenen mittleren Schulen durch. Wobei in diesem Schultyp muss man/frau nicht einmal richtig lesen können um durchzukommen.
Ob die Lehrer sexistisch sind?
Zitat von orf.at Mädchen in allen Bundesländern erfolgreicher
RexCramer
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18.06.2010 10:06
#3 RE: 40-50 Prozent Sitzenbleiber in der 2.Klasse
Zitat von CalimeroOhwei, und das auch noch ausgerechnet in Berlin, dessen Abitur in Süddeutschland als gerade mal Hauptschulvergleichbar angesehen wird (hörte ich munkeln).
zu Berlin kann ich nichts sagen, aber über Bremen berichten, wo ich mein Abitur gemacht habe. Als ich zu studieren begann, hatte ich noch diese ganz merkwürdige Vorstellung, es ginge quasi da weiter, wo man in der Schule aufgehört hatte - zumindest in den Fächern, die man vorher auch hatte. Doch der Zahn wurde mir ganz schnell gezogen: Vorlesungen in Mathematik fingen damit an, daß ich noch nie davon gehört hatte, was der Professor da an seltsamem Zeug an die Tafel kritzelte. Ich hatte direkt am ersten Tag keinen Anschluß an den Unterrichtsstoff und war sofort in Bedrängnis. Bei meinen Nachbarn, ein paar Studenten aus Süddeutschland, mit denen ich mich angefreundet hatte, war das merkwürdigerweise ganz anders: Die ersten Monate (!) sagten sie immer, das Thema hätten sie schon ausführlich durchgenommen und lehnten sich entspannt zurück ...
Zitat von CalimeroAber bevor ich über fremde Quellen räsoniere ... meine Mutter ist Kindergärtnerin und beklagt sich seit einigen Jahren, dass die meisten Kleinen mittlerweile ohne grundsätzlichste motorische Fähigkeiten im KiGa aufschlagen (Stift, Pinsel, Schere, Purzelbaum, auf einem Bein stehen können etc.). - Mir graust es langsam wirklich.
Das liegt aber selbstverständlich in keiner Weise an den Eltern, sondern der Staat hat versagt, so daß Politiker nun mehr ...
Zitat von CalimeroAber bevor ich über fremde Quellen räsoniere ... meine Mutter ist Kindergärtnerin und beklagt sich seit einigen Jahren, dass die meisten Kleinen mittlerweile ohne grundsätzlichste motorische Fähigkeiten im KiGa aufschlagen (Stift, Pinsel, Schere, Purzelbaum, auf einem Bein stehen können etc.).
Und solche Berichte machen mich in meiner negativen Ansicht darüber schwankend, was ich schon als "Frau von der Leyens Kinderverstaatlichungspolitik" bezeichnet habe. Wenn die Kinder früh (ab zwei Jahren, vielleicht noch früher, auf jeden Fall deutlich vor dem Kindergartenalter) in die Krippe kommen, dann ist das zwar meines Erachtens schlechter als eine liebevolle und halbwegs kompetente Mutter (aua, dafür werde ich gleich wieder beschimpft) - aber zumindest diese "grundsätzlichsten motorischen Fähigkeiten" lernen sie dort, weil in manchen sozialen Schichten die Eltern anscheinend halt doch nicht kompetent sind.
-- El liberalismo pregona el derecho del individuo a envilecerse, siempre que su envilecimiento no estorbe el envilecimiento del vecino. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von RexCramerAls ich zu studieren begann, hatte ich noch diese ganz merkwürdige Vorstellung, es ginge quasi da weiter, wo man in der Schule aufgehört hatte - zumindest in den Fächern, die man vorher auch hatte. Doch der Zahn wurde mir ganz schnell gezogen: Vorlesungen in Mathematik fingen damit an, daß ich noch nie davon gehört hatte, was der Professor da an seltsamem Zeug an die Tafel kritzelte. Ich hatte direkt am ersten Tag keinen Anschluß an den Unterrichtsstoff und war sofort in Bedrängnis. Bei meinen Nachbarn, ein paar Studenten aus Süddeutschland, mit denen ich mich angefreundet hatte, war das merkwürdigerweise ganz anders: Die ersten Monate (!) sagten sie immer, das Thema hätten sie schon ausführlich durchgenommen und lehnten sich entspannt zurück ...
Hm, waren das Vorlesungen im Mathematik- oder Physikstudium oder "Mathematik für XXX"? In meinen Analysisvorlesungen habe ich trotz Baden-Württemberg-Abitur von Anfang an nur mit viel Mühe etwas verstanden. Aber vielleicht bin ich auch einfach nur unterbelichtet...
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RexCramer
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18.06.2010 10:21
#6 RE: 40-50 Prozent Sitzenbleiber in der 2.Klasse
Zitat von GorgasalHm, waren das Vorlesungen im Mathematik- oder Physikstudium oder "Mathematik für XXX"?
Letzteres.
Gut, die waren mit Abiturwissen aus B-W Mitte der neunziger Jahre (eindimensionale Analysis, Kurvendiskussion, Lineare Algebra in zwei bis drei Dimensionen, ein wenig Stochastik) wahrscheinlich verständlich. Hoffentlich jetzt auch noch.
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Pentas
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18.06.2010 12:39
#8 RE: 40-50 Prozent Sitzenbleiber in der 2.Klasse
Gerade im Radio: Die AK (Arbeiterkammer) regt sich gerade darüber auf, dass Eltern Kindern bei der Hausübung helfen müssen. Muss schon eine schrecklich Vorstellung sein wenn Kindern etwas von den Eltern lernen können. Lt. AK ist das ein Gesellschaftsbild von vorgestern, daher Ganztagsschule.
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24.06.2010 22:38
#9 RE: 40-50 Prozent Sitzenbleiber in der 2.Klasse
Eine Berliner Grundschullehrerin sagte mir, der eigentliche Grund für die Einführung des Jahrgangsübergreifenden Lernens und Einschulen mit 5 Jahren sei, die Kinder aus der Kita zu bekommen und, wenn‘s denn klappt, noch ein Schuljahr einzusparen. Also geht’s nur um Geld und nicht um „Lernen“.
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24.06.2010 22:46
#10 RE: 40-50 Prozent Sitzenbleiber in der 2.Klasse
Zitat von Gorgasal... weil in manchen sozialen Schichten die Eltern anscheinend halt doch nicht kompetent sind. Problem dabei: Krippen werden natürlich hauptsächlich von der erfolgsorientierten Mittelschicht genutzt und gerade nicht von den Leuten, deren Kinder sie bitter nötig hätten. [/url]
Es ist so, einige Eltern sind nicht "kompetent". Um den Kreislauf zu unterbrechen, müsste man bei denen früh klingeln, damit sie oder die Kinder pünktlich aufstehen und zu Hause abholen, damit die Kinder pünktlich in der Schule erscheinen. Dann "staatlich überwachtes" Hausaufgaben machen, Sport treiben... Keine Ahnung, wie das Problem Schule gelöst werden soll...
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27.06.2010 17:06
#11 RE: 40-50 Prozent Sitzenbleiber in der 2.Klasse
Zitat Immer häufiger kommen in die Psychiatrie-Ambulanz des Klinikums Erst-, Zweit- und Drittklässler, die aufgrund von Lernstörungen und sozialen sowie psychischen Auffälligkeiten in der Schule scheitern. Und immer mehr solcher „Problemkinder“ würden produziert, warnen Ärzte, Lehrer und Psychologen. Durch die für viele Kinder zu frühe Einschulung im Alter von fünf Jahren, durch Streichung von Förderklassen, durch Mangel an Lehrern und weiterem pädagogischen Personal. Und auch dadurch, dass, wie in diesem Jahr, zahlreiche der vorgeschriebenen Schuleingangsuntersuchungen in den meisten Bezirken nicht rechtzeitig durchgeführt werden.
Hey, Berlin rockt ja doch! Wie ein Leuchtturm der höheren Bildung erscheint die Hauptstadt nachgerade. Bravo!
Zitat von TagesspiegelBerliner Abiturienten holen bayerische Schüler ein
Neue Bestimmungen bescheren Berlin die besten Ergebnisse aller Zeiten. Die Abiturienten haben sogar ihre Bayerischen Mitschüler eingeholt. Auch viele Schüler mit Migrationshintergrund bekamen gute Abschlussnoten.
42 Prozent der Schüler machen Abitur, der Landesdurchschnitt der Abschlussnote liegt bei 2,4; sieben Schulen weisen einen Notendurchschnitt von 1,xx auf ... RESPEKT!
Wenn Berlin weiter so auf dem Erfolgspfad wandelt, werden in ein paar Jahren, wenn die heute durchgefallenen Zweitklässler dran sind, 90 Prozent der jungen Berlinerinnen und Berliner ein Abi machen ... mit einem landesweiten Durchschnitt von mindestens 1,5 und einer Durchfallerquote von null.
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
Zitat von Harald MartensteinIn Berlin haben sie einen Schultest veranstaltet. Schüler am Ende der dritten Klasse mussten Prüfungen absolvieren. Damit sollte herausgefunden werden, was sie können. In anderen Bundesländern wird das offenbar auch gemacht. Das Projekt heißt, wie früher die Weltraumsonden hießen, »Vera 3«. Dann stand in der Zeitung, dass der Test ein Desaster biblischen Ausmaßes war. 38 Prozent der Kinder konnten praktisch überhaupt nicht lesen. Bei Kindern aus Migrantenfamilien waren es 61 Prozent. Ein Oppositionspolitiker sagte, dass Berliner Kinder nach der dritten Klasse weniger wüssten als die Kinder aus anderen Bundesländern am Tage der Einschulung. Vielleicht übertreibt er ein wenig.
Test zu schwer? Gestalten wir sie halt "im unteren Kompetenzbereich differenzierter". Die Texte sind zu "textlastig"? [Wie bitte?] Ersetzen wir doch Worte einfach durch Bildchen. ... Oh Mann, Berlin, mir grausts vor dir.
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