Man liest es in den letzten Tagen hier und da: In die FDP ist Bewegung gekommen. Angesichts der miserablen Umfragewerte wird über eine mehr sozialliberale FDP nachgedacht, mit der Option einer Ampel nach den nächsten Bundestagswahlen.
Zitat von ZettelMan liest es in den letzten Tagen hier und da: In die FDP ist Bewegung gekommen. Angesichts der miserablen Umfragewerte wird über eine mehr sozialliberale FDP nachgedacht, mit der Option einer Ampel nach den nächsten Bundestagswahlen.
Sehr gute Argument haben Sie angeführt, lieber Zettel, die gegen eine Koalition mit SPD und Grünen sprechen. Sie sind so gut, daß man mit ihnen ohne große Modifizierung auch die christlich-liberale Koalition als Fehler erkennen kann.
Zitat von Zettel1. Im Jahr 1969 gab es zwei große Felder, auf denen die SPD und die FDP weitgehend übereinstimmende Positionen hatten: Die Ostpolitik und die "inneren Reformen" vor allem im Bereich des Strafrechts, aber auch des Bildungswesen und der Kulturpolitik. "Wir schaffen die alten Zöpfe ab" plakatierte die FDP im Wahlkampf 1969; und das wollte auch die damals innenpolitisch sehr liberale SPD. Heute gibt es keine solchen Felder, auf denen FDP und SPD gemeinsame Projekte hätten.
1. Im Jahr 2005 gab es zwei große Felder, auf denen die CDU und die FDP weitgehend übereinstimmende Positionen hatten: Die Steuerpolitik und die Reform des Gesundheitswesens. Niedrige Steuersätze und ein Prämienmodell für die Krankenversicherung wollte auch die damals wirtschaftspolitisch sehr liberale CDU. Heute gibt es keine solchen Felder, auf denen FDP und CDU gemeinsame Projekte hätten.
Zitat von Zettel2. Erst recht gibt es solche Gemeinsamkeiten nicht mit den Grünen. Durch deren Hinzukommen hat sich andererseits die strategische Lage gegenüber der Zeit der sozialliberalen Koalition grundlegend geändert: Die Grünen sind jetzt die linksliberale Partei.
2. Erst recht gibt es solche Gemeinsamkeiten nicht mit der CSU; einer Partei, die ohne weiteres sämtliche Positionen und ihr Gegenteil vertritt, aber niemals jene der FDP.
Zitat von Zettel3. Die SPD ist heute eine andere Partei als in den siebziger Jahren. Die politischen Positionen von Willy Brandt und Helmut Schmidt (wie auch der meisten ihrer Minister wie Hans-Jochen Vogel, Hans Apel, Georg Leber, Manfred Lahnstein) sind innerhalb des Koordinatenkreuzes der heutigen SPD so weit rechts, daß man mit ihnen nicht einmal mehr Kassierer eines Ortsvereins werden könnte. Der Nationalliberale Egon Bahr könnte heute froh sein, wenn er nicht so, wie es Wolfgang Clement widerfahren ist, mit einem Parteiordnungsverfahren überzogen werden würde.
Auf Egon Bahrs Sessel sitzt jetzt Andrea Nahles, zu deren engsten Vertrauten Angela Marquardt (früher PDS) gehört; Selbstkennzeichnung gegenüber dem kommunistischen "Neuen Deutschland": "Ich bin und bleibe Sozialistin". Es wäre widersinnig, daß sich die FDP mit einer so weit nach links gerückten SPD verbündet.
3. Die CDU ist heute eine andere Partei als in den achtziger und neunziger Jahren. Die politischen Positionen von Helmut Kohl (wie auch der meisten ihrer Minister wie Gerhard Stoltenberg, Walter Wallmann, Rupert Scholz, Manfred Kanther) sind innerhalb des Koordinatenkreuzes der heutigen CDU so weit rechts, daß man mit ihnen nicht einmal mehr Kassierer eines Ortsvereins werden könnte. Der Nationalkonservative Alfred Dregger könnte heute froh sein, wenn er nicht so, wie es Martin Hohmann widerfahren ist, mit einem Parteiauschlussverfahren überzogen werden würde.
Auf Walter Wallmanns Sessel sitzt jetzt Norbert Röttgen, der aus seiner Sympathie für die Grünen kein Hehl macht. Es ist widersinnig, daß sich die FDP mit einer so weit nach links gerückten CDU verbündet hat.
Zitat von Zettel4. In einer Koalition unter Einbeziehung der Grünen hätte die FDP ein erheblich geringeres Gewicht als seinerzeit in der sozialliberalen Koalition. Sie stünde zwei Partnern gegenüber, die in nahezu allen wichtigen Fragen an einem Strang ziehen. Ihre Chancen zur Durchsetzung eigener Vorstellungen wären minimal, zumal die FDP aus einer solchen Koalition, einmal im Bund geschlossen, ja nicht bald wieder herauskönnte.
Sowohl das Bündnis 1969 mit der SPD als auch der Wechsel 1982 zurück zur Union hat die FDP einer Zerreißprobe ausgesetzt und zum Austausch eines Teils der Mitglieder und der Wählerschaft geführt. Nach dem Eintritt in die sozialliberale Koalition verließ 1970 sogar ihr langjähriger Vorsitzender Erich Mende die Partei; nach der Rückkehr in die Koalition mit der Union erreichte die FDP bei den Wahlen 1983 noch nicht einmal mehr sieben Prozent.
Einmal verampelt, müßte die FDP also in der Ampel bleiben; ein erneuter Wechsel in kurzer Zeit würde ihr den Garaus machen. Sie hätte damit gegenüber den beiden verpartnerten anderen Parteien einer Ampel überhaupt kein Druckmittel, sich durchzusetzen.
4. In der christlich-liberalen Koalition unter Einbeziehung der CSU hat die FDP ein erheblich geringeres Gewicht als seinerzeit in der sozialliberalen Koalition. Sie steht zwei Partnern gegenüber, die zwar in nahezu allen wichtigen Fragen unter sich zerstritten sind, zwischen die aber kein Blatt passt, wenn es gegen die FDP geht. Ihre Chancen zur Durchsetzung eigener Vorstellungen sind minimal, zumal die FDP aus einer solchen Koalition, einmal im Bund geschlossen, ja nicht bald wieder herauskann.
Das Bündnis mit den vermeintlichen Wunschpartnern der Union hat innerhalb kurzer Zeit zum Verlust von zwei Dritteln ihrer Wähler geführt und sie auf den harten Kern ihrer Stammwähler zurückgeworfen. Dutzende hoffnungsvoller politischer Karrieren stehen vor ihrem Ende in wenigen Jahren.
Einmal zwischen CDU und CSU eingequetscht, muß die FDP in der Koalition bleiben; ein erneuter Wechsel in kurzer Zeit würde ihr den Garaus machen. Sie hat damit gegenüber den beiden gegen sie verpartnerten anderen Parteien der christlichen Koalition überhaupt kein Druckmittel, sich durchzusetzen.
Zitat von Zettel5. Und dann ist da noch der, sagen wir, staatspolitische Aspekt. Ist die FDP erst einmal gesprungen und kann sie also auf absehbare Zeit nicht zur Union zurück, dann steht die Union ohne Partner und damit realistischerweise ohne Regierungsmehrheit da. Es gäbe - und das wäre freilich eine Parallele zu 1969-1982 - die Situation, die Franz-Josef Strauß damals als die "babylonische Gefangenschaft" der FDP bezeichnete.
Strauß war der Meinung, somit könne die Union, da eine absolute Mehrheit unerreichbar schien, als eine einzige Partei nicht an die Regierung kommen; von daher seine Überlegung einer bundesweiten Ausdehnung der CSU als konservativer Partner der CDU.
Bei einer künftigen Ampel wäre die Lage dieselbe: Die SPD wäre auf lange Jahre zusammen mit den Grünen die Regierungspartei und könnte sich nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode aussuchen, ob sie lieber die FDP oder lieber die Kommunisten mit ins Boot holt. Eine Opposition, die auf eine Mehrheit würde rechnen können, gäbe es nicht.
5. Und dann ist da noch der, sagen wir, staatspolitische Aspekt. Da die FDP die Mesalliance mit der Union eingegangen ist und also auf absehbare Zeit nicht zur Ampel umschwenken kann, stehen SPD und Grüne ohne einen weiteren Partner aus dem Verfassungsbogen und damit ohne Regierungsmehrheit da.
Führende SPD-Politiker sind jedenfalls der Meinung, Rotgrün könne, da eine absolute Mehrheit unerreichbar scheint, ohne einen weiteren Partner nicht an die Regierung kommen; von daher ihre Überlegung einer Annäherung an die inzwischen bundesweit etablierte Linkspartei.
Auf der anderen Seite ist die Lage der bestehenden christlich-liberalen Koalition diese: Die CDU ist auf lange Jahre zusammen mit der CSU die Regierungspartei und kann sich von Legislaturperiode zu Legislaturperiode aussuchen, ob sie lieber die FDP oder lieber die SPD mit ins Boot holt. Eine Opposition, die auf eine Mehrheit würde rechnen können, gibt es nicht ohne die Kommunisten.
Eine liberaldemokratische Partei wie die FDP konnte solche Verhältnisse nicht wollen.
Daher ist es ein schwerer strategischer Fehler der FDP gewesen, mit der Union ein Bündnis einzugehen, statt sie zur Fortsetzung der Großen Koalition zu zwingen, auf deren Kosten sie sich zur bürgerlichen Volkspartei hätte entwickeln können.
Zitat von KalliasSehr gute Argument haben Sie angeführt, lieber Zettel, die gegen eine Koalition mit SPD und Grünen sprechen. Sie sind so gut, daß man mit ihnen ohne große Modifizierung auch die christlich-liberale Koalition als Fehler erkennen kann.
Ein hübsches intellektuelles Spiel, lieber Kallias. Aber Sie übersehen einen aus meiner Sicht entscheidenden Punkt:
Die CDU von 2010 hat ja nicht ihre Mitglieder von 2003 oder 2005 gegen neue eingetauscht, und ihre Führung auch nicht. 2005 wollte Angela Merkel Paul Kirchhof zum Finanzminister machen. 2003 hatte man das Leipziger Programm verabschiedet, das manche als eine Thatcherisierung der CDU betrachtet haben.
Also, da war eine breite Übereinstimmung mit der FDP da, und die Politiker, die Überzeugungen, die es damals in der CDU gab, haben sich ja nicht in Luft aufgelöst. Es gibt in der CDU auch weiter eine breite liberale Strömung und damit die Grundlage für eine langfristige Zusammenarbeit mit der FDP
Daß es heute Anderes dominiert, hat aus meiner Sicht vier Gründe:
Erstens hat Angela Merkel die Fast-Niederlage von 2005 dem zu liberalen Kurs der CDU attribuiert und eine entsprechende Korrektur in die Wege geleitet.
Zweitens passen sich Koalitionspartner einander oft an. Während der Großen Koalition haben die Linken in der Union an Gewicht gewonnen und die Liberalen verloren; teils auch aufgrund personeller Entwicklungen wie dem Rückzug von Merz.
Drittens ist da die CSU. Fast alle Querelen seit der Regierungsbildung im Oktober 2009 gehen auf die Querschüsse von Seehofer zurück. Dieser skrupellose Mann ist ein Unglück für die deutsche Politik.
Und viertens gab und gibt es nun einmal die Finanzkrise und dann die Griechenlandkrise. Man kann viel darüber debattieren (ich kann es nicht, mangels Kenntnissen in Ökonomie), ob man nicht Griechenland hätte bankrott gehen lassen sollen, ob man nicht zuvor das Bankensystem hätte zusammenkrachen lassen sollen. Aber darüber zu debattieren ist eine rein akademische Übung. Faktisch haben sich alle verantwortlichen Regierungen für staatliche Intervention entschieden, und den Gedanken, daß Deutschland sich da hätte ausklinken und einen Gegenkurs steuern können, halte ich für abwegig.
Es ist nun mal keine Situation da, in der man im großen Stil Steuern senken kann. Austerity ist europaweit angesagt. Die FDP und besonders Westerwelle hat sich wie ein trotziges Kind benommen, das krakeelt: "Aber du hast mir doch versprochen, daß wir im Urlaub auf die Malediven fliegen." Auch wenn der Papa inzwischen arbeitslos ist und froh, wenn er seine Versicherungsprämien noch zahlen kann.
Zitat von ZettelEin hübsches intellektuelles Spiel, lieber Kallias.
Für irgendwas muß ich ja gut sein.
Zitat von ZettelAber Sie übersehen einen aus meiner Sicht entscheidenden Punkt:
Die CDU von 2010 hat ja nicht ihre Mitglieder von 2003 oder 2005 gegen neue eingetauscht, und ihre Führung auch nicht. 2005 wollte Angela Merkel Paul Kirchhof zum Finanzminister machen. 2003 hatte man das Leipziger Programm verabschiedet, das manche als eine Thatcherisierung der CDU betrachtet haben.
Also, da war eine breite Übereinstimmung mit der FDP da, und die Politiker, die Überzeugungen, die es damals in der CDU gab, haben sich ja nicht in Luft aufgelöst. Es gibt in der CDU auch weiter eine breite liberale Strömung und damit die Grundlage für eine langfristige Zusammenarbeit mit der FDP
Merkels liberale Überzeugungen haben sich sehr wohl in Luft aufgelöst, der Politiker Merz hat sich in Luft aufgelöst, der Finanzminister Kirchhof war nie etwas anderes als Luft.
Die CDU gilt als eine "Hauptsache regieren!"-Partei. Ideologiezeugs, das im linken Spektrum eine so riesige Rolle spielt und auch für den politischen Liberalismus wichtig ist, wird dort - heißt es - nicht so furchtbar ernst genommen. Auf gemeinsame Überzeugungen kann man da kaum bauen.
In der Regierungsverantwortung hat die FDP keine Chance, den liberalen Flügel aus der CDU herauszubrechen. Und die Idee, mit dem liberalen Flügel der CDU zusammen Merkel zu stürzen, würde sicherlich nicht funktionieren.
Eine liberale Mehrheit gibt es nicht. Die FDP kann nur regieren, wenn der nichtliberale Partner liberale Vorstellungen toleriert. Solche Partner gibt es seit einigen Jahren nicht mehr. Also kann die FDP nicht regieren. (q.e.d.)
Zitat von ZettelDie CDU von 2010 hat ja nicht ihre Mitglieder von 2003 oder 2005 gegen neue eingetauscht, und ihre Führung auch nicht. 2005 wollte Angela Merkel Paul Kirchhof zum Finanzminister machen. 2003 hatte man das Leipziger Programm verabschiedet, das manche als eine Thatcherisierung der CDU betrachtet haben.
Also, da war eine breite Übereinstimmung mit der FDP da, und die Politiker, die Überzeugungen, die es damals in der CDU gab, haben sich ja nicht in Luft aufgelöst. Es gibt in der CDU auch weiter eine breite liberale Strömung und damit die Grundlage für eine langfristige Zusammenarbeit mit der FDP
möglicherweise haben sich diese Politiker nicht in Luft aufgelöst und sind auch noch in der Partei, aber was ihr Erscheinen oder ihren Einfluß betrifft, befinden sie sich offenbar schon außerhalb des uns bekannten Universums ...
Zitat von ZettelErstens hat Angela Merkel die Fast-Niederlage von 2005 dem zu liberalen Kurs der CDU attribuiert und eine entsprechende Korrektur in die Wege geleitet.
Merkel hat gar keinen Kurs. Sie hat noch nicht eine einzige nennenswerte Reform oder ein Thema angestoßen, seit sie Kanzlerin ist. (Falls Sie das anders sehen sollten, bitte ich um Beispiele.) Sie rennt hinterher und macht bedenkenlos alles mit, wovon sie meint, eine Mehrheit wolle es und es könne ihr daher nützen. Erst ist sie gegen eine Finanzmarkttransaktionssteuer, dann aber dafür, ohne irgendeine Begründung abzugeben. Und sie ist bereit, alles und jeden zu verraten, wenn sie sich nur einen Vorteil davon verspricht. Zusagen und Versprechen, die den Deutschen gemacht wurden zur Zustimmung zum Euro und die die Grundlage unserer Währung sind? Wen interessieren solche Kinkerlitzchen schon, wenn es darum geht, bei den Wählern des linken Lagers zu wildern? Auf Israel wird fröhlich eingedroschen? Da macht man doch gerne mit! (Warum handelt es sich bei dem Irrsinn, den der Bundestag kürzlich verzapft hat, eigentlich um die "dümmste Resolution", wie Sie es so treffend ausgedrückt haben, aber als Merkel genau solchen Unfug gegenüber Israel geäußert hat, haben Sie stattdessen auf die Freundschaft hingewiesen?)
Es als "Korrektur" zu bezeichnen, was Merkel veranstaltet, ist schon eine ziemlich abenteuerliche Darstellung ...
Zitat von ZettelZweitens passen sich Koalitionspartner einander oft an. Während der Großen Koalition haben die Linken in der Union an Gewicht gewonnen und die Liberalen verloren; teils auch aufgrund personeller Entwicklungen wie dem Rückzug von Merz.
Wie wäre es zur Abwechslung mal mit einer Anpassung an die eigenen Wähler, an Versprechungen und Verträge, an wirtschaftliche Vernunft oder an die Realität, in der dringend Reformen notwendig sind?
Zitat von ZettelDrittens ist da die CSU. Fast alle Querelen seit der Regierungsbildung im Oktober 2009 gehen auf die Querschüsse von Seehofer zurück. Dieser skrupellose Mann ist ein Unglück für die deutsche Politik.
Volle Zustimmung.
Zitat von ZettelUnd viertens gab und gibt es nun einmal die Finanzkrise und dann die Griechenlandkrise. Man kann viel darüber debattieren (ich kann es nicht, mangels Kenntnissen in Ökonomie), ob man nicht Griechenland hätte bankrott gehen lassen sollen, ob man nicht zuvor das Bankensystem hätte zusammenkrachen lassen sollen. Aber darüber zu debattieren ist eine rein akademische Übung. Faktisch haben sich alle verantwortlichen Regierungen für staatliche Intervention entschieden, und den Gedanken, daß Deutschland sich da hätte ausklinken und einen Gegenkurs steuern können, halte ich für abwegig.
Ach Gottchen, die Finanzkrise ... Die ist wohl auch schuld daran, wie man sich gegenüber Israel verhält? Und deshalb muß man sich auch in billigem Populismus ergehen und völlig nutzlose Gesetze gegen Leerverkäufe verabschieden, statt echte Probleme zu lösen? Usw. usf. Analog zum Klimawahn können wir langsam eine Liste aufstellen, an was die Finanzkrise alles schuld sein soll ...
Was haben Sie neulich noch so schön gesagt? Reformen könne man nicht mal eben "übers Knie brechen" oder so? Warum ist aber immer Zeit genug da, um Blödsinn zu veranstalten?
Unsere politische Elite hat abgewirtschaftet. Komplett. Allen voran Merkel ...
Zitat von ZettelDie FDP und besonders Westerwelle hat sich wie ein trotziges Kind benommen, das krakeelt: "Aber du hast mir doch versprochen, daß wir im Urlaub auf die Malediven fliegen." Auch wenn der Papa inzwischen arbeitslos ist und froh, wenn er seine Versicherungsprämien noch zahlen kann.
Da haben Sie die antiliberale Polemik der Monate nach der Wahl sehr genau ins Bild gebracht, lieber Zettel: Steuersenkungen sind nichts weiter als Luxus; kann man vielleicht machen, wenn der Staat im Geld schwimmt, sonst natürlich nicht.
Die Liberalen sahen das selbstredend gerade umgekehrt: die liberale Steuerreform entspricht im Bild dem Bezahlen der Versicherungsprämie, während die vielbeschworenen "Zukunftsinvestitionen" (im Bildungswesen z.B.) der Maledivenurlaub wären.
Der Staat hat ja Einnahmen, und daher sind die prioritären Vorhaben auf jeden Fall finanzierbar. Die Frage ist nur, welche Vorhaben denn die Priorität haben sollen, und darauf haben die Liberalen eben lange Zeit eine andere Antwort gegeben als ihre Kritiker.
Die Verbindung der Begriffe "Steuersenkung" und "Pump" ist nichts weiter als eine pawlowsche Konditionierung gewesen. Eine solche Verbindung existiert der Sache nach überhaupt nicht. Genausogut könnte man ja "Afghanistaneinsatz - auf Pump?," "Kinderkrippenausbau - auf Pump?", "Beamtengehälter - auf Pump?" oder "Schuldendienst - auf Pump?" sagen.
Nun hat die CDU natürlich das Recht, eine Steuerreform als eher unwichtig anzusehen. Deswegen gab es ja einen Kompromiss im Koalitionsvertrag - den Merkel dann ohne jede Gegenleistung aufgekündigt hat. Es ist unbegreiflich, daß die halbzerstörte FDP immer noch versucht, mit ihren Feinden zu paktieren.
Zitat von RexCramerUnsere politische Elite hat abgewirtschaftet. Komplett. Allen voran Merkel ...
Ich teile, wie Sie wissen, lieber RexCramer, diese Einschätzung überhaupt nicht. Ich bin im Gegenteil der Überzeugung, daß die deutsche politische Elite in einem Vergleich mit denen, die ich ein wenig beurteilen kann - diejenige in den USA und diejenige in Frankreich - ausgesprochen gut abschneidet. Ich vermute, daß ein Vergleich mit anderen Ländern zu einem ähnlichen Ergebnis führen würde, kann das aber wegen Mangel an Kenntnissen nur vermuten.
Aber nehmen wir einmal an, sie hätten Recht: Was wäre denn aus Ihrer Sicht die in Deutschland zu ziehende Konsequenz?
Zitat von ZettelDie FDP und besonders Westerwelle hat sich wie ein trotziges Kind benommen, das krakeelt: "Aber du hast mir doch versprochen, daß wir im Urlaub auf die Malediven fliegen." Auch wenn der Papa inzwischen arbeitslos ist und froh, wenn er seine Versicherungsprämien noch zahlen kann.
Da haben Sie die antiliberale Polemik der Monate nach der Wahl sehr genau ins Bild gebracht, lieber Zettel: Steuersenkungen sind nichts weiter als Luxus; kann man vielleicht machen, wenn der Staat im Geld schwimmt, sonst natürlich nicht.
Soweit ich das überblicke, lieber Kallias, werden gegenwärtig überall in Europa Steuern und sonstige Abgaben erhöht und Staatsausgaben gekürzt.
Wenn ich Sie recht verstehe, dann meinen Sie, daß Deutschland sich, was die Steuern und Abgaben angeht, antagonistisch zu diesem allgemeinen Trend verhalten sollte.
Meinen Sie das deswegen, weil a) überall in Europa eine falsche Politik gemacht wird oder weil b) die Bedingungen in Deutschland grundlegend anders sind als überall sonst in Europa oder c) aus einem anderen Grund (was ich leider nicht spezifizieren kann, weil mir keiner einfällt )?
Die Staatsverschuldung ist so hoch, dass sie mit Sparen und Steuererhöhungen allein nicht mehr abzubauen ist. Der einzige Weg aus dieser Krise wäre ein enormes Wirtschaftswachstum. Da könnten in der Tat Steuersenkungen hilfreich sein.
Die USA hatte nach dem 2. Weltkrieg eine extrem hohe Staatsverschuldung. Aber durch die Boomjahre die darauf folgten, konnte sie wieder abgebaut werden.
Die Frage, die sich mir stellt ist, ob in unserer verkrusteten, überregulierten und technologiefeindlichen Gesellschaft überhaupt noch Wachstumsraten wie z.B. in China möglich sind.
Zitat von ZettelIch teile, wie Sie wissen, lieber RexCramer, diese Einschätzung überhaupt nicht. Ich bin im Gegenteil der Überzeugung, daß die deutsche politische Elite in einem Vergleich mit denen, die ich ein wenig beurteilen kann - diejenige in den USA und diejenige in Frankreich - ausgesprochen gut abschneidet. Ich vermute, daß ein Vergleich mit anderen Ländern zu einem ähnlichen Ergebnis führen würde, kann das aber wegen Mangel an Kenntnissen nur vermuten.
Sie haben Ihre Einschätzung natürlich oft genug geäußert, sie ist bekannt. Sie merken aber auch gelegentlich an, in diesem Forum würde argumentiert. Sie sagen, Merkel sei eine "bedeutende Kanzlerin" u. ä., aber wenn man Sie dann fragt, was sie denn geleistet hätte, bspw. nach Themen und Reformen fragt, die von ihr vorangebracht wurden, dann hört man von Ihnen nie Argumente. An dieser Stelle ist die Diskussion jedesmal vorbei, bevor sie überhaupt richtig angefangen hat.
Was für Erfolge kann Merkel denn vorweisen? - Die Finanzkrise: Was wurde denn getan? Unsummen hat man in maroden Systemen versenkt, aber wurde irgendwas geändert? Wurde die Politik des billigen Geldes gegeißelt? Geht man endlich das Elend mit den Landesbanken an und macht diese endgültig dicht? Kümmert man sich um Bilanzierungsrichtlinien? Wenn man wirklich Schuldige drankriegen wollte, hat man sich die Aufsichtsgremien bspw. der KfW inkl. der ganzen Politiker darin vorgeknöpft, die jahrelang das KfW-Gesetz und die Satzung mißachtet haben? Nichts ist passiert. Man macht sich noch nicht einmal über die Probleme überhaupt Gedanken. Stattdessen ergeht man sich in grenzenlosem Populismus, indem man wahllos auf "Spekulanten" eindrischt, neue Steuern fordert wie die Finanzmarkttransaktionssteuer oder sinnlose Verbote wie mit den Leerverkäufen verabschiedet. - Außenpolitik: Da haben wir ja gerade erst ein schönes Beispiel gesehen, wie unsere Kanzlerin im Einklang mit ahnungslosen Gutmenschen, Islamisten, Antisemiten u. ä. Leuten gegen Israel gesprochen hat. Mehr muß man dazu wohl nicht mehr sagen. - Klimapolitik: Die "Klimakanzlerin"? Wie war das doch gleich mit dem Artensterben, was sie da behauptet hat? Subventionen ohne Ende, die die Bürger teuer zu stehen kommen, die in ineffizienten Maßnahmen versenkt werden? Schellnhuber, der ungehindert seinen Unsinn verbreiten darf? - Verhalten gegenüber dem Koalitionspartner: Steuer- und Gesundheitsreform? Alles längst beerdigt - von der Union. Vor allem Schäuble und die CSU interessiert offenbar gar nicht, was abgemacht wurde. - Griechenland: Da wurden mal eben Verträge sowie Grundprinzipien im Handstreich kassiert, ohne auch nur ein paar Worte der Begründung darüber zu verlieren. Unfaßbar.
Das alles wurde hier im Forum bereits ausreichend dargestellt. Ich könnte problemlos bis nächste Woche an diesem Beitrag schreiben und weitere Beispiele fürs Versagen aufzählen. Aber nach einigen längeren Beiträgen rund um die Politik unserer Regierung vergeht mir langsam die Lust daran, so daß ich es diesmal bei den obigen Stichpunkten belassen möchte. Umgekehrt lese ich von Ihnen ständig, wie Sie insbesondere Merkel loben und in ein gutes Licht stellen, aber wenn man dann nachfragt, egal bei welchem Thema man gerade ist, kommt gar nichts. Selbst dann nicht, wenn man fragt, wofür "wir sie noch brauchen werden", man also frei von der Leber weg drauf antworten könnte. Daß Merkel durchsetzungsstark ist, scheint bisher ihr einziger Pluspunkt zu sein. Daß das an sich aber noch nichts bedeutet, bin ich in einem anderen Strang lang und breit drauf eingegangen. Ansonsten interessiert mich vor allem, was durchgesetzt wird. Aber da sehe ich leider bei dieser Regierung nur Totalversagen. (Hier haben mehrere Leute schon geäußert, zu denen ich auch gehöre, daß sie vor der Wahl noch dachten, während der GK sei es die SPD gewesen, die Merkel gehindert hätte, aber nun sehen wir deutlich, daß das ein schrecklicher Irrtum war. Von ihrem einstmals liberalen Programm ist nichts mehr übrig. (Auch das Thema wurde hier schon genug durchgekaut.))
Was die Vergleiche mit anderen Regierungen angeht, so interessieren sie mich überhaupt nicht. Was soll das überhaupt? Wenn etwa Frankreich eine hervorragende Regierung hätte, könnten wir unsere kritisieren, aber wenn die Franzosen eine schlechte wählten, dann müssten wir mit unserer plötzlich zufrieden sein? Wenn Sie Ihr Auto kaputt zurückkriegten aus der Werkstatt, wären Sie dann zufrieden, wenn der Mechaniker Ihnen erzählte, daß bei der gegenüber die Kunden ihre Wagen auch laufend defekt zurückbekämen?
Wir ersticken hier in Deutschland in Bürokratie. Es gibt so gut wie nichts, wo sich der Staat nicht einmischt. Und es gibt nicht ein einziges System, was effizient geregelt ist. Selbst nach Jahrzehnten der Kritik hat man es bspw. nicht geschafft, eine Reform der Kraftfahrtzeugsteuer ohne diese schwachsinnige Abhängigkeit vom Hubraum hinzukriegen. Was wir heute haben, hat nichts auch nur noch entfernt mit der Sozialen Marktwirtschaft zu tun, wie sie von ihren Vätern gedacht war. Stattdessen haben wir ein Wirtschaftssystem, das sich in Etatismus und Interventionismus ergeht. Jedes Problem wird zum Anlaß genommen, um neue Vorschriften zu erfinden und Ämter aus dem Boden zu stampfen - wahrscheinlich aus dem eigentlichen Grund, neue Versorgungsposten zu schaffen. Keine auch noch so schwachsinnige Regelung wird je wieder abgeschafft. Eher friert die Hölle zu, als daß wirklich ein Bürokratieabbau stattfindet. Ich habe das endgültig satt.
Wenn Sie die Regierung schon vergleichen wollen, warum dann nicht mir ihren Ansprüchen? Konservatismus und Liberalismus? Können Sie das irgendwo entdecken? Ich nicht ...
Zitat von ZettelAber nehmen wir einmal an, sie hätten Recht: Was wäre denn aus Ihrer Sicht die in Deutschland zu ziehende Konsequenz?
Die FDP hätte mehr Druck machen müssen, um eine große Steuerreform umzusetzen. Man hätte schon Ende letzten Jahres damit beginnen müssen, eine Arbeitsgruppe einzurichten, um konkrete Vorschläge auf den Tisch zu bringen. Ich glaube, die FDP ist dbzgl. leider von ganz falschen Erwartungen ausgegangen und hat sich verzockt, denn sie ging offenbar davon aus, daß das erstens eine so wichtige Reform sei, daß sie unbedingt kommen müßte, und zweitens von der Union auch gewollt (!) würde. Schließlich war 2005 noch Merz ein großer Star und man ist mit Kirchhof ins Feld gezogen. M. E. hat die FDP geglaubt, daß der Wille zu einer echten Reform noch da wäre. Aber weit gefehlt ...
Die FDP hätte längst aus der Koalition aussteigen müssen, um sich selbst zu retten, denn diesen Unsinn, der nun verzapft wird, kann sie ihren Wählern nicht verkaufen. Noch eine Partei im sozialdemokratisch-sozialistischen Einheitsbrei im Nanny-Staat, der uns gerne rund um die Uhr bevormunden möchte? Nein, danke! Aber der Zug ist abgefahren, aus der Nummer kommt die FDP nicht mehr raus. Kämen demnächst Neuwahlen, müßten sie möglicherweise um den Einzug fürchten.
Was wird passieren? Mittelfristig wird es wohl so weitergehen wie bisher: Man bekommt nichts auf die Reihe, gibt sich gegenseitig die Schuld, gefolgt von Treueschwüren, Besserung wird gelobt - und dann geht es wieder von vorne los, immer im Kreis. Der Punkt ist, daß zwar alle es mit der Besserung ernstmeinen, aber eigentlich jeweils die anderen meinen: Die FDP erwartet, daß endlich Reformvorhaben nicht mehr blockiert werden, während die CSU darunter versteht, daß die FDP ihre Pläne aufgibt, wobei die CDU es gerne hätte, wenn die beiden kleineren Partner sich schön hinten anstellen und nur noch abnicken würden. Wie zwischen den drei Parteien eine konstruktive Zusammenarbeit entstehen soll, ist mir schleierhaft. Nach der Wahl konnte ich mir das gut vorstellen, aber heute? Westerwelle ist zu schwach, um sich durchzusetzen, Seehofer wird weiter hauptsächlich den anderen Knüppeln zwischen die Beine hauen und Merkel ist an nichts anderem als ihrer Macht interessiert. Diese Legislaturperiode kann man schon abhaken.
Auch langfristig sieht es nicht besser aus, sondern noch schlechter: Wer soll denn diese Regierung noch einmal wählen? Ich glaube, die Zustimmung wird noch weiter in den Keller gehen. Die FDP ist schon auf ihren Kern reduziert, die Union wird noch weiter bröckeln. Meiner Ansicht nach ist es kaum noch zu verhindern, daß es bei der nächsten Wahl eine linke Regierung geben wird. Das wäre es nur dann, wenn man sofort die Arbeit aufnähme und echte Politik betriebe. Aber ich sehe niemanden, der das in Gang setzen könnte. Der entsprechende Wille und die Möglichkeit dazu wäre notwendig. Der richtige Hebel begrenzt den Kreis derer, die in Frage kommen, schon stark, den Willen sehe ich gar nicht. Und hier kommt wieder Merkel ins Spiel, die offenbar gar nicht mitbekommen hat, daß sie Chefin einer konservativ-liberalen Regierung ist. Aber Merkel rennt fröhlich linken Themen nach: Finanzmarkttransaktionssteuer, "Spekulanten" seien schuld, Israels Blockade ist böse und Feinde gibt es scheinbar nicht usw. usf. Wie soll denn der Rest der Regierung vernünftige Politik machen, wenn die Kanzlerin mit nichts als linkem, üblem Populismus beschäftigt ist? Geht nicht. Gibt es eine Aussicht auf Änderung? Auch nicht.
Die Wählerschichten, denen sich Merkel anbiedert, werden das vermutlich ganz nett finden, aber weiterhin links wählen. Aber auf der anderen Seite laufen die eigenen Wähler, die für diese Regierung gestimmt haben, weg. Und bei der Politik, die gemacht wird, werden sie auch nicht zurückkommen.
Damit steht im Grunde bereits fest, daß die nächste Regierung eine linke sein wird. Es ist nur noch fraglich, wie diese aussehen wird und wann sie kommt. Die FDP kann angesichts der Umfragewerte gar nicht aussteigen aus der Koalition. Der CSU gefällt es offenbar ganz gut, nichts zu machen, außer den anderen in die Suppe zu spucken. Leute wie Seehofer und Söder ringen geradezu nach Aufmerksamkeit, wozu das bestens geeignet ist. Und die CDU? Die läßt einfach laufen. Es ist zu erwarten, daß von sich aus die Regierung "durchhält". Spannend wird es m. E. lediglich, was passiert, wenn die ersten Landtagswahlen so richtig in die Binsen gehen - was wohl unvermeidlich ist. Das hat auch Auswirkungen auf die nächste Regierung, denn gäbe es zeitnah eine Wahl, wäre es wohl die Volksfront. Doch je später die Wahl stattfindet, desto besser werden die Chancen steigen, daß Rot-Grün eine Mehrheit ohne die Kommunisten bekommen könnte. Doch nur mit den Verlusten der Union wird es wohl nicht reichen, also müssen auch die Stimmen von ganz links her - zumindest teilweise. Ich vermute daher, wir werden in Zukunft noch häufiger Situationen erleben, wie sie die SPD gegenüber den Kommunisten bei der BP-Wahl herbeigeführt hat: Den Kommunisten wird die Tür geöffnet, die diese aber nur durchschreiten können, wenn sie Positionen räumen. Gabriel wird so denken: Ganz egal, was die Kommunisten machen, hat er immer gewonnen, denn entweder kann er mit ihnen koalieren, wenn er vorgaukeln kann, sie seien "in der Demokratie angekommen" o. ä., oder aber sie müßten ihre Maske fallenlassen und dadurch kämen schon Stimmen zurück, weil sie für manche naive Leute plötzlich nicht mehr wählbar wären. Was die Kommunisten daraus machen und wie er dann letztlich an die Macht kommt, ist ihm genauso egal wie Merkel, glaube ich. Beides sind prinzipienlose Taktiker.
Unser Dilemma ist, lieber Zettel, daß nicht stattfinden kann, was aber möglich sein muß und was Sie immer sagen: Es muß eine Opposition bereitstehen, die jederzeit übernehmen kann, die Option des politischen Wechsels muß vorhanden sein. Das sehe ich nicht gegeben. Warum laufen denn dieser Koalition die Wähler weg? Doch deshalb, weil nicht gemacht wird, was man sich versprochen hat, sondern die Regierung immer weiter nach links driftet. Was soll man denn jetzt machen? Eine Regierung weiterhin unterstützen, die linke Politik macht, um zu verhindern, daß eine linke Regierung kommt, die linke Politik machen wird? Das ist doch absurd. Viele Wähler sind inzwischen politisch heimatlos.
Was die Konsequenz daraus ist, fragen Sie? Ganz einfach: Wir werden es hinnehmen müssen, daß diese Legislaturperiode im Sande verlaufen wird. Wir müssen sogar bereits jetzt froh sein, wenn nicht zu großer Unfug veranstaltet wird. Siehe Quotenregelungen, neue Steuern usw. Deutliche Senkung von Subventionen, echte Reformen, Abbau von Bürokratie, mehr Freiheit etc. können wir uns leider abschminken. Damit ist besiegelt, daß Rot-Grün mit oder ohne Kommunisten die nächste Regierung stellen wird. Hoffnung für eine liberale Politik besteht damit frühestens wieder für die übernächste Legislaturperiode.
Zitat von ZettelEs ist nun mal keine Situation da, in der man im großen Stil Steuern senken kann. Austerity ist europaweit angesagt. Die FDP und besonders Westerwelle hat sich wie ein trotziges Kind benommen, das krakeelt: "Aber du hast mir doch versprochen, daß wir im Urlaub auf die Malediven fliegen." Auch wenn der Papa inzwischen arbeitslos ist und froh, wenn er seine Versicherungsprämien noch zahlen kann.
Solche Anmerkungen lassen mich verzweifeln. Wie kann ein so intelligenter Mensch wie Sie, der detaillierte und fundierte Artikel über Länder produziert, die die meisten Leute nicht auf der Landkarte finden können, sowas schreiben? Wie ich neulich schon schrieb, lerne ich beinahe täglich ganze Bürokratien neu kennen. Heute habe ich gelesen, daß "ELENA" über 3 Milliarden Euro kosten soll. Für was? Nein, es ist niemand trotzig, der Steuersenkungen fordert. Merkwürdig verhalten sich eher die Leute - wie Sie hier leider auch -, die so tun, als seien die Ausgaben des Staates sozusagen von Gott gegeben. Das sind sie aber zum Glück nicht. Hier stehen ja auch in vielen Diskussionen Beispiele, wie der Staat Milliarden nur so zum Fenster rauswirft für allerlei Blödsinn. Erst wenn die Verwaltung auf ein absolut notwendiges Mindestmaß zusammengestutzt wurde, dann muß derjenige erklären, der Steuern weiter senken will, wie es anzustellen sei. Da sind wir aber etwa so "dicht" dran wie Reiner Calmund am Gewinn des 100-m-Laufs der nächsten Olympischen Spiele. Solange wir davon aber noch weit entfernt sind, liegt die Pflicht zur Begründung bei demjenigen, der eine Steuersenkung für nicht machbar hält, warum jeder einzelne Cent der Staatsausgaben sein muß. Alles andere wäre nicht liberal.
Zitat von ZettelSoweit ich das überblicke, lieber Kallias, werden gegenwärtig überall in Europa Steuern und sonstige Abgaben erhöht und Staatsausgaben gekürzt.
Von "überall" habe ich nichts mitbekommen. Nur von einigen Staaten mit sehr heftigen Finanzproblemen (PIGS und Frankreich). Im UK haben die LibDems unterm Strich eine Entlastung der Bürger durchgesetzt.
Einen allgemeinen Trend sehe ich nicht.
Zitat weil b) die Bedingungen in Deutschland grundlegend anders sind als überall sonst in Europa
Sind sie. Deutschland hat (nach Schweden) die höchste Bürgerbelastung in ganz Europa (und wohl auch weltweit). Da noch etwas draufpacken zu wollen ist schon fast kriminell. Und eine Absenkung auf wenigstens den europäischen Durchschnitt wäre natürlich machbar - wenn nicht Merkel et al. blockieren würden.
Zitat von R.A.Im UK haben die LibDems unterm Strich eine Entlastung der Bürger durchgesetzt.
Das ist mir entgangen, lieber R.A. Ich habe nur von einem massiven Austerity-Programm gelesen; zum Beispiel hier:
Zitat von Bloomberg am 25. 6. 2010Chancellor of the Exchequer, George Osborne, began June 22 with an emergency budget that imposed a levy on banks, raised the sales tax and slashed spending. The plan, alongside measures proposed by the prior government, will generate 113 billion pounds ($169 billion) of deficit cuts, 15 percent of the 737 billion-pound budget foreseen for 2015, the Treasury said.
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