Die Ressortleiterin von CNN für den Nahen Osten wurde gefeuert, nachdem sie ihre Trauer über den Tod des geistlichen Führers der Hisbollah zum Ausdruck gebracht hatte.
Interessant ist das für die Beurteilung der zurückliegenden Berichterstattung von CNN über den Nahost-Konflikt.
Aber interessanter ist es vielleicht - so jedenfalls argumentiere ich am Schluß dieser Marginalie -, daß auch der Ministerpräsident der Türkei kondoliert hat. Und daß ihm der Führer der Hisbollah in seiner Antwort für die Haltung der Türkei zur Palästina-Frage gedankt hat.
Klischees halten sich oft lang. In deutschen Köpfen schwirrt immer noch das Klischee von der Türkei als Freund Israels. Die Türkei ist aber unter Erdogan längst ins Lager der Feinde Israels übergelaufen.
Daß die EU immer noch das Ziel verfolgt, dieses Land, das den Terrorismus fördert, zum Mitglied zu machen, ist skandalös. Und daß ausgerechnet der deutsche Außenminister sich dabei hervortut, läßt mich daran zweifeln, ob ich noch einmal die FDP wählen kann.
Zitat von ZettelDie Ressortleiterin von CNN für den Nahen Osten wurde gefeuert,...
Zu Recht. Deutsche Journalisten dieser Denkrichtung hätten leider nichts zu befürchten.
Zitat Interessant ist das für die Beurteilung der zurückliegenden Berichterstattung von CNN über den Nahost-Konflikt.
Die habe ich nur ausschnittweise mitverfolgt. Aber sie schien mir weniger schlimm zu sein als die der deutschen Medien.
Zitat ... daß auch der Ministerpräsident der Türkei kondoliert hat.
Über die Beurteilung Erdogans sind wir uns einig. Aber ich bin mir nicht sicher, ob diese Kondolenz ein geeigneter Beleg ist. Dazu müßte man wissen, wie die Gepflogenheiten vor Erdogan waren. Im diplomatischen Verkehr wird ja viel geheuchelt, auch bei wüsten Diktatoren tun die übrigen Regierungen so, als würde ihnen deren Tod leid tun.
Zitat Die Türkei ist aber unter Erdogan längst ins Lager der Feinde Israels übergelaufen.
Richtig. Wobei sich das nach der nächsten Wahl wieder ändern kann - die klassischen Eliten (insbesondere die Armee) sind wohl immer noch pro-Israel.
Zitat Daß die EU immer noch das Ziel verfolgt, dieses Land, das den Terrorismus fördert, zum Mitglied zu machen, ist skandalös.
Aber nicht wegen irgendwelcher politischen Manöver der jetzigen Regierung (sonst hätte die EU Deutschland wg. Schröder auch rauswerfen müssen ;-)
Die Frage des türkischen Eu-Beitritts ist eine sehr langfristige, da gelten ganz andere Kriterien.
Zitat von R.A.Über die Beurteilung Erdogans sind wir uns einig.
Aber ich bin mir nicht sicher, ob diese Kondolenz ein geeigneter Beleg ist. Dazu müßte man wissen, wie die Gepflogenheiten vor Erdogan waren.
Im diplomatischen Verkehr wird ja viel geheuchelt, auch bei wüsten Diktatoren tun die übrigen Regierungen so, als würde ihnen deren Tod leid tun.
Aber der geistliche Führer einer terroristischen Organisation, lieber R.A., gehört doch nicht in die Diplomatie.
Ebenso hätte ein ausländischer Ministerpräsident, als Baader und seine Genossen starben, der RAF kondolieren können.
Es zeigt ja gerade den Weg, den die Türkei unter Erdogan geht, daß man Terroristen als respektable dimplomatische Partner betrachtet.
Ich bin seit langem der Meinung, daß die Türkei - auch schon vor Erdogan - nicht in die EU will, um sich zu europäisieren. Sondern sie wollte und will die Ressourcen der EU nur nutzen, um ihre Macht als would-be-Nachfolger des Osmanischen Reichs zu mehren.
Die beiden letzten europäischen Bastionen gegen den Wahnwitz eines EU-Beitritts sind Sarkozy und Merkel. Merkel hat einen Außenminister am Hals, der offenbar am liebsten die Türkei umarmen würde. Sarkozy hat jetzt eine dicke Affäre am Hals. Erdogan darf sich freuen.
Zitat von ZettelUnd daß ausgerechnet der deutsche Außenminister sich dabei hervortut, läßt mich daran zweifeln, ob ich noch einmal die FDP wählen kann.
Vor dieser Frage stehe ich auch ... mit welcher Partei könnten sie sich denn anfreunden? Ich wäre dankbar für eine Entscheidungshilfe.
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
Zitat von ZettelUnd daß ausgerechnet der deutsche Außenminister sich dabei hervortut, läßt mich daran zweifeln, ob ich noch einmal die FDP wählen kann.
Vor dieser Frage stehe ich auch ... mit welcher Partei könnten sie sich denn anfreunden? Ich wäre dankbar für eine Entscheidungshilfe.
Im Augenblick, lieber Calimero, würde ich ohne Zögern die CDU wählen.
Ich hoffe, daß die FDP sich bis 2013 so entwickelt, daß ich sie wieder wählen kann.
Eine Partei Guido Westerwelles kann ich nicht wieder wählen.
Nicht nur wegen der inakzeptablen Art, in der er sich als Außenminister der Türkei anbiedert und zugleich Israel kritisiert. Auch innenpolitisch kann ich mit einer Partei, die, statt sich durchzusetzen, herumjammert und sich als das arme Opfer geriert, nichts anfangen.
Dieser weinerliche Stil, der dann ins Pathetische umkippt, ist der Stil, den dieser selbstunsichere, immer wie ein Schulbub wirkende Vorsitzende Westerwelle seiner Partei beigebracht hat.
Westerwelle muß weg. Das war die Überschrift, die ich dem Entwurf eines Artikels verpaßt hatte, dem ich dann aber einen milderen Titel gegeben habe. In der URL kann man aber noch den ursprünglichen Titel sehen.
Zitat von ZettelAuch innenpolitisch kann ich mit einer Partei, die, statt sich durchzusetzen, herumjammert und sich als das arme Opfer geriert, nichts anfangen.
Ui, ich sehe wieder die übliche Diskussion aufkommen. Ich habe das gleiche außenpolitische Problem wie Sie mit der FDP; dazu kommt, dass sie jetzt ihre soziale Ader entdeckt, das brauche ich gar nicht, wir haben schon genug sozialdemokratische Parteien.
Aber umgekehrt kann ich mit einer CDU unter Frau Merkel nichts anfangen. Auch wenn sie die letzte Hoffnung wider die Türkei in der EU sein mag; die Art, wie sie liberale Keime in der CDU gekappt, die FDP ausgebremst und weder Seehofer noch Schäuble zurückgepfiffen hat sowie ihre wenig rühmliche Vorgehensweise hinsichtlich Griechenland und Spekulationssteuer, das will ich nicht mehr.
-- La función didáctica del historiador está en enseñarle a toda época que el mundo no comenzó con ello. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von ZettelAber der geistliche Führer einer terroristischen Organisation, lieber R.A., gehört doch nicht in die Diplomatie.
Die Hisbollah ist aber etwas mehr als eine reine Terrororganisation - sie ist im Libanon eine wichtige Regierungspartei. Ich würde da nicht Baader als Vergleich nehmen, sondern Arafat. Der war ja auch ein widerlicher Terrorist, aber eben auch eine politische Führungsfigur. Und was haben alle westlichen Staaten große diplomatische Trauer inszeniert, als der endlich den Abgang gemacht hat.
Zitat Ich bin seit langem der Meinung, daß die Türkei - auch schon vor Erdogan - nicht in die EU will, um sich zu europäisieren.
Die kemalistischen Eliten wollten das auf jeden Fall, und wollen es m. E. immer noch. Fraglich ist nur, wie stark die in Zukunft noch sein werden. Erdogan und die Islamisten haben die Türkei stark verändert.
Zitat Die beiden letzten europäischen Bastionen gegen den Wahnwitz eines EU-Beitritts sind Sarkozy und Merkel.
Wenn es nur die Beiden wären - dann wäre die Türkei schon Mitglied. Wobei Sarkozy ja ein gewisses Durchsetzungsvermögen hat (aber zu unstetig ist) - aber auf Merkels Prinzipientreue kann man nicht bauen.
Zitat Merkel hat einen Außenminister am Hals, der offenbar am liebsten die Türkei umarmen würde.
Weiß nicht. Bei Westerwelle habe ich eher den Eindruck, daß er gar keine eigene außenpolitische Linie hat. Sondern nur halbgar dem EU-Mainstream folgt. Ich war schon wenig begeistert, daß er ins AA ging - aber er scheint wirklich eine krasse Fehlbesetzung zu sein.
Zitat von ZettelAber der geistliche Führer einer terroristischen Organisation, lieber R.A., gehört doch nicht in die Diplomatie.
Die Hisbollah ist aber etwas mehr als eine reine Terrororganisation - sie ist im Libanon eine wichtige Regierungspartei.
Wie wichtig, kann ich nicht beurteilen, lieber R.A. Daß ein Regierungschef den Führer irgendeiner Regierungspartei anruft, um ihm sein Beileid zum Tod eines anderen Führers dieser Regierungspartei auszusprechen, dürfte jedenfalls selten sein.
Zitat von ZettelNicht nur wegen der inakzeptablen Art, in der er sich als Außenminister der Türkei anbiedert und zugleich Israel kritisiert.
Völlig berechtigte Kritik. Nur: Merkel agiert genauso gegen Israel.
Zitat Auch innenpolitisch kann ich mit einer Partei, die, statt sich durchzusetzen, herumjammert und sich als das arme Opfer geriert, nichts anfangen.
Sie finden es also nicht gut, daß die FDP ihre Reformen nicht durchsetzen konnte. Das verstehe ich. Sondern Sie würden stattdessen lieber die Partei wählen, die diese Reformen verhindert hat. Das verstehe ich nicht.
Schade. Aber vielleicht können wir Sie ja einmal aus der Reserve locken.
-- La función didáctica del historiador está en enseñarle a toda época que el mundo no comenzó con ello. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von ZettelNicht nur wegen der inakzeptablen Art, in der er sich als Außenminister der Türkei anbiedert und zugleich Israel kritisiert.
Völlig berechtigte Kritik. Nur: Merkel agiert genauso gegen Israel.
Nein. So, wie sie auch in der Frage des EU-Beitritts der Türkei eine andere Position hat als Westerwelle. Aber nach dem Grundgesetz leiten bekanntlich die Minister ihr Ressort in eigener Verantwortung. Der Kanzler bestimmt lediglich die Richtlinien.
Ich habe an Westerwelle, der ein glänzender Programmatiker und auch Agitator ist, anfangs nur seine Inkompetenz im Amt des Außenministers gesehen. Inzwischen erscheint mir die causa gravierender: Er denkt, scheint mir, nicht in Machtkategorien, sondern er möchte gern, daß er - und damit Deutschland - beliebt ist.
Ein Horror bei einem Diplomaten. Jemand, der noch dazu zwischen Jammerei und Großsprecherei schwankt, hat in diesem Amt nichts verloren.
"Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Einreiseverbot für Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) im Gaza-Streifen bedauert. ...Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte sein Bedauern über die Entscheidung ausgedrückt." http://www.open-report.de/artikel/Merkel...ebel/64170.html
"Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fordert eine schnellstmögliche Aufklärung des Angriffs der israelischen Armee auf einen Schiffskonvoi der Organisation «Free Gaza». Es stelle sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, deshalb sei eine schnelle Aufklärung vonnöten." http://www.open-report.de/artikel/Merkel...hiff/60919.html
Richtig ist, daß Merkel sich noch vor einiger Zeit anders geäußert hat, insbesondere Hamas-kritisch. Aber sie ist eben unzuverlässig - nach dem Zwischenfall mit den Blockadebrechern war es halt unpopulär, weiter zu Israel zu halten. Und da ist sie dann in gewohnter Prinzipienlosigkeit umgefallen. Insbesondere die überaus peinliche Bundestagsresolution zur Aufhebung der Blockade ist ja nur durch Merkels Zustimmung möglich gewesen.
Zitat von R.A.Insbesondere die überaus peinliche Bundestagsresolution zur Aufhebung der Blockade ist ja nur durch Merkels Zustimmung möglich gewesen.
Ja, das stimmt. Sie hat sich in diesem Fall den stärkeren Bataillonen - nämlich allen Abgeordneten des Bundestags - angeschlossen.
Die CDU, lieber R.A., braucht einen programmatischen Führer, den sie nur leider nicht hat.
Merkel ist Kanzlerin und ergo nicht für das Programmatische zuständig, sondern für das Machbare; lateinisch: das Opportune. Sie ist Pragmatikerin, wie alle großen Kanzler.
Die FDP ist schlechter dran; denn sie hat weder klare Programmatiker noch erfolgreiche Pragmatiker.
Zitat von ZettelDie CDU, lieber R.A., braucht einen programmatischen Führer, den sie nur leider nicht hat.
Merkel ist Kanzlerin und ergo nicht für das Programmatische zuständig, sondern für das Machbare; lateinisch: das Opportune. Sie ist Pragmatikerin, wie alle großen Kanzler.
Kunststück: einen Programmchef (jedenfalls einen, der ein von Merkels Opportunismus abweichendes Programm entwirft) würde Merkel ebenso wegbeißen wie Kirchhof, Merz und so weiter.
-- La función didáctica del historiador está en enseñarle a toda época que el mundo no comenzó con ello. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von ZettelSie hat sich in diesem Fall den stärkeren Bataillonen - nämlich allen Abgeordneten des Bundestags - angeschlossen.
Das war nicht die Reihenfolge. Zuerst kam der Medien-Mainstream. Dem hat sich Merkel unterworfen. Und dann gab es die entsprechende Resolution im Bundestag.
Führung sieht anders aus. Die CDU war nie eine programmatisch starke Partei. Aber sie war (im Maße des realpolitisch möglichen) grundsatztreu.
Zitat Merkel ist Kanzlerin und ergo nicht für das Programmatische zuständig
Dann soll sie den Parteivorsitz zurückgeben.
Zitat Sie ist Pragmatikerin, wie alle großen Kanzler.
Pragmatisch sein heißt nicht Prinzipienlosigkeit. Kohl war ein großer Kanzler: In Details flexibel, aber mit klaren politischen Zielen. Der hätte so eine Resolution nie zugelassen.
Zitat Die FDP ist schlechter dran; denn sie hat weder klare Programmatiker noch erfolgreiche Pragmatiker.
Erfolgreich nicht - klar schon. Trotz der derzeit nicht vorhandenen Umsetzung ist die FDP-Programmatik immer noch die beste aller Parteien (nicht nur weil sie liberal ist, sondern weil sie nicht nur unverbindlich schwafelt). Ist aber derzeit kaum noch einen Schönheitspreis wert - in der Politik muß man umsetzen können.
Europa hat zur strategischen Neuausrichtung der Türkei mit den nie ehrlich gemeinten Beitrittverhandlungen und dem Geschwafel von einer previligierten Partnerschaft Vorschub geleistet. Mag sein, dass die Türken irgendwann von alleine drauf gekommen wären, dass sie an einer verdammt guten Stelle sitzen um eine sehr eigentsändige Politik zu machen, dass wir ihnen aber die Tür vor der Nase zugeknallt haben, war ein Gottesgeschenk für alle die eine konsequent westliche Ausrichtung schon immer für einen Fehler hielten. Erdogan gehört wohl dazu.
Zitat von C.K.Europa hat zur strategischen Neuausrichtung der Türkei mit den nie ehrlich gemeinten Beitrittverhandlungen und dem Geschwafel von einer previligierten Partnerschaft Vorschub geleistet. Mag sein, dass die Türken irgendwann von alleine drauf gekommen wären, dass sie an einer verdammt guten Stelle sitzen um eine sehr eigentsändige Politik zu machen, dass wir ihnen aber die Tür vor der Nase zugeknallt haben, war ein Gottesgeschenk für alle die eine konsequent westliche Ausrichtung schon immer für einen Fehler hielten. Erdogan gehört wohl dazu.
Man kann das natürlich, lieber C.K., schwer entscheiden - aber ich halte das Verhalten Europas für marginal in Bezug auf die Entwicklung der Türkei.
Solange das Land schwach war, mag es ihm attraktiv erschienen sein, ein geduldetes Mitglied der EU am Rand Europas zu sein. Aber die Türkei ist seit Jahrzehnten ziemlich genau in der Lage von Deutschland nach der Gründung der Bundesrepublik: Ein schon demographisch, aber auch nach seinen Ressourcen großes Land mit einer Tradition als Großmacht, nur vorübergehend geschwächt.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Türkei wieder in die ihr angemessene Rolle als die Vormacht des Nahen Ostens zurückkehren würde. Erdogan hat das verstanden und vorangetrieben. Er ist, was man wohl anerkennen muß, ein bedeutender Staatsmann.
Er ist ein Islamist, wenn auch ein gemäßigter. Kein Islamist ist Israel freundlich gesonnen. Die Türkei Erdogans, des Islamisten und großtürkischen Nationalisten, gehört in die islamische Welt und kann, wenn wir Glück haben, dort eine mäßigende Rolle spielen.
Dieses Land in die EU zu lassen wäre eine Pflichtvergessenheit der Verantwortlichen.
Alle könnten das vielleicht noch hinnehmen; Deutschland nicht.
Denn wenn für Türken - was früher oder später käme - Freizügigkeit als EU-Bürger herrscht, dann wird es eine "Migration" nach Deutschland geben, die keine Einwanderung sein wird, sondern der Versuch einer Kolonisierung nach Erdogans Prinzip "Assimilation ist ein Verbrechen".
Die Volksfront will offenbar diese Kolonisierung, also einen Zweivölkerstaat Deutschland. Die einzige Bastion dagegen ist die Kanzlerin, die aber einen Außenminister hat, der in dieser Frage offenbar auf der Seite der Volksfront steht.
Lieber Zettel, ich schätze Ihre Analysen sehr, sie sind in der Regel gut begründet und nachvollziehbar, so auch hier. Dissens besteht ja bei Menschen die grundsätzlich an einer auf Erkenntnisgewinn ausgelegten, offenen Diskussion teilnehmen meist dadurch, dass Faktoren unterschiedlich gewichtet werden. So auch hier. Ich stimme Ihnen völlig zu im Bezug auf Erdogan. Er hat die Verschiebung weg von Israel und dem Westen, hin zur muslimischen Welt von langer Hand geplant und geschickt vollzogen. Von Davos über die Mavi Mamara, ist hier ein Muster zu erkennen. Bilaterale Abkommen in der Region passen ebenso in das Bild wie das Auftreten in Deutschland im Bezug auf türkischstämmige Migranten. Und Erdogan ist nicht allein. Aber er und seine Anhänger und Unterstützer sind nicht „die Türkei“. Die Reformbemühungen Richtung Rechtsstaat und „Good Governance“ wurden von vielen Türken begrüßt. Istambul ist nicht die Türkei, aber wenn man in Istambul ist, fühlt man keinen unüberbrückbaren Gegegensatz zwischen diesem Land und dem Rest Europas. Welche Vision sollen aber westlich orientierte Akteure in der türkischen Politik ihren Landsleuten unterbreiten, nachdem klar geworden ist, dass die EU sie nicht will? Der Komplex „Die wollen uns nicht weil wir Muslime sind“ ist verbreitet und durch die Politik v.a. von Deutschland und Frankreich ist dieses Gefühlö bestätigt worden. Ich denke das war ein Fehler, weil ich an die Möglichkeit einer postiven Beeinflussung durch die EU glaube. Diese Möglichkeit wurde ohne Not, zur Befriedigung westlicher Ressentiments, verschenkt. Für mich persönlich hätte es noch einen weiteren Vorteil gehabt. Das Misstrauen einen größeren Player als Deutschland in der EU zu haben, hätte die Integration verlangsamt oder blockiert. Mein Traum wäre eh eine EU nach britischen Vorstellungen. Freihandel und Souveränität. Aber Sie haben Recht. Kontrafaktisches ist schwer zu bestimmen. Mit freundlichen Grüßen C.K.
bei Ihrer Analyse der aktuellen Situation, gebe ich Ihnen uneingeschränkt Recht. Nur bei Ihrer Äusserung, dass die Volksfront offenbar diese Kolonisierung will, frage ich mich, warum die "Volksfront" so etwas wollen möchte? Wenn man sich die Geschichte der SPD und auch der SED (KPD) anschaut, gibt es kein Indiz, dass jemals solche Ideen vertreten wurden.
ich vermute Zettel spielt hier auf den Antiimperialen Komplex an, der jegliche als unterdrückt oder Minorität definierte Gruppe in Opposition zu den "herrschenden Verhältnissen" sieht und damit als Verbündeten. Der Feind meines Feindes...da wurden im kalten Krieg die schlimmsten Nationalisten plötzlich zu internationalistischen Antiimps umgedeutet, sobald sie eine Kalashnikow in der Hand hatten*. Ein neueres Beispiel auf anderer Ebene sind zum Beispiel linke Klagen (Judith Butler zum CSD) darüber, dass aus der Schwulenszene teilweise lautstarke Kritik an "muslimischer" Homophobie formuliert wird. Das geht natürlich nicht. Das sind doch zwei von der Mehrheitsgesellschaft unterdrückte Gruppen, die müssen doch zusammen arbeiten. Funktioniert nur nicht so gut. In Mitte ist händchenhalten von Männern einfach mal entspannter als am Kotti. Aber das wäre meine Interpretation und die Frage die sich anschließt, wäre ob das so stimmt. Denn bei "Der Linken" mag das in weiten Teilen so sein, bei der SPD, mit der Verwurzelung im Arbeiter und Umverteilermilieu wohl eher nicht.
*Anders rum war es nicht besser. Was wurde vom Westen nicht alles als kommunistischer Aufstand gewertet und völlig ohne Not bekämpft.
Zitat von ZettelDaß die EU immer noch das Ziel verfolgt, dieses Land, das den Terrorismus fördert, zum Mitglied zu machen, ist skandalös. Und daß ausgerechnet der deutsche Außenminister sich dabei hervortut, läßt mich daran zweifeln, ob ich noch einmal die FDP wählen kann.
Ach, wen würden Sie denn stattdessen wählen?
Auf Ihre Wahlalternativen wäre ich dann wirklich sehr gespannt.
Zitat von C.K.ich vermute Zettel spielt hier auf den Antiimperialen Komplex an, der jegliche als unterdrückt oder Minorität definierte Gruppe in Opposition zu den "herrschenden Verhältnissen" sieht und damit als Verbündeten. Der Feind meines Feindes...da wurden im kalten Krieg die schlimmsten Nationalisten plötzlich zu internationalistischen Antiimps umgedeutet, sobald sie eine Kalashnikow in der Hand hatten*. (...) Aber das wäre meine Interpretation und die Frage die sich anschließt, wäre ob das so stimmt. Denn bei "Der Linken" mag das in weiten Teilen so sein, bei der SPD, mit der Verwurzelung im Arbeiter und Umverteilermilieu wohl eher nicht.
Das sehe ich auch so,lieber C.K. Es gibt sicher auch in der SPD Leute, die gegen die Entstehung eines Zweivölkerstaats in Deutschland sind. Aber sie äußern sich kaum, von Sarrazin und Buschkowsky abgesehen.
Zu dem Faktor, den Sie beschreiben, kommt aus meiner Sicht noch ein zweiter hinzu, den Joschka Fischer mit dem Wort "Verdünnung" bezeichnet haben soll. (Ich schreibe "soll", weil ich das nicht in einem Originaltext von ihm gelesen, sondern nur aus zweiter Hand habe. Es soll in einem Buch von ihm stehen).
Fischer sieht, so habe ich das verstanden, wie die meisten Linken Deutschland als die Hauptursache allen Unglücks des 20. Jahrhunderts. Diese Gesellschaft, die man als immer noch latent gefährlich betrachtet, will man durch den Zuzug von Ausländern "verdünnen" und damit die Gefährlichkeit Deutschlands entschärfen.
Die Nicht-Assimilation von Einwanderern wird von denen, die so denken, nicht nur hingenommen, sondern sie ist ihr ausdrückliches Ziel. Die "bunte Gesellschaft" ist nicht der Inhalt naiver Träumereien, sondern einer überlegten politischen Zielsetzung.
Mag sein, daß dieses Denken für die Generation Fischers typisch ist und allmählich zurückgeht.
Zitat von ZettelZu dem Faktor, den Sie beschreiben, kommt aus meiner Sicht noch ein zweiter hinzu, den Joschka Fischer mit dem Wort "Verdünnung" bezeichnet haben soll. (Ich schreibe "soll", weil ich das nicht in einem Originaltext von ihm gelesen, sondern nur aus zweiter Hand habe. Es soll in einem Buch von ihm stehen).
Ich habe jetzt nachgesehen:. Die Vorsicht war berechtigt. Das folgende "Zitat" geistert durch das Internet, aktuell beispielsweise hier vom zweiten Kommentator:
Zitat von angeblich Joschka FischerDeutschland muß von außen eingehegt, und innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi "verdünnt" werden.
Tatsächlich ist das aber offenbar kein wörtliches Zitat, sondern so formuliert hat das Mariam Lau 2005 in der "Welt":
Zitat von Mariam LauWas Fischer betrifft, ist seine Auffassung mit dem Titel seines Buches "Risiko Deutschland" wohl ebenso knapp wie treffend beschrieben. Zwar hat er - zuletzt auch im Zusammenhang mit dem Zentrum für Vertreibungen, das er, ein ungarndeutsches Flüchtlingskind, energisch ablehnt - keinen Zweifel an Deutschlands demokratischer Festigung. Aber es bleibt eben beim "Risiko", das nur durch Westbindung und europäische Integration einzuhegen sei: "Eine deutsche demokratische Linke, die diese beiden historischen Grundbedingungen der bundesrepublikanischen Politik nicht mit Klauen und Zähnen verteidigt, muß von Sinnen sein, denn sie würde nicht nur das Land, sondern auch sich selbst erneut in eine schlimme Gefahrenlage bringen." Deutschland muß von außen eingehegt, und innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi "verdünnt" werden. Die "schlimmen Gefahren" sind die Leitlinie von Joschkas Fischers Politik; deshalb begründete er die Intervention im Kosovo mit Auschwitz, und vielleicht liegt ihm auch deshalb die deutsche Sicherheit nicht so besonders am Herzen.
Das angebliche Fischer-Zitat könnte das, was er in dem Buch geschrieben hat, schon korrekt paraphrasieren - ohne das Buch zu kennen, kann ich das nicht beurteilen -, aber ein würtliches Fischer-Zitat ist es jedenfalls augenscheinlich nicht.
Nun, ich hatte dieses Zitat in einer Leserrezension bei amazon.de gefunden. Es erscheint mir nur wenig wahrscheinlich zu sein, daß dort ein Leser die Welt anstatt Fischer persönlich zitiert.
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.