Und sie haben Grund dazu, den Holländern zu gratulieren. Mehr noch freilich können sie selbst sich zu der Entscheidung der holländischen Sozialdemokraten gratulieren, das Mandat für den Afghanistan-Einsatz nicht zu verlängern; diese Entscheidung wird seit gestern umgesetzt.
Dem Tenor Ihres Beitrags, lieber Zettel, entnehme ich zu meiner Freude, dass ich Sie wieder in den Reihen der Gegner eines Abzugs aus Afghanistan begrüßen darf. Leider hatten Sie im April etwas anderes geschrieben (http://zettelsraum.blogspot.com/2010/04/...i-gefahren.html. Sie schrieben damals:
Zitat Obama konnte Afghanistan fallenlassen, so wie er Osteuropa den Russen überläßt, oder er konnte sich zum Kampf aufraffen. Er hat nicht das eine und nicht das andere getan.
Er verheizt seine Soldaten für eine Sache, die schon jetzt so gut wie verloren ist. Die Bundesregierung sollte ernsthaft darüber nachdenken, ob es richtig ist, dieser wankelmütigen, unberechenbaren US-Regierung in Nibelungentreue zur Seite zu stehen.
Weder das Völkerrecht, noch das ISAF-Mandat der UNO, noch auch das Mandat des Bundestags zum Einsatz in Afghanistan verbieten es, daß die Bundeswehr sich aktiv im Kampf gegen die Taliban engagiert. Aber die politische Vernunft verbietet es.
Haben Sie damals eigentlich auch Glückwünsche von den Taliban bekommen? Lag zwischen April und August ein Beitrag, in dem Sie Ihren Meinungswechsel begründet haben, der mir vielleicht entgangen ist? Sonst könnten Sie ja jetzt eigentlich den Niederländern keine Vorwürfe machen.
Zitat von AbrahamDem Tenor Ihres Beitrags, lieber Zettel, entnehme ich zu meiner Freude, dass ich Sie wieder in den Reihen der Gegner eines Abzugs aus Afghanistan begrüßen darf. Leider hatten Sie im April etwas anderes geschrieben
Ich habe, lieber Abraham, viele Beiträge zu Afghanistan geschrieben, jeder in einem anderen Kontext, der meist von der aktuellen Wendung und Windung in der Politik Präsident Obamas bestimmt wurde.
Ich war und bin weder "für" noch "gegen" diesen Krieg. Ich bin kein Freund und kein Gegner eines Abzugs aus Afghanistan. Hänge dich auf oder hänge dich nicht auf, du wirst beides bereuen. In einem der vielen Beiträge (siehe unten) zu Afghanistan habe ich einmal in der Überschrift den Abzug der Bundeswehr empfohlen. Im Text werden Sie das interpretiert finden.
Ich habe in den Beiträgen das dortige Dilemma zu beschreiben versucht, das viele Ursachen hat.
Ursachen, bei denen allerdings aus meiner Sicht die undurchdachte, wankelmütige Politik Obamas ganz oben steht, der mal counterinsurgency will und mal counterterrorism oder vielleicht auch irgendwie beides oder etwas dazwischen; der es fertiggebracht hat, innerhalb eines Jahres zweimal eine neue Afghanistan-Politik zu verkünden, der die unglaubliche Dummheit begangen hat, zugleich mit einem Surge das Datum des Beginns des amerikanischen Truppenabzugs zu verkünden.
Hier ist eine Auswahl meiner Beiträge zu diesen Themen:
Zitat Ich war und bin weder "für" noch "gegen" diesen Krieg. Ich bin kein Freund und kein Gegner eines Abzugs aus Afghanistan. Hänge dich auf oder hänge dich nicht auf, du wirst beides bereuen.
Das ist mir zu hoch, lieber Zettel. Entweder sind Sie unter den gegebenen Umständen (einen anderen US-Präsidenten könnnen wir ja nicht herbeizaubern) für oder gegen den Abzug der deutschen und der anderen ausländischen Truppen aus Afghanistan oder es ist Ihnen gleichgültig, was passiert. Wenn Sie nicht dagegen sind, gibt es keinen Grund, die Niederländer zu kritisieren.
Ich teile den Tenor Ihrer Kritik an dem Abzug der Niederländer, mit der Sie sehr deutlich auch generell jeder Abzugs-Perspektive eine Abfuhr erteilt haben. Ich hoffe, dass Sie nun dabei bleiben, egal welche Windungen und Wendungen Obama vollziehen mag. Übrigens hat sich ja gerade sehr deutlich gezeigt, dass Obama keineswegs der schlimmste Appeaser im demokratischen Lager der USA ist. Das Geld für die Truppenaufstockung wollte ihm ein großer Teil der demokratischen Abgeordneten nicht zugestehen. Wie wäre die Abstimmung wohl ausgegangen, wenn Obama den "Friedensfreunden" nicht wenigstens den Beginn eines Abzugs in Aussicht gestellt hätte? Bis zum Beginn des Abzugs können die Wahlen zum Repräsentantenhaus das politische Kräfteverhältnis ja noch ändern.
Zitat Ich war und bin weder "für" noch "gegen" diesen Krieg. Ich bin kein Freund und kein Gegner eines Abzugs aus Afghanistan. Hänge dich auf oder hänge dich nicht auf, du wirst beides bereuen.
Das ist mir zu hoch, lieber Zettel. Entweder sind Sie unter den gegebenen Umständen (einen anderen US-Präsidenten könnnen wir ja nicht herbeizaubern) für oder gegen den Abzug der deutschen und der anderen ausländischen Truppen aus Afghanistan oder es ist Ihnen gleichgültig, was passiert.
Ja, wenn das so einfach wäre. Die Umstände ändern sich ja schneller als das Wetter.
Seit ich das, was Sie zitieren, im April geschrieben habe, hat Obama ja schon wieder einen Schwenk gemacht und Petraeus zum Oberbefehlshaber in Afghanistan ernannt.
Wenn ich richtig verstehe, was man zu der Strategie von Petraeus liest, dann will er counterterrorism; und zwar vor allem mit der Taktik, die Führer der Taliban und der Kaida in Afghanistan zu töten. Das scheint mir realistisch zu sein. Anders als im April könnte sich damit wieder eine Siegeschance eröffnen.
Mit diesem erneuten Schwenk von Obama hatte ich zugegebenermaßen nicht gerechnet, obwohl ich bei Obama eigentlich alles für möglich halte. Immerhin gehörte er wegen des Surge im Irak zu den schärfsten Kritikern von Petraeus, und jetzt soll just dieser im Auftrag des Präsidenen Obama in Afghanistan genau das machen, was der Senator Obama in Grund und Boden kritisiert hatte.
Naja. Wie lange wird es dauern, bis Obama Petraeus feuert und wieder eine neue Strategie verkündet? Wenn die Bundeswehr in Afghanistan bleibt, ist das falsch. Wenn sie abzieht, dann ist das falsch. So ist das nun mal, ich habe es ja geschrieben.
Ansonsten: Wenn Sie Zeit haben, dann lesen Sie vielleicht die verlinkten Artikel noch einmal. Manches wiederholt sich. Das ist vermutlich schwer zu vermeiden; jedenfalls passiert es mir. Aber als ich das alles jetzt noch einmal gelesen habe, hatte ich eigentlich nicht den Eindruck, irgend etwas zurücknehmen oder einschränken zu müssen.
"Die Umstände ändern sich ja schneller als das Wetter."
Und ich dachte immer die BW erfuellt in AF eine Mission - Maedchen in die Schule etc und bringt Frieden und Demokratie - aber offenbar haengt das dann doch von den "Umstaenden" ab - und davon wer bspw in AF das Kommando hat ws die USA betrifft. Und so kann man sich in etwas folgendes mission statement ausdenken: Soldiers! You are here in Afghanistan to rid this nation of the Taliban and their evil influence. You are here to ensure that little girls can go to school and participate in public life - unless of course there is a new CiC or President Obama delivers another speech or some other change in "circumstances" in which case we don't care about the above at all and hightail it out of here". Motivierend. Schwer zu sehen wie dieser Einsarz in AF nicht eine totale Erfolgsgeschichte sein wird.
"Wie lange wird es dauern, bis Obama Petraeus feuert und wieder eine neue Strategie verkündet?"
Wahrscheinlich eine ganze Weile - es sei denn Petraeus kritisiert seinen Chef ebenfalls in aller Oeffentlichkeit.
"Wenn die Bundeswehr in Afghanistan bleibt, ist das falsch. Wenn sie abzieht, dann ist das falsch. So ist das nun mal, ich habe es ja geschrieben."
Und die NL haben sich fuer das zweite "falsch" entschieden - zusammen mit Nationen die der hollaendischen Kapitulationsbereitschaft ganz unverdaechtig sind wie bspw Kanada. Ist das "falscher" als das erste "falsch" naemlich in AF zu bleiben?
Zitat von john j"Die Umstände ändern sich ja schneller als das Wetter." Und ich dachte immer die BW erfuellt in AF eine Mission - Maedchen in die Schule etc und bringt Frieden und Demokratie - aber offenbar haengt das dann doch von den "Umstaenden" ab - und davon wer bspw in AF das Kommando hat ws die USA betrifft.
Ich muß zugeben, lieber John, daß ich Ende Dezember 2001 auch gedacht habe, die Taliban und die Kaida in Afghanistan seien endgültig geschlagen; das war nach der Schlacht von Tora Bora.
Ich hatte, wie die damalige Bundesregierung und wie die meisten Journalisten, kein realistisches Bild von Afghanistan. Ich dachte, als dann Karzai an die Macht kam, man könne etwas Ähnliches erreichen, wie es Präsident Bush im Irak geschafft hat.
Heute ist mir klar, daß das eine Illusion war. Denn die afghanische Gesellschaft ist nicht mit der des Irak vergleichbar; es ist eine Stammesgesellschaft aus vielen Völkerschaften, die niemals staatliche Strukturen gekannt haben (es sei denn als Zwang, wie unter den Sowjets).
Ich habe eingesehen, daß counterinsurgency in Afghanistan keine Chance hat. Man kann nur counterterrorism versuchen und eine Strategie fahren, durch die die Taliban und die Kaida daran gehindert werden, an die Macht zurückzukehren. Mehr ist illusorisch.
Durch die Ernennung von Petraeus gibt es die Chance, daß entgegen der gesamten früheren Rhetorik von Obama solch eine Strategie implementiert werden könnte.
Dazu würde allerdings auch gehören, daß Obama die aberwitzige Ankündigung, im Juli 2011 mit dem Abzug zu beginnen, zurücknimmt. Es wird dann ja darum gehen,die Bevölkerung davon zu überzeugen, daß Karzai und die ISAF dauerhaft stärker sind als die Taliban und die Kaida, und daß es deshalb in deren Interesse ist, sich auf deren Seite zu stellen. "We're here to stay", das müßte die Botschaft an die Afghanen sein.
Es gibt diese Chance, aber ich halte sie für gering. Denn natürlich bestimmt sich der Termin Juli 2011 dadurch, daß dann der Vorwahlkampf für die Wahlen 2012 beginnt.
Obama wird wahrscheinlich wieder einmal umfallen und Afghanistan aufgeben, so, wie er bereit gewesen war, den Irak aufzugeben, und wie er Osteuropa, sofern es nicht nur Nato gehört, den Russen überlassen hat. Insofern wird sich die Frage, ob die Bundeswehr weiter in Afghanistan bleiben soll, dann dadurch erledigen, daß es auch die USA nicht mehr wollen.
Zitat von ZettelDurch die Ernennung von Petraeus gibt es die Chance, daß entgegen der gesamten früheren Rhetorik von Obama solch eine Strategie implementiert werden könnte.
Dazu würde allerdings auch gehören, daß Obama die aberwitzige Ankündigung, im Juli 2011 mit dem Abzug zu beginnen, zurücknimmt. Es wird dann ja darum gehen,die Bevölkerung davon zu überzeugen, daß Karzai und die ISAF dauerhaft stärker sind als die Taliban und die Kaida, und daß es deshalb in deren Interesse ist, sich auf deren Seite zu stellen. "We're here to stay", das müßte die Botschaft an die Afghanen sein.
Es gibt diese Chance, aber ich halte sie für gering. Denn natürlich bestimmt sich der Termin Juli 2011 dadurch, daß dann der Vorwahlkampf für die Wahlen 2012 beginnt.
Es scheint als könnte sich der Wind weiter drehen und eine verantwortliche Politik einkehren.
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