-- La función didáctica del historiador está en enseñarle a toda época que el mundo no comenzó con ello. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Ungelt
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20.08.2010 12:22
#2 RE: Schweiz: Volksinitiative für die Todesstrafe
Meine Meinung zu dieser Problematik habe ich hier bereits versucht zu beschreiben. Ich halte die Todesstrafe für angemessen, wenn es sich bei einem Mord um die bewußte Vertuschung der Straftat handelt, wenn der Täter also aus seiner Sicht "rational" handelt. Bei dieser Art von Verbrechen würde die Strafe wohl auch den größten Anbschreckungseffekt erzielen. Daher würde ich bei dieser Volksinitiative zustimmen. (Bei manchen terroristichen Taten, z.B. nach dem Muster el-Megrahi, würde ich diese Strafe ebenfalls für angemessen halten, wenn auch aus teilweise anderen Gründen.)
Ganz klar Nein. Niemand hat das Recht jemanden umzubringen. Keine Einzelperson, keine Mehrheit, kein Gericht, kein Staat. Bei Terroristen war ich mal kurz zu Zugeständnissen bereit, aber da machte man die Typen lediglich zu Märtyrern.
Dass die Todesstrafe nicht abschreckend wirkt, zeigt ja die Anzahl der weltweit verhängten Todesurteile (selbst wenn sie so barbarisch vollstreckt werden wie in islamischen Staaten). Mörder gehören hinter Gitter, wo sie sich Annehmlichkeiten erarbeiten müssten, und Sexualstraftäter müsste man doch irgendwie auf biochemischem Wege ihrer kranken Triebe berauben können, oder?
Sanfte Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
Abwegig. Ich schließe mich sowohl Ungelt als auch Calimero an:
Aus meiner Sicht gibt es überhaupt keine Rechtfertigung und vor allem keine rationale Begründung für die Todesstrafe; sie ist als die letzte Körperstrafe (im Westen) und die äußerste Körperstrafe (neben Verprügeln, Abschneiden der Zunge, Abhacken von Händen usw.) in den zurückgebliebenen Ländern ein Relikt aus der Zeit vor der Aufklärung.
(Nebenbei: Ich habe nie verstanden, wie jemand für die Todesstrafe sein und sich zugleich über diese anderen Körperstrafen empören kann. Ist es denn graumsamer, jemandem die Augen auszustechen, als ihn zu vergasen oder zu Tode zu spritzen?)
Insofern stimme ich Calimero zu. Falls man nun aber schon die Todesstrafe will, dann käme aus meiner Sicht nur der kaltblütige, geplante Mord in Betracht; Beispiel Gäfgen. Der Mord nach einer Sexualstraftat ist das in der Regel ja gerade nicht.
Gerade bei Sexualstraftätern stellt sich bekanntlich in besonderem Maß die Frage, ob jemand etwas für seine Gene kann. Gerade sie, die ihre Triebe nicht zügeln können, kommen aus meiner Sicht von allen Mördern am wenigsten für eine Todesstrafe in Betracht.
Aber wie gesagt - meines Erachtens kommt dafür überhaupt niemand in Betracht. Allerdings fand ich es abwegig, daß seinerzeit Deutschland und Italien ausgerechnet bei der Hinrichtung von Saddam Hussein protestiert haben, während solche Proteste bei Hinrichtungen in China oder im Iran nicht zu vernehmen sind.
Übrigens habe ich das Video von der Hinrichtung Saddams gesehen. Man sah die Todesangst in seinem Gesicht. Ich sah sie, obwohl ich noch nie zuvor einen Menschen in Todesangst gesehen hatte. Das muß also etwas evolutionär sehr Altes sein.
Herzlich, Zettel
Ungelt
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21.08.2010 11:01
#5 RE: Schweiz: Volksinitiative für die Todesstrafe
Zitat von ZettelAus meiner Sicht gibt es überhaupt keine Rechtfertigung und vor allem keine rationale Begründung für die Todesstrafe;...
Das mag sein, auch wenn die Grenzen m.M.n. sehr unscharf sind. Allerdings nur dann, wenn auch sichergestellt ist, daß die bereits schon humanen Strafen auch wirklich umgesetzt werden. Das ist, wie man aktuell an allen Ecken beobachten kann, leider nicht der Fall. Und wenn die Strafen nicht umgesetzt werden, werden die bereits vorhandenen Opfer verhöhnt und neue Opfer in kauf genommen.
Ich habe aber auch grundsätzliche Zweifel, ob man das Problem nur rein rational betrachten kann:
- Menschen agieren und reagieren auch irrational. Das kann man bedauern, wie Sie es möglicherweise tun, oder auch nicht. Es gehört jedenfalls zum Menschen, und es gibt eine Menge irrationaler menschlicher Impulse und Verhaltensweisen, die ich nicht missen möchte.
- es ist aus meiner Sicht daher auch nicht abwegig, wenn ein Staatswesen und seine "Lenkungsmechanismen" auch über irrationale Elemente verfügt. Der Patriotismus z.B. ist aus meiner Sicht zum großen Teil ein solches Element.
Mir ist klar, das fast jeder Deutsche bei diesem Gedanken einen Schrecken bekommt. Ich möchte auch nicht in der Lage sein, entscheiden zu müssen, ob das nun auf Deutschland bezogen gut oder schlecht ist. Ich möchte dazu nur sagen, daß ich den Eindruck habe, daß kleine Völker ohne diese irrationalen Elemente keine Chance hätten, zu überleben.
Dabei wäre aber auch zu bedenken, daß sich Deutschland (und ganz Europa im Prinzip) gerade demographisch auf den Weg befindet, ein kleines Volk zu werden.
es kommt meines Erachtens noch mehr hinzu: Bei allen Diskussionen wird immer angenommen, daß der "normale Bürger" das bleibt, was er vorher war. Was aber, wenn dieser Mensch zu dem Schluß kommt, daß sich Verbrechen oder ein "Abweichen von der gesetzlichen Norm" lohnen könnte? Was, wenn er meint, daß alle Abweichler einen echten Daseinsvorteil erlangt hätten? Dann würde ich einfach erwarten, daß die Bereitschaft zur Rechtschaffenheit langsam erodierte. Und wenn Sie mich fragen, dann sehe ich das täglich in meiner Heimatstadt. Der Rechtsstaat wird, wie die Demokratie, von seinen vermeintlichen Verteidigern aufgegeben.
Herzlich, Thomas
Ungelt
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03.09.2010 10:23
#7 RE: Schweiz: Volksinitiative für die Todesstrafe
Zitat von Thomas Paulies kommt meines Erachtens noch mehr hinzu: Bei allen Diskussionen wird immer angenommen, daß der "normale Bürger" das bleibt, was er vorher war. Was aber, wenn dieser Mensch zu dem Schluß kommt, daß sich Verbrechen oder ein "Abweichen von der gesetzlichen Norm" lohnen könnte?
Lieber Thomas,
das stimmt, dieser Aspekt wird fast immer ignoriert. Man tendiert bei der Betrachtung solcher Zusammenhänge immer dazu, bestimmte Größen als statisch zu betrachten, um mit dem Rest besser fertig zu werden. In diesem Fall eben den "gesetzestreuen Bürger", der ja mit dem Verbrechensbekämpfung nichts zu tun hat ;-) Das ist ja dann ungefähr so, als ob man an einem undichten Deich das Reparaturmaterial von einer anderen Deichstelle nehmen würde, denn dort ist er ja dicht.
Ich bedanke mich sehr für die Unterstützung gerade bei diesem Thema. Bei dem ich spüre, daß ich mich auch deutlich jenseits des Mainstreams der Zimmerei, dafür aber in gefährlicher Nähe des bayerischen Stammtisches (der in diesem Fall ausschließlich mit "sehr alten Männern" bestückt ist) bewege ;-)
Sehr herzlich, Ungelt
PS: Sie haben Ihren Avatar schon vor einiger Zeit gewechselt, der sah in diesen Zeiten aber noch deutlich optimistischer aus. Ich möchte nicht zu neugierig sein, stelle mir aber doch die Frage, ob das irgendwelche kommunizierbaren Ursachen hat. Die intensive Beschäftigung mit der absurden Gegenwart und der erwartbaren Zukunft hat ja manchmal sehr unangenehme Nebenwirkungen.
ja, es besteht die Gefahr, zu schwarz zu sehen! Aber daß man parnoid ist, heißt ja nicht, daß 'sie' nicht hinter einem her wären ;-)
Stammtische, auch wenn ich bayerische nicht kenne, möchte ich nicht pauschal als schlecht beszeichnen. Sie sind in den 70ern einfach als 'rechts' und 'konservativ' diffamiert worden. Damals änderte das Wort 'bieder' seine Bedeutung von 'rechtschaffen' auf 'dumm'. Wenn man es mit der Bedeutung 'so von seiner Rechtschaffenheit überzeugt sein, daß sich Nachforschungen erübrigen' versucht, trifft es auf Stammtische aller Farben wohl eher zu. Und davon sehe ich bei keinem der Zimmerleute etwas!
Zu Ihrem Postscriptum: Mir ging das Gezappel meines vorigen Avatars ein wenig auf den Geist, deshalb habe ich's mal mit der Verfremdung eines Photos versucht. Naja, das ist dann wohl etwas dunkel geraten - ich bin halt ein echt unbegabter Graphiker. Also, keine Angst, auch wenn ich manchmal mit den Fingernägeln über die geistige Wandtafel kratzen möchte, beim nächsten Schönen Satz, Bild oder Gedanken geht's mir schon wieder gut!
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