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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 2 Antworten
und wurde 598 mal aufgerufen
 Gesellschaft und Medien
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.11.2006 17:12
Zettels Meckerecke: Spiegel-Online nimmt ernst Antworten

In diesem Blog erlaube ich mir mal wieder eine SPON-Ente zu rösten.

Es geht um einen amerikanischen Kolumnisten, der sich mit dem Ernst der Lage im Irak beschäftigt, so wie er sie sieht - und der das drastisch illustriert, indem er die Idee durchspielt, Saddam wieder an die Macht zurückzuholen. Klassische kontrafaktische Argumentation, wie sie amerikanische Kolumnisten lieben; schwarzer Humor à la Art Buchwald.

Und was macht SPON? Man macht daraus eine "Forderung", Saddam tatsächlich an die Macht zurückzuholen.

Dümmer geht's nümmer? Warten wir ab, welche Ente uns als nächstes aus dem SPON-Stall zuflattert.


Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.11.2006 21:55
#2 Da flattert sie schon! ... oder baumelt ;-) Antworten

Zitat von Zettel
Dümmer geht's nümmer? Warten wir ab, welche Ente uns als nächstes aus dem SPON-Stall zuflattert.

Da brauchte man nicht lange zu warten. Heute meldet SPON
Bushs gescheiterter Feldzug:
US-Geheimdossier - erste irakische Provinz verloren

Der Krieg in der westirakischen Provinz al-Anbar ist für die USA so gut wie verloren. Einem geheimen Militärbericht zufolge sind die US-Truppen nicht mehr in der Lage, Aufständische zurückzuschlagen.

Ein "Geheimdossier", laut dem die "erste irakische Provinz verloren" sei - wow! Man wundert sich a bisserl, daß die seriöse Presse das nicht weltweit als Aufmacher hat. Aber nun ja, vielleicht hat SPON mal wieder was herausgefunden, was die anderen noch nicht gemerkt haben; sozusagen den Vogel abgeschossen.

Aber nein, es baumelt nur eine neue Ente neben den anderen.



Was also ist wirklich der Fall? SPON bezieht sich auf einen Artikel von Dafna Linzer und Thomas E. Ricks in der heutigen "Washington Post". Dessen Überschrift allerdings besagt nicht, daß Bushs Feldzug gescheitert sei oder daß eine erste irakische Provinz verloren sei. Sondern sie lautet: "Anbar Picture Grows Clearer, and Bleaker" - Das Bild von Anbar wird klarer, und düsterer.

In der Tat ist dieser Bericht, den die Washington Post zitiert, düster. Der Autor - ein Oberst der Marines - weist auf die Schwierigkeiten der Sunniten im Irak allgemein hin, die sich von den Schiiten dominiert fühlten;, auf die besonderen Probleme in der Provinz Anbar.

Was die Al Kaida angeht, schreibt der Autor, diese Organisation,
now an "integral part of the social fabric of western Iraq," has become so entrenched, autonomous and financially independent that U.S. forces no longer have the option "for a decapitating strike that would cripple the organization," the report says.

Die El Kaida könne also nicht mehr durch einen einzigen "Enthauptungsschlag" zerschlagen werden. Und an anderer Stelle:
Between al-Qaeda's violence, Iran's influence and an expected U.S. drawdown, "the social and political situation has deteriorated to a point" that U.S. and Iraqi troops "are no longer capable of militarily defeating the insurgency in al-Anbar,"

Zwischen der Gewalt der El Kaida, dem Einfluß des Iran und einem erwarteten Verminderung der US-Truppen habe sich "die soziale und politische Situation so weit verschlechtert", daß die Truppen der USA und des Irak "nicht mehr in der Lage sind, den Aufstand in al-Anbar militärisch niederzuschlagen".

Wie der Autor diesen letzen Satz meint, geht aus dem Folgenden hervor:
Devlin suggested that without the deployment of an additional U.S. military division -- 15,000 to 20,000 troops -- plus billions of dollars in aid to the province, "there is nothing" U.S. troops "can do to influence" the insurgency.

Devlin vertrat die Auffassung, daß ohne die Verlegung einer weiteren US-Militärdivision - 15 000 bis 20 000 Mann - und Milliarden Dollar Aufbauhilfe für die Provinz die US-Truppen "nichts tun können", um "auf den Aufstand" einzuwirken.

Also, Devlin schreibt keineswegs, der Krieg oder auch nur die Provinz seien verloren, sondern er ist der Auffassung, daß ohne zusätzliche Truppen kein Sieg möglich sei. Es ist, mit anderen Worten, die nüchterne Einschätzung eines Militärs darüber, was getan werden muß.

Und hier das Fazit aus dem Bericht der "Washington Post":
In a final section of the report, titled "Way Ahead," Devlin outlined several possibilities for bringing stability to the area, including establishing a Sunni state in Anbar, creating a local paramilitary force to protect Sunnis and to offset Iranian influence, shifting local budget controls, and strengthening a committed Iraqi police force that has "proven remarkably resilient in most areas."

Devlin ended the assessment by saying that while violence has surged, the presence of U.S. troops in Anbar has had "a real suppressive effect on the insurgency." He said the suffering of "Anbar's citizens undoubtedly would be far worse now if it was not for the very effective efforts" of U.S. forces.

In einem Schlußteil des Berichts, mit der Überschrift "Ein Weg nach vorn" skizzierte Devlin verschiedene Möglichkeiten, den Landesteil zu stabilisieren. Dazu gehört die Möglichkeit, in Anbar einen sunnitischen Staat zu errichten, eine lokale paramilitärische Streitmacht zu schaffen, die die Sunniten schützt und dem iranischen Einfluß entgegenwirkt, die Kontrolle über die Finanzen örtlich zu verlagern und eine loyale irakische Polizei zu stärken, die sich "in den meisten Gegenden als erstaunlich belastbar erwiesen hat".

Devlin schloß die Beurteilung mit der Feststellung, daß die Gewalt zwar zugenommen habe, daß aber die Anwesenheit der US-Truppen in Anbar "sich real auf die Unterdrückung des Aufstands auswirkt". Er schrieb, daß "das Leiden der Bevölkerung von Anbar zweifellos weit schlimmer wäre, wenn es nicht die sehr wirksamen Anstrengungen" der US-Streitkräfte gäbe.



Natürlich zitiert SPON das nicht.

Kein Wort davon in Devlins Bericht, kein Wort davon in dem Artikel der Washington Post, daß die "Provinz verloren" sei, oder "so gut wie verloren".

Die SPON-Ente baumelt. Und sie riecht; kräftig mal wieder.



Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.11.2006 20:04
#3 Und daneben hängt schon die nächste ... ;-) Antworten

Und weiter flattert eine, oder baumelt. Aktuell in SPON über den Irak zu lesen:

Aus Protest gegen ein Treffen von Ministerpräsident Nuri el-Maliki mit US-Präsident George W. Bush hat die Bewegung des radikalen Schiitenführers Muktada al-Sadr die Regierung verlassen. (...) Die schiitische Gruppe war mit fünf Ministern in der Regierung vertreten und stellt 30 Abgeordnete im Parlament. Bereits am Freitag hatte Sadr mit dem Austritt aus der Regierung gedroht, wenn Maliki das Treffen mit Bush nicht absage.

Dazu die Meldung der Washington Post
Powerful Shiite Bloc Boycotts Iraqi Government

(...) BAGHDAD, Nov. 29 -- A bloc of Iraqi lawmakers and cabinet ministers allied with militia leader Moqtada al-Sadr launched a boycott of their government duties Wednesday to protest Prime Minister Nouri al-Maliki's decision to attend a summit in Jordan with President Bush.

"We announce the suspension of our participation in government and parliament," said Nasar al-Rubaie, the leader of Sadr's parliamentary bloc. "We gave a promise last Friday that we will suspend our participation if the Prime Minister met with Bush and today [Wednesday] we are doing it as a Sadrist bloc." (...)

In an earlier statement, the 30 lawmakers and five cabinet ministers loyal to Sadr said their action was necessary because the Amman summit constituted a "provocation to the feelings of the Iraqi people and a violation of their constitutional rights." But Rubaie cautioned that their action did not mean the officials were pulling out of the government

"Aber Rubaie schränkte ein, daß ihr Vorgehen nicht bedeute, daß sich die Amtsträger aus der Regierung zurückziehen würden" lautet der letzte Satz auf Deutsch.

Das exakte Gegenteil also von dem, was SPON "meldet".



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