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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 41 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.09.2010 12:18
Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Ein bemerkenswertes Dokument elitären Denkens.

Zu den seltsamsten politischen Irrtümern gehört es, daß elitäres Denken auf der konservativen Seite des politischen Spektrums beheimatet sei.

Es gibt es dort, gewiß; heute weniger als früher.

Aber inzwischen sind es ganz überwiegend Linke, die elitär denken; die das, was die Mehrheit der Bürger bejaht, "dumpf" und "krude" nennen.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

17.09.2010 12:24
#2 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von Zettel
Aber inzwischen sind es ganz überwiegend Linke, die elitär denken; die das, was die Mehrheit der Bürger bejaht, "dumpf" und "krude" nennen.


Oder in den unsterblichen Worten Barack Obamas:

Zitat von Barack Obama
[T]hey get bitter, they cling to guns or religion or antipathy to people who aren't like them or anti-immigrant sentiment or anti-trade sentiment as a way to explain their frustrations.


http://www.youtube.com/watch?v=DTxXUufI3jA

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La función didáctica del historiador está en enseñarle a toda época que el mundo no comenzó con ello. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.09.2010 12:41
#3 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Ist schon interessant, daß man so eine zutiefst antidemokratische Einstellung offen verbreiten kann, ohne daß sich der Medien-übliche Proteststurm erhebt ...

caspar gutman Offline



Beiträge: 2

17.09.2010 14:14
#4 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Kann es sein,dass ein Unterkommen im Kulturwissenschaftlichen Institut Essen für bestimmte dumme Wissenschaftler (Welzel, Leggewie, Sommer...) das Gleiche bedeutet,wie für eine nicht unbeträchtliche Zahl unfähiger Politiker ein Job bei der EU?

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.09.2010 14:41
#5 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von caspar gutman
Kann es sein,dass ein Unterkommen im Kulturwissenschaftlichen Institut Essen für bestimmte dumme Wissenschaftler (Welzel, Leggewie, Sommer...)


Leggewie und Genossen sind zwar sehr links, vielleicht auch nicht wissenschaftlich - aber nicht dumm.
Die haben gemerkt, daß Hypes wie "Genderforschung" nicht mehr die große Kohle bringen werden. Und der aktuelle Hype "Klimakatastrophe" ist ja eher dazu gedacht, daß die Naturwissenschaftler mal an den Trog kommen - Sozialwissenschaftler können zu den Modellrechnungen eher wenig beitragen.
Also haben sie den Forschungszweig "Klimakultur" etabliert, das ist ein Schwerpunktthema an diesem Institut, und dafür haben sie bestimmt satt Steuergelder abgegriffen.


Man kann aus diesem Thema natürlich auch anders Geld machen:
http://www.amazon.de/Klimakriege-Wof%C3%...d/dp/3100894332

Vielleicht nennt er die nächste Auflage ja "Die Welt schafft sich ab", dann hätte er Sarrazin doch übertrumpfen können ;-)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.09.2010 14:58
#6 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von Zettel
Ein bemerkenswertes Dokument elitären Denkens.


Siehe zu dem Interview auch diesen Beitrag von C. gestern Abend und die Kommentare dazu.

C.K. Offline



Beiträge: 149

17.09.2010 15:16
#7 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Harald Welzer hat etwas geleistet. Das Kapitel "Massenmord und Moral" aus seinem Buch "Täter. Wie ganz normale menschen zu Massenmördern werden" ist m.E. mit das Beste was zum Bereich Täterforschung im NS geschrieben wurde. Ein sehr erhellende Analyse, bei der sozialpsychologische Modelle sehr gewinnbringend für diese eigentlich historische Frage angewandt werden. Das ist wirklich brilliant.
Umso verblüffter war ich als dieses merkwürdige Klimakrieg-Buch von ihm rauskam und als ich ihn mal live an der HU gesehen habe. Das war wirklich so weit von jedem wissenschaftlichen Diskurs entfernt. Keine Hinterfragung der eigenen Prämissen, Diffamierung der "Klimaleugner" etc. etc.
Ich glaube dem Mann hat der wissenschaftliche Betrieb nicht ausgereicht. Er will populär sein. Schade. Eigentlich ein kluger Kopf.

john j Offline




Beiträge: 591

17.09.2010 15:21
#8 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Ich finde es auch interessant dass Welzer als Sozialpsychologe "Vortraege zum Klimawandel" haelt - man fragt sich nach seiner Kompetenz bei diesem doch eher naturwissenschaftlichen Thema. Vermutlich setzt er deshalb Klimaskeptiker und Holocaustleugner gleich.

Aber abgesehen vom hysterischen Tonfall und dem elitaeren Gehabe: Welzer spricht indirekt schon einen relevanten Punkt an: Die offenbar mangelnde Bereitschaft vieler Waehler/Buerger sich noch demokratisch zu engagieren. Nehmen wir die EU als Beispiel (auch weil mich die Sarrazin-Debatte langsam nervt): In seltener Einmuetigkeit verabschieden alle deutschen Parteien einen EU-Vertrag nach dem anderen und uebertragen die Souveranitaet der BRD auf eine transnationale Organisation ohne dass hier irgendwie eine oeffentliche Debatte stattfindet. Nur Leute wie Gauweiler reichen Klage dagegen for dem BVerG ein und werden dafuer als Sonderlinge belaechelt. Ansonsten passiert nix - weder dafuer noch dagegen. Demnneachst wird die EU ihre eigenen Steuern erheben und sich damit endgueltig von den nationalen Regierungen unabhaegig machen. Und keinen stoert's. Keiner aeussert seine Zustimmung. Ich finde das interessant und vllt hat Welzer doch auf indirekte Weise recht wenn er meint die Mehrheit der Buerger hat kein Beduerfnis (sprich Interesse) an politischer Artikulation.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.09.2010 15:30
#9 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von caspar gutman
Kann es sein,dass ein Unterkommen im Kulturwissenschaftlichen Institut Essen für bestimmte dumme Wissenschaftler (Welzel, Leggewie, Sommer...) das Gleiche bedeutet,wie für eine nicht unbeträchtliche Zahl unfähiger Politiker ein Job bei der EU?


Soweit man das der Liste des Vorstands entnehmen kann, handelt es sich um Wissenschaftler, die an einer auswärtigen Universität eine Professur haben.

Ich habe mir, dort verlinkt, einmal die Publikationsliste von Welzer angesehen, so wie sie dort als "Auswahl" wiedergegeben ist.

Sie enthält keinen einzigen Artikel in einer internationalen, peer-reviewed Fachzeitschrift. Mag sein, daß Welzer solche Artikel - die für den Rang eines Forschers ausschlaggebend sind - publiziert hat; aber warum nimmt er sie dann nicht in diese Auswahl auf?



Sozialpsychologie ist ein Fach, für das es etliche angesehene internationale Fachzeitschriften gibt, beispielsweise

* Advances in Experimental Social Psychology, von der Amsterdamer Academic Press herausgegeben, im führenden europäischen Wissenschaftsverlag Elseviers

* Current Research in Social Psychology, die renommierteste elektronisch publizierte Fachzeitschrift in Sozialpsychologie

* Das Journal of Applied Social Psychology, herausgegeben in dem großen Wissenschaftsverlag Wiley-Blackwell

* und das Journal of Personality and Social Psychology , von der American Psychological Association herausgegeben; die renommierteste Fachzeitschrift auf diesem Gebiet.

Findet jemand auch nur einen Artikel in einer dieser internationalen Zeitschriften, den Welzer - und sei es als Koautor - publiziert hat?

Normalerweise sind mehrere solche Artikel heute die Voraussetzung dafür, daß jemand überhaupt eine Erstberufung schafft. Auch an deutschen Universitäten.

Herzlich, Zettel

PS: Willkommen im kleinen Zimmer!

herki Offline



Beiträge: 97

17.09.2010 15:55
#10 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Nur als Einwurf eines Interessierten Lesers wo die 90/10% Werte herkommen, N24 hatte eine Umfrage die mit diesen Werten ausgegangen ist.
Ich bin mir aber nicht sicher von wann.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

17.09.2010 16:01
#11 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von Zettel
Findet jemand auch nur einen Artikel in einer dieser internationalen Zeitschriften, den Welzer - und sei es als Koautor - publiziert hat?


PubMed ist vielleicht nicht die richtige Suchmaschine für Sozialpsychologie. Dort finde ich zwei Publikationen eines "Welzer H", eine in Cortex mit Welzer an fünfter Stelle von sieben Autoren und eine in Memory mit Welzer als Erstautor von zweien.

Nun kenne ich mich bei den Sozialpsychologen nicht aus, aber bei den biologischen und klinischen hat meistens der Erstautor die Studie zusammengeschrieben, während der Letztautor das Geld dafür eingeworben und die Studie betreut hat - alle dazwischen haben auf verschiedene Weise zugearbeitet. Nach diesem (wie gesagt, auf die Sozialpsychologie nicht unbedingt anwendbaren) Maßstab ist nur die zweite dieser Publikationen wirklich eine Leistung Welzers.

Google Scholar bietet auch nichts Ernsthaftes.

Laut der Seite des KWI ist Welzer Professor in Hannover und Witten/Herdecke. Eine Google-Suche nach "Welzer Witten/Herdecke" oder nach "Welzer site:uni-wh.de" oder auch "welzer site:uni-hannover.de" liefert nichts Sinnvolles, insbesondere keine Homepage mit Publikationslisten oder dergleichen. Bei Frau Foroutan war das ja schon merkwürdig, aber Welzer ist doch angeblich voller Professor, das wundert mich doch schon alles sehr...

--
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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

17.09.2010 16:05
#12 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von Zettel
Normalerweise sind mehrere solche Artikel heute die Voraussetzung dafür, daß jemand überhaupt eine Erstberufung schafft. Auch an deutschen Universitäten.


Traurig, dass Sie den zweiten Satz heutzutage für nötig halten...

Oh, hatte ich schon erwähnt, dass ich auch nicht herausfinde, womit sich Herr Welzer habilitiert hat? Wenn er schon keine ernsthaften Artikel schreibt, dann hätte ich doch zumindest ein "zweites Buch" erwartet.

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C.K. Offline



Beiträge: 149

17.09.2010 16:15
#13 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Ich empfehle an dieser Stelle die Jahresberichte für deutsche Geschichte. Die werfen knapp 30 Aufsätze aus.
http://jdgdb.bbaw.de/cgi-bin/jdg/cgi-bin/jdg
Es gibt auch abseits der Peer Review Fraktion Wissenschaft.

Publikation (Auswahl) gibt es hier:
http://www.kwi-nrw.de/home/profil-hwelzer.html

etwas scrollen

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

17.09.2010 16:25
#14 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von C.K.
Ich empfehle an dieser Stelle die Jahresberichte für deutsche Geschichte. Die werfen knapp 30 Aufsätze aus.
http://jdgdb.bbaw.de/cgi-bin/jdg/cgi-bin/jdg


Davon seit 1998 ganze acht Zeitschriftenbeiträge, der Rest sind Bücher, Sammelbände, Nachworte und dergleichen. Die Zeitschriften, in denen Herr Welzer publiziert: Osteuropa, Aus Politik u. Zeitgeschichte, ZeitRäume, Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, History of the human sciences, Jahrbuch für Pädagogik, Mittelweg, Bios. Genau eines davon ist englischsprachig. Inwieweit die dem Peer Review unterliegen, dem bin ich nicht nachgegangen. Das ist erstens armselig, und zweitens schaut man sich Herrn Welzers Arbeitsgebiete und die Titel seiner Publikationen an und wundert sich doch sehr, warum die ZEIT ihn für jemanden hält, der gerade zu Sarrazin und seinem Buch etwas zu sagen hätte.

Zitat von C.K.
Es gibt auch abseits der Peer Review Fraktion Wissenschaft.


Sie haben die scare quotes um das Wort "Wissenschaft" vergessen

Aber auch einen ernsthaften Einwand habe ich: wie unterscheiden Sie Wissenschaft ohne Peer Review von Blogeinträgen, Feuilleton und Greenpeace-Pressemitteilungen? Und inwiefern haben die Publikationen des Herrn Welzer mehr mit Peer Reviewed Wissenschaft zu tun als mit letzteren drei Kategorien?

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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

17.09.2010 16:28
#15 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von C.K.
Publikation (Auswahl) gibt es hier:
http://www.kwi-nrw.de/home/profil-hwelzer.html


Ja, genau auf diese Seite hat Zettel in seinem Posting ja hingewiesen. Ist das "Wissenschaft abseits der Peer Review Fraktion"?

Und bitte kennzeichnen Sie nachträgliche Änderungen Ihrer Beiträge doch bitte als solche.

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Westfale Offline



Beiträge: 45

17.09.2010 16:28
#16 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Ich bin mir nicht sicher, was Herr Welzer quantitativ ausdrücken wollte. Aus einem schludrig dahingesagten

"90 Prozent, die für Sarrazins Thesen sind"

wird durch redaktionelle Bearbeitung schnell

"Die 90 Prozent, die für Sarrazins Thesen sind",

obwohl möglicherweise (!) etwas anderes gemeint war:

"90 Prozent von denen, die für Sarrazins Thesen sind".

Das ist aber reine Spekulation. Unstrittig ist die qualitative Aussage Welzers, die wie erwähnt ein bedenkliches Demokratieverständnis offenlegt.

Gruß,

der Westfale

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.09.2010 16:34
#17 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von Westfale
Ich bin mir nicht sicher, was Herr Welzer quantitativ ausdrücken wollte. Aus einem schludrig dahingesagten
"90 Prozent, die für Sarrazins Thesen sind"
wird durch redaktionelle Bearbeitung schnell
"Die 90 Prozent, die für Sarrazins Thesen sind",
obwohl möglicherweise (!) etwas anderes gemeint war:
"90 Prozent von denen, die für Sarrazins Thesen sind".
Das ist aber reine Spekulation.


Dazu zwei Bemerkungen, lieber Westfale. Erstens hat ein Wissenschaftler nichts "schludrig daherzusagen": es gehört zu den Grundvoraussetzungen seines Berufs, sich präzise und sachlich richtig zu äußern; zumal, wenn es um Zahlen geht.

Zum zweiten wird heutzutage jedes solche Interview dem Interviewten zur Autorisierung vorgelegt. Das hat man ja Sarrazin bis zum Überdruß vorgeworfen, daß er die Sache mit dem Gen autorisiert hat, so wie er es nach einem anstrengenden Tag ungenau formuliert hatte.

Sarrazin hat am Tag darauf seine Aussage präzisiert und geschrieben, daß ihm die ungenaue Formulierung leid tat. Ob Welzer das auch tun wird?

Herzlich, Zettel

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

17.09.2010 16:41
#18 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Guten Tag,

über den Usus in der Sozialpsychologie weiß ich nichts.

Zitat
Normalerweise sind mehrere solche Artikel [in internat. Fachzeitschriften, peer-reviewed] heute die Voraussetzung dafür, daß jemand überhaupt eine Erstberufung schafft. Auch an deutschen Universitäten.



Wenigstens aus meinem Fach kann ich sagen, dass mehrere führende Fachzeitschriften deutschsprachig sind (Zeitschrift für deutsches Altertum; Zeitschrift für dt. Philologie ...), und nach meinem Kenntnisstand gibt es in der Germanistik, wohl in den Geisteswissenschaften insgesamt eher den "editorial review", d.h. die Entscheidung der herausgebenden Hochschullehrer über die Veröffentlichung. Ob man also aus Nicht-Veröffentlichung in einer engl. Zeitschrift etwas schließen kann, weiß ich nicht. Vielleicht wäre das in Sozialpsych. zu erwarten; sicher aber nicht in allen Geisteswissenschaften.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.09.2010 16:46
#19 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von Gorgasal
PubMed ist vielleicht nicht die richtige Suchmaschine für Sozialpsychologie. Dort finde ich zwei Publikationen eines "Welzer H", eine in Cortex mit Welzer an fünfter Stelle von sieben Autoren und eine in Memory mit Welzer als Erstautor von zweien.


Das sind Früchte von Welzers Kooperation mit dem Bielefelder Neuropsychologen Hans Markowitsch.

Bei solchen Kooperationen gerät man teuflisch leicht auf Autorenlisten. Mir ist es einmal passiert, an soundsovielter Stelle als Autor eines Artikels genannt zu werden, von dem ich noch nicht einmal das Ms gesehen hatte. Aber ich war der Hauptantragsteller für ein DFG-Projekt innerhalb eines SPP, und wenn ein Artikel aus der Kooperation anderer Teams mit Mitarbeitern meiner Arbeitsgruppe hervorgegangen war, dann gedachte man halt auch meiner.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

17.09.2010 16:58
#20 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von Gansguoter
Wenigstens aus meinem Fach kann ich sagen, dass mehrere führende Fachzeitschriften deutschsprachig sind (Zeitschrift für deutsches Altertum; Zeitschrift für dt. Philologie ...)


Was ja in der Germanistik durchaus Sinn macht. Aber in der Sozialpsychologie sehe ich persönlich deutlich weniger Sinn in "Nationalwissenschaften", wenn auch sicherlich mehr als in der biologischen Psychologie, weil halt doch nationale Kulturen einfließen können (auch wenn Herr Welzer das verneint).

Zitat von Gansguoter
Ob man also aus Nicht-Veröffentlichung in einer engl. Zeitschrift etwas schließen kann, weiß ich nicht. Vielleicht wäre das in Sozialpsych. zu erwarten; sicher aber nicht in allen Geisteswissenschaften.


Zum Vergleich:
- die Publikationsliste von Prof. Frey, Sozialpsychologie an der LMU
- die Publikationsliste von apl. Prof. Ziegler, Sozialpsychologie an der Universität Tübingen
- die Publikationsliste von Prof. Fiedler, Sozialpsychologie an der Universität Heidelberg
- die Publikationsliste der Sozialpsychologie der Universität Marburg

Da sind jetzt zwei "Eliteunis" und zwei "Nicht-Eliteunis" dabei, aber ein paar Sachen haben all diese Listen gemeinsam: sie sind länger als die (Auswahl) von Welzer, es sind mehr Publikationen in Fachzeitschriften darunter, und es sind mehr Publikationen auf Englisch darunter.

Und: man findet überhaupt vernünftige Homepages und Publikationslisten. Anders als bei Welzer, der ja zumindest dem KWI zufolge Professor in Hannover und Witten/Herdecke ist, aber an keiner der beiden Institutionen WWW-Spuren hinterlässt.

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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

17.09.2010 17:02
#21 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Gorgasal
PubMed ist vielleicht nicht die richtige Suchmaschine für Sozialpsychologie. Dort finde ich zwei Publikationen eines "Welzer H", eine in Cortex mit Welzer an fünfter Stelle von sieben Autoren und eine in Memory mit Welzer als Erstautor von zweien.


Das sind Früchte von Welzers Kooperation mit dem Bielefelder Neuropsychologen Hans Markowitsch.
Bei solchen Kooperationen gerät man teuflisch leicht auf Autorenlisten.



Deswegen halte ich die erste der beiden Publikationen auch für wenig hilfreich. Bei der zweiten haben nur Welzer und Markowitsch mitgearbeitet, da würde ich nicht annehmen, dass es sich lediglich um ein "auf die Autorenliste Geraten" handelt.

Ein bisschen befremdlich finde ich ja, dass beide Publikationen nicht auf der KWI-Liste auftauchen. Anscheinend ist Herr Welzer eher auf seine Bücher und Buchbeiträge stolz.

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C.K. Offline



Beiträge: 149

17.09.2010 17:03
#22 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Gorgosal,

ich dachte die nachträglichen Änderungen seien schnell genug gewesen, aber Sie haben recht, eine Kenntlichmachung wäre praktisch. Nächstes Mal, versprochen.

Mir fehlt ad-hoc das Rüstzeug für eine wissenschaftstheoretische Diskussion, es aufzufrischen die Zeit. Dennoch möchte ich natürlich nicht einfach so abtauchen, zumal ich mich missverstanden fühle.Für das Missverständnis bin ich aber selbst verantwortlich. Ich bin kein Vertreter des postmodernen "everything goes", deshalb auch keine scare quotes um das Wort Wissenschaft.
Vielleicht unterliege ich auch einem Missverständnis bezüglich des Begriff Peer Review, das Sie villeicht aus der Welt räumen können.

Ist das einreichen eines Artikels bei einer in der jeweiligen wissenschaftlichen Gemeinde anerkannten Zeitschrift, der dann von den HErausgebern im Hinblick auf Methode und Plausibilität der Schlussfolgerungen begutachtet wird und dann ggf. kommentarlos veröffentlicht wird, ein Peer-Review Prozess?
Natürlich mit den entsprechenden Anregungen für Korrekturen etc, Aber eben ohne die Bestellungen eines "unabhängigen" (sorry, da muss ich welche setzen, die Wissenschaftlichkeit ergibt sich ja nicht aus der Neutralität der Beteiligten, sondern aus der intersubjektiven Überprüfbarkeit) Gutachters? Ist das Peer Review? Dann nehme ich meinen Einwurf gerne zurück, denn das scheint mir in der Geschichtswissenschaft Usus zu sein und auch zu funktionieren.
Das in der Geschichtswissenschaft, die in weiten Teilen eben noch immer verständlicherweise national ist, das publizieren auf Englisch Maßstab sein soll, scheint mir nicht einleuchtend.

Aber das alles bitte ich jetzt als von Welzer unabhängig zu betrachten. Beim Vortrag dieses Herren ist mir damals wirklich der Kragen geplatzt, das passiert nicht so oft, mir liegt es fern ihn zu verteidigen.

mfg
C.K.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.09.2010 17:17
#23 Wie funktioniert peer reviewing? Antworten

Lieber Gansguoter,

Zitat von Gansguoter
Wenigstens aus meinem Fach kann ich sagen, dass mehrere führende Fachzeitschriften deutschsprachig sind (Zeitschrift für deutsches Altertum; Zeitschrift für dt. Philologie ...), und nach meinem Kenntnisstand gibt es in der Germanistik, wohl in den Geisteswissenschaften insgesamt eher den "editorial review", d.h. die Entscheidung der herausgebenden Hochschullehrer über die Veröffentlichung.


Wie können diese sachgerecht entscheiden, ohne Gutachen einzuholen? Sie können doch unmöglich selbst Experten für alle Forschungsbereiche sein, aus denen in ihrer Zeitschrift publiziert wird.

Auch bei den internationalen, englischsprachigen Zeitschriften haben natürlich die Herausgeber das letzte Wort. Das übliche Verfahren sieht so aus:

Die Zeitschrift hat entweder einen einzigen Herausgeber mit einer Redaktion oder ein Editorial Board, eine Redaktion/Herausgeberschaft aus gleichberechtigten Mitgliedern. Bei einem bzw. dem Herausgeber reicht man sein Ms ein. Dieser übernimmt entweder selbst die weitere Abwicklung oder reicht das Ms - der Regelfall - an einen anderen Redakteur weiter, den er für den fachlich Kompetentesten hält.

Dieser holt, ohne sich zunächst selbst weiter mit dem Ms zu befassen, Gutachten ein, eben die peer reviews. Er beauftragt dazu Mitglieder des ständigen Gutachtergremiums (Editorial Advisory Board o.ä. genannt) und/oder andere Gutachter, von denen er weiß, daß sie in genau diesem Forschungsbereich kompetent sind, weil sie selbst dort ausgiebig publiziert haben.

In der Regel werden zunächst drei Gutachten eingeholt. Stimmen die Gutachter in ihrem Urteil überein (accept - revision - resubmit - reject), dann schreibt der Herausgeber dem Hauptautor des Ms einen oft ausführlichen Brief (cover letter), in dem er die Entscheidung mitteilt, zur Begründung aus den Gutachten (jedes meist mehrseitig) zitiert und diese beifügt.

Accept ist heute ein seltener Fall. Annahme bedeutet fast immer Annahme nach Revision. Jeder Gutachter hat ausgiebige Vorschläge zur Verbesserung des Ms gemacht; der Herausgeber entscheidet, welche davon er in seinen cover letter übernimmt. Das bedeutet, daß das Ms erst publiziert wird, wenn die Autoren diese Vorschläge umgesetzt haben, die revidierte Version eingereicht haben und diese vom Herausgeber für gut befunden wurde.

Sehr oft sind sich aber nicht alle drei Gutachter in ihrem Urteil einig. Dann hat der Herausgeber zwei Möglichkeiten:

Er kann entweder weitere Gutachten anderer Gutachter in Auftrag geben; Obergutachten sozusagen. Oft fragt er dann gezielt, wie der Obergutachter bestimmte Punkte sieht, über die die Gutachter unterschiedlicher Auffassung gewesen waren.

Oder der Herausgeber entscheidet selbstherrlich. Er ist da sehr frei. Zwar wird er kein Ms akzeptieren, dessen Ablehnung alle drei Gutachter empfehlen. Aber ich habe es schon erlebt, daß zwei Gutachter ein Ms lobten (accept with minor revisions), der dritte es aber in Grund und Boden kritisierte, und daß der Herausgeber sich diesem dritten anschloß und das Ms ablehnte.

Resubmission ist eine Kategorie, die sich erst allmählich herausgebildet hat. Revision bedeutet, daß das Ms im Prinzip angenommen werden wird und man davon ausgeht, daß den Autoren eine Revision gelingt, die das ermöglicht. Resubmission bedeutet, daß der Herausgeber das Ms interessant findet, aber nur in Aussicht stellt, daß es nach gründlicher Überarbeitung angenommen werden könnte.



Ich habe das jetzt einmal so ausführlich beschrieben, lieber Gansguoter, weil nach meinem Eindruck außerhalb der Sciences (zu denen übrigens auch die Sozialpsychologie gehört) oft nicht bekannt ist, welch ein Aufwand betrieben wird, bis ein Artikel in einer seriösen Fachzeitschrift erschienen ist (Gorgasal ist es bekannt ).

Die Folge ist, daß in Artikeln, die diesen Prozeß überstanden haben, im Allgemeinen die Daten stimmen, die Theorie auf dem aktuellen Stand, die Statistik richtig und die Argumentation konsistent ist. Was natürlich nicht heißt, daß die Autoren mit ihren Theorien unbedingt Recht haben.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

17.09.2010 17:24
#24 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat von C.K.
Ist das einreichen eines Artikels bei einer in der jeweiligen wissenschaftlichen Gemeinde anerkannten Zeitschrift, der dann von den HErausgebern im Hinblick auf Methode und Plausibilität der Schlussfolgerungen begutachtet wird und dann ggf. kommentarlos veröffentlicht wird, ein Peer-Review Prozess?


Aus meiner Sicht ist das zwar ein Anfang, aber es reicht nicht aus. Denn dann kann man sich die Journals aussuchen, bei denen man die Herausgeber, deren Interessen und Standpunkte kennt. Man weiß ja ungefähr, was für Ansichten andere Wissenschaftler vertreten, dann wird man in einem Manuskript unter diesem Verfahren wenig schreiben, was dem Herausgeber gegen den Strich geht. Und umgekehrt wird man den Herausgeber diskret mehrmals zitieren, und schon fühlt er sich gebauchpinselt. Schließlich öffnet es dem wechselseitigen Rückenkratzen Tür und Tor: publizierst Du die Manuskripte meiner Doktoranden, publiziere ich die von Deinen. Und schließlich können die Herausgeber ja nur in einem winzigen Fachgebiet tatsächlich Experten sein, nur dort macht es also Sinn, wenn sie allein die Einreichungen begutachten.

Nein, peer review, wie ich es verstehe, basiert grundlegend darauf, dass weitere Stimmen gehört werden, und zwar von tatsächlichen Experten. Natürlich ist das kein Allheilmittel, weil auch bei doppelblinden Verfahren der Gutachter eine ganz gute Vorstellung hat, aus welchem Stall ein Manuskript kommt, und da auch wieder Sympathien und Antipathien hereinspielen - und der Herausgeber kann problemlos jedes Manuskript durch die geeignete Auswahl von Gutachtern abschießen. Aber es ist einfach eine Stufe objektiver, eine Stufe unabhängiger als die bloße Begutachtung durch den Herausgeber.

Zitat von C.K.
Das in der Geschichtswissenschaft, die in weiten Teilen eben noch immer verständlicherweise national ist, das publizieren auf Englisch Maßstab sein soll, scheint mir nicht einleuchtend.


Das sehe ich (teilweise) genauso. Aber warum sollten Sozialpsychologen auf Deutsch publizieren? Sind ihre Ergebnisse so spezifisch für die deutsche Psyche? (Herr Welzer scheint in seinem Interview ja anderer Ansicht zu sein, aber so richtig klar wird mir auch nicht, wie er "Deutschland" definiert.) Mitteleuropäische Geschichte, die Ottonen und Salier, Germanistik - alles gerne auf Deutsch. Aber Sozial- oder sonstige Psychologie? Die anderen Publikationslisten, die ich oben verlinkt habe, weisen auch noch immer einen (für mich) überraschend hohen Anteil von deutschsprachigen Publikationen auf, aber noch immer ist ein fühlbarer Anteil auf Englisch - bei Herrn Welzer hingegen nur eine von acht Publikationen.

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Gansguoter Offline



Beiträge: 988

17.09.2010 17:35
#25 RE: Zettels Meckerecke: Harald Welzers zehn Prozent Antworten

Zitat
Da sind jetzt zwei "Eliteunis" und zwei "Nicht-Eliteunis" dabei, aber ein paar Sachen haben all diese Listen gemeinsam: sie sind länger als die (Auswahl) von Welzer, es sind mehr Publikationen in Fachzeitschriften darunter, und es sind mehr Publikationen auf Englisch darunter.



Das außer Zweifel. Ich wollte auch nicht Herrn W. verteidigen, sondern nur auf das Problem aufmerksam machen, dass peer review fachabhängig unterschiedlich stark verbreitet ist.

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