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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 18 Antworten
und wurde 1.950 mal aufgerufen
 Pro und Contra
Turbofee Offline



Beiträge: 329

01.07.2006 11:11
Neues altes Thema Antworten
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Inger Offline



Beiträge: 296

01.07.2006 12:35
#2 RE: Neues altes Thema Antworten

Liebe Turbofee,
Du hast das Problem wieder auf den Punkt gebracht.
Ich hatte z.B. vor, zu der Diskussion über die Geburtenkontrolle etwas beizutragen, aber ich habe beschlossen, es zu lassen. Vor einer Kontroverse habe ich gewiß keine Angst, aber es hat so jeder seine Biographie mit gewachsenen Ansichten.
Zettel meinte gewiß Kontroversen ohne persönliche Beleidigungen, bei denen es nicht um Kontroversen als solche, sondern um Herabsetzung der ganzen Person geht anläßlich dieser einen gerade zur Diskussion gestellten Meinung.
Grüßchen,
Inger

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.07.2006 15:33
#3 RE: Neues altes Thema Antworten

Liebe Turbofee,

In Antwort auf:
Ich wollte eine Antwort auf einen Beitrag schreiben, den ich gestern gelesen habe. Aber ich finde ihn jetzt nicht mehr.

Mit der Suchfunktion des Forums habe ich ihn ziemlich schnell gefunden. Hier ist er.

Ich habe das zum Anlaß genommen, in den Informationen zum Forum ein paar Erläuterungen zur Suchfunktion nachzutragen.

Man muß sich a bisserl umstellen, wenn man an die Suche in Parsimony-Foren gewöhnt ist; aber die hiesige ist m.E. deutlich besser.

In Antwort auf:
Zettel schrieb dort, daß man auch hier an dieser Stelle ernsthafte oder sehr kontroverse Theman diskutieren könne (so ähnlich).

Ernsthafte Themen und sehr kontroverse, ja natürlich.

Aber es gibt gewisse Themen, über die sollte man an gewissen Orten nicht sprechen. Und mit gewissen Leuten auch nicht. Sondern einfach die Sache auf sich beruhen lassen, denn:


Als ich soweit gekommen war, liebe Turbofee, war ich sehr gespannt, wie es nach dem "denn" weitergehen würde. Denn ich bin - vorläufig - immer noch fest überzeugt, daß man über alles seine Meinung sagen kann, ohne daß es zum Streit kommen muß. Dann nämlich, wenn man es freundlich und höflich sagt und wenn - das ist natürlich wichtig - alle Beteiligten ihre eventuellen Emotionen unter Kontrolle haben. (Was uns allen nicht immer leicht fällt; mir ganz sicher nicht.)

In Antwort auf:
Es ist ein Irrtum zu glauben, daß wir in einer Zeit leben, die wirklich anders ist als die Zeiten, in denen die Menschen früher gelebt haben. Man kann die Umwelt, die Technik, egal was auch immer verändern, und natürlich macht die Menschheit insgesamt Fortschritte. Aber nicht der Mensch. Die Menschen sind immer gleich. Die Menschen als solche, in ihrem Denken, in ihren Gefühlen, in ihren Hoffnungen und in ihren Handlungen sind immer gleich.

Ja, das ist eine spannende Frage - was ist immer gleich an den Menschen, und was wird durch die Erziehung, durch die Umwelt, durch die Kultur geändert, in der sie leben und aufwachsen?

Eine Frage, die leider meist "weltanschaulich" aufgeladen wird. So sehr, daß diejenigen, die den Menschen für ein Produkt seiner Umwelt halten, diejenigen, die ihn für durch seine Gene festgelegt halten, ja oft verunglimpfen. - Aus meiner Sicht ist es eine rein empirische Frage, eine Frage für die Forschung. Demnächst gibt es, wie schon angekündigt, dazu was in Zettels Raum.

In Antwort auf:
Im allgemeinen und im ganz besonderen die Politiker. Ein nicht unerheblicher Teil der Politiker waren zu jeder Zeit verkommende Subjekte, und natürlich gibt es auch jetzt solche. Und die Propagandamaschine funktioniert natürlich auch. Es kann sogar sein, daß sie Fortschritte gemacht hat. Und diese Maschine arbeitet natürlich, um Propaganda zu machen, die die Menschen glauben sollen. Und sie arbeiten meist außerordentlich raffiniert und sehr erfolgreich.

Das stimmt sicherlich, und es war immer so, seit man auf der Agora in Athen und dem Forum in Rom Politik gemacht hat. Ein großer Teil der Politik zur Zeit der späten römischen Republik und dann der Kaiserzeit bestand darin, daß diejenigen, die Macht hatten, dem Volk Geschenke gemacht oder jedenfalls versprochen haben. Das hat sich in Italien bis heute gehalten, wo die Parteien ihre clienti haben.

Nur ist es eben ein Unterschied, ob diese Propaganda vom Staat monopolisiert wird, oder ob es verschiedene politische Kräfte gibt, die miteinander konkurrieren, wie das in unserer Demokratie der Fall ist. Da kommt es auch vor, daß Leute auf Propaganda hereinfallen, aber weitgehend wird es doch durch die Konkurrenzsituation verhindert, die dafür sorgt, daß die anderen die Propaganda entlarven.

In Antwort auf:
Gegen den riesigen Apparat von Propagandamaschinen anzugehen ist nicht möglich, oder nur in sehr bescheidenem Umfang. Wir leben in der vielgerühmten und vielbeschworenen offenen Gesellschaft. Eine "offene Gesellschaft" ist etwas sehr Schönes, etwas Erstrebenswertes. Aber ich glaube, die auf Dauer für alles offene Gesellschaft ist letztlich eine Utopie, genau wie zum Beispiel der Kommunismus. Eine offene Gesellschaft, die nicht sorgsam mit sich umgeht, ist in Gefahr, genau das Gegenteil zu werden.

Dem stimme ich vollkommen zu. Wichtig ist es vor allem, daß die Gewaltenteilung funktioniert. Daß es unabhängige Gerichtsbarkeit gibt und eine unabhängige Presse, die faktisch ja zur Vierten Gewalt geworden ist.

In Antwort auf:
Man könnte die Gedanken natürlich noch weiter vertiefen, aber ich werde immer wieder von der Wirklichkeit eingeholt. Ich muß jetzt im real life ganz banale Dinge machen.

Tja, das müssen wir alle, liebe Turbofee. Ich zB muß a bisserl was lesen, damit ich es am Montag anderen mitteilen kann.

Herzlich, Zettel


Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

01.07.2006 16:12
#4 RE: Neues altes Thema Antworten

In Antwort auf:
Turbofee:
Gegen den riesigen Apparat von Propagandamaschinen anzugehen ist nicht möglich, oder nur in sehr bescheidenem Umfang. Wir leben in der vielgerühmten und vielbeschworenen offenen Gesellschaft. Eine "offene Gesellschaft" ist etwas sehr Schönes, etwas Erstrebenswertes. Aber ich glaube, die auf Dauer für alles offene Gesellschaft ist letztlich eine Utopie, genau wie zum Beispiel der Kommunismus. Eine offene Gesellschaft, die nicht sorgsam mit sich umgeht, ist in Gefahr, genau das Gegenteil zu werden.

Zettel:
Dem stimme ich vollkommen zu. Wichtig ist es vor allem, daß die Gewaltenteilung funktioniert. Daß es unabhängige Gerichtsbarkeit gibt und eine unabhängige Presse, die faktisch ja zur Vierten Gewalt geworden ist.



Das sind eben auch Probleme, die unser Land betreffen.

Die Medien erkennen derzeit leider zu großen Teilen nicht die Aufgabe, die sie haben. Nämlich möglichst neutral den Leser / Zuschauer / Hörer zu informieren.
Stattdessen wird nicht nur tendentiös berichtet, sondern Propaganda betrieben, teilweise werden Dinge einfach unter den Teppich gekehrt oder es wird noch steif und fest an Dingen festgehalten, selbst wenn sie haltlos ohne Ende sind. Die Potsdam-Klamotte ist da ein ganz besonders unrühmliches Beispiel; selbst als Nehm den Fall wieder abgegeben hatte (kurz vor seiner Pensionierung), wurde am Tag darauf in den heute-Nachrichten im ZDF noch gesagt, es wäre eine, ich zitiere, "rassistisch motivierte Tat" gewesen. Ich hab da nur noch mit dem Kopf geschüttelt.

Und die Gewaltenteilung.... naja, es mag sie teilweise noch geben, allerdings sind Legislative und Exekutive zu sehr miteinander verflochten als das man noch von einer möglichst vollständigen Gewaltenteilung reden kann. Dann gibt es ja noch das unselige Urteil des BGH (ich glaube, Spin Doctor / Carla hatte das mal gebracht), in dem es heißt, ich zitiere sinngemäß und aus dem Kopf, daß die Generalbundesanwaltschaft sich bei entsprechendem öffentlichen Interesse einschalten müsse. Das "öffentliche Interesse" wird dabei in den Medien widergespiegelt. Mit anderen Worten: di Presse kann der Generalbundesanwaltschaft sagen, wann diese sich einzuschalten hat und wann nicht. Und das darf eigentlich nicht sein, wenn die Medien die 4. Gewalt sein sollen und es gleichzeitig Gewaltenteilung geben soll.

So mag es die Gewaltenteilung in Deutschland zwar hier und da noch geben, aber sie wird, ebenso wie das Grundgesetz langsam ausgehöhlt... und so wie das vonstatten geht, sicherlich nicht ungewollt.

Turbofee Offline



Beiträge: 329

01.07.2006 22:28
#5 RE: Neues altes Thema Antworten
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.07.2006 23:46
#6 RE: Neues altes Thema Antworten

In Antwort auf:
Die Medien erkennen derzeit leider zu großen Teilen nicht die Aufgabe, die sie haben. Nämlich möglichst neutral den Leser / Zuschauer / Hörer zu informieren.
Stattdessen wird nicht nur tendentiös berichtet, sondern Propaganda betrieben, teilweise werden Dinge einfach unter den Teppich gekehrt oder es wird noch steif und fest an Dingen festgehalten, selbst wenn sie haltlos ohne Ende sind.

Ich würde, lieber Sparrowhawk, nicht sagen, daß die Presse in toto die Aufgabe hat, möglichst neutral zu informieren. Es gibt ja auch eine Meinungspresse, und sie hat ebenso ihre Tradition wie die politisch neutrale Presse. Siehe hier

Wenn jemand die TAZ liest oder die "Junge Freiheit", dann weiß er, daß er nicht neutral informiert wird, sondern daß dies Meinungsorgane sind.

Aber die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die wir ja alle bezahlen müssen, ob wir wollen oder nicht, sind zur Neutralität verpflichtet. Und die großen seriösen Tageszeitungen, wie die FAZ, die New York Times, die London Times, Le Monde berichten im eigenen Interesse so neutral, wie sie können - weil eben dies ihren Ruf und damit ihren wirtschaftlichen Erfolg begründet und rechtfertigt.

Daß es dort auch Meinungsteile gibt, ist eine andere Sache und völlig in Ordnung; aber sie trennen Meldung und Meinung säuberlich.

In Antwort auf:
Und die Gewaltenteilung.... naja, es mag sie teilweise noch geben, allerdings sind Legislative und Exekutive zu sehr miteinander verflochten als das man noch von einer möglichst vollständigen Gewaltenteilung reden kann.

Das stimmt. Allerdings liegt es bis zu einem gewissen Grad im Wesen eines parlamentarischen Systems, in dem die Regierung "aus der Mitte des Parlaments" gebildet wird.

Ich bin strikt gegen dieses System und für eine Unabhängigkeit von Regierung und Parlament, wie sie in den USA mustergültig realisiert ist; auch in der Fünften Republik in Frankreich weitgehen.

Allerdings gebe ich dir Recht: Die Verfilzung wird immer schlimmer, seit immer mehr Parlamentarier zugleich als Parlamentarische Staatssekretäre Regierungsmitglieder sind. Das ist eine schlechte Entwicklung. Man sollte nach meiner Auffassung die Institution des Parlamentarischen Staatssekretärs schlicht und einfach abschaffen.

In Antwort auf:
Dann gibt es ja noch das unselige Urteil des BGH (ich glaube, Spin Doctor / Carla hatte das mal gebracht), in dem es heißt, ich zitiere sinngemäß und aus dem Kopf, daß die Generalbundesanwaltschaft sich bei entsprechendem öffentlichen Interesse einschalten müsse. Das "öffentliche Interesse" wird dabei in den Medien widergespiegelt. Mit anderen Worten: di Presse kann der Generalbundesanwaltschaft sagen, wann diese sich einzuschalten hat und wann nicht. Und das darf eigentlich nicht sein, wenn die Medien die 4. Gewalt sein sollen und es gleichzeitig Gewaltenteilung geben soll.

Wir haben, lieber Sparrowhawk, über diesen Potsdamer Fall ja sehr ausführlich bei Schrippe diskutiert. Ehrlich gesagt, mir fällt dazu nix mehr ein, was ich damals nicht geschrieben habe, meist mehrfach.

In Antwort auf:
So mag es die Gewaltenteilung in Deutschland zwar hier und da noch geben, aber sie wird, ebenso wie das Grundgesetz langsam ausgehöhlt... und so wie das vonstatten geht, sicherlich nicht ungewollt.

Da bin ich radikal anderer Meinung.

Es gibt, glaube ich, so um die 150 souveräne Staaten auf der Welt. Wenn man die danach ordnen würde, wie gut die Gewaltenteilung bei ihnen realisiert ist, dann würde die Bundesrepublik unter den ersten zehn landen.

Sicher ist es nicht so perfekt wie in den USA. In Frankreich ist zwar die Exekutive sehr gut von der Legislative getrennt. Dafür ist aber die Judikative mit der Exekutive verfilzt, u.a. durch die Einrichtung des "Juge d'Instruction", der teilweise die Aufgaben des Staatsanwalts, also der Exekutive, hat.

In welchen anderen Ländern, außer diesen beiden, ist die Gewaltenteilung besser realisiert als in Deutschland, nach deiner Beurteilung?


Lieber Sparrowhawk, in vielem stimme ich mit deinen politischen Stellungnahmen überein. Nur bin ich immer wieder überrascht und auch a bisserl irritiert, wenn du dieses Land, das so demokratisch und so rechtsstaatlich ist, wie kaum ein anderes auf der Welt und wie noch nie ein deutscher Staat, so vernichtend kritisierst, wie du es auch jetzt wieder getan hast.


Naja, ich denke dann, es ist vielleicht eine Frage des Lebensalters. Wenn man jung ist, dann denkt man, die Welt könnte noch viiiiiiiel besser sein, als sie ist. Wenn man älter geworden ist, dann freut man sich immer mehr daran und darüber, daß sie nicht viiiiiiiel schlechter ist.

Herzlich, Zettel

Turbofee Offline



Beiträge: 329

02.07.2006 00:04
#7 RE: Neues altes Thema Antworten
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.07.2006 14:21
#8 RE: Neues altes Thema Antworten

D

In Antwort auf:
ie Welt ist immer gleich.
Aber jetzt ist sie ein bißchen schlechter als früher

Sie war immer schlechter als früher. Und je früher sie wird, umso besser war sie.

Auch die Amselchen, die jetzt aus dem Nest raus sind, sagen, es sei doch früher viel schöner gewesen, als sie drinsaßen und gefüttert wurden.

Sofern sie noch was sagen können. Eins hat meine Frau im Garten gefunden, dh seine Überreste. Vorher war ein Riesengezeter zu hören gewesen, und es waren Dohlen zugange gewesen, offenbar die Mörder.


In Antwort auf:
Und ich bin auch nicht mehr so ganz jung, wie ich aussehe! Aber damals gab es wenigstens noch schöne gebügelte Haarschleifen

Die wurden mir zwar vorenthalten. Aber eine Spange mußte mich mir eine Zeitlang ins Haar stecken, weil das auf der Scheitelseite, wo die Haare etwas länger geblieben waren, immer in die Stirn fiel.

Fürchterlich! Wie ein Mädchen!

Und Strümpfe und kurze Hosen mußte ich tragen, statt der langen Hosen, die meine Kameraden schon hatten.

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

02.07.2006 14:57
#9 RE: Neues altes Thema Antworten

In Antwort auf:
Wenn jemand die TAZ liest oder die "Junge Freiheit", dann weiß er, daß er nicht neutral informiert wird, sondern daß dies Meinungsorgane sind.

Na, ob deren Stammleser das wissen und einfach nur ausblenden (weils ins Weltbild paßt) oder ob sie es tatsächlich nicht wissen, sei mal dahingestellt.

Es ging mir übrigens nicht darum, die Potsdam-Diskussion wieder aufzurollen, sondern um Beispiele zu bringen, für Zustände, die einfach hahnebüchern sind. Die Presse kann also, laut BGH Urteil, der höchsten Anklagebehörde quasi vorschreiben, wann sie einschreiten sollte ?

Da fällt mir ein: die Generalbundesanwaltschaft ist dem Justizministerium und damit der Exekutive unterstellt. Das mag ja für Personalfragen sinnvoll sein. Nur sollte sich das Justizministerium bitte ebenfalls aus dem Entscheidungsfindungsprozeß heraushalten, der dazu führt, ob ein Generalbundesanwalt sich einschaltet oder nicht. Auch das war nicht immer so. Hertha Däubler-Gmelin hatte, als sie das Amt innehatte, Nehm, kurz nach der Jahrtausendwende, nach ihrem eigenen Bekunden dazu drängen müssen, sich in einen Fall einzuschalten, den er eigentlich ganz anders bewertete ("Ich mußte ihn förmlich dazu drängen," soll sie gesagt haben; leider weiß ich nicht mehr, um welchen Fall es ging). Letztendlich gab er dann nach. Seit wann, bitte, hat die Exekutive der Justiz reinzureden in einem demokratischen Rechtstaat mit Gewaltenteilung ?

Dazu auch Folgendes:

In Antwort auf:
"....es geht darum, aufzudecken, daß die Selbständigkeit der Gerichte in Deutschland ein Schein ist, hinter dem eine andere rechtliche und oft auch tatsächliche Wirklichkeit steht. Dieser Schein ist historisch entstanden. Man hat sich an ihn gewöhnt....Die Gewaltentrennung im heutigen staatsrechtlichen Sinne besagt, daß Legislative, Exekutive und Rechtsprechung von verschiedenen Organen wahrzunehmen sind. Daraus folgt zunächst, daß diese Organe selbständig sein müssen, d. h. ihr Eigenleben in sich tragen, ohne in ihrem Seinsbestand von einer der anderen Gewalten abzuhängen.... Diese [die deutsche] Justizverwaltung ist aber....im wesentlichsten Teil, nämlich in der Spitze, den Gerichten entzogen und in die Hand der Exekutive gelegt. Das hebt....den Seinsbestand der Dritten Gewalt auf und macht ihn zur Fiktion trotz Anerkennung im Grundgesetz und in den Landesverfassungen...."

Zur Quelle; das Zitat ist von Paulus van Husen. Derjenige welche war Jurist, gehörte während des 3. Reiches dem Kreisauer Kreis (und somit dem Widerstand) an und war nach dem Krieg Präsident des Oberverwaltungsgerichts in NRW. Mehr zu van Husen.

Übrigens... in Sachen Trennung der Gerichte von der Exekutive war sogar die Verfassung der Sowjetunion weiter fortgeschritten (siehe $ 104, wenn ich mich nicht irre), und das will ja nun wrklich etwas heißen.

Wo ist es, verfassungs- und gewaltenteilungstechnisch, besser ? In den USA, darüber gibt es keinen Zweifel. Gerade von der US-Verfassung könnten unsere Volksvertreter jede Menge lernen, allein sie weigern sich. Eine Übernahme des US-Sytems würde nämlich zum Verlust der faktischen Parteien-Allmacht hierzulande führen, also wird so weitergewurschtelt wie bisher.

Dazu ein paar Gedanken, 1788 geäußert, entweder vom späteren Präsidenten James Madison oder vom späteren Finanzminister Alexander Hamilton: (Hervorhebungen von mir):

In Antwort auf:

"Auf welches Mittel sollen wir zurückgreifen, um auch in der Praxis die in der Verfassung festgelegte Teilung der Gewalten zu gewährleisten? Darauf gibt es nur eine Antwort: Da all diese äußeren Maßnahmen sich als unzureichend erwiesen haben, muß der Mangel behoben werden, indem die innere Struktur des Regierungssystems so gestaltet wird, daß dessen konstitutive Elemente durch ihre wechselseitigen Beziehungen selbst zum Mittel werden, den jeweils anderen Teil in seine Schranken zu verweisen.
[......]
Um eine angemessene Grundlage für eine getrennte und spezifische Ausübung der verschiedenen Regierungsgewalten zu schaffen, wie sie bis zu einem gewissen Grad von allen Seiten als wesentlich zur Erhaltung der Freiheit anerkannt wird, muß offensichtlich jede Gewalt einen eigenen Willen haben und also so konstituiert sein, daß die Mitglieder einer Gewalt so wenig wie möglich mit Ernennung oder Wahl der Mitglieder der anderen zu tun haben.
[......]
Aber die wichtigste Sicherung vor einer allmählichen Konzentration der verschiedenen Gewalten in einer Hand besteht darin, den Amtsinhabern der verschiedenen Gewalten die nötigen verfassungsmäßigen Mittel und persönlichen Anreize an die Hand zu geben, Übergriffe der anderen abzuwehren. Die Vorkehrungen für eine Verteidigung müssen in diesem wie in allen anderen Fällen der voraussichtlichen Stärke der Bedrohung entsprechen. Machtstreben muß Machtstreben entgegenwirken.
[......]
Es wirft ein schlechtes Licht auf die menschliche Natur, daß solche Vorkehrungen nötig sind, um einen Mißbrauch der Macht im Staat zu verhindern. Aber wirft nicht die Notwendigkeit der Existenz des Staates schon an sich ein schlechtes Licht auf die menschliche Natur? Wenn die Menschen Engel wären, so brauchten sie keine Regierung. Wenn Engel über die Menschen herrschten, dann bedürfte es weder innerer noch äußerer Kontrollen der Regierenden. Entwirft man jedoch ein Regierungssystem, in dem Menschen über Menschen herrschen, dann besteht die große Schwierigkeit darin: es zuerst zur Herrschaft zu befähigen, und es dann darauf zu verpflichten, sich selbst unter Kontrolle zu halten. Die Abhängigkeit vom Volk ist zweifellos das beste Mittel, staatlicher Macht Schranken zu setzen; aber die Menschheit hat aus Erfahrung gelernt, daß zusätzliche Vorkehrungen nötig sind."

Das Original ist in den Federalist Papers zu finden (Artikel 51, vom 6.2.1788; das Original dazu findet sich online unter anderem bei der Webpräsenz der juristischen Fakultät der University of Oklahoma.


Nach kurzem stichprobenartigen Vergleich erscheint mir die deutsche Übersetzung verwendbar.

Was ich immer wieder bemerkenswert finde, ist daß die USA ein fein ausbalanciertes System aus "Checks and Balances", mündigen Bürgern (die es bei uns nicht geben soll, ginge es nach den Politikern), Gewaltenteilung und -kontrolle und Föderalismus hinbekommen haben, und das gleich beim ersten Versuch. Großartige Reformen hat es kaum gegeben (sieht man von der Abschaffung des Sezessionsparagraphen und von der Abschaffung der Sklaverei ab, aber letztere war ja ohnehin keine Sache Washingtons, sondern der Bundesstaaten), und wenn etwas geändert werden muß, geschieht dies durch entsprechende Zusätze, den Constitutional Amendments. Die amerikanische Verfassung ist also dynamisch.

Deutschland hat´s nichtmal ansatzweise hinbekommen, und wir haben ja nun den 3. Versuch (nach 1871, 1919 und 1949).
Die Föderalismusreform ist zumindest mal ein sinnvoller Ansatz, allerdings, und das beklagt die Opposition, und dort gerade die FDP, zurecht, geht sie nicht weit genug, da z.B. die Frage der Aufteilung der Finanzhoheiten ausgeklammert wurde.
Die Gewaltenteilung wird hingegen langsam abgebaut; zwar nicht de iure, aber de facto.
Und mündige Bürger ? Die mag es woanders geben, aber nicht in Deutschland, wo der Bürger nur alle paar Jahre als Stimmvieh herhalten darf, um den demokratischen Anstrich zu wahren, hinter dem sich die hiesige Partei-Oligarchie verbirgt. Im Vergleich zu Weimar ist der Bürger ja sogar noch beschnitten worden in seiner Möglichkeit der demokratischen Partizipation, z.B. darf der Bürger ja sein Staatsoberhaupt nicht mehr direkt wählen, sondern das macht die Bundesversammlung, und wer ist dort maßgebend ? Wieder einmal die Parteien, deren Allmacht fast schon an den Ostblock erinnert, (noch) mit dem einen, aber wichtigen Unterschied, daß es hierzulande mehr als eine Partei gibt. Fragt sich nur, wann der auch noch fallen wird. Jedenfalls ist es bezeichnend, daß die Parteien, egal wer es ist, in der Opposition erst groß herummeckern und motzen, aber dann, kaum sind sie selbst in der Regierungsverantwortung, am gleichen, vorher ach so heftig kritisiertem, Brett weiterbügeln. Wo also ist da, de facto, noch ein Unterschied zwischen den Parlamentsparteien im demokratischen Spektrum ? Ich sehe keinen; es könnte ebenso eine Einheitspartei geben, es würde kaum einen Unterschied machen.
Die einzigen Ausnahmen in Sachen "weiterbügeln" mögen derzeit die Extremisten sein, aber die möchte ich nun wirklich nicht noch einmal in der Regierung sehen, und das gilt für Rechts- wie Linksextremisten gleichermaßen.

Sicher, besser als in irgendwelchen Bananenrepubliken ist´s hierzulande noch allemal. Allerdings sind wir durch unser System des Partei-... ich bin fast geneigt zu sagen "Partei-Absolutismus," auf bestem Wege dorthin, denn Gewaltenteilung und Rechtstaat werden durch Parlaments-Absolutismus, Partei-Oligarchie, Verflechtung der Gewalten untereinander und durch verfassungswidrige Umstände wie den Fraktionszwang langsam und schleichend beseitigt. Da aber die Parteien inclusive ihrer Fürsten bei einer Reform auf ihre faktische Allmacht verzichten müßten, werden sie sich weigern, hier Reformen anzustreben.


In Antwort auf:
Die wurden mir zwar vorenthalten. Aber eine Spange mußte mich mir eine Zeitlang ins Haar stecken, weil das auf der Scheitelseite, wo die Haare etwas länger geblieben waren, immer in die Stirn fiel.

Zettel war mal Günter Netzer ????? *schock*

Tim Byx Offline



Beiträge: 4

03.07.2006 17:52
#10 Gewaltenteilung Antworten

In Antwort auf:
Hertha Däubler-Gmelin hatte, als sie das Amt innehatte, Nehm, kurz nach der Jahrtausendwende, nach ihrem eigenen Bekunden dazu drängen müssen, sich in einen Fall einzuschalten, den er eigentlich ganz anders bewertete ("Ich mußte ihn förmlich dazu drängen," soll sie gesagt haben; leider weiß ich nicht mehr, um welchen Fall es ging). Letztendlich gab er dann nach. Seit wann, bitte, hat die Exekutive der Justiz reinzureden in einem demokratischen Rechtstaat mit Gewaltenteilung ?

Entgegen einem weitverbreitetem Glauben ist die Staatsanwaltschaft nicht Teil der Jurisdiktive, sondern Teil der Exekutive. Hertha Däubler-Gmelin hatte also sehr wohl das Recht, ein Wörtchen mitzureden.

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

06.07.2006 20:39
#11 RE: Gewaltenteilung Antworten

Tja, da aber ein Anwalt an der Rechtsprechung beteiligt ist (nämlich durch die aufgenommenen Ermittlungen, die, idealiter, Beweise für oder gegen einen Schuldspruch erbringen), ist er eigentlich, technisch gesehen, Teil der Justiz.

Somit also kann von einer unabhängigen Justiz nicht die Rede sein, und damit ist eins der wichtigen kriterien für eine wirkliche Gewaltenteilung nicht erfüllt.


Kölner Offline



Beiträge: 7

07.07.2006 12:11
#12 RE: Gewaltenteilung Antworten

Nein, Tim hat wohl recht: unabhängig sollen und müssen die Richter sein. Staatsanwälte sind tatsächlich auch weisungsgebunden, der Generalstaatsanwalt, wenn ich mich nicht irre, sogar ein politischer Beamter. Er unterliegt daher tatsächlich den Weisungen des Justizministeriums.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.07.2006 17:16
#13 RE: Neues altes Thema Antworten

Lieber Sparrowhawk,

welcome back! Ich hoffe, daß dein Rechner wieder gesund ist und wünsche ihm ein langes Leben! (Oder ist's ein neuer geworden?)

Da du ein paar Tage offline warst, ein kleiner Hinweis darauf, daß ich hier für die Antwort auf deinen Beitrag einen neuen Thread aufgemacht hatte, weil der jetzige a bisserl lang geworden war.

Herzlich, Zettel

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

07.07.2006 20:24
#14 RE: Neues altes Thema Antworten

*g* ist irgendwie beides..
einerseits hab ich nur ein paar Sachen austauschen und reparieren lassen, andererseits... wenn ich das mit dem PC vergleiche, den ich mal gekauft habe... da ist kein Teil mehr drin, was damals drin war... (die letzten Uralt-Teil waren meine Festplatte und 2 meiner Speicherriegel... alles weg).

Aber eins muß ich sagen... Windows hat noch nie so schnell gebootet...

Turbofee Offline



Beiträge: 329

22.07.2006 00:20
#15 RE: Neues altes Thema Antworten
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

22.07.2006 19:03
#16 RE: Neues altes Thema Antworten
Liebe Turbofee,

wir werden uns, glaube ich, über dieses Thema nicht einig werden, und ich will deshalb gar nicht versuchen, noch einmal unsere verschiedenen Sichweisen gegenüberzustellen, die wir ja beide gut kennen.

Wir haben halt verschiedene Erfahrungen - unmittelbare, aber auch die mittelbaren, die sich daraus ergeben, daß man sich mit der Geschichte beschäftigt.

Wir sind uns sicher einig darin, daß die Freiheit aller Bürger, unbehelligt ihre Meinung zu vertreten, gewährleistet sein muß.
Das ist doch schon eine schöne Gemeinsamkeit, oder?

Herzlich, Zettel

Turbofee Offline



Beiträge: 329

23.07.2006 13:09
#17 RE: Neues altes Thema Antworten
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

23.07.2006 22:19
#18 RE: Neues altes Thema Antworten

In Antwort auf:
Also haben wir einen Minimalkonsens gefunden, unter dem überhaupt kein Konsens mehr möglich ist. Man ist ja heutzutage sehr bescheiden geworden.

Liebe Turbofee,

ist es nicht viel wichtiger, sich darüber einig zu sein, was man will und für richtig hält, als in der Berurteilung einer Situation?

Diese Beurteilung hängt halt, wie gesagt, von persönlichen Erfahrungen und Kenntnissen ab.

Ich messe das, was heute in Deutschland der Fall ist, an dem, was es jemals in Deutschland gegeben hat und was es überall sonst in der Welt gibt. Da kenne ich nur wenige Länder, in denen es mehr Freiheit und Rechtsstaatlichkeit gibt als in Deutschland, und ganz sicher gab es nie mehr davon auf deutschem Boden. Du beziehst andere, eigene Erfahrungen und Kenntnisse ein, was ich r respektiere.

Gemessen an dem, was wir beide wollen, kann man sich vorstellen, daß es noch mehr Freiheit, noch mehr Rechtsstaatlichkeit gibt. Keine Frage. Ich denke, auch darin sind wir uns einig - und das ist dann schon a ganz kleines bisserl mehr als ein Minimalkonsens.

Herzlich, Zettel

Turbofee Offline



Beiträge: 329

23.07.2006 23:18
#19 RE: Neues altes Thema Antworten
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