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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 33 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2010 16:02
Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Nach längerer Zeit wieder einmal ein Beitrag in der Reihe "Neues aus der Forschung", die ich eigentlich ungern einstellen möchte, auch wenn die Resonanz bisher meist nicht so richtig prickelnd war.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

14.10.2010 16:09
#2 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Zettel
Daß das darin liegt, daß die Italiener und die Franzosen generell in diesem Alter weniger geistig fit sind als die Amerikaner, ist unwahrscheinlich. Das unterschiedliche Alter beim Eintritt in den Ruhestand liegt vielmehr an der Sozialgesetzgebung, dem Steuerrecht usw.


Möglicherweise liegt ja die Sozialgesetzgebung und das Steuerrecht an der nationalen geistigen Fitness...

Wurde für Sprache kontrolliert? Bei verbalen Aufgaben wäre ich vorsichtig, unterschiedliche Sprachen zu vergleichen. Ein sinnvolles Design wäre eine Kohortenstudie: man vergleicht Leute mit 55 Jahren und danach jedes Jahr neu. Wenn ein Effekt da ist, müsste man ihn bei Versuchspersonen nach der Pensionierung feststellen.

--
Civilización es la suma de represiones internas y externas impuestas a la expansión informe de un individuo o de una sociedad. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Diskus Offline



Beiträge: 206

14.10.2010 16:11
#3 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

In der referenzierten Abbildung sieht man sehr schön, daß die Schweiz, Deutschland und die NIederlande fast gleichauf sind, obwohl sich das Pensionsalter drastisch unterscheidet. Schweden und Dänemark zeigen Ähnliches, USA und England ebenfalls. Das macht mich etwas mißtrauisch. Interessanterweise korrelieren die Daten außerordentlich schlecht mit einer transnationalen IQ-Skala (Quelle habe ich gerade nicht parat), bei der die Niederlande und Deutschland mit einem Durchschnitts-IQ von 106 sehr gut, England und die USA aber besonders schlecht abgeschnitten haben.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2010 16:18
#4 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Gorgasal
Wurde für Sprache kontrolliert? Bei verbalen Aufgaben wäre ich vorsichtig, unterschiedliche Sprachen zu vergleichen. Ein sinnvolles Design wäre eine Kohortenstudie: man vergleicht Leute mit 55 Jahren und danach jedes Jahr neu. Wenn ein Effekt da ist, müsste man ihn bei Versuchspersonen nach der Pensionierung feststellen.


Längsschnittuntersuchungen sind sauteuer; erst recht, wenn sie in zahlreichen Ländern durchgeführt werden sollen.

Was die Sprache angeht: Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Zum Beispiel spielen für die Behaltensleistung im free recall (das ist die Bezeichnung für diese Technik) nach meiner Erinnerung () Faktoren wie Worthäufigkeit und Silbenzahl eine Rolle.

Wenn es eine ordentliche Untersuchung war, dann hat man die Listen zunächst geeicht, also sichergestellt, daß die Leistung bei jüngeren Probandengruppen in allen Ländern gleich war. Ich kenne diese Zeitschrift "Journal of Economic Perspectives" nicht; kennen Sie sie? Da sie von der American Economic Association herausgegeben wird, nehme ich an, daß sie peer reviewed ist. Und wenn ja, dann hätte man einen Aufsatz ohne eine solche Kontrolle mit Sicherheit nicht angenommen; der Einwand liegt ja auf der Hand.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

14.10.2010 16:22
#5 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Diskus
In der referenzierten Abbildung sieht man sehr schön, daß die Schweiz, Deutschland und die NIederlande fast gleichauf sind, obwohl sich das Pensionsalter drastisch unterscheidet. Schweden und Dänemark zeigen Ähnliches, USA und England ebenfalls. Das macht mich etwas mißtrauisch.


Wieso? Eine gewisse Residualvarianz ist völlig normal.

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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

14.10.2010 16:28
#6 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Zettel
Ich kenne diese Zeitschrift "Journal of Economic Perspectives" nicht; kennen Sie sie? Da sie von der American Economic Association herausgegeben wird, nehme ich an, daß sie peer reviewed ist.


Das ist sie. Und ich habe schon ab und zu etwas daraus gelesen, die Zeitschrift ist nicht schlecht.

Zitat von Zettel
Und wenn ja, dann hätte man einen Aufsatz ohne eine solche Kontrolle mit Sicherheit nicht angenommen; der Einwand liegt ja auf der Hand.


Nu, man kann ja nachschauen, der Artikel ist frei zugänglich.

Zitat
These data come from public use fi les of the U.S. Health and Retirement Study (HRS), the English
Longitudinal Study of Ageing (ELSA), and the Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe
(SHARE), which have been designed collaboratively by the researchers responsible for each study to be as
comparable as possible. Data and additional information about each survey can be obtained at their websites: http://hrsonline.isr.umich.edu, http://www.ifs.org.uk/elsa and http://www.share-project.org.


Tiefer bin ich allerdings zugegebenermaßen nicht eingestiegen.

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2010 16:38
#7 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Diskus
In der referenzierten Abbildung sieht man sehr schön, daß die Schweiz, Deutschland und die NIederlande fast gleichauf sind, obwohl sich das Pensionsalter drastisch unterscheidet. Schweden und Dänemark zeigen Ähnliches, USA und England ebenfalls. Das macht mich etwas mißtrauisch.


Ist das nicht das Bild jeder zwar signifikanten, aber numerisch nicht sehr hohen Korrelation? Ich habe jetzt kein Programm zur Hand, aber man könnte ja die Daten aus der Abbildung schätzen und mal eben einen Korrelationskoeffizienten ausrechnen. Was sagt Ihre Intuition, wie hoch er liegen würde?

Zitat von Diskus
Interessanterweise korrelieren die Daten außerordentlich schlecht mit einer transnationalen IQ-Skala (Quelle habe ich gerade nicht parat), bei der die Niederlande und Deutschland mit einem Durchschnitts-IQ von 106 sehr gut, England und die USA aber besonders schlecht abgeschnitten haben.


Das würde den Effekt ja dann noch verstärken, wenn man den Durschschnitts-IQ als Kovariable verwenden würde.

Übrigens sind solche Vergleiche des Durchschnitts-IQ aber wenig aussagekräftig, weil es sich ja um jeweils national standardisierte IQ-Tests handelt; auch dann, wenn sie alle mehr oder weniger auf die Wechsler Adult Intelligence Scale zurückgehen.

Herzlich, Zettel

Florian Offline



Beiträge: 3.171

14.10.2010 16:44
#8 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Sic transit gloria mundi!

Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass es mit Deutschland zu Ende geht, so ist er nun erbracht:
Selbst in meiner Hauptquelle für alles Wissen und alle Weisheit, nämlich in Zettels Raum, findet sich nun schon ein Satz wie "
Diese Stichprobe konnte im Schnitt 11 der 20 Wörter erinnern."

Man "erinnert" keine Wörter, sondern man "erinnert sich" an selbige!

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

14.10.2010 17:11
#9 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Teilt man die Länder nach Kulturkreisen auf, dann sieht man eine kleine protestantische Gruppe (Schweden, USA, Dänemark und England) und eine größere katholische (Spanien, Italien, Frankreich, Belgien, Österreich). Eine kurze Überprüfung der Relevanz dieser Einteilung ergibt erstens: in der protestantischen Gruppe wird länger gearbeitet (ok), und die geistige Leistung ist höher (ebenfalls eine bekannte Tatsache). Betrachten wir nun die Ausgleichsgeraden dieser beiden Gruppen, dann ergibt sich beidesmal eine positive Korrelation von Frühverrentung und Gedächtnisleistung; besonders klar ausgeprägt in der katholischen Gruppe.

Die kausale Erklärung liegt ebenfalls auf der Hand: wer arbeitet, hat wenig Sinn für sinnlose Aufgaben; Rentner hingegen verbringen viel Zeit mit Rätselheften u.dgl. und sind daher auf solche Übungen trainiert.

Es verhält sich also offensichtlich genau umgekehrt als die Forscher behaupten.

Herzliche Grüße,
Kallias

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

14.10.2010 17:17
#10 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Kallias
Teilt man die Länder nach Kulturkreisen auf, dann sieht man eine kleine protestantische Gruppe (Schweden, USA, Dänemark und England) und eine größere katholische (Spanien, Italien, Frankreich, Belgien, Österreich). Eine kurze Überprüfung der Relevanz dieser Einteilung ergibt erstens: in der protestantischen Gruppe wird länger gearbeitet (ok), und die geistige Leistung ist höher (ebenfalls eine bekannte Tatsache). Betrachten wir nun die Ausgleichsgeraden dieser beiden Gruppen, dann ergibt sich beidesmal eine positive Korrelation von Frühverrentung und Gedächtnisleistung; besonders klar ausgeprägt in der katholischen Gruppe.


Sehr schön! Simpson schlägt zu!

Ob Ihre Ergebnisse allerdings auch stabil bleiben, wenn man die Niederlande zu den Protestanten rechnet?

--
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2010 17:24
#11 Erinnern Antworten

Zitat von Florian
Sic transit gloria mundi!
Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass es mit Deutschland zu Ende geht, so ist er nun erbracht:
Selbst in meiner Hauptquelle für alles Wissen und alle Weisheit, nämlich in Zettels Raum, findet sich nun schon ein Satz wie "
Diese Stichprobe konnte im Schnitt 11 der 20 Wörter erinnern."
Man "erinnert" keine Wörter, sondern man "erinnert sich" an selbige!


Sie haben völlig Recht, lieber Florian. Das war ein dummer Anglizismus; die schiere Nachlässigkeit.

Und bevor ich das jetzt gleich korrigiere, etwas zu den Verben, mit denen wir unser Erinnern beschreiben:

"Ich erinnere mich an ..." heißt es im Deutschen; also grammatisch reflexiv und inhaltlich auf einen Vorgang der Reflexion gerichtet: Ich tue aktiv etwas; das ist Erinnern als inneres Handeln.

Analog im Französischen "je me souviens de ..."; wobei das "souvenir" (vom lateinischen sub-venire) auch interessant ist; man kommt auf etwas zurück.

Im Französischen kann man auch sagen "je me rappelle ..."; das hat aber eine leicht andere Konnotation. Es ist eher auf enen scharf umrissenen kognitiven Inhalt gerichtet, während beim "se souvenir" auch unscharfe emotionale Momente mitschwingen; oft geht es auch um einen längeren Zeitraum:

"je me souviens de mon enfance" - ich erinnere mich an meine Kindheit

"je me rappelle avoir eu peur le premier jour à l'ècole" - ich erinnere mich, daß ich am ersten
Schultag Angst hatte

Im Englischen gibt es (wenn ich jetzt nicht etwas übersehe) diese Reflexivität nicht. Es gibt allerdings den Unterschied zwischen "remember" und "recall"; dieses Letzere ist ein aktiverer Prozeß.

Und dann gibt es das ganz passive Erinnern eine Erinnerung "fällt mir ein", "comes to mind", "il me revient le souvenir".

Herzlich, Zettel

Diskus Offline



Beiträge: 206

14.10.2010 17:35
#12 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat
Ist das nicht das Bild jeder zwar signifikanten, aber numerisch nicht sehr hohen Korrelation? Ich habe jetzt kein Programm zur Hand, aber man könnte ja die Daten aus der Abbildung schätzen und mal eben einen Korrelationskoeffizienten ausrechnen. Was sagt Ihre Intuition, wie hoch er liegen würde?


Ich hab's mal eben gemacht. Sie hatten Recht. Falls ich mir keine Eingabefehler erlaubt habe und Mathematica nicht ganz spinnt R2=.12 -> Corr=0.6. Das ist nicht berühmt.

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

14.10.2010 17:43
#13 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Gorgasal
Simpson schlägt zu!

Simpson-Paradox, richtig - das Wort war mir entfallen, vielen Dank!

Diskus Offline



Beiträge: 206

14.10.2010 18:03
#14 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Noch interessanter ist die Einteilung in Sprachgruppen. Da es um Wörter geht, könnte das eine Rolle spielen. Wenn Sie ein Histogramm der Daten anfertigen, werden Sie finden, daß sich Sprachcluster wiederfinden lassen. Ich hab's mal kurz gemacht: Die Farben entsprechen: "romanisch (braun), deutsch und Holländisch (rot), Englisch (blau)"

Angefügte Bilder:
histogram.png  
Diskus Offline



Beiträge: 206

14.10.2010 18:06
#15 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat
Das würde den Effekt ja dann noch verstärken, wenn man den Durschschnitts-IQ als Kovariable verwenden würde.


Stimmt. Da haben Sie völlig Recht.

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

14.10.2010 18:10
#16 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Gorgasal
Ob Ihre Ergebnisse allerdings auch stabil bleiben, wenn man die Niederlande zu den Protestanten rechnet?

Überraschung! Die Wikipedia hat diese Zahlen über die Religion in den Niederlanden (2005):
• Konfessionslose – 48,4 %
• Römisch-Katholisch – 27,0 %
• Protestanten – 16,6 %
• Muslime – 5,7 %
• Hindus – 1,3 %
• Buddhisten – 1,0 %
Holland gehört also mit der Schweiz und Deutschland zu den gemischtkonfessionellen Ländern, liegt jedoch näher an der katholischen Gruppe als diese. Meine Analyse steht.

Herzliche Grüße,
Kallias

PS Interessant ist auch die Verrentungsrate in Griechenland, wenn man sich an die Polemik im Frühjahr erinnert: der gleiche Wert wie in Deutschland.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2010 18:16
#17 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Diskus

Zitat
Das würde den Effekt ja dann noch verstärken, wenn man den Durschschnitts-IQ als Kovariable verwenden würde.


Stimmt. Da haben Sie völlig Recht.



Und "Durschschnitt", das ist Hessisch.

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

14.10.2010 19:06
#18 RE: Neues aus der Forschung (10): Hilft Arbeiten dem Gedächtnis? Antworten

Zitat von Diskus
Noch interessanter ist die Einteilung in Sprachgruppen. Da es um Wörter geht, könnte das eine Rolle spielen. Wenn Sie ein Histogramm der Daten anfertigen, werden Sie finden, daß sich Sprachcluster wiederfinden lassen.

Der Zusammenhang der Sprache mit der Gedächtnisleistung ist anscheinend sehr eng. Möglicherweise hängt das an der Größe des Wortschatzes, der im Englischen größer als im Deutschen und da wieder größer als im Französischen ist (behauptet jedenfalls Wikipedia).

Man kann könnte also vermuten, daß eigentlich der Zusammenhang der Sprachgruppe mit dem Renteneintrittsalter erforscht wurde. Kausal betrachtet, kann das Rentenalter keinen Einfluß auf die Sprache ausüben, scheint mir. Also müsste die Sprachgruppe einen Einfluß auf den Rückzug vom Arbeitsleben haben. Das ist zwar auf den ersten Blick nicht plausibel - aber das muß es ja auch nicht, sonst bräuchte man ja gar keine Wissenschaft zu treiben.

Herzliche Grüße,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2010 19:38
#19 Eine kulturvergleichende Betrachtung Antworten

Zitat von Kallias
Man kann könnte also vermuten, daß eigentlich der Zusammenhang der Sprachgruppe mit dem Renteneintrittsalter erforscht wurde. Kausal betrachtet, kann das Rentenalter keinen Einfluß auf die Sprache ausüben, scheint mir. Also müsste die Sprachgruppe einen Einfluß auf den Rückzug vom Arbeitsleben haben. Das ist zwar auf den ersten Blick nicht plausibel - aber das muß es ja auch nicht, sonst bräuchte man ja gar keine Wissenschaft zu treiben.

Also treiben wir!

In Wahrheit ist es natürlich so, daß die Romanen aus der Zeit des Imperiums das Bewußtsein haben, daß der Staat dazu da ist, ihnen panem et circenses zukommen zu lassen. Daß sie überhaupt irgendwann in ihrem Leben arbeiten müssen, ist aus ihrer Sicht ein Stück Dekadenz, dem mindestens durch ein frühes Renteneintrittsalter entgegengewirkt werden muß. Das eigentliche Leben des Romanen besteht in otium cum dignitate. Die kleine vorausgehende Arbeitsphase ist, da die Dekadenz sie nun einmal hervorgebracht hat, nur als Propädeutikum zu betrachten.

Die Angelsachsen hatten hingegen mit den Römern und den sonstigen Romanen (Normannen! Spanier! Bonaparte!) nichts als Ärger und überhaupt viel Ärger. Das hat sie zu Arbeitstieren gemacht. Für sie ist der Eintritt in den Ruhestand das Eingeständnis ihres Versagens. Das versuchen sie natürlich herauszuschieben, solange sie können.

Was nun uns Deutsche und Dutchmen angeht, so stehen wir in der Tradition des harmonischen germanischen Gemeinwesens, in dem jeder alles für die Gemeinschaft gibt und dafür alles von ihr erwarten darf (Allmende! Volksgemeinschaft! Sozialistische Menschengemeinschaft!). Deshalb arbeitet bei uns jeder, solange er der Gemeinschaft nützt, und dann begibt er sich in den Schoß der Gemeinschaft, die ihm nun ihrerseits nützt.

Wann das geschieht, das hängt - wir analysieren ja wissenschaftlich! - von vielen Faktoren ab, die dringend der weiteren Erforschung harren; weswegen die Einrichtung eines Schwerpunktprogramms zu diesem Thema bei der DFG ode wenigstens eines SFB an einer unserer Exzellenzuniversitäten dringend erforderlich ist.

Herzlich, Zettel

Diskus Offline



Beiträge: 206

14.10.2010 19:44
#20 RE: Eine kulturvergleichende Betrachtung Antworten

Zitat
weswegen die Einrichtung eines Schwerpunktprogramms zu diesem Thema bei der DFG ode wenigstens eines SFB an einer unserer Exzellenzuniversitäten dringend erforderlich ist.


Sie haben bestimmt schon einige Förderanträge hinter sich, stimmt's? Wenn man hier den Routinier nicht erkennt, dann erkennt man ihn überhaupt nie.

Wie steht's übrigens mit den Griechen und den Skandinaviern? Die habe ich ja geflissentlich mal aus der Analyse entfernt, weil sie im Weg herumstanden.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

14.10.2010 19:51
#21 RE: Eine kulturvergleichende Betrachtung Antworten

Zitat von Diskus

Zitat
weswegen die Einrichtung eines Schwerpunktprogramms zu diesem Thema bei der DFG ode wenigstens eines SFB an einer unserer Exzellenzuniversitäten dringend erforderlich ist.


Sie haben bestimmt schon einige Förderanträge hinter sich, stimmt's? Wenn man hier den Routinier nicht erkennt, dann erkennt man ihn überhaupt nie.



Neenee, ich habe auch schon zuviele Anträge über mich ergehen lassen. Zettels Antrag hätte keine Chance. Grund: keine Referenzen für seine wilden Behauptungen. Noch viel schlimmer: a fortiori werden die Reviewer nicht zitiert.

So einfach geht das nicht in der Wissenschaft

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Diskus Offline



Beiträge: 206

14.10.2010 20:01
#22 RE: Eine kulturvergleichende Betrachtung Antworten

Naja, die Referenzen kann man ja noch dekorativ hier und da mal einfügen. Als Entwurf große Klasse, dabei bleibe ich. Bin total überzeugt.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

14.10.2010 20:18
#23 RE: Eine kulturvergleichende Betrachtung Antworten

Zitat von Diskus
Naja, die Referenzen kann man ja noch dekorativ hier und da mal einfügen.


Auch nicht falsch. Referenzen haben schließlich nicht notwendigerweise etwas mit der Aussage zu tun, die der zitierende Autor mit ihnen zu belegen versucht...

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Calimero Offline




Beiträge: 3.280

14.10.2010 20:55
#24 RE: Eine kulturvergleichende Betrachtung Antworten

Zitat von Zettel
Wann das geschieht, das hängt - wir analysieren ja wissenschaftlich! - von vielen Faktoren ab, die dringend der weiteren Erforschung harren; weswegen die Einrichtung eines Schwerpunktprogramms zu diesem Thema bei der DFG ode wenigstens eines SFB an einer unserer Exzellenzuniversitäten dringend erforderlich ist.



Könnten die Ergebnisse nicht irgendetwas mit den unterschiedlichen Auswirkungen des menschgemachten Klimawandels zu tun haben? Irgendwie muss man doch an die Kohle für die sauteuren [Zitat Zettel] Längsschnittuntersuchungen in verschiedenen Ländern kommen können.

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Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2010 20:58
#25 RE: Eine kulturvergleichende Betrachtung Antworten

Zitat von Gorgasal
Neenee, ich habe auch schon zuviele Anträge über mich ergehen lassen. Zettels Antrag hätte keine Chance. Grund: keine Referenzen für seine wilden Behauptungen. Noch viel schlimmer: a fortiori werden die Reviewer nicht zitiert.


Hehe!

Sie unterschätzen die Gutachter, lieber Gorgasal. Ich habe das Geschäft a bisserl auch von dieser Seite kennengelernt. Wenn ein Antragsteller Publikationen aus meiner Arbeitsgruppe zitiert hat, auch wenn es gar nicht paßte, dann wurde ich hellhörig. Wer sich so anzubiedern versucht, der ist vielleicht auch sonst nicht ganz koscher, denkt man da als Gutachter.

Was aber wirklich stimmt, ist eine andere Legende: Wer da hat, dem wird gegeben. Das Schwerste bei der DFG ist, erst einmal dort bekannt zu werden. Ein bisher nicht hervorgetretener frischgebackener Herr Doktor hat es schwer. Wer aber sozusagen Stammkunde bei der DFG ist, der kann fast alles beantragen und bekommt es genehmigt.

Was ja auch vernünftig ist, denn man weiß dann eben aus Erfahrung, daß er gescheite Forschung macht.

Deshalb habe ich den jungen Kollegen immer geraten, zuerst als Zweitantragsteller mit einem Etablierten zusammen einen Antrag einzureichen. Beim Fortsetzungsantrag oder beim nächsten Projekt kann der Etablierte sich dann zurückziehen. So habe ich jedenfalls meine Leute in die DFG-Förderung hineingeschleust, und die meisten machen es wohl so.

Und am besten ist es, nicht mit einem Einzelantrag anzufangen, sondern innerhalb eines SFB oder noch besser eines SSP. Das SSP hat den Vorteil, daß man sich regelmäßig trifft und dabei die Fachgutachter und die zuständigen Referenten in der DFG-Zentrale persönlich kennenlernt.

Wer da als Nachwuchsmensch mit einem Vortrag eine gute Figur macht, der hat mehr erreicht als mit einem halben Dutzend Publikationen in peer-reviewed Zeitschriften.

Herzlich, Zettel

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