Nein, so weit möchte sich die Beauftragte Böhmer wohl denn doch nicht am Vorbild Frankreichs orientieren.

Aber sie macht Aussagen, die sie vor der Sarrazin-Debatte leicht an den Pranger hätten bringen können.

Zitat von Zettel

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Nein, so weit möchte sich die Beauftragte Böhmer wohl denn doch nicht am Vorbild Frankreichs orientieren.
Aber sie macht Aussagen, die sie vor der Sarrazin-Debatte leicht an den Pranger hätten bringen können.

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Und die, wie es der Zufall will, in einem gestern publizierten Dokument auch in Frankreich gemacht werden.

In Frankreich gibt es - ich habe das oft geschrieben - eine Assimilationspolitik, von der man in Deutschland nur träumen kann. Wer auf französischem Boden geboren ist, der ist bekanntlich Franzose, und es wird von ihm erwartet, daß er sich an die französische Leitkultur - genannt la culture et les valeurs de la République (die Kultur und die Werte der Republik) - anpaßt.

Zunehmend gelingt das aber nicht mehr, wie das gestern publizierte Dokument zeigt.

Der Nouvel Observateur berichtet heute darüber. Verfaßt wurde der Bericht von einer ständigen Expertenkommission, dem Haut conseil à l'intégration, der beim Premierminister angesiedelt ist und aus Vertretern verschiedener Bereiche von Wissenschaft, Kultur und öffentlichem Leben besteht, darunter ein Teil ausländischer Herkunft. Näheres (auf französisch) hier (copy + paste erforderlich):

http://fr.wikipedia.org/wiki/Haut_Conseil_à_l'intégration

Dieser Rat nun stellt jetzt zunehmende Probleme der Integration in der Schule fest, und zwar vor allem dort, wo Einwanderer sich konzentrieren. Das sind die sogenannten ZUS (zones urbaines sensibles; kritische städtische Zonen).

Unter den französischen Kindern und Jugendlichen insgesamt sind 20 Prozent ausländischer Herkunft; aber in einigen Départments liegt die Zahl weit höher - Seine-Saint-Denis (57%), Paris (41%), Val-de-Marne (40%) und Val-d'Oise (40%).

Das sind Zahlen von 2005. Wenn die Anteile in einem ganzen Département so hoch liegen, kann man davon ausgehen, daß sie in einzelnen Städten und Stadtteilen noch erheblich höher liegen, daß also dort die große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen ausländischer Herkunft ist.

Die Folge kommt uns bekannt vor:

Zitat von Le Nouvel Observateur

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... l'espace scolaire est fortement exposé aux tensions ethno-culturelles. L'école donne des signes de souffrance. Elle est aujourd'hui le lieu de revendications nouvelles qui ressortent de l'expression du communautarisme, d'une identité religieuse, voire, au rejet de la culture et des valeurs de la République française.

... der schulische Raum ist in hohem Maß ethnisch-kulturellen Spannungen ausgesetzt. Es gibt Anzeichen dafür, daß die Schule leidet. Sie ist heute der Ort neuer Ansprüche, die sich aus einem Denken in Kategorien von [ethnischen; Zettel] Gemeinschaften ergeben, aus einer religiösen Identität, ja sogar einer Ablehnung der Kultur und der Werte der französischen Republik.

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Es scheint in Frankreich auf dasselbe hinauszulaufen wie in Deutschland; trotz der dortigen Assimilationspolitik: Wenn ein bestimmter kritischer Anteil erreicht ist, dann funktioniert die Assimilation nicht; jedenfalls nicht in der Schule.

Man ist ja weitgehend unter sich, warum soll man sich dann assimilieren?

Zitat von Le Nouvel Observateur

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... l'espace scolaire est fortement exposé aux tensions ethno-culturelles. L'école donne des signes de souffrance. Elle est aujourd'hui le lieu de revendications nouvelles qui ressortent de l'expression du communautarisme, d'une identité religieuse, voire, au rejet de la culture et des valeurs de la République française.

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Da möchte ich aber auch noch darauf hinweisen, dass der französische Staat mit seinem aggressiven Laizismus eine lange und unrühmliche Geschichte der Unterdrückung der Religion hinter sich hat, und dazu muss man gar nicht bis zur Revolution zurückgehen, dafür gibt es auch Beispiele jüngeren Datums. Man hat manchmal den Eindruck, Frankreich hätte schon mit der identité religieuse an sich Probleme.

Zitat von Gorgasal

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Zitat von Le Nouvel Observateur

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... l'espace scolaire est fortement exposé aux tensions ethno-culturelles. L'école donne des signes de souffrance. Elle est aujourd'hui le lieu de revendications nouvelles qui ressortent de l'expression du communautarisme, d'une identité religieuse, voire, au rejet de la culture et des valeurs de la République française.

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Da möchte ich aber auch noch darauf hinweisen, dass der französische Staat mit seinem aggressiven Laizismus eine lange und unrühmliche Geschichte der Unterdrückung der Religion hinter sich hat, und dazu muss man gar nicht bis zur Revolution zurückgehen, dafür gibt es auch Beispiele jüngeren Datums. Man hat manchmal den Eindruck, Frankreich hätte schon mit der identité religieuse an sich Probleme.

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Diese Affäre, lieber Gorgasal, die Sie "jüngeren Datums" nennen, ist allerdings auch schon mehr als hundert Jahre her und spielte sich unter einer Linksregierung der Dritten Republik ab. Damals versuchte der Verteidigungsminister, mittels einer Schnüffelaktion die religiöse Bindung seiner Offiziere zu erfassen und wollte dafür die Freimaurer einspannen.

Heute sehe ich eigentlich in Frankreich keine Anzeichen mehr für einen aggressiven Laizismus. Der Staat hat längst seinen Frieden mit der Kirche gemacht. Die katholischen Privatschulen genießen nicht nur volle staatliche Anerkennung, sondern die Lehrer werden sogar vom Staat bezahlt. Der Anteil der katholischen Schulen sinkt zwar prozentual, ist aber immer noch weit höher als derjenige der Privatschulen in Deutschland. Rund zwei Millionen Schüler besuchen in Frankreich Privatschulen. In den sechziger Jahren war fast jedes zweite Gymansium privat (davon rund 90 Prozent katholisch), jetzt ist es noch ungefähr ein Drittel.

http://fr.wikipedia.org/wiki/Enseignemen...C3%A9_en_France

http://fr.wikipedia.org/wiki/Lyc%C3%A9e_...9es_priv.C3.A9s

Herzlich, Zettel