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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 24 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.11.2010 04:32
Deutsche in der Schweiz Antworten

Lieber M.M.,

mit Ihrer (k)einen Polemik haben Sie mir zum einen, wie oft, eine neue Einsicht eröffnet. Zum anderen haben Sie mich zu diesen Gedanken zu Ihren Gedanken motiviert.

Herzlich,

Ihr Zettel

M.M. Offline



Beiträge: 16

07.11.2010 09:51
#2 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Ich bedanke mich für die Zeit, die Sie sich genommen haben. http://arlesheimreloaded.ch/article/zettels-replik

Lalelu Offline



Beiträge: 142

07.11.2010 13:36
#3 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat
So nehmen deutsche Geschäftsleute, auch deutsche Wissenschaftler oft die Amerikaner wahr - die Amis reden Tacheles, sie sind von manchmal brutaler Offenheit, sie lassen den sensiblen Umgang mit dem Geschäftspartner, dem Kollegen vermissen.


Zu diesem Thema hab ich vor Jahren mal einen Blogbeitrag gelesen, der mir im Gedächtnis geblieben ist.
"USA Erklaert" heißt der Blog, vielleicht kennen Sie ihn ja.
Jedenfalls ist die Sicht dort genau umgekehrt. :D Die Amerikaner, quasi wie die Schweizer, seien lieber höflich als direkt,
was dann im Umgang mit Deutschen zu Verwirrungen führen könne.

Wenn Sie das lesen möchten:
http://usaerklaert.wordpress.com/2006/09...was-sie-meinen/

Schon lustig, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sind^^
Persönlich kann ich dazu leider nichts beitragen...

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

07.11.2010 13:54
#4 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von ZR
Deutsche statt Inder - was kann sich ein in seinem größeren Teil deutschsprachiges Land Besseres wünschen?



Das Gleiche wie jedes andere Land mit gewachsener eigener Kultur: Keine Masseneinwanderung! Auch wenn den meisten von uns jede Art von Fremdenfeindlichkeit fern liegt und wir punktuelle Zuwanderung durchaus als Bereicherung empfinden werden, wird doch unsere Toleranz gegenüber Angehörigen "fremder Stämme" mit zunehmender Anzahl von Einwanderern in den eigenen Kulturraum sinken. Dabei dürfte es total egal sein, in welche Schicht diese Migranten einwandern, auch wenn es sicherlich umso problematischer wird, je mehr sie sich irgendwo konzentrieren. Eine Masse von Befehlsgebern mag man dabei genausowenig wie eine Masse an Transferleistungsempfängern oder Mittelschicht-Konkurrenten.

Ich kann die Schweizer also durchaus verstehen. Wenn ich mich recht erinnere gibt es da auch noch ein Problem mit dem Hochdeutschen, das das Schwizerdütsch als eine niedliche Art Bergdialekt ansieht, was ja somit einer kulturellen Geringschätzung der eigenen, gewachsenen Sprache entspricht. Insofern passt die lockere Einschätzung "deutschsprachiges Land" vielleicht auch nicht so ganz.

Dementsprechend verstehe ich auch die Deutschen in manchen Foren nicht so ganz, wenn sie meinen, dass hierzulande ja eh alles runtergewirtschaftet wird (oder ist) und man sich deshalb mit dem Gedanken trägt einfach in die Schweiz auszuwandern, wo die Welt noch in Ordnung ist. Ja denken die denn, dass die Welt da noch lange so in Ordnung bleiben wird, wenn sie in Massen dort einwandern wollen? Und, denken sie wirklich, dass man auf Schweizer Seite sehnsüchtig auf sie warten wird? Soo viel Platz haben die Schweizer ja anscheinend auch nicht zu besiedeln, denn "Bei knapp 7,8 Millionen Einwohnern auf einer Fläche von 41'285 Quadratkilometern, nur wenig kleiner als die Niederlande, gehört die Schweiz zu den am dichtest besiedelten Ländern Europas." (Quelle: Wikipedia)

Ich war zwar noch nie da (soll arg teuer sein), aber ich würde mir die Schweiz gern mal als Tourist oder Skiurlauber ansehen. Die Schweiz scheint mir der letzte Rückzugsraum freier Bürger in Europa zu sein, und so soll es auch bleiben. Dafür garantieren können nur die Eidgenossen selbst.

Beste Grüße, Calimero

nachträgliches P.S.: Dass in Schweizer Führungszirkeln zunehmend deutsch gesprochen wird mag für manchen deutschen Auswanderer eine echte Wohltat sein, da es hierzulande doch zunehmend aufs Englische hinausläuft. Teile unserer Mitarbeiterpublikationen bspw verstehen geschätzte 80 Prozent der MA garnicht mehr und lesen sie dementsprechend auch nicht. Auch doof.

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Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

07.11.2010 14:35
#5 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Calimero

Zitat von ZR
Deutsche statt Inder - was kann sich ein in seinem größeren Teil deutschsprachiges Land Besseres wünschen?


Das Gleiche wie jedes andere Land mit gewachsener eigener Kultur: Keine Masseneinwanderung! Auch wenn den meisten von uns jede Art von Fremdenfeindlichkeit fern liegt und wir punktuelle Zuwanderung durchaus als Bereicherung empfinden werden, wird doch unsere Toleranz gegenüber Angehörigen "fremder Stämme" mit zunehmender Anzahl von Einwanderern in den eigenen Kulturraum sinken. Dabei dürfte es total egal sein, in welche Schicht diese Migranten einwandern, auch wenn es sicherlich umso problematischer wird, je mehr sie sich irgendwo konzentrieren. Eine Masse von Befehlsgebern mag man dabei genausowenig wie eine Masse an Transferleistungsempfängern oder Mittelschicht-Konkurrenten.



Völlig d'accord. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die Schweizer nicht am deutschen Wesen genesen wollen, auch wenn es keine Inder sind. Inder wären zumindest in gewisser Weise einfacher: man würde von keinem Schweizer erwarten, den Indern zuliebe Hindi zu sprechen, aber ist in einer Gruppe ein Deutscher, dann schwenken die Schweizer schon rein höflichkeitshalber sofort von Mundart auf Hochdeutsch um. Das ist dann auch irgendwann anstrengend. Wenn plötzlich Horden von Hochdeutschsprechern in hessische Dörfer oder ins Platt-Gebiet einwandern, weil da die Mieten so schön niedrig sind, aber keine Anstalten machen, sich anzupassen, in örtlichen Vereinen mitzumachen und dergleichen, dann wird das auch irgendwann Widerwillen erregen.

Im Grenzgebiet der Schweiz nach Deutschland gibt es Gemeinden mit 35% Ausländeranteil, größtenteils gutverdienende Deutsche, die die Neubausiedlungen befüllen und die Grundstückspreise hochtreiben, bis die Schweizer am Briefkasten keine Mundart mehr hören. Über kurz oder lang wandern sie dann ab. Kennen wir das nicht irgendwoher?

Zitat von Calimero
Ich kann die Schweizer also durchaus verstehen. Wenn ich mich recht erinnere gibt es da auch noch ein Problem mit dem Hochdeutschen, das das Schwizerdütsch als eine niedliche Art Bergdialekt ansieht, was ja somit einer kulturellen Geringschätzung der eigenen, gewachsenen Sprache entspricht. Insofern passt die lockere Einschätzung "deutschsprachiges Land" vielleicht auch nicht so ganz.


Absolut. Mit Zettels "deutschsprachigem Land" kann man in der Eidgenossenschaft ganz furchtbar anecken (nicht dass die höflichen Schweizer es sich anmerken lassen würden).

--
La historia claramente demuestra que gobernar es tarea que excede la capacidad del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

hoegi1973 Offline



Beiträge: 17

07.11.2010 14:52
#6 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Stimme Lalelu absolut zu - die Angelsachsen sprechen eben nicht so direkt wie es die Deutschen tun, im Gegenteil.

Beispiel: Eine Bekannte (Amerikanerin) hat mal bei einer deutschen Behörde angerufen, als sie noch frisch in Deutschland war, und wollte ihren Sachbearbeiter sprechen. Sie erhielt die Auskunft "Tut mir leid, der Herr XYZ ist heute leider krank." und war etwas geschockt. Das ist in den USA völlig unüblich - XYZ ist grad nicht da, Punkt. Ob er nun krank ist, Urlaub hat oder auch nur grad in der Mittags- oder Raucherpause ist, geht den Anrufer schlicht nichts an (und der will es auch gar nicht wissen). So direkt gesagt zu bekommen, daß der Kollege krank ist, hatte meine Bekannte bis dahin schlicht noch nicht erlebt und war wie gesagt überrascht / geschockt.

Oder wenn man den Gesprächspartner nicht verstanden hat, nimmt man im englischen Sprachgebrauch grundsätzlich die Schuld auf sich - sowas wie "Nuscheln Sie doch nicht so" im Deutschen ist grob unhöflich. Wobei es noch einen kleinen Unterschied gibt: Die Nordamerikaner und Australier entschuldigen sich einmal dafür, etwas nicht verstanden zu haben. Die Briten entschuldigen sich noch dafür, daß sie sich jetzt gleich dafür entschuldigen werden, etwas nicht verstanden zu haben.

Ansonsten ist dem verlinkten USAerklärt-Blogeintrag nichts hinzuzufügen.

Horst Schulte Offline




Beiträge: 16

07.11.2010 14:56
#7 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Den fand den Beitrag sehr einfühlsam und die Sichtweise kann ich nachvollziehen. Allerdings habe ich auch eine etwas andere Seite kennengelernt. Natürlich ist das nicht mehr als eine persönliche und deshalb sehr subjektive Erfahrung.

Ich arbeitete eine Reihe von Jahren in einem Konzern, zu dem auch eine Firma in der Schweiz gehörte. Die deutsche Tochterfirma wurde teilweise von schweizerischen Kollegen geführt. Wir hatten in unserer Firma (der deutschen Tochter) ziemlich Probleme, die sich zwangsläufig auch wirtschaftlich auswirkten. Hierzu zählten Lieferprobleme, von denen auch die schweizerischen Kollegen betroffen waren.

Ich habe es damals als ausgesprochen unangenehm empfunden, wie besserwisserisch und teilweise von oben herab die Kollegen mit uns umgegangen sind. Sicher -- immer in einem verbindlichen, ja freundlichen Ton aber inhaltlich ließ die Diskussion an Deutlichkeit rein gar nichts zu wünschen übrig. Was ich also sagen will ist, dass eine direkte und vielleicht etwas ungewohnte Sprache, in ihrer Wirkung nicht zwangsläufig verletzender sein muss, als allgegenwärtige Voreingenommenheiten, die in wohlgesetzten Worten an den Empfänger gebracht werden.

Zeit meines Lebens bin ich ein großer Schweiz-Fan. Ich war zigmal insbesondere in der deutschsprachigen Schweiz in Urlaub und mag Land und Leute wirklich sehr. Vielleicht, den Eindruck habe ich manchmal, leiden die Schweizer, sofern man eine solche Kategorie überhaupt bemühen soll, ein bisschen unter einem Minderwertigkeitskomplex. Das wäre zwar verrückt, würde aber manche Empfindlichkeit auch erklären.

[manchmal findet man doch was]

Leibniz Offline




Beiträge: 383

07.11.2010 14:56
#8 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Calimero
Wenn ich mich recht erinnere gibt es da auch noch ein Problem mit dem Hochdeutschen, das das Schwizerdütsch als eine niedliche Art Bergdialekt ansieht, was ja somit einer kulturellen Geringschätzung der eigenen, gewachsenen Sprache entspricht. Insofern passt die lockere Einschätzung "deutschsprachiges Land" vielleicht auch nicht so ganz.

Zitat von Gorgasal
Absolut. Mit Zettels "deutschsprachigem Land" kann man in der Eidgenossenschaft ganz furchtbar anecken (nicht dass die höflichen Schweizer es sich anmerken lassen würden).

Also erst einmal: Zettel sprach von einem in "größeren Teil deutschsprachiges Land", die Verkürzung wäre ja dumm. Darüberhinaus frage ich mich dann ob Bayern (mit seiner 'gewachsenen Sprache') oder gar Ostfriesland (mit 'gewachsener Sprache') "deutschsprachige Länder" sind.

Die Bernerzeitung hat ein paar nette Artikel zum Thema.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

07.11.2010 15:42
#9 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Leibniz
Also erst einmal: Zettel sprach von einem in "größeren Teil deutschsprachiges Land", die Verkürzung wäre ja dumm. Darüberhinaus frage ich mich dann ob Bayern (mit seiner 'gewachsenen Sprache') oder gar Ostfriesland (mit 'gewachsener Sprache') "deutschsprachige Länder" sind.



Ist es nicht etwas kleinkrämerisch wenn sie bekritteln, dass die Replik auf ein Zitat in dem der Sachstand "größerer Teil" schon vorkommt, auf ebendiese Einschränkung verkürzenderweise verzichtet? Sollte eigentlich selbsterklärend sein, nicht dumm. Naja.
Übrigens sind Bayern und Ostfriesland im Gegensatz zur Schweiz eben ein Bundesland, bzw. ein Landstrich in der Bundesrepublik Deutschland und kein eigenständiger Nationalstaat wie die Schweiz. Um diesen Unterschied geht es ja bei diesem Thema ... oder wollen sie die "deutschsprachigen" Schweizer mit Bayern oder Ostfriesen gleichsetzen?

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Rayson Offline




Beiträge: 2.367

07.11.2010 16:01
#10 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Nach Überzeugung der Deutschschweizer und auch nach meiner bescheidenen, alles andere als wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Erfahrung hat Schwyzerdütsch mehr von einer eigenen Sprache als von einem reinen Dialekt.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

07.11.2010 16:05
#11 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Ich wiederum stimme hoegi1973 und Lalelu zu. Meiner Erfahrung nach (und ich bin ein wenig auf dem Globus herumgekommen) sind die Deutschen mit ihrer Art, direkt heraus zu sprechen, international ziemlich einzigartig. Nicht nur die Angelsachsen, also auch die angeblich "knallharten Amis" ziehen es vor, Kritik in Watte zu packen und Unangenehmes sprachlich mit Schleifchen zu verzieren. Was nichts zu den Konsequenzen sagt: Die können durchaus härter sein als hierzulande.

Überspitzt gesagt: In Deutschland behältst du deinen Job, dein Chef sagt dir aber, du seist ein A..loch. Woanders sagt dein Chef, deine Leistung sei super gewesen, nur stimme er hier und da mit einigen Details nicht ganz überein, und du fliegst.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Leibniz Offline




Beiträge: 383

07.11.2010 18:21
#12 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Calimero
Ist es nicht etwas kleinkrämerisch wenn sie bekritteln, dass die Replik auf ein Zitat in dem der Sachstand "größerer Teil" schon vorkommt, auf ebendiese Einschränkung verkürzenderweise verzichtet?

Nein. Denn ich wollte genau dies unterstreichen. In der Schweiz gibt es eben auch große Landesteile, wo die Dinge nicht so liegen wie im deutschsprachigen Teil. Und entsprechend sind eine ganze Reihe von Aussagen in Zettels Blog zu pauschal wenn dazu einfach nur 'Schweiz' gesagt wird.

Ich kenne die Schweiz insbesondere im italienisch sprechenden Teil. Und da ist das mit den 'deutschen Zuwanderer' eben ganz anders als in Basel oder Zürich, wie man sich leicht vorstellen kann. Und wenn M.M. schreibt...

Zitat von M.M.
In meinem Berufsalltag sind die Deutschen eine derartige Selbstverständlichkeit geworden, dass Hochdeutsch nicht mehr nur im Kindergarten gesprochen wird, sondern eben auch in Sitzungen.

... so beschreibt er damit bestimmt nicht Erfahrungen vom Lago Maggiore.

Zitat von Leibniz
Darüberhinaus frage ich mich dann ob Bayern (mit seiner 'gewachsenen Sprache') oder gar Ostfriesland (mit 'gewachsener Sprache') "deutschsprachige Länder" sind.

Zitat von Calimero
Übrigens sind Bayern und Ostfriesland im Gegensatz zur Schweiz eben ein Bundesland, bzw. ein Landstrich in der Bundesrepublik Deutschland und kein eigenständiger Nationalstaat wie die Schweiz.

In der Tat. Aber worauf ich Bezug nahm war der Aspekt 'Sprache', und der Ausdruck 'gewachsene Sprache' stammt von Ihnen. Dass die Schweizer gerade mit diesem Aspekt sehr viel sensibler umgehen als einige bundesdeutsche Kommentatoren leitet sich ja bereits aus ihrer Landesbezeichnung ab.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.11.2010 18:28
#13 Direktheit und Unfreundlichkeit Antworten

Zitat von Rayson
Ich wiederum stimme hoegi1973 und Lalelu zu. Meiner Erfahrung nach (und ich bin ein wenig auf dem Globus herumgekommen) sind die Deutschen mit ihrer Art, direkt heraus zu sprechen, international ziemlich einzigartig.


Da du und die Genannten das anders sehen, habe ich mir a bisserl überlegt, warum ich es so sehe, wie es in dem Artikel steht.

Eigene Erfahrung habe ich im naturwissenschaftlichen Bereich. Und da ist es so gewesen: Vor der "Amerikanisierung" war es üblich, daß man Kritik an Kollegen nur ganz vorsichtig und verklausuliert äußerte. Wenn, sagen wir, jemand in der Diskussion nach einem Kongreßvortrag Kritik hatte, dann stand er auf und sagte: "Schöner Vortrag. Mir scheint nur, daß ich folgendes noch nicht ganz verstanden habe ..." usw.

In der gleichen Situation sagt ein Amerikaner: "I don't believe that you're correct. Where is your evidence?" - Dieser Stil hat sich inzwischen auch in Deutschland durchgesetzt. Ebenso gibt es bei Gutachten zu Manuskripten heute einen direkten Stil der Kritik, der gar nicht der deutschen Tradition entspricht.

Was die Geschäftswelt angeht, fehlen mir eigene Erfahrungen. Ich habe mich aber einmal mit einer Soziologin unterhalten, die dabei war, sich über "Interkulturalität" zu habilitieren. Sie untersuche Kommunikationsprobleme in Arbeitsgruppen internationaler Konzerne; teils in Asien und teils in Deutschland.

Ihr Fazit: Den Asiaten geht es mit den Deutschen so wie den Deutschen mit den Amerikanern. Man mißversteht jeweils Direktheit als Unfreundlichkeit.

Und das ist, scheint mir, der springende Punkt. Amerikaner sind in der Tat freundlicher als der klassische Deutsche; vor allem geschickter in der Kommunikation. Schließlich hat das Einwanderungsland ein paar Jahrhunderte Erfahrung mit Interkulturalität. Aber sie sind zugleich direkter. Sie reden nicht um den heißen Brei herum.

Nett und casual zu sein, das beherrscht man ungleich besser als der klassische Deutsche, der gern zwischen steifer Distanz und plumper Vertraulichkeit hin- und herpendelt. (Solange man per Sie ist, herrscht Distanz; sobald man gesagt hat "You can call me you" fallen die Schranken).

Das ist die Dimension "Freundlichkeit".

Die Dimension "Direktheit" mag damit korreliert sein, aber es ist eine andere. Ich habe es bei Amerikanern immer wieder erlebt, daß sie ihre Ansichten direkt sagen und auch ihre Interessen und Ziele offenlegen. Deutsche versuchen es eher, auf indirekte Weise zum Ziel zu kommen. Indem Sie zum Beispiel so tun, als diene das, was sie erreichen wollen, auch dem Interesse des anderen. Oder indem sie der Konfrontation ausweichen à la Fritz Zorns "das ist schwierig".

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.11.2010 18:49
#14 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Gorgasal
Mit Zettels "deutschsprachigem Land" kann man in der Eidgenossenschaft ganz furchtbar anecken

Zettels deutschsprachiges Land, lieber Gorgasal, ist Deutschland.

Die Schweiz hingegen ist Zettels "in seinem größeren Teil deutschsprachiges Land"; nämlich zu genau 63,7 Prozent. Das hatte ich beim Recherchieren für den Artikel gelernt.

Allerdings ist die Zuordnung zu einer Sprachgruppe wohl nicht überall einfach.

Ich bin als Austauschschüler im Wallis, also im Valois gewesen. Meine Austauscheltern wohnten in Sitten, also Sion und hatten ein Châlet, also Häusli (mit ungefähr 20 Zimmern) in Les-Mayens-de-Sion; in den Bergen mit Blick ins Rhônetal und auf die gegenüberliegenden Gipfel.

Sie hatten einen Namen, der mit "de" anfing, und dann kam etwas Deutsches - sagen wir, "de Walter". Alle waren zweisprachig, und zwar perfekt zweisprachig. Mit mir sprach man Französisch, denn um das zu lernen war ich ja gekommen. Soweit ich es mitbekommen habe, sprach die Oma am liebsten Deutsch, die nächste Generation schon eher Französisch.

Für die Kinder allerdings galt das nicht (mehr). Sie beherrschten nur das Französische. Ein Mädchen von sieben oder acht Jahren sprach mit mir "Deutsch", dh sie erfand eine Abfolge von Lauten, die ihr deutsch klangen.

Diese Familie - waren das nun Welsche oder Deutschschweizer?

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

07.11.2010 18:53
#15 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Gorgasal
Mit Zettels "deutschsprachigem Land" kann man in der Eidgenossenschaft ganz furchtbar anecken

Zettels deutschsprachiges Land, lieber Gorgasal, ist Deutschland.
Die Schweiz hingegen ist Zettels "in seinem größeren Teil deutschsprachiges Land"; nämlich zu genau 63,7 Prozent.



Ist ja gut, nachdem jetzt schon wiederholt darauf hingewiesen wurde. Glauben Sie mir, dass ich mit meinem Kommentar nur den deutschsprachigen Teil der Schweiz meinte, ebenso wie M.M. sich hauptsächlich darauf bezog und auch Ihr Blogeintrag nicht wirklich auf Ihre Erfahrungen im Wallis eingeht (siehe auch den Beitrag von Leibniz)?

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.11.2010 19:16
#16 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Gorgasal
Glauben Sie mir, dass ich mit meinem Kommentar nur den deutschsprachigen Teil der Schweiz meinte, ebenso wie M.M. sich hauptsächlich darauf bezog und auch Ihr Blogeintrag nicht wirklich auf Ihre Erfahrungen im Wallis eingeht (siehe auch den Beitrag von Leibniz)?

Ja klar glaube ich das, lieber Gorgasal.

Es ging doch um die Deutschen in der Schweiz, und die dürften eben selten einen Job im Ticino oder im Valois annehmen. In diesem Kontext bestand als kein Anlaß, auf diese anderen Landesteile der Schweiz einzugehen.

Was mich aber mehr interessieren würde - auch als Frage an die Schweizer unter den Zimmerleuten: Hat man als Schweizer nicht so etwas wie eine doppelte Identität? Als Welscher ist man von der Nationalität her natürlich Schweizer, kulturell aber wohl doch eher Franzose. Man liest dort, vermute ich, eher Maupassant als Gottfried Keller, eher Houellebecq als Muschg. Spiegelbldlich dürfte es in der deutschen Schweiz sein.

Wobei der Austausch ja durchaus in beide Richtungen geht. Roger de Weck und Roger Köppel waren zB Chefredakteur einer deutschen Zeitung bzw. Zeitschrift. Max Frisch und Adolf Muschg dürften (proportional) in Deutschland nicht weniger Leser haben als in der Schweiz.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

07.11.2010 19:23
#17 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Zettel
Was mich aber mehr interessieren würde - auch als Frage an die Schweizer unter den Zimmerleuten:


Gibt es die? Manchmal habe ich den Eindruck, hier schreiben nur Deutsche, die es in die Schweiz verschlagen hat...

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Leibniz Offline




Beiträge: 383

07.11.2010 19:51
#18 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Zettel
Es ging doch um die Deutschen in der Schweiz, und die dürften eben selten einen Job im Ticino oder im Valois annehmen. In diesem Kontext bestand als kein Anlaß, auf diese anderen Landesteile der Schweiz einzugehen.

Nee nee, lieber Zettel, Sie müssen sich an Ihren Text halten. Und da stehen noch ganz andere Aussagen, da geht es nicht nur um 'die Deutschen in der Schweiz'. Nur drei Beispiele, wörtliche Zitate:

* die Schweizer wissen von uns Deutschen
* die Schweizer Wahrnehmung der Deutschen
* die Schweizer werden schon noch wie wir Deutschen werden

All dies, behaupte ich, ist anders zu sehen, ob wir ans alemannische Ufer schauen, die Alpensüdseite betrachten (die längste Grenze hat die Schweiz mit Italien zusammen) oder den französischen Sprachraum betrachten.

Edit mmm...

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.11.2010 00:28
#19 Textgetreue Interpretation Antworten

Zitat von Leibniz

Zitat von Zettel
Es ging doch um die Deutschen in der Schweiz, und die dürften eben selten einen Job im Ticino oder im Valois annehmen. In diesem Kontext bestand als kein Anlaß, auf diese anderen Landesteile der Schweiz einzugehen.

Nee nee, lieber Zettel, Sie müssen sich an Ihren Text halten. Und da stehen noch ganz andere Aussagen, da geht es nicht nur um 'die Deutschen in der Schweiz'. Nur drei Beispiele, wörtliche Zitate:
* die Schweizer wissen von uns Deutschen
* die Schweizer Wahrnehmung der Deutschen
* die Schweizer werden schon noch wie wir Deutschen werden
All dies, behaupte ich, ist anders zu sehen, ob wir ans alemannische Ufer schauen, die Alpensüdseite betrachten (die längste Grenze hat die Schweiz mit Italien zusammen) oder den französischen Sprachraum betrachten.


Ja doch. Ja doch. Das ist alles dann anders zu sehen.

Aber es geht eben in dem Artikel nur um die Deutschen in der Schweiz; also um die Deutschschweiz, wo diese (jedenfalls ganz überwiegend) arbeiten.

Da müssen Sie sich schon an meinen Text halten. Vielleicht haben Sie - begierig, sich an dessen Lektüre zu erfreuen - die Überschrift übersprungen? Sie lautet (Hervorhebung jetzt, zur Unterstützung Ihres Verständnisses): " Deutsche in der Schweiz. Unüberbrückbare Mißverständnisse? Nein, nur eine gewisse Ungleichzeitigkeit. Eine Antwort an Manfred Messmer".

Den Hinweis auf die Länge der Grenze habe ich nicht verstanden. Ja, diese Grenze zwischen dem Tessin und Italien ist so lang; sie ist es deshalb, weil das Ticino halt nach Italien hineinragt; wie beispielsweise auch der Kanton Genf nach Frankreich hinein und der Kanton Schaffhausen nach Deutschland.

Was wollen Sie im jetzigen Kontext mit diesem Hinweis aussagen?

Sie sehen, lieber Leibniz, auch ich habe wiederum Schwierigkeiten, Sie textgetreu zu interpretieren.

Herzlich, Zettel

max Offline



Beiträge: 150

08.11.2010 13:24
#20 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Lieber Zettel, das Wallis ist ein zweisprachiger Kanton. Das Unterwallis ist französischsprechend, das Oberwallis deutsch. Sitten (Sion) liegt im erweiterten Bereich dieser Sprachgrenze, dies ist auch der Grund für die Konstellation in Ihrer Gastgeberfamilie.
Allgemein stelle ich in meinem Land einen relativ seltsamen (medialen) Umgang mit dem Thema deutsche Einwanderung fest. Es wird uns Schweizern ein Minderwertigkeitsgefühl den Deutschen gegenüber angedichtet, "weil sie uns sprachlich überlegen " seien. Ich habe in meinem Berufsleben weder das eine, noch das andere festgestellt. Weiter wird uns eingeredet, die Deutschen, die nun zu uns kommen, seien alles hochqualifizierte Fachkräfte. Dass dem nicht so ist, kann man sich in fast jedem Supermarkt oder Restaurant ansehen.
Es ist schlicht und ergreifend die Masse, die für uns problematisch ist. Jedes Jahr seit 2007 sind zwischen 80'000 und 120'000 Menschen (das ist in etwa die Bewohnerzahl von Luzern oder St.Gallen) eingewandert. Die zahlenmässig grösste Gruppe stellen davon die Deutschen. Deutschland hat über elfmal so viele Einwohner wie die Schweiz. Stellen Sie sich vor, Sie hätten jedes Jahr eine Einwanderung von einer bis eineinhalb Millionen. Sähen Sie kein Problem darin?

Mit freundlichen Grüssen
max

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.11.2010 14:10
#21 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Lieber Max,

zunächst einmal: Danke für Ihren Beitrag, der (aufgepaßt, lieber Gorgasal ) zeigt, daß es unter den Zimmerleuten, die sich aus der Schweiz zu Wort melden, auch eingesessene Schweizer gibt und nicht nur Beutedeutsche. (Ich vermute, daß es noch etliche weitere gibt, schaumama).

Zitat von max
Lieber Zettel, das Wallis ist ein zweisprachiger Kanton. Das Unterwallis ist französischsprechend, das Oberwallis deutsch. Sitten (Sion) liegt im erweiterten Bereich dieser Sprachgrenze, dies ist auch der Grund für die Konstellation in Ihrer Gastgeberfamilie.


So ist es. Damals (in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ) war eine leichte Verschiebung dieser Grenze zugunsten des Französischen im Gang. Ich habe das daran gemerkt, daß - wie gesagt - die Oma am liebsten Deutsch sprach, die Eltern beides und die Kinder, also meine damalige Generation, auch wenn ich ein paar Jahre älter war, nur noch Französisch.

Die Verwandtschaft sprach fast nur Französisch. Ich habe das am Bundesfeiertag gemerkt (übrigens sehr eindrucksvoll dort oben in den Bergen, mit Feuern überall und Alphornblasen, das durchs Rhônetal hallte; kulinarisch mit viande salée und der richtigen raclette: Zwei kräftige Männer halten den riesigen Käselaib übers Feuer, ein dritter schabt).

Und da ich ins Plaudern gerate: Ich wurde damals mit der Verwandtschaft bekanntgemacht - "ma belle mère", ma belle soeur" usw. Ich dachte bei mir: Seltsame Sitte, die Leute beim Vorstellen als schön zu bezeichnen.

Zitat von max
Allgemein stelle ich in meinem Land einen relativ seltsamen (medialen) Umgang mit dem Thema deutsche Einwanderung fest. Es wird uns Schweizern ein Minderwertigkeitsgefühl den Deutschen gegenüber angedichtet, "weil sie uns sprachlich überlegen " seien. Ich habe in meinem Berufsleben weder das eine, noch das andere festgestellt. Weiter wird uns eingeredet, die Deutschen, die nun zu uns kommen, seien alles hochqualifizierte Fachkräfte. Dass dem nicht so ist, kann man sich in fast jedem Supermarkt oder Restaurant ansehen.


Das kann ich leider nicht beurteilen. Der Eindruck von Manfred Messmer ist offenbar, daß die Deutschen überproportional in Leitungsfunktionen anzutreffen sind.

Zitat von max
Es ist schlicht und ergreifend die Masse, die für uns problematisch ist. Jedes Jahr seit 2007 sind zwischen 80'000 und 120'000 Menschen (das ist in etwa die Bewohnerzahl von Luzern oder St.Gallen) eingewandert. Die zahlenmässig grösste Gruppe stellen davon die Deutschen. Deutschland hat über elfmal so viele Einwohner wie die Schweiz. Stellen Sie sich vor, Sie hätten jedes Jahr eine Einwanderung von einer bis eineinhalb Millionen. Sähen Sie kein Problem darin?


Nicht, wenn es Schweizer wären.

Aber im Ernst: Sind das wirklich alles Einwanderer, oder sind darunter nicht auch viele, die das nur als eine berufliche Station sehen? In der Gastronomie zum Beispiel ist es wohl eine gute Idee, einmal ein paar Jahre in der Schweiz gearbeitet zu haben; gut für die Karriere. Von Hochschullehrern weiß ich, daß sie zwischen Unis in Deutschkand, der Schweiz, auch Österreich wechseln, so wie sie innerhalb Deutschlands wechseln.

Wie auch immer - aus deutscher Sicht ist es natürlich gar nicht schön, daß wir so viele Qualifizierte an die Schweiz verlieren.

Und ich stimme Ihnen zu: Es ist alles eine Frage der kritischen Masse. Wer auf Dauer Schweizer wird - also nicht nur die Staatsbürgerschaft der Schweiz erwirbt, sondern auch die deutsche ablegt -, der muß sich aus meiner Sicht assimilieren; auch dafür sorgen, daß zumindest seine Kinder Schwyzerdütsch können. Das wird schwierig, sobald es geschlossene deutsche Siedlungsgebiete gibt, und sei es auch nur in Form von Stadtvierteln; das kennen wir ja in Deutschland zur Genüge.

Gibt es das, lieber Max, irgendwo in der Schweiz? Oder verteilen sich die Deutschen so, daß mit Assimilation zu rechnen ist; es sei denn, jemand will eben gar nicht, daß er und seine Nachkommen Schweizer werden?

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

08.11.2010 14:35
#22 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Zettel
Sind das wirklich alles Einwanderer, oder sind darunter nicht auch viele, die das nur als eine berufliche Station sehen? In der Gastronomie zum Beispiel ist es wohl eine gute Idee, einmal ein paar Jahre in der Schweiz gearbeitet zu haben; gut für die Karriere. Von Hochschullehrern weiß ich, daß sie zwischen Unis in Deutschkand, der Schweiz, auch Österreich wechseln, so wie sie innerhalb Deutschlands wechseln.


Tatsächlich? Mit scheint eher, dass man in der Schweiz an Hochschulen deutlich bessere Rahmenbedingungen als in Deutschland (oder gar in Österreich) vorfindet.

Ansonsten kommt es wahrscheinlich darauf an, wie man die Zukunft Deutschlands einschätzt. Unter den Deutschen, die in der Schweiz arbeiten, haben sicherlich überproportional viele die Hoffnung für Deutschland aufgegeben und wollen nicht mehr unbedingt zurück - hier regt sich zumindest noch Widerspruch, wenn die SP ein Wolkenkuckucksheimprogramm vorstellt, in Deutschland ist das fast schon Mainstream. Insofern würde ich annehmen, dass das zu einem großen Teil eben keine Nomaden sind.

Zitat von Zettel
Es ist alles eine Frage der kritischen Masse. Wer auf Dauer Schweizer wird - also nicht nur die Staatsbürgerschaft der Schweiz erwirbt, sondern auch die deutsche ablegt -, der muß sich aus meiner Sicht assimilieren; auch dafür sorgen, daß zumindest seine Kinder Schwyzerdütsch können. Das wird schwierig, sobald es geschlossene deutsche Siedlungsgebiete gibt, und sei es auch nur in Form von Stadtvierteln; das kennen wir ja in Deutschland zur Genüge.

Gibt es das, lieber Max, irgendwo in der Schweiz? Oder verteilen sich die Deutschen so, daß mit Assimilation zu rechnen ist; es sei denn, jemand will eben gar nicht, daß er und seine Nachkommen Schweizer werden?


Erstens ist es nicht ganz einfach, Schweizer zu werden (wobei das in den letzten Jahren leichter wurde). Und zweitens gibt es gerade im Grenzgebiet zu Deutschland genau solche Ghettos mit 30% Deutschen und mehr in manchen Gemeinden, die sich dann in bestimmten Ortsteilen (Neubaugebiete) ballen.

Der hiesige Kindergarten ist etwa hälftig mit Schweizer und deutschen Kindern beschickt. Dort wird bewusst Mundart gesprochen, mithin aktiv assimiliert - die Kindergartenpflicht hilft da, auch wenn die Zimmeristen sie sicher nicht gerne sehen... Soweit ich weiß, sind die Kindergärtnerinnen noch alles hiesige, aber der Job wäre sicher auch attraktiv für Deutsche als Alternative zum Hungerlohn in Deutschland. Ich weiß nicht, ob deutsche Kindergärtnerinnen aktiv ausgegrenzt werden, um die Mundart und den Helvetismus zu retten - würde es aber verstehen und unterstützen.

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La historia claramente demuestra que gobernar es tarea que excede la capacidad del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.11.2010 15:01
#23 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Zettel
Von Hochschullehrern weiß ich, daß sie zwischen Unis in Deutschkand, der Schweiz, auch Österreich wechseln, so wie sie innerhalb Deutschlands wechseln.


Tatsächlich? Mit scheint eher, dass man in der Schweiz an Hochschulen deutlich bessere Rahmenbedingungen als in Deutschland (oder gar in Österreich) vorfindet.



Das widerspricht sich ja nicht, lieber Gorgasal. Im Schnitt mögen die Bedingungen besser sein (das kann ich nicht aus eigener Erfahrung beurteilen); aber das schließt ja nicht aus, daß im Einzelfall jemand bei Berufungsverhandlungen in Deutschland mehr herausschlägt, als ihm an seiner Uni in der Schweiz geboten wird.

Zitat von Gorgasal
Ansonsten kommt es wahrscheinlich darauf an, wie man die Zukunft Deutschlands einschätzt. Unter den Deutschen, die in der Schweiz arbeiten, haben sicherlich überproportional viele die Hoffnung für Deutschland aufgegeben und wollen nicht mehr unbedingt zurück - hier regt sich zumindest noch Widerspruch, wenn die SP ein Wolkenkuckucksheimprogramm vorstellt, in Deutschland ist das fast schon Mainstream. Insofern würde ich annehmen, dass das zu einem großen Teil eben keine Nomaden sind.


Das kann ich mir gut vorstellen. Aber dann müssen sie auch assimilationswillig sein.

Zitat von Gorgasal
Erstens ist es nicht ganz einfach, Schweizer zu werden (wobei das in den letzten Jahren leichter wurde). Und zweitens gibt es gerade im Grenzgebiet zu Deutschland genau solche Ghettos mit 30% Deutschen und mehr in manchen Gemeinden, die sich dann in bestimmten Ortsteilen (Neubaugebiete) ballen.


In Grenzgebieten ist das wohl oft so. Ein Kollege, der in Konstanz lehrt, wohnt zum Beispiel auf der anderen Seite, in der Schweiz. Viele Wissenschaftler an der RWTH Aachen wohnen in Belgien.

Das scheint mir nicht kritisch zu sein. Als kritisch würde ich es ansehen, wenn sich solche geschlossenen deutschen Wohngebiete in, sagen wir, Bern oder Luzern bilden würden.

Was das "Schweizer werden" angeht - das hatte ich Max eigentlich auch noch fragen wollen - was ist eigentlich der Status derer, die er "Einwanderer" nennt? Haben die wirklich die Staatsbürgerschaft der Schweiz oder diese zumindest mit Aussicht auf Erfolg beantragt?

Herzlich, Zettel

ffreiberger Offline




Beiträge: 130

08.11.2010 16:38
#24 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Lieber Gorgasal,

Zitat von Gorgasal
Soweit ich weiß, sind die Kindergärtnerinnen noch alles hiesige, aber der Job wäre sicher auch attraktiv für Deutsche als Alternative zum Hungerlohn in Deutschland. Ich weiß nicht, ob deutsche Kindergärtnerinnen aktiv ausgegrenzt werden, um die Mundart und den Helvetismus zu retten - würde es aber verstehen und unterstützen.


Meine Frau ist Erzieherin und hat im Schwarzwald gelernt. Ca. 1/3 ihrer damaligen Ausbildungskolleginnen sind anschließend in die Schweiz zum Arbeiten gewechselt. In der Schweiz wird einfach besser entlohnt.

Herzliche Grüße, ffreiberger

max Offline



Beiträge: 150

09.11.2010 03:19
#25 RE: Deutsche in der Schweiz Antworten

Lieber Zettel,

ob es deutsche "Siedlungsgebiete" bei uns gibt, weiss ich nicht. Grössere Konzentrationen von Deutschen sind allerdings im Berufsleben anzutreffen, vor allem im Gesundheitswesen. Fakt ist, dass wir seit 1990 eine Bevölkerungszunahme von über einer Million (ständige Wohnbevölkerung) haben. Mittlerweile haben wir trotz sehr erleichterter Einbürgerung einen Ausländeranteil von 22%. Diese teilen sich in verschiedene Status auf, die am Anfang an die Arbeitsstellung geknüpft sind (Aufenthaltsbewilligungen L und B), sobald Sie die Niederlassungsbewilligung C haben, sind Sie aufenthaltstechnisch einem Schweizer praktisch gleichgestellt. Das Schweizer Bürgerrecht (das es eigentlich gar nicht gibt, es ist die Gemeinde, die einbürgert und der Bund anerkennt es danach) ist an je nach Kanton an eine bestimmte Aufenthaltsdauer in der gleichen Gemeinde sowie einige weitere Vorausetzungen (Sprache, wirtschaftliche Verhältnisse etc.) geknüpft. Diese Bedingungen werden aber leider je länger, je mehr gelockert.
Betreffend Assimilierungsgrad bzw. -willen der Deutschen in der Schweiz kann ich Ihnen keine belegten Daten liefern, meine Erfahrung ist die, dass nur wenige nach Deutschland zurückgehen wollen. Leider gilt dies auch für diejenigen Deutschen (und andere Ausländer), die arbeitslos oder sozialhilfeabhängig geworden sind, was aus der Sicht der Betroffenen allerdings verständlich ist. Entgegen den Versprechungen unseres Bundesrates vor der Abstimmung über die Personenfreizügigkeit, hat sich selbst in den Krisenjahren der Zuzug nur wenig verringert, eine Rückwanderung konnte fast gar nicht festgestellt werden.
Selbstverständlich sind die Deutschen für uns Schweizer eine der unkompliziertesten Zuwanderergruppen, Probleme haben wir eher mit solchen, die Sie in Deutschland auch kennen. Es ist lediglich die Masse, die langsam aber sicher problematisch wird.

Mit freundlichen Grüssen

max

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