Kaum etwas illustriert besser den Agitprop-Charakter eines erheblichen Teils unserer Medien-Berichterstattung als die Art, wie mit ausländischen Politikern umgegangen wird, die rechts von der Mitte stehen. Ob George W. Bush, ob Silvio Berlusconi, ob der seinerzeitige polnische Präsident Lech Kaczynski - sie sind rechts, also darf man sein Mütchen an ihnen kühlen.
Sarah Palin trifft das besonders - sie ist nicht nur rechts, sondern auch noch eine intelligente und attraktive Frau, die sich wenig um Konventionen schert. Also gehört sie weggebissen.
In dieser Meckerecke kommentiere ich das jüngste Beispiel für diese Art Agitprop und erinnere an das, was sich Barack Obama so alles rhetorisch leistet.
Was von diesen Fehlleistungen Obamas hat in unseren Medien zu Artikeln wie dem heute in "Spiegel-Online" über Palin geführt? Ich kenne keinen einzigen.
Herr Pitzke bezieht sein Wissen über die USA aus der Huffington Post und von Michael Moore. Trotz allem muss ich ihn und Spiegel online in Schutz nehmen, denn er hat auch einige Obamaismen aufgezeichnet:
Zitat von Der Amerikakenner Und dann erzählte er eine seiner leidigen, lang gewundenen Obama-Anekdoten."Ich hatte einen Onkel, der einer derjenigen (…) unter den ersten amerikanischen Truppen war, die in Auschwitz eindrangen und die Konzentrationslager befreit haben, und die Geschichte in unserer Familie geht, dass er, als er heimkehrte, einfach nur auf den Speicher ging und das Haus für sechs Monate nicht verließ", sagte Obama, die linke Hand lässig in der Hosentasche. "Nun, offenbar hatte ihn irgendetwas wirklich tief berührt, aber zu jener Zeit gab es diese Art von Einrichtungen nicht, die jemandem helfen, diese Art von Leid zu verarbeiten." Niemand im Publikum muckte auf, und nach weiteren gut 20 Minuten ging die Veranstaltung ohne Auffälligkeiten zu Ende.
Sie haben in Ihrem Artikel ja einen seltsamen Link gesetzt. Ich bin mir nicht ganz sicher ob Conservapedia von extrem (verrückten) Konservativen geschrieben wird, oder als Witzseite von Liberalen um Konservative schlecht zu machen. Jedenfalls weiß ich nicht ob ich mich über deren Artikel aufregen oder ob ich über sie lachen soll.
Zitat von C.Herr Pitzke bezieht sein Wissen über die USA aus der Huffington Post und von Michael Moore. Trotz allem muss ich ihn und Spiegel online in Schutz nehmen, denn er hat auch einige Obamaismen aufgezeichnet:
Die er aber gleich wieder relativiert: "doch sie [die Republikaner] vergessen dabei, dass auch ihr Kandidat McCain vor solchen Patzern nicht gefeit ist."
Aus dem unmittelbar vorhergehenden Satz vor dem fraglichen Versprecher geht deutlichst hervor, daß sie sehr genau weiß, welches von beiden Koreas was tut und welches Sanktionen verdient.
Zitat von JoradSie haben in Ihrem Artikel ja einen seltsamen Link gesetzt. Ich bin mir nicht ganz sicher ob Conservapedia von extrem (verrückten) Konservativen geschrieben wird, oder als Witzseite von Liberalen um Konservative schlecht zu machen.
Hm, die Liste von Obamaisms, die ich verlinkt habe, ist brauchbar und gewiß nicht gefakt. Sie wird sogar von einem angenehm sachlichen Vorspann begleitet:
Zitat Obama-isms are gaffes, historical errors, falsehoods, and badly-worded statements spoken by Barack Obama. See also Bushisms and Obamaspeak. It should, however, be noted that all politicans do make at least some speaking mistakes. With Obama in the public eye, his mistakes are more noticeable, and such an article is understandable.
Das klingt mir gar nicht verrückt. Was haben Sie dort denn Schlimmes gefunden?
(Nachtrag: Profis machen durchaus Versprecher, aber sie verhalten sich danach professionell. Ich erinnere mich an Richard v. Weizsaecker, der 2000 einen von der Regierung Schroeder in Auftrag gegebenen Bericht zur Zukunft der Wehrpflicht / Bundeswehr in der Bundespressekonferenz vorlegte und in etwa folgendes von sich gab:
Rv.W: ...wir muessen auch noch Abwarten, was Theo Weigel zu diesen Vorschlaegen... Reporter: Herr Praesident, Theo Weigel ist nicht mehr Finanzminister Rv.W: ...Warum sollte Theo Weigel zu diesen Dingen nicht eine Meinung haben? *Gelaechter im Saal*
Also erstmal ein freundliches Hallo in die Runde. Bin über die Verlinkung vom "lindwurm" hierhergekommen und finde den Blog ziemlich gut und informativ gemacht, obwohl ich aus der überzeugt linksliberalen Ecke komme ;)
Bezüglich der Berichterstattung kann ich in dem Fall nur völlig zustimmen, man wird von dem Detail ja förmlich erschlagen an allen Ecken und Enden, in allen Foren und so weiter. Halte ich auch für völlig menschlich und völlig schwachsinnig daran nun irgend etwas fest zu machen bzw ihr Wissen dadurch abzuwerten. Allerdings müssen die Medien, meines Erachtens nach, Palin in gar keine Ecke stellen und schon gar nicht die deutschen. Das kann sie schon bestens selbst, wie man in beiden Büchern als auch in dutzenden Facebook-Messages (man erinnere sich an die death panels) gesehen hat. Sich vermarkten zu können und dermaßen mit der politischen Öffentlichkeit eines Landes zu spielen, benötigt natürlich eine gewisse Intelligenz und gerade Platitüden müssen überzeugend sein, sonst könnte das ja jeder. Aber ob das nun der zu bewundernde Archetyp eines konservativen Politikers sein sollte, mit all der Hysterie, dem Medienexhibitionismus ( man denke an die Reality-Show) und der Herabsetzung von Stadtbewohnern, als "unechte" Amerikaner? Provokation gut und schön, aber Frechheit sollte ja wohl nicht die einzige Qualifikation sein, die man heute als Spitzenpolitiker benötigt ;)
Zitat von VetinariAllerdings müssen die Medien, meines Erachtens nach, Palin in gar keine Ecke stellen und schon gar nicht die deutschen. Das kann sie schon bestens selbst, wie man in beiden Büchern als auch in dutzenden Facebook-Messages (man erinnere sich an die death panels) gesehen hat.
Ich habe leider keines der beiden Bücher gelesen und bin bei Facebook nicht Mitglied, so daß ich auch keinen ihrer dortigen Einträge gelesen habe.
Sie haben das offenbar. Mich würde interessieren, wie Sie an ihr zweites Buch "America by Heart" gekommen sind. Amazon.de gibt im Augenblick eine Lieferfrist von drei bis vier Wochen an.
Zitat von VetinariSich vermarkten zu können und dermaßen mit der politischen Öffentlichkeit eines Landes zu spielen, benötigt natürlich eine gewisse Intelligenz und gerade Platitüden müssen überzeugend sein, sonst könnte das ja jeder. Aber ob das nun der zu bewundernde Archetyp eines konservativen Politikers sein sollte, mit all der Hysterie, dem Medienexhibitionismus ( man denke an die Reality-Show) und der Herabsetzung von Stadtbewohnern, als "unechte" Amerikaner? Provokation gut und schön, aber Frechheit sollte ja wohl nicht die einzige Qualifikation sein, die man heute als Spitzenpolitiker benötigt ;)
Sie beschreiben, lieber Vetinari, den Wahlkampf von Barack Obama 2008. Falls Sie sich für die Details interessieren - ich habe ihn damals Schritt für Schritt begleitet (Von Bush zu Obama, 28 Folgen).
Man mag bedauern, daß so etwas funktioniert. Aber es ist nun mal in der Mediendemokratie so.
Nein, habe ich natürlich noch nicht (auch wenn das auf mehr oder weniger legalen Wegen sicher möglich wäre ;) ) aber gab ja bereits einige Rezensionen und Ausschnitte von Seiten aller Art, und ich nehme an, dass zumindest pro-republikanische Seiten in Bezug darauf wohl eher nicht lügen werden. Da ich mich aber erinnere, dass das Sarazzin-Buch und die Debatte VOR Release hier schon Dutzende Einträge hatte, werde ich das Schriftwerk gerne aus der Diskussion hier ausklammern, auch weil mich die Faktenorientierung hier an und für sich seit jeher erfreut.
Och, mir ist durchaus bewusst, dass Obamas Wahlkampf (online sogar von Facebookerfinder Mark Zuckerberg geplant, wenn ich mich Recht erinnere), der Höhepunkt des Hypes war, gekoppelt mit einer gigantischen Graswurzelbewegung. Sehr beeindruckend, auch wenn ichs bis heute schlimm finde, dass dadurch dieses Messiasbild entstanden ist, speziell in hiesigen Medien. Ich denke allerdings doch, dass die moderative Teilnahme an einem Meinungssender und die Darstellung des Privatlebens in einer "Reality-Show", doch noch 1-2 Schritte weitergehen, wie auch Bushs Spindoktor Karl Rove kommentiert hat, der meinte, sie helfe ihm damit nicht, sie sich im Weißen Haus vorstellen zu können. Die größte Skepsis in Amerika gegenüber Palin kommt ja inzwischen nicht unbedingt primär aus den Reihen der Demokraten, sondern aus dem republikanischen Establishment, weshalb die Thematik ja gerade so hohe Wellen schlägt. Wird auf jeden Fall noch spannend bis 2012.
Zitat von VetinariNein, habe ich natürlich noch nicht (auch wenn das auf mehr oder weniger legalen Wegen sicher möglich wäre ;) ) aber gab ja bereits einige Rezensionen und Ausschnitte von Seiten aller Art, und ich nehme an, dass zumindest pro-republikanische Seiten in Bezug darauf wohl eher nicht lügen werden. Da ich mich aber erinnere, dass das Sarazzin-Buch und die Debatte VOR Release hier schon Dutzende Einträge hatte, werde ich das Schriftwerk gerne aus der Diskussion hier ausklammern, auch weil mich die Faktenorientierung hier an und für sich seit jeher erfreut.
Das wiederum freut mich, lieber Vetinari. Sie werden gerade bei Autoren wie Sarrazin und Palin immer wieder die Erfahrung machen, daß unfair zitiert, daß böswillig interpretiert wird.
Die Diskussion hier im Forum begann übrigens im Anschluß an diesen Artikel in ZR, in dem ich an dem damaligen Sonntag Abend aus dem "Spiegel"-Essay vom nachfolgenden Montag zitiert habe.
Zitat von VetinariOch, mir ist durchaus bewusst, dass Obamas Wahlkampf (online sogar von Facebookerfinder Mark Zuckerberg geplant, wenn ich mich Recht erinnere), der Höhepunkt des Hypes war, gekoppelt mit einer gigantischen Graswurzelbewegung. Sehr beeindruckend, auch wenn ichs bis heute schlimm finde, dass dadurch dieses Messiasbild entstanden ist, speziell in hiesigen Medien.
Dieses Bild wurde ja von Obama und seinem Team bewußt geschaffen. Ich habe damals viele Auftritt von Obama in CNN gesehen und war beeindruckt von der Perfektion dieser Shows.
Die Grundidee war das "ganz Andere". Obama und sein Team schufen das Bild vom Erlöser, der Schluß macht mit "Washington", so wie Jesus die Händler aus dem Tempel geworfen hat. Der Schluß macht mit dem Hader und Streit ("No blue States, no red States, only the United States"), so wie Jesus zur Versöhnung unter den Menschen aufgerufen hat. Lesen Sie noch einmal diese messianische Rede, gehalten in St. Paul, Minnesota, an dem Tag, als seine Nominierung feststand:
Zitat I am absolutely certain that generations from now, we will be able to look back and tell our children that this was the moment when we began to provide care for the sick and good jobs for the jobless; this was the moment when the rise of the oceans began to slow and our planet began to heal; this was the moment when we ended a war and secured our nation and restored our image as the last, best hope on Earth.
"The moment" - das war der Augenblick, in dem Barack Obama (faktisch) zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten nominiert wurde!
Zitat von VetinariIch denke allerdings doch, dass die moderative Teilnahme an einem Meinungssender und die Darstellung des Privatlebens in einer "Reality-Show", doch noch 1-2 Schritte weitergehen, wie auch Bushs Spindoktor Karl Rove kommentiert hat, der meinte, sie helfe ihm damit nicht, sie sich im Weißen Haus vorstellen zu können.
Für eine Kandidatin würde ich das auch unpassend finden. Aber noch ist das ja Publicity im Vorfeld. Sie arbeitet als Publizistin, als Buchautorin. Sie stellt Alaska aus der Perspektive ihrer Familie vor. Warum nicht? Sie hat im Augenblick kein politisches Amt und ist frei, das zu tun.
Zitat von VetinariDie größte Skepsis in Amerika gegenüber Palin kommt ja inzwischen nicht unbedingt primär aus den Reihen der Demokraten, sondern aus dem republikanischen Establishment, weshalb die Thematik ja gerade so hohe Wellen schlägt. Wird auf jeden Fall noch spannend bis 2012.
Ja, das glaube ich auch. Sie haben Recht, dem GOP-Establishment ist diese Palin samt der ganzen Tea Party unheimlich. Es werden ja auch ganz konkret Posten und Kandidaturen bedroht.
So ist das eben in den USA: Bei uns würde eine neue Partei entstehen. In den USA ist eine der beiden Parteien in der Lage, auch solche Bewegungen zu integrieren. Das haben die Demokraten mit den radicals der sechziger und siebziger Jahre getan; das tun die Republikaner heute mit der Tea Party.
Was Palins Kandidatur angeht - ich hoffe, daß sie es nicht bis zur Nominierung durch die GOP schafft. Erstens, weil das so gut wie sicher vier weitere Jahre Obama bedeuten würde. Zweitens, weil ich für den unwahrscheinlichen Fall, daß sie siegen würde, Zweifel habe, daß sie eine gute Präsidentin wäre.
Besser als Obama sicher, aber das wird nicht reichen, um das Land wieder auf die Füße zu bringen. Huckabee wäre wie sie attraktiv für die Konservativen, würde aber auch in der Mitte Stimmen holen können; und er könnte ein Präsident wie Ronald Regan werden, der mit ruhiger Hand und klarem Blick die USA aus ihrer Obama-Depression führt.
Zitat von VetinariDie größte Skepsis in Amerika gegenüber Palin kommt ja inzwischen nicht unbedingt primär aus den Reihen der Demokraten, sondern aus dem republikanischen Establishment, ...
Genau wie damals bei Obama - sein Hauptgegner war das demokratische Establishment mit den Clintons an der Spitze. Als er das geknackt hatte, war das Haupthindernis auf dem Weg ins Weiße Haus ausgeräumt.
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