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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 34 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.11.2010 11:57
Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Abonnenten des EPapers des gedruckten "Spiegel" können dieses ab Samstag Abend lesen. Nur diesmal nicht.

Ein Bericht über die Hintergründe.

B. Rösch Offline



Beiträge: 2

28.11.2010 12:07
#2 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Sehr geehrter Herr Zettel,

auch wenn ich sonst meistens Ihrer Meinung bin, finde ich, dass man in diesem Fall staatstragende Prinzipien aus der Bewertung heraus lassen sollte. Warum ich so denke habe ich im folgenden Artikel dargelegt:

Zitat
Vor dem Donnerschlag

Kommende Woche wird WikiLeaks eine neue Datensammlung ins Netz stellen. Es handelt sich dabei um vertrauliche Dokumente amerikanischer Diplomaten, in denen u.a. staatliche und politische Akteure aus aller Welt ehrlich und mit offenen Worten eingeschätzt werden. Angeblich kommt Außenminister Westerwelle dabei nicht gut weg und auch Bundeskanzlerin Merkel wird kritisiert, während man für Verteidigungsminister zu Guttenberg Lob findet. So weit, so vorhersehbar. Wenn es nur darum ginge, wäre es wohl etwas unangemessen, dass die amerikanische Außenministerin Clinton die komplette letzte Nacht mit dem Telefonhörer am Ohr verbrachte. So selbstbewusst und professionell sollten die Spitzenpolitiker der Welt eigentlich sein, um nicht durch eine negative bis gemeine Einschätzung eines Diplomaten schlaflose Nächte zu haben – Neurotiker wie Gaddafi und Chavez einmal ausgenommen.

Die wahre Brisanz der Dokumente ergibt sich wohl aus ganz anderen Informationen: Wie bereits an mehreren Stellen veröffentlicht wurde, werden etwa Berichte darüber enthalten sein, dass staatliche Stellen in der Türkei Verbindungen zu Al-Quaida halten. Auch so etwas konnte natürlich jemand, der sich mit Außenpolitik beschäftigt, schon vermuten, jetzt aber hat er es schwarz auf weiß. Gerade erst vorgestern führte ich zum Beispiel eine Diskussion zum Thema Türkei mit jemandem, der scheinbar jede Woche den Spiegel Seite für Seite auswendig lernt und versuchte vergeblich, ihn von dem Glauben abzubringen, die Türkei könne noch durch eine EU-Mitgliedschaft im westlichen Bündnis gehalten werden. Ironischerweise wird es morgen wiederum der Spiegel sein, der bei den Naiven zu einem Umdenken führen wird. Und auch zur amerikanischen Einschätzung des Nahost-Konflikts und vielleicht auch zur Rolle Pakistans und Saudi-Arabiens werden wohl Dokumente enthalten sein, die Obamas Entspannungsrhetorik gegenüber den islamischen Staaten konterkarieren werden.

Wer diese Veröffentlichungen nun aufgrund ihrer möglichen Auswirkungen auf die weltweiten diplomatischen Beziehungen als unverantwortlich bezeichnet, beweist damit aber nur erneut Naivität. Denn die Feinde des Westens hassen uns ohnehin schon und gaben sich sicher auch nie dem Glauben hin, dass den westlichen Regierungen dieser Hass verborgen blieb. Die einzigen Unwissenden in diesem Spiel waren bisher die westlichen Völker, die sich in ihrer Harmoniesucht und Selbstbezogenheit einredeten, es gäbe einen allgemeinen Willen zur friedlichen Koexistenz aller Religionen und Kulturen.

Jetzt, wo die Maske verrutscht ist, werden unsere Feinde wohl ihre Zurückhaltung mehr und mehr aufgeben, die westlichen Regierungen dagegen werden hoffentlich endlich die Unterstützung von ihren Völkern erhalten, die sie brauchen, um den Bedrohungen nachhaltig zu begegnen. Wenn man wie ich davon ausging, dass es dazu ohnehin kommen würde und jede weitere Verzögerung nur zu einer weiteren Machtverschiebung zugunsten unserer Feinde geführt hätte, kann man das nur begrüßen. Trotzdem oder gerade deshalb ist Fatalismus aber unangebracht, wenn wir uns auf unsere Geschichte, unsere Stärken und unseren kulturellen Überlebenswillen besinnen. Uns stehen spannende Zeiten bevor.


Quelle: http://broesch.wordpress.com/2010/11/28/...m-donnerschlag/

Rahvin Offline



Beiträge: 23

28.11.2010 12:43
#3 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Lieber Zettel,

auch ich bin bei den meisten Themen zumindest grob Ihrer Meinung. Es fällt mir jedoch aus einigen Gründen schwer, Ihnen hier zuzustimmen. Zum einen ist dieser Grund purer Egoismus. Ja, es interessiert mich, diese Dokumente zu lesen. Ich bekomme dadurch Informationen über Geschehenisse, die ich sonst nie erhalten würde. Gleichzeitig scheint es mir, dass sich Wikileaks nicht unwesentlich von anderen journalistischen Enthüllungen (Watergate, etc.), außer durch die schiere Menge der Daten, unterscheidet. Informanten, die vertrauliche Informationen an Journalisten weitergeben, sind ja aber alles andere als ungewöhnlich.

Andererseits verstehe ich Ihre Argumentation bezüglich der Gefahr, dass die diplomatische Arbeit erheblich gestört werden könnte. Die Gefahr für z.B. afghanische Informanten ist auch ein großes Problem, wobei ich nicht sicher bin, inwieweit die Taliban da durch ihre Ankündigungen nur einen Propagandaeffekt erzielen wollen und inwieweit da tatsächlich Namen entnommen werden und werden können. Auch mich stört aber der offene Anti-Amerikanismus von Assange sehr. Trotzdem würde ich es nicht gerne sehen, wenn Wikileaks von staatlichen Stellen gestoppt wird; das trägt nur zur massiven Legendenbildung bei und wird auch das wikileaks Konzept denke ich nicht stoppen. Das einzige was helfen würde, wären extrem harte Strafen für Informationsraub aller Art.

Wie sie sehen schwanke ich also. Einerseits mag und will ich die Informationen; egal welch kritisches Licht sie auf die Kriege oder auf die diplomatische Arbeit von Staaten werfen. Andererseits teile ich durchaus die Bedenken. Momentan neige ich jedoch dazu, meinem egoistischen Ich zu folgen und wikileaks im Großen und Ganzen als eher positiv einzuschätzen...

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

28.11.2010 12:57
#4 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat
Informanten, die vertrauliche Informationen an Journalisten weitergeben, sind ja aber alles andere als ungewöhnlich.


Ich denke, das ist ein entscheidender Punkt. Nur weil Wikileaks offensichtlich von Antiamerikanismus getrieben wird, ist dieses Argument nicht aus der Welt. Deswegen sind meine Bedenken weniger Bedenken an Wikileaks.

Assanges "Macht" rührt eher daher dass er Medien gefunden hat (und danach ausgesucht hat), die seine Vorstellungen von Amerika, der Regierung und dem Bösen in der Welt teilen. Wäre es nicht der Spiegel sondern nur die NYT, ich könnte mit diesen Veröffentlichungen sehr gut leben. Ich traue der Times im Umgang mit derlei weit mehr Fingerspitzengefühl und das nötige Insiderwissen zu um die "Daten" richtig auszuwerten und zu verbreiten. Beim "Spiegel" sehe ich da schwarz.

Denn - das ist für mich der Grat auf dem man wandert - das alles steht und fällt mit den Journalisten, die solche Informationen einordnen, auswerten und danach verbreiten. Denn es ist völlig legitim und sehr wichtig auch die Sachen öffentlich zu machen die nicht öffentlich gemacht werden sollen. In anderen Beispielen würden wir hier alle zustimmen, nur wenn der Spiegel über die USA berichtet, kann man das eben nicht mehr.

Rahvin Offline



Beiträge: 23

28.11.2010 13:05
#5 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Mir ist gerade eingefallen, dass auch ich ja einige Cables verfasst habe, als ich eine zeitlang für die amerikanische Botschaft in Deutschland arbeitete. Jetzt bin ich wirklich gespannt, ob "meine" Cables auch bei den Veröffentlichungen zu finden sein werden...

Vetinari Offline



Beiträge: 4

28.11.2010 13:14
#6 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Ja, da stellt sich wieder die alte Frage: Wer übernimmt das Risiko, vor allem in einen laufenden Konfliekt (wie Irak/Afghanistan), einerseits und andererseits der Aspekt, ob "Whistleblower" in einer modernen, "westlichen" Demokratie nicht ein Muss sind, um der Bevölkerung wirklich die Möglichkeit zu geben, über "ihre" Regierung transparent abstimmen zu können. Es gibt sicherlich für beide Denkweisen ausreichend unterlegte Beispiele und für die meisten Menschen geht vermutlich ein Skandal vor transnationaler Kommunikation. Kann sich manchmal mehr, manchmal weniger schädlich auswirken und Assange ist mir allgemein suspekt, aber Journalisten arbeiten ja jeden Tag mit "Diebesgut". Man sollte da imho differenzieren, je nachdem, ob man damit andere Menschen gefährdet.

C. Offline




Beiträge: 2.639

28.11.2010 13:41
#7 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Lieber Zettel,

ich teile Deine Bedenken, wenn durch Veröffentlichung von Informationen Leib und Leben gefährdet sind, ansonsten überwiegt meine Neugier.

Zitat von Zettel
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" nämlich bedient sich bedenkenlos - um kein stärkeres Wort zu verwenden - des Materials aus Dokumenten, die (so sueddeutsche.de) "gestohlen" wurden; aus Dokumenten, die eindeutig nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.



Warum soll der Spiegel nicht das veröffentlichen, was jeder andere Mensch auch einsehen kann? Ich halte die Nutzung dieser Informationen, unter Berücksichtigung der obigen Einschränkung, für selbstverständlich und ich erwarte sogar, dass sich Journalismus nicht auf das Offensichtliche beschränkt, sondern sorgfältig recherchiert.

Wenn ich eine Webseite besuche, interessiert es mich nicht, ob der Inhalt legal oder illegal ist und ich möchte dafür auch nicht verurteilt werden, lediglich mein Handeln ist der Maßstab. Solange ich innerhalb geltender Gesetze agiere, darf mir niemand einen Vorwurf machen. Sonst kommen wir in den Bereich der extralegalen Moral, wie sie die Grünen pflegen.


Ich persönlich halte das Verhalten von Regierungen die gestohlenen Daten von Bankkunden gegen Zahlung hoher Summen erwerben für weitaus unmoralischer. Regierungen, die keine Probleme mit der Aushöhlung des Bankgeheimnisses haben wie die USA sollen schweigen, wenn es um die Veröffentlichung vertraulicher Mitteilungen geht. Ein anderes Beispiel wären die Rosenholzdateien, die von der CIA gestohlen wurden. Sollten diese Erkenntnisse nicht genutzt werden? Ehrlich gesagt wäre es mir lieber gewesen, wenn sie ein Spiegel Redakteur geklaut hätte.


Zitat von Zettel
WikiLeaks könnte vergleichsweise wenig Schaden anrichten, wenn es nicht seine Helfershelfer in der Presse hätte. Die meisten Nutzer des Internet werden sich ja nicht durch Hunderttausende von Dokumenten wühlen, die irgendwo im Netz stehen. Erst dadurch, daß Journalisten sich darüber hermachen und daraus Stories zimmern, erfüllen diese gestohlenen Informationen ihren Zweck, den USA zu schaden



Das ist bisher eine Vermutung, auch wenn ich sie teile. Der Vorwurf, den man Journalisten machen kann, ist eine unseriöse Aufbereitung, aber das wissen wir bereits, auch ohne wikileaks. Deshalb sehe ich es auch als Pflicht an, die Originalquelle zu recherchieren, bevor ich mich von einem Spiegel-Volontär wie Pitzke manipulieren lasse. Leider ist das oft nicht möglich, da sich Journalisten oft "ungenannt bleiben" wollende Quellen beziehen, deren Absicht oft nicht ersichtlich ist.

http://www.iceagenow.com/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.11.2010 14:10
#8 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Lieber B. Rösch,

danke für Ihren interessanten Artikel, und willkommen im kleinen Zimmer!

Einige Anmerkungen:

Zitat von B. Rösch
Wenn es nur darum ginge, wäre es wohl etwas unangemessen, dass die amerikanische Außenministerin Clinton die komplette letzte Nacht mit dem Telefonhörer am Ohr verbrachte. So selbstbewusst und professionell sollten die Spitzenpolitiker der Welt eigentlich sein, um nicht durch eine negative bis gemeine Einschätzung eines Diplomaten schlaflose Nächte zu haben – Neurotiker wie Gaddafi und Chavez einmal ausgenommen.


Es geht ja nicht um Empfindlichkeiten, weil andere Unschönes über einen gesagt haben. Es geht um die Vertraulichkeit.

Jeder von uns äußert sich verschieden, je nachdem, vor welchen Adressaten er sich äußert. (Wer sich nicht so verhielte, der wäre ein naiver Plapperer). Im vertraulichen Gespräch redet man offener als gegenüber Journalisten oder in einem Gremium, das öffentlich tagt. Diplomaten reden anders, wenn sie einen vertraulichen Bericht schreiben, als wenn sie sich mit einem Aide-Mémoire an Diplomaten der Gegenseite wenden.

Wenn jetzt Vertrauliches an die Öffentlichkeit gebracht wird - und wenn das kein Einzelfall ist, sondern von einer Organisation systematisch betrieben wird -, dann funktioniert dieses System nicht mehr. Zum Schaden aller.



Ich habe etwas Vergleichbares in Unis erlebt. Als Folge der Studentenbewegung wurde an manchen Unis die grundsätzliche Öffentlichkeit von Fakultätssitzungen, Sitzungen von Institutsdirektorien usw. eingeführt. Studierende, manchmal unterstützt durch Mittelbauern, nutzten das, um diese Gremien zu "besuchen" und manchmal massiv unter Druck zu setzen.

Die Folge war, daß die Entscheidungen aus diesen Gremien hinausverlegt wurden. Man traf sich im Kreis der Professoren, der Mittelbauern und verständigte sich. Dort fanden die eigentlichen Diskussionen statt. In den Gremien wurde nur noch zum Fenster hinausgeredet.

Unwürdig. Aber es blieb keine andere Wahl.

So wird es auch jetzt sein, wenn den Machenschaften von WikiLeaks kein Ende gemacht werden kann. Man wird dann eben zu sensiblen Themen keine "Kabel" mehr schicken können, sondern die Diplomaten müssen sich mündlich verständigen. Oder man schützt sich sonstwie; vernichtet vielleicht Dokumente, wenn sie nicht mehr benötigt werden.

Es wird alles in Wahrheit viel weniger transparent werden. So, wie an den Unis in Folge der Herstellung von "Öffentlichkeit" die Entscheidungsprozesse weniger transparent wurden. Sie fanden nicht mehr in den Gremien statt, in denen niemand noch ein offenes Wort wagte, sondern in Klüngeln.

Zitat
Die wahre Brisanz der Dokumente ergibt sich wohl aus ganz anderen Informationen: Wie bereits an mehreren Stellen veröffentlicht wurde, werden etwa Berichte darüber enthalten sein, dass staatliche Stellen in der Türkei Verbindungen zu Al-Quaida halten. Auch so etwas konnte natürlich jemand, der sich mit Außenpolitik beschäftigt, schon vermuten, jetzt aber hat er es schwarz auf weiß. Gerade erst vorgestern führte ich zum Beispiel eine Diskussion zum Thema Türkei mit jemandem, der scheinbar jede Woche den Spiegel Seite für Seite auswendig lernt und versuchte vergeblich, ihn von dem Glauben abzubringen, die Türkei könne noch durch eine EU-Mitgliedschaft im westlichen Bündnis gehalten werden.


Wenn das so ist, wird die Türkei es natürlich abstreiten. Und wer weiß? - vielleicht zu Recht. Denn eine andere Gefahr dieses Veröffentlichungsmanie ist es, daß ja niemand beurteilen kann, ob alle "Dokumente" echt sind. Was hindert die Leute von WikiLeaks, die auf Vertrauensbruch spezialisiert sind, daran, einen Teil des Materials zu fälschen, bevor sie es ins Netz stellen?

Ich habe mich immer gewundert, daß jemandem Günter Wallraff auch nur ein Wort glaubt; der sein Geld mit Lügen verdient. Wer glaubt denn Julian Assange ein Wort, der sich seine Publicity mit dem Diebstahl von Daten verschafft?

Das ist, lieber B. Rösch, ein übles, unsauberes Geschäft. Wer so etwas macht, dem kann man jede Fälschung zutrauen.

Zitat
Wer diese Veröffentlichungen nun aufgrund ihrer möglichen Auswirkungen auf die weltweiten diplomatischen Beziehungen als unverantwortlich bezeichnet, beweist damit aber nur erneut Naivität. Denn die Feinde des Westens hassen uns ohnehin schon und gaben sich sicher auch nie dem Glauben hin, dass den westlichen Regierungen dieser Hass verborgen blieb.


Ich bezeichne sie als unverantwortlich. Mit den Feinden des Westens hat das nichts zu tun. WikiLeaks versucht die internationale Diplomatie zu torpedieren und den USA zu schaden.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.11.2010 14:28
#9 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat von Rahvin
Es fällt mir jedoch aus einigen Gründen schwer, Ihnen hier zuzustimmen. Zum einen ist dieser Grund purer Egoismus. Ja, es interessiert mich, diese Dokumente zu lesen. Ich bekomme dadurch Informationen über Geschehenisse, die ich sonst nie erhalten würde.

Ja, gut, das geht uns vermutlich allen so. Aber man kann den eigenen Egoismus, lieber Rahvin, ja nicht immer zum Maßstab machen.

Mein Egoismus erzeugt zum Beispiel in mir den Wunsch, keine Steuern zu zahlen. Aber meine Vernunft sagt mir, daß Steuern nun einmal notwendig sind (wenn auch nicht in der jetzigen Höhe und Kompliziertheit des Steuerrechts).

Zitat
Gleichzeitig scheint es mir, dass sich Wikileaks nicht unwesentlich von anderen journalistischen Enthüllungen (Watergate, etc.), außer durch die schiere Menge der Daten, unterscheidet. Informanten, die vertrauliche Informationen an Journalisten weitergeben, sind ja aber alles andere als ungewöhnlich.


Ich habe dazu gerade in meiner Antwort an B. Rösch etwas geschrieben: Es ist eine Frage der, sagen wir, Gefahrenabschätzung. Wenn es nur gelegentlich vorkommt, daß Vertrauliches gestohlen wird, dann ist damit nicht die Vertraulichkeit als solche gefährdet; die Betreffenden haben dann eben Pech gehabt. Wenn aber eine Organisation, die offenbar die Mittel dazu hat, systematisch die Vertraulichkeit bricht, dann hat das eine andere Qualität.

Dann ist - im jetzigen Fall - die internationale Diplomatie gefährdert. Man kann sie nicht weiter betreiben wie bisher. Jedenfalls nicht, wenn die USA involviert sind. Und auf diese diplomatische Schwächung der USA, dieser "Gefahr für die Demokratie" (Assange) kommt es WikiLeaks meines Erachtens an.

Zitat
Auch mich stört aber der offene Anti-Amerikanismus von Assange sehr. Trotzdem würde ich es nicht gerne sehen, wenn Wikileaks von staatlichen Stellen gestoppt wird; das trägt nur zur massiven Legendenbildung bei und wird auch das wikileaks Konzept denke ich nicht stoppen. Das einzige was helfen würde, wären extrem harte Strafen für Informationsraub aller Art.


Man wird das, wie das meiste im Internet (siehe Kinderpornografie) nicht auf nationalstaatlicher Ebene machen können. Soweit ich das im Augenblick sehe, helfen nur internationale Abkommen, die z.B. eine Strafverfolgung der Täter ermöglichen müßten, egal, wo sie sich aufhalten. Assange würde in den USA sofort festgenommen werden; aber in Europa (außer Schweden) kann er sich frei bewegen.

Zitat
Wie sie sehen schwanke ich also. Einerseits mag und will ich die Informationen; egal welch kritisches Licht sie auf die Kriege oder auf die diplomatische Arbeit von Staaten werfen. Andererseits teile ich durchaus die Bedenken.


Ich kann das nachvollziehen. Ich bin auch für Transparenz dort, wo sie vertretbar ist. Es gibt ja in den USA den sehr weitgehenden Freedom of Information Act von 1966 und in Großbritannien etwas Ähnliches. Wenn man mehr Transparenz will, dann muß man halt versuchen, solche legalen Möglichkeiten auszuweiten. Aber man muß auch erkennen, daß Vertraulichkeit etwas Notwendiges ist.

Wo auch immer man die Grenze zieht zwischen dem, was vertraulich bleiben muß und dem, was die Öffentlichkeit erfahren sollte - Kriminalität ist ein Mittel, das ich nicht billigen kann. Unter keinen Umständen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.11.2010 14:46
#10 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat von C.
Warum soll der Spiegel nicht das veröffentlichen, was jeder andere Mensch auch einsehen kann? Ich halte die Nutzung dieser Informationen, unter Berücksichtigung der obigen Einschränkung, für selbstverständlich und ich erwarte sogar, dass sich Journalismus nicht auf das Offensichtliche beschränkt, sondern sorgfältig recherchiert.

Das betrifft die Frage der Verantwortung des Journalisten.

Diese Veröffentlichungen sind es, worauf WikiLeaks spekuliert. Sie erst machen das wirksam, was diese Leute erreichen wollen. Wer das veröffentlicht, der macht sich zu ihrem Komplicen.

Das ist die eine Seite. Die andere ist das, was die "Spiegel"-Leute vermutlich antworten würden: Journalistische Informationspflicht; wenn nicht wir es tun, dann tun es andere usw.

Aus meiner Sicht überwiegt der Gesichtspunkt der Komplicenschaft. Denn soweit ich das beurteilen kann, ist der Schaden, den WikiLeaks anrichtet, immens.

Was berichtet wird, ist ja durchweg nur das, was den USA und dem Westen schadet. Das war beim Afghanistan-Dossier so, es war bei Irak-Dossier so. Es würde mich sehr wundern, wenn es diesmal anders wäre.

Herzlich, Zettel

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

28.11.2010 14:59
#11 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat
Was berichtet wird, ist ja durchweg nur das, was den USA und dem Westen schadet.


Soll es Teil der journalistischen Verantwortung sein zu entscheiden, wessen Schaden die Komplizenschaft Wert ist und wessen nicht? Das hielte ich für den Gesinnungsjournalismus der leider zu oft mit Attributen wie "engagiert" oder "mutig" belegt wird.

Bibliothekar Offline




Beiträge: 109

28.11.2010 15:26
#12 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Das Prinzip ist Anarchie. Durch ein blosstellen der etablierten Poltikformen, soll die Entscheidung von gewählten Gremien durch die öffentliche Meinung in allen Einzelheiten, schon im Diskussionsstadium beurteilt werden. Der grenzenlosen Kakophonie wird Tür und Tor geöffnet und das Ende einer Diskussion wird auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verlegt. Wenn tausende einzelne Aspekte aus Dokumenten nicht bestätigter Herkunft einzeln diskutiert werden wird sich wohl kaum mehr der dafür notwendige Zusammenhang hergestellt werden können. Der Raub für eine gute Sache war schon bei Robin Hood eine kriminelle Handlung. Der Raub für eine schlechte Sache ist es umso mehr. Ich bin sehr befremdet über die zunehmende Duldung krimineller Handlungen für eine vorgeblich gute Sache, sei es bei der Grünen Gentechnik, der Demonstrationskultur oder der Anti-Atom- und Klimaschutzbewegung. Ziel ist stets die Störung der gesellschaftlichen Ordnung, die Verhinderung von Entscheidungen und die Vertrauenszerstörung in politische Führungsstrukturen. Mal doof gesagt ist es schlichte Aufwiegelung gegen die Obrigkeit um somit selbst politische, ideologische oder persönliche Vorteile zu erlangen. Hierbei wird die dadurch entstehende Verunsicherung der Bürger schamlos ausgenutzt. Bei Assange dominiert zudem noch die Eitelkeit, mit seinen Machenschaften, einen Platz in den Geschichtsbüchern zu erhaschen. Für die Masse aber zählt die Show und nicht die Konsequenz die sich daraus ergeben könnte. Hinterher war man sowieso immer dagegen.

Beste Grüße B.

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Bibliotheken sind eine gefährliche Brutstätte des Geistes

notquite Offline



Beiträge: 506

28.11.2010 17:03
#13 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Die Verschiebung der Veröffentlichung ist offensichtlich vergeblich gewesen. In Basel wurde der SPIEGEL heute verkauft. Ein Twitterer hat die Ausgabe gekauft ( http://sueddeutsche.de/politik/wikileaks...izont-1.1029368 ) und veröffentlicht jetzt Stück für Stück die Inhalte.

http://twitter.com/freelancer_09

Habe nicht alles durch, aber die Urteile in Sachen Merkel zB könnte sich auch jeder bilden, der die deutsche Zeitungslandschaft verfolgt ("Analyse Merkels vor Treffen Baden-Baden 2009: ist methodisch, rational und pragmatisch.", "Merkel unter Druck beharrlich, aber meidet das Risiko und ist selten kreativ", "Merkel hält sich lieber im Hintergrund, bis die Kräfteverhältnisse klar sind", "Merkels Verhältnis zu Bush besser als zu Obama").

Das Urteil in Sachen Seehofer würden heute wohl auch weite Teile der CSU unterschreiben - "ein unberechenbarer Politiker mit begrenztem Horizont"

Der SPIEGEL-Titel, u.a. mit Nicolas Sarkozy, laut US-Diplomaten ein "Kaiser ohne Kleider":

http://twitgoo.com/1r6osl

Die erste Seite der Titelgeschichte:

http://twitgoo.com/1r6ots

M.M. Offline



Beiträge: 16

28.11.2010 17:16
#14 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Hier noch eine kleine Geschichte aus Basel: Analoges Hacking am Kiosk, SPIEGEL-Panne im Badischen Bahnhof http://arlesheimreloaded.ch/article/spie...dischen-bahnhof

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.11.2010 17:54
#15 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat von notquite
Die Verschiebung der Veröffentlichung ist offensichtlich vergeblich gewesen. In Basel wurde der SPIEGEL heute verkauft. Ein Twitterer hat die Ausgabe gekauft ( http://sueddeutsche.de/politik/wikileaks...izont-1.1029368 ) und veröffentlicht jetzt Stück für Stück die Inhalte.


Hübsche Pointe - der "Spiegel" bringt Material, das unter Verschluß bleiben sollte, will das selbst bis heute Abend unter Verschluß halten und wird nun seinerseits Opfer eines Datenlecks.

Der betrogene Betrüger, metaphorisch gesprochen.

vivendi Offline



Beiträge: 663

28.11.2010 18:30
#16 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat von Zettel
Der betrogene Betrüger, metaphorisch gesprochen.



In beiden Fällen, aber vor allem im Fall der Wikileak-Dokumente:
Wer hat diese Dokumente weitergegeben? Entweder wurden sie gestohlen (als gesammeltes Werk, in elektronischer Form??) oder ein Insider hat sie herausgegeben (gegen Belohnung von Wikileaks?).

Florian Offline



Beiträge: 3.171

28.11.2010 18:46
#17 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat
Hübsche Pointe - der "Spiegel" bringt Material, das unter Verschluß bleiben sollte, will das selbst bis heute Abend unter Verschluß halten und wird nun seinerseits Opfer eines Datenlecks.



Ach, ich weiß nicht.
Für den Spiegel konnte das doch eigentlich gar nicht besser laufen.
Einen so schönen Hype um eine Spiegel-Ausgabe gab es doch schon lange nicht mehr.
Und noch dazu jede Menge Gratis-Werbung in SZ et al.
Ich wette jetzt einfach mal: das wird die bestverkaufte Spiegel-Ausgabe des Jahres 2010.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.11.2010 19:42
#18 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat von Florian

Zitat
Hübsche Pointe - der "Spiegel" bringt Material, das unter Verschluß bleiben sollte, will das selbst bis heute Abend unter Verschluß halten und wird nun seinerseits Opfer eines Datenlecks.


Ach, ich weiß nicht.
Für den Spiegel konnte das doch eigentlich gar nicht besser laufen.
Einen so schönen Hype um eine Spiegel-Ausgabe gab es doch schon lange nicht mehr.
Und noch dazu jede Menge Gratis-Werbung in SZ et al.
Ich wette jetzt einfach mal: das wird die bestverkaufte Spiegel-Ausgabe des Jahres 2010.



Gut möglich, lieber Florian.

Das würde dann auf die Ironie des Ganzen noch eins draufsetzen.

C. Offline




Beiträge: 2.639

28.11.2010 20:20
#19 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Was das in ersten Meldungen über Deutschland rausleakt, ist eher zum Gähnen als zum Aufregen. Der Stammtisch "Zum Winzer" von Hettenleidelheim dürfte nach vier Schoppen Riesling aus dem Duppeglas etwa zu den gleichen Einschätzungen kommen wie das diplomatische Korps der USA.

Und was die Türkei angeht, bei aller Liebe zur USA, ist es eine Unverschämtheit oder gar Bösartigkeit immer noch auf einen EU-Beitritt zu drängen.

Nachtrag umd 20:22 Uhr : eine schöne Navigation durchs Leakland finden wir beim Guardian.

http://www.iceagenow.com/

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

28.11.2010 20:22
#20 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat von C.

Und was die Türkei angeht, bei aller Liebe zur USA, ist es eine Unverschämtheit oder gar Bösartigkeit immer noch auf einen EU-Beitritt zu drängen.



Genau das fiel mir auch als erstes ein.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

B. Rösch Offline



Beiträge: 2

28.11.2010 20:45
#21 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat von Zettel
Lieber B. Rösch,
danke für Ihren interessanten Artikel, und willkommen im kleinen Zimmer!


Danke, ich verfolge das Blog schon seit langem, habe mich aber heute dann mal genötigt gesehen, etwas zur Diskussion beizutragen. Vielleicht erinnern Sie sich ja an die Trackback-Probleme mit meinem alten Blog namens "freiheit verpflichtet" und unseren E-Mail-Verkehr?

Zitat
Einige Anmerkungen:
(...) Es geht ja nicht um Empfindlichkeiten, weil andere Unschönes über einen gesagt haben. Es geht um die Vertraulichkeit.
Jeder von uns äußert sich verschieden, je nachdem, vor welchen Adressaten er sich äußert. (Wer sich nicht so verhielte, der wäre ein naiver Plapperer). Im vertraulichen Gespräch redet man offener als gegenüber Journalisten oder in einem Gremium, das öffentlich tagt. Diplomaten reden anders, wenn sie einen vertraulichen Bericht schreiben, als wenn sie sich mit einem Aide-Mémoire an Diplomaten der Gegenseite wenden.
Wenn jetzt Vertrauliches an die Öffentlichkeit gebracht wird - und wenn das kein Einzelfall ist, sondern von einer Organisation systematisch betrieben wird -, dann funktioniert dieses System nicht mehr. Zum Schaden aller.
(...) So wird es auch jetzt sein, wenn den Machenschaften von WikiLeaks kein Ende gemacht werden kann. Man wird dann eben zu sensiblen Themen keine "Kabel" mehr schicken können, sondern die Diplomaten müssen sich mündlich verständigen. Oder man schützt sich sonstwie; vernichtet vielleicht Dokumente, wenn sie nicht mehr benötigt werden.
Es wird alles in Wahrheit viel weniger transparent werden. So, wie an den Unis in Folge der Herstellung von "Öffentlichkeit" die Entscheidungsprozesse weniger transparent wurden. Sie fanden nicht mehr in den Gremien statt, in denen niemand noch ein offenes Wort wagte, sondern in Klüngeln.


Sie haben damit natürlich vollkommen recht. Trotzdem begrüße ich in diesem Einzelfall die Veröffentlichung aus den genannten Gründen. Ich erhoffe mir, dass die Deutschen und die anderen Europäer und Westler eine Ahnung davon bekommen, wie dreckig und hinterhältig internationale Politik letztendlich ist und was in anderen Ländern tatsächlich im Hintergrund passiert und somit quasi politische Bildung jenseits der oft unglaublich uninformierten und engstirnigen (und "volkspädagogisch" beeinflussten) Berichterstattung der Medien erhalten. Ich denke, dass das die negativen Auswirkungen wert ist. Dass der SPIEGEL sich aber anscheinend nur um die Einschätzungen deutscher Politiker durch Amerikaner kümmert und damit potentiell nur das transatlantische Verhältnis belastet, das finde ich dann schon bedenklich. Ich hoffe da kommt von anderer Seite noch mehr, wenn die Dokumente online sind.

Zitat
(...) Wenn das so ist, wird die Türkei es natürlich abstreiten. Und wer weiß? - vielleicht zu Recht. Denn eine andere Gefahr dieses Veröffentlichungsmanie ist es, daß ja niemand beurteilen kann, ob alle "Dokumente" echt sind. Was hindert die Leute von WikiLeaks, die auf Vertrauensbruch spezialisiert sind, daran, einen Teil des Materials zu fälschen, bevor sie es ins Netz stellen?
Ich habe mich immer gewundert, daß jemandem Günter Wallraff auch nur ein Wort glaubt; der sein Geld mit Lügen verdient. Wer glaubt denn Julian Assange ein Wort, der sich seine Publicity mit dem Diebstahl von Daten verschafft?
Das ist, lieber B. Rösch, ein übles, unsauberes Geschäft. Wer so etwas macht, dem kann man jede Fälschung zutrauen.


Stimmt, aber letztendlich trifft das doch auf alles zu, was man on- oder offline zu lesen bekommt. Es gibt ja bereits Verschwörungstheorien, die besagen, dass WikiLeaks ein Projekt der CIA sei. Da würde das dann vielleicht reinpassen, wenn man der CIA ein Interesse an den Folgen unterstellte. Glaube ich aber nicht.

Zitat
(...) Ich bezeichne sie als unverantwortlich. Mit den Feinden des Westens hat das nichts zu tun. WikiLeaks versucht die internationale Diplomatie zu torpedieren und den USA zu schaden.


Bitte verzeihen Sie mir, dass ich Sie dann mit meinem Artikel implizit als naiv bezeichnet habe. Das trifft es eigentlich auch gar nicht. Vielmehr meinte ich, dass bei einer solchen Betrachtung der kurz- und mittelfristigen Folgen und der möglichen Folgen für einzelne Menschen, bzw. bei der Betrachtung aus einer staatstragenden Perspektive oder unter Einbeziehung des Kategorischen Imperativs, ausblendet, dass die Veröffentlichung langfristig bestimmte Entwicklungen beschleunigen kann, die letztendlich unausweichlich sind, bei denen aber jede weitere Verzögerung die Ausgangslage für uns verschlechtert. Und das unabhängig davon, ob es die Absicht von WikiLeaks war - oder der CIA ;)

Meyer2 ( gelöscht )
Beiträge:

28.11.2010 21:15
#22 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat von Zettel
Hätte ich Sie auch öffentlich gemacht, wenn der Absender um strenge Vertraulichkeit gebeten hätte? Nein.

Warum nicht?
Eine private Nachricht ist privat, ganz klar. Eine geschäftliche Nachricht geht nur die Geschäftspartner was an, sonst niemand.
Aber eine Rundmail die offensichtlich an alle Abonnenten geht, die ist offenkundig öffentlich, selbst dann, wenn „Streng geheim“ drüber steht. Die kann man ohne weiteres ins Netz stellen. Das werden Ihnen die Juristen hier auch bestätigen. Es kommt nicht auf die Deklaration an, sondern darauf, ob der Absender die Nachricht nur für eine (natürliche oder juristische) Person bestimmt hat (oder für einen kleinen, klar abgegrenzten Personenkreis) oder für einen unüberschaubar großen Empfängerkreis.

Ihre Kritik an Wikileaks ist sicherlich zutreffend. 100% möchte ich mich dem aber nicht anschließen.
Wie will man den der Heimlichtuerei von Staat/Behörden Herr werden, wenn nicht so?
Es wäre mir auch lieber, wenn Transparenz normal wäre und Geheimhaltung nur stattfindet, wo sie für den Zweck tatsächlich erforderlich ist.
Nur leider ist dem eben nicht so, wie nahezu jedermann schon erlebt hat.

Ebenso die UNO, diese sympathische „Weltgemeinschaft“, die immer so schön gemeinschaftlich Israel verurteilt. Die arme unterdrückte Weltgemeinschaft, der die bösen USA regelmäßig nicht so viel zahlen wie die selbstlosen Weltgemeinschaftler gern hätten.
Die nette Weltgemeinschaft, die so lieb ist regelmäßig Deutschland zu verurteilen. „Deutschland bricht das Völkerrecht“ – das ist doch was für´s Gemüt. Klingt fast wie „... wird zurückgeschossen“.
Was das für ein Verein ist, das weiß man sowieso. Aber dank Wikileaks haben wir nun Belege, dass das in Wirklichkeit eine Verbrecherbande ist. Damit kann man den Völkergemeinschaft-Demagogen ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen.

+

Gehört zwar nicht zum Thema, aber mir gefällt´s trotzdem.
In der Schweiz hat heute der große Lümmel wieder mal falsch abgestimmt.
Bin gespannt, wie lange es dauern wird bis zur ersten Auschwitz-Gleichsetzung.

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

28.11.2010 22:59
#23 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Frei nach Duerrenmatt: Was einmal gesagt wurde, kann nicht mehr zurueck genommen werden. - Oder zumindest, was einmal digital irgendwo aufgeschrieben wurde, kann nicht mehr zurueck genommen werden.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.11.2010 23:08
#24 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Zitat von Zettel
Diese Veröffentlichungen sind es, worauf WikiLeaks spekuliert. Sie erst machen das wirksam, was diese Leute erreichen wollen. Wer das veröffentlicht, der macht sich zu ihrem Komplicen.


Es ist noch schlimmer, als ich gedacht hatte. Der "Spiegel" bedient sich nicht nur des gestohlenen Materials, sondern er hat offenkundig fünf Monate lang mit den Kriminellen zusammengearbeitet. Aus der "Hausmitteilung":

Zitat
Ein Team von 50 Redakteuren und Dokumentaren aus der Auslands- und der Deutschland-Redaktion des SPIEGEL, aus den Korrespondenten-Büros und von SPIEGEL ONLINE hat in den vergangenen fünf Monaten einen Datenschatz von 251 287 Dokumenten aus dem Bestand des amerikanischen Außenministeriums auswerten können, den die Enthüllungsplattform WikiLeaks zur Verfügung gestellt hatte.


Den sie dem "Spiegel" und seinen ausländischen Konsorten "zur Verfügung gestellt hatte". Man hat sich beim "Spiegel" also nicht aus dem Internet bedient, sondern man hat direkt mit den Kriminellen kooperiert.

Weiter heißt es in der "Hausmitteilung":

Zitat
Die Redaktion hat - wie andere beteiligte Medien auch - unter anderem das Weiße Haus und das State Department, aber auch die amerikanische Botschaft in Berlin um Stellungnahmen gebeten und lässt Botschafter Philip Murphy zu Wort kommen (Seite 26). In einigen Fällen brachte die US-Regierung Sicherheitsbedenken vor, manche Einwände hat der SPIEGEL akzeptiert, andere nicht.


Der Hehler verhandelt mit dem rechtmäßigen Besitzer darüber, wie er mit dem Diebesgut umgeht.



John Kornblum hat eben bei Anne Will auf das hingewiesen, was ich auch als den zentralen Punkt ansehe, neben der nonchalanten Art, wie der "Spiegel" mit Kriminellen kooperiert:

Wieso war die US-Regierung eigentlich unfähig, ihre Geheimnisse zu schützen? Sie hat, sagte Kornblum, dieses Intranet nach 9/11 eingerichtet, um eine breitere Diskussion innerhalb des diplomatischen Dienstes und anderer offizieller Stellen zu ermöglichen. Man wollte - so verstehe ich das - sich davor bewahren, daß zu wenige Entscheidungsträger zu Fehleinschätzungen kommen, wie das im Vorfeld von 9/11 geschehen war.

Man hat seine Rechnung ohne die Kriminellen gemacht. Die zwingende Folge wird, ich habe es schon in einem anderen Beitrag geschrieben, eine striktere Geheimhaltungspolitik sein. Weniger Transparenz, weniger an offener Diskussion.

Wieviel Demokratie sich ein Staat leisten kann, hängt immer von den Feinden der Demokratie ab. Die Leute von WikiLeaks waren jetzt wieder einmal erfolgreich darin, die Demokratie zu schwächen. In den USA, aber das hat ja weltweite Auswirkungen.

Ohne die Komplicen vom "Spiegel" und Konsorten wäre das nicht möglich gewesen. Rudolf Augstein hat den "Spiegel" bekanntlich das "Sturmgeschütz der Demokratie" genannt. Das Sturmgeschütz wird unter der heutigen Leitung des "Spiegel" gegen die Demokratie in Stellung gebracht.

Elmar Offline



Beiträge: 282

28.11.2010 23:31
#25 RE: Marginalie: Der "Spiegel" und WikiLeaks Antworten

Man bringt also wieder einmal die "Wahrheit" ans Licht.
Wikileaks veröffentlicht Dokumente, von denen man vermutlich weder die Vollständigkeit noch den Zusammenhang kennt und die Medien nutzten diejenigen davon, die die besten Stories bieten. Da fällt mir nur noch eines ein: Die halbe Wahrheit ist die gefährlichste Lüge.

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