Zitat Zettel : "Gregor Gysi ist aber auch ein Pechvogel. Jahrelang mußte er sich gegen die Unterstellung wehren, er hätte als Anwalt von DDR-Dissidenten mit dem Machtapparat der SED zusammengearbeitet." Es ist schon schlimm, immer diese Unterstellungen. Das erinnert mich an die bösartige Behauptung, "Konkret" und die "Andere Zeitung" seien von der Stasi mitfinanziert worden.
ehrlich gesagt: mich beruhigt diese Mitteilung eigentlich eher.
Früher oder später wird es Linkspartei-Minister auf Bundesebene geben, da brauchen wir uns gar keine Illusionen machen. Wahrscheinlich schon 2013, spätestens aber 2017 wird schwarz-gelb abgewählt. Und ein zweites Mal wird sich die SPD nicht auf eine große Koalition einlassen.
Und es liegt in der Natur jeder Koalitionssymmetrie, dass da auch ein Kern-Ministerium für die Linkspartei dabei sein wird. Wenn nicht Außen (was wohl eher an die Grünen gehen wird), dann eben Innen, Finanz oder Verteidigung. Alles natürlich Horror-Vorstellungen.
Aber ich finde es eher beruhigend, dass die Herrschaften dann in der Regierungspraxis vielleicht doch etwas pragmatischer wären als ich bisher erwartet hätte.
Zitat von FlorianAber ich finde es eher beruhigend, dass die Herrschaften dann in der Regierungspraxis vielleicht doch etwas pragmatischer wären als ich bisher erwartet hätte.
So sehr ich Ihnen meist zustimme, lieber Florian - diesmal sehe ich das anders.
Zum einen weiß ja niemand, ob - mal von dem Übersetzungsfehler abgesehen - denn nun Gysi dem Botschafter Murphy die Wahrheit gesagt hat und seine Genossen anlügt, oder ob es nicht vielmehr umgekehrt ist. Wo liegt die Loyalität eines solchen Mannes? Sollte man überhaupt von Loyalität sprechen?
Zum anderen erscheint es mir problematisch, bei Kommunisten von Pragmatismus zu sprechen.
Jeder Kommunist, der kein Dummkopf ist, ist ein in einer bestimmten Hinsicht ein Pragmatiker. Das hat Lenin seinen Leuten eingebleut, das lernen sie auf den Parteischulen so, wie auf den Madrasa der Koran gepaukt wird. Es geht allein um die Macht; ihr ein Stück näher zu kommen ist das Ziel jedes politischen Schritts, und dazu ist alles erlaubt.
Die Kommunisten haben im Spanischen Bürgerkrieg ihre anarchistischen Mitkämpfer bedenkenlos verraten; Stalin hat jeden noch so treuen Kommunisten hinrichten lassen, wenn das seinem Machtkalkül entsprach.
Kommunisten gehen in jede Regierung, die sie will, und tun alles, um darin zu bleiben. Zu besichtigen im Frankreich Mitterands, zeitweise in Portugal und in Italien. Die KPD hat sich in der DDR mit der SPD vereint, und viele Sozialdemokraten haben damals dieser "Einheit der Arbeiterklasse" zugesetimmt, nach der Erfahrung des Nazismus. Sobald die Kommunisten das Heft in der Hand hatten, wanderte jeder nach Bautzen, der sich ihnen nicht bedingungslos unterwarf.
Das ist kommunistischer Pragmatismus. Man kann von ihnen jedes "Zugeständnis" bekommen, solange sie nicht an der Macht sind. Haben sie dieses Ziel erreicht, ist Schluß mit dem Pragmatismus.
Ja, aber ist das denn nicht graue Vergangenheit? Kann man Gysi denn mit Ulbricht und Honecker vergleichen?
Ich sehe nicht den geringsten Hinweis darauf, daß er nicht mehr so denkt, wie er bis 1989 gedacht hat und wie in seiner Familie gedacht wurde.
Gysi hat es mit ungeheurem Geschick geschafft, die SED über die Wiedervereinigung zu retten. Das ist sein Verdienst allein, insofern ist er einer der bedeutenden Kommunisten. Er hat es geschafft, den Pakt mit Lafontaine zu schmieden und dadurch die PDS von einer Partei knapp über 5 Prozent zu einer Partei über 10 Prozent zu machen.
Er hält diese Partei in Schach, so, wie er es in der SED gelernt hat. Er wird ihr auch, wenn die Machtbeteiligung erreicht ist (nur eine Frage der Zeit, das sehe ich wie Sie) ein Verbleiben in der Nato aufzwingen, eine israelfreundlichere Politik usw. Er wird alles tun, damit die Volksfront an der Macht bleibt; damit Schritt für Schritt ihre Personalpolitik betrieben werden kann, Gesetze zu ihrem Vorteil geändert usw.
Er hat in einer Talkshow einmal die kommunistische Bewegung mit der katholischen Kirche verglichen. Diese lasse sich, so sinngemäß, ja auch nicht durch Rückschläge beirren.
Gesine Lötzsch ist plauderhaft und spricht von einem "zweiten Sozialismusversuch", den ihre Partei anstrebt, und davon, daß Marx auf diese Partei stolz wäre. So etwas würde Gysi nie sagen. Er handelt; so, wie er es auch in der DDR getan hat. Pragmatisch.
Zitat ehrlich gesagt: mich beruhigt diese Mitteilung eigentlich eher.
Früher oder später wird es Linkspartei-Minister auf Bundesebene geben, da brauchen wir uns gar keine Illusionen machen. Wahrscheinlich schon 2013, spätestens aber 2017 wird schwarz-gelb abgewählt. Und ein zweites Mal wird sich die SPD nicht auf eine große Koalition einlassen.
Mich beunruhigt das schon. Es macht mich genauer gesagt wütend. Ich zähle also auch zu den "Wutbürgern". Und das deshalb, weil ich ich den Schwarz/Gelben nicht verzeihen werde, durch dilletantisches Vorgehen, den Wechsel zur Volksfront erst ermöglicht zu haben.
♥lich Nola
"Die Wahrheit vor der Wahl - das hätten Sie wohl gerne gehabt." – Sigmar Gabriel, zu angeblichen rot-grünen Steuererhöhungsplänen, Rheinische Post, 1. Oktober 2002
Hm. In einer anderen Mitteilung wurde über Westerwelle geschrieben (und vom "Spiegel" natürlich konsequent ignoriert, weil nicht in die Kampagne passend), dass er "with ease" Englisch gesprochen habe. Kann der Gysi vielleicht gar kein Englisch, so dass die Gespräche mit ihm auf Deutsch geführt wurden? Das könnte Folgen haben. Alle Versuche, Deutschland wieder zu einem sozialistischen Experiment zu machen, würde ihm das Publikum nachsehen, wenn nicht gar befürworten, aber dass der Mann womöglich kein Englisch sprechen kann, sollte ihn nach allen Regeln der Kunst der veröffentlichten Meinung erledigen.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von RaysonAlle Versuche, Deutschland wieder zu einem sozialistischen Experiment zu machen, würde ihm das Publikum nachsehen, wenn nicht gar befürworten, aber dass der Mann womöglich kein Englisch sprechen kann, sollte ihn nach allen Regeln der Kunst der veröffentlichten Meinung erledigen.
*lol*
Nur ist, lieber Rayson, der Gysi nicht so ungeschickt wie Westerwelle, diese seine (mögliche) Blöße sozusagen öffentlich vorzuzeigen.
Die Diskussion über Westerwelles Englisch hat dieser ja selbst ausgelöst, als er bei einer Pressekonferenz einen Frager aufforderte, seine Frage nicht auf Englisch, sondern auf Deutsch zu stellen.
So etwas würde Gysi wahrscheinlich nicht passieren; so wenig wie die Ankündigung des "zweiten Sozialismusexperiments".
Der gelernte Wirtschaftswissenschaftler war 23 Jahre bei für die US-Bank Goldman Sachs tätig und von 1993 bis 1997 Leiter der Frankfurter Vertretung in Deutschland. Nach seinem Ausscheiden bei Goldman Sachs war Murphy von 2006 bis 2009 Schatzmeister der Demokraten. Der frühere Investmentbanker mit Harvard-Abschluss spricht fließend Deutsch. Philip D. Murphy wurde 1957 in Boston geboren, er lebte bislang mit seiner Familie in New Jersey.
Eine Bundesregierung unter Beteiligung der Linkspartei wäre ein Desaster für Deutschland. Könnte es am Ende eine strategische Wahlalternative sein, durch Stimmverhalten konservativer Wählerschichten die Linkspartei so stark zu machen, daß die SPD zum möglichen Juniorpartner der Linken würde um auf diese Weise eine große Koalition zu erzwingen? ;-)
Was aber die Leute gemeiniglich das Schicksal nennen, sind meistens nur ihre eigenen dummen Streiche. (Arthur Schopenhauer - Aphorismen zur Lebensweisheit)
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