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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 10 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

23.12.2010 07:41
Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

Dieses Jahr hat, wie auch anders, viele Überraschungen gebracht. Eine der deprimierendsten ist der Niedergang der FDP.

Nonkonformist ( gelöscht )
Beiträge:

23.12.2010 08:04
#2 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

Lieber Herr Zettel,
Zitat:
"Eine der deprimierendsten ist der Niedergang der FDP."....???
Wenn man die täglich wechselnde Wählergunst nimmt, haben Sie recht.
Ansonsten frage ich mich , von welchem Niveau aus der Niedergang erfolgt sein soll. Die FDP war schon immer ein Sammelbecken von Desorientierten.
Mit freundlichem Gruß!

Juno Offline



Beiträge: 332

23.12.2010 09:52
#3 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

Eine kleine Spekulation:

Vor etwas mehr als einem Jahr verstarb Otto Graf Lambsdorff, der wichtigste wirtschaftspolitische Kopf der FDP, ein prinzipientreuer Liberaler auf allen Themenfeldern, zugleich eine der (regierungs-)erfahrensten Führungsfiguren der Partei. Auf die Koalitionsverhandlungen und die Regierungsbildung hat Lambsdorff vermutlich kaum noch Einfluss nehmen können.

Um so stärker dürfte der Einfluss des anderen großen alten Mannes gewesen sein: Hans-Dietrich Genscher. Es ist zu vermuten, dass Genscher den erkennbar unsicheren Westerwelle, der nach Jahren der Opposition vor dem Sprung in eine große Regierungsverantwortung stand, sehr darin bestärkt hat, nach dem Außenministerium zu greifen. Schließlich ist Genscher dadurch selbst ja wieder eine Art Oberberater der deutschen Außenpolitik geworden.

Genscher ist nie durch konsequenten Liberalismus und den Kampf für ehrgeizige inhaltliche Ziele aufgefallen. Sein Erfolg und seine zeitweise enorme Popularität gründeten vor allem auf der Fähigkeit, sich niemals wirklich festzulegen, sondern statt dessen geschickt zwischen den Machtpolen zu pendeln und dabei den eigenen Vorteil zu suchen. Das hat dem Land in der Spätphase des Kalten Krieges oder auch bei der Wende 1982 durchaus genützt. Der Opportunismus als Prinzip hatte aber immer schon seine Schattenseiten. Man erinnere sich nur daran, dass Jürgen W. Möllemann seine Karriere als Genscher-Protegé begann.

In der heutigen Zeit ist der Genscherismus als FDP-Strategie komplett zum Scheitern verurteilt, weil seine Voraussetzungen entfallen sind: Außenpolitik heißt nicht mehr, populär zwischen Ost und West zu pendeln, sondern eine eigene deutsche Rolle in einer sich wandelnden Welt zu definieren. Innenpolitisch ist die FDP schon lange nicht mehr „das Zünglein an der Waage“, der Schlüsselakteur in einer politischen „Mitte“. Der FDP-Wahlerfolg 2009 beruhte ganz im Gegenteil darauf, dass sie das bürgerliche Lager noch viel profilierter vertrat als die Union. Weil sie dieses Versprechen danach nicht einlöste, ist sie so dramatisch abgestürzt.

Ein Graf Lambsdorff fehlt der FDP heute schmerzlich. Der Kommentar von Heike Göbel macht das sehr deutlich. Allerdings besteht die große Gefahr, dass die Partei in ihrer Panik eher auf die ungezählten anderen Kommentatoren hört, die nun täglich Krokodilstränen vergießen und eine neue, irgendwie nettere, sozialere, grünere, bionadigere FDP empfehlen.

Es ist ja verständlich, dass die FDP endlich auch mal wieder ein bisschen geliebt werden will. Wenn sie allerdings auf diese falschen Freunde hört, dann wird sie in ein paar Jahren zu einer Arbeitsgruppe Liberale Bürgerrechte bei den Grünen herabgesunken sein.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

23.12.2010 11:16
#4 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

Zitat von Nonkonformist
"Eine der deprimierendsten ist der Niedergang der FDP."....???
Wenn man die täglich wechselnde Wählergunst nimmt, haben Sie recht.

Ansonsten frage ich mich , von welchem Niveau aus der Niedergang erfolgt sein soll. Die FDP war schon immer ein Sammelbecken von Desorientierten.

Jede Partei, lieber Nonkonformist, ist ein Sammelbecken. Nur ist das der FDP im Augenblick bestürzend leer.

Jede Demokratie braucht eine starke liberale Strömung; unter dem Verhältniswahlrecht unbedingt in Form (mindestens) einer Partei; unter einem Mehrheitswahlrecht könnte es auch eine Strömung innerhalb einer liberalkonservativen Partei sein wie der GOP.

Der jetzige Niedergang der FDP ist nicht nur deshalb bestürzend, weil er den Einfluß liberaler politischer Ideen schwächt, sondern auch im Hinblick auf künftige Koalitionen. Wenn die FDP als Partner der Union ausfallen sollte, wird die Volksfront regieren.

Herzlich, Zettel

patzer Offline



Beiträge: 359

23.12.2010 11:57
#5 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

ot
aber interessant.
geehrter zettel,
sie werden ausführlich zitiert und gewürdigt.
http://fjordman.wordpress.com/2010/12/22/climatology/

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

23.12.2010 12:06
#6 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

Eine ganz aehnliche Analyse heute beim A-Team: http://www.antibuerokratieteam.net/2010/...-parteienkrise/

Westerwelle wird sich nicht halten koennen. Er hat versucht, seine strategischen Fehler den Medien, der CDU zuzuschieben und er hat versucht sich selber fuer einige kleine Fehler zu entschuldigen. Das hat nicht gereicht. Die Konsequenz ist, dass er frueher oder spaeter vom Parteivorsitz zuruecktreten muss. Des Pudels Kern ist meiner Meinung nach, dass die FDP angesichts von 15% sich nicht auf eine Sicherung der Kernkompetenz einlassen wollte, sondern weiter mutig nach vorne geprescht ist. Dazu kommt, dass Westerwelle eine Position ubernommen hat, fuer die er nicht geeignet ist. In Summe sind das schwere Fuehrungsfehler, die auf Westerwelle zurueckfallen (muessen). Er hat auf Vabanque gespielt und (leider) verloren. Tragisch. Leider.

Nonkonformist ( gelöscht )
Beiträge:

23.12.2010 13:12
#7 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

Lieber Herr Zettel,
Zitat:
"Wenn die FDP als Partner der Union ausfallen sollte, wird die Volksfront regieren."
Die FDP nur noch als Mehrheitsbeschaffer gegen eine Volksfrontregierung, die es ja in Wahrheit längst gibt, zumindest in der EU?
Nein, danke. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Sie werden in den Besinnungsaufsätzen der 50er sicher auch diskutiert haben "Freiheit wovon und Freiheit wozu?". Die FDP heute steht nur noch für Beliebigkeit. Die Liberalität Adenauers, die könnten wir dringend brauchen, aber dafür interessiert sich kaum jemand.
Die Dekadenz ist eben nicht aufzuhalten.
Mit frdl. Gruß!

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

23.12.2010 13:18
#8 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

Zitat
Wenn die FDP als Partner der Union ausfallen sollte, wird die Volksfront regieren


Nein, wenn die FDP ausfällt wird Rotgrün regieren.

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

23.12.2010 15:09
#9 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

In dem Artikel in der FAZ geht es nicht bloß um den Absturz der FDP, sondern es wird sehr schön das Totalversagen der gesamten Regierung aufgezeigt.

Auszüge:

Zitat
Auf Dauer ist es aber zu wenig, wenn die FDP ihre Daseinsberechtigung vor allem damit rechtfertigt, "Schlimmeres verhindert" zu haben.



Zitat
Die große Steuervereinfachung ist auf eine Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags um ein paar Euro geschrumpft. Man schämt sich für eine FDP, die glaubt, mit solchen "Fortschritten" sei irgendwem geholfen. Im Kräftemessen mit dem Bundesfinanzminister sehen die Liberalen nicht gut aus, Wolfgang Schäuble widersetzt sich geschickt allen Wünschen des Koalitionspartners.



Zitat
Man sähe es der Partei nach, dass sie in der Steuerpolitik nennenswerte Korrekturen schuldig bleibt, wenn sich dieses "Opfer" in einer ordentlichen Sanierung des Bundeshaushaltes niederschlüge. Doch was hat der Verzicht gebracht? In diesem Jahr hat der Bund so viele neue Schulden gemacht wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Und während sich Schäuble mit Billigung der Bundeskanzlerin allen steuerpolitischen Anliegen der FDP verweigert, ist er zu jedem Haushaltsrisiko bereit, wenn es um die Rettung von Banken und Euro geht. Die FDP wehrt ihm nicht.



Zitat
In der Euro-Debatte macht sie keine gute Figur, hier hat sie nicht einmal Schlimmeres verhindert. Wie gleichgeschaltet hängt die Partei an der Union, unfähig, die einst als wichtig erkannten Regeln der Europäischen Währungsunion zu verteidigen. Wo waren die Liberalen, als das Verbot geschleift wurde, überschuldeten Euro-Ländern aus der Patsche zu helfen? Noch im Sommer galt die Transferunion dem Außenminister Westerwelle als allergrößte Sorge, verwahrte er sich gegen jede Verlängerung des Euro-Rettungsschirms. Nun macht er alles mit.



Zitat
Könnte nicht wenigstens der Wirtschaftsminister das unselige Gerede über die Alternativlosigkeit einer Währung kontern, die gerade mal ein Jahrzehnt überstanden hat? Muss nun auch die FDP einer wirtschaftspolitischen "Koordination" als Vorstufe zu einer europäischen Wirtschaftsregierung das Wort reden?



Zitat
Sie hat im Bund noch drei Jahre: Ob Euro-Debatte, Pflegeversicherung, Mindestlöhne, Zeitarbeit, Landesbanken, Solarsubventionen, der Streit um die Tarifeinheit in den Betrieben, die Kommunalfinanzen, die Energiepolitik - eine FDP, die ihre eigenen Grundsätze ernst nimmt, wird in diesem Land immer noch dringend gebraucht.



Wir halten fest: In Sachen einer großen Steuerreform tut sich nichts (wird durch Schäuble verhindert), statt einer Haushaltskonsolidierung wurde das Defizit noch ausgeweitet auf Rekordhöhe, es wurden weitere riesige Haushaltsrisiken eingegangen in "gesonderten Haushalten" (wieder durch Schäuble), Grundregeln der Währungsunion wurden bedenkenlos über Bord geworfen, Verträge und Versprechungen gegenüber den Bürgern einfach gebrochen usw. usf. In den Stichpunkten im letzten Zitat deutet sich bereits an, daß es in anderen Bereichen auch nicht besser aussieht. Kann man nun diese katastrophale Bilanz der FDP zur Last legen? Selbstverständlich kann und muß man das, denn sie ist schließlich in Regierungsverantwortung. Mit vernünftiger und liberaler Politik hat das aber auch nichts zu tun, was bisher veranstaltet wurde. Und mit den Vorstellungen ihrer Wähler stimmt es in keiner Weise überein, vorsichtig formuliert.
Wenn die FDP so weitermacht, wird die Talfahrt auch weitergehen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Die Unzufriedenheit der FDP-Wähler ist nun kein neues Thema, wurde schon oft diskutiert und ist so offensichtlich wie nur was. Es ist an der FDP, wieder zu Grundsätzen und Prinzipien zurückzufinden. In diesem Sinne stimme ich Heike Göbel und ihren Ausführungen zu.
Etwas anderes aber finde ich an diesem u. ä. Artikeln derzeit bemerkenswert: Was ist eigentlich mit der Union und deren Wählern? Was ist ihnen denn wichtig? Wird es dort als Erfolg wahrgenommen, daß eine Steuerreform wieder einmal abgesagt, die Verschuldung noch weiter in die Höhe getrieben, die Grundpfeiler unserer Währung zerbröselt und Zusagen gebrochen wurden? Das kann ich mir zwar kaum vorstellen, aber wenn man sich das erste Zitat ansieht und den Artikel liest, gewinnt man den Eindruck, ohne die FDP hätten CDU/CSU gerne noch größeren Unfug veranstaltet. Sind ihre Wähler nicht an einem Steuersystem interessiert, das den Namen verdient, an soliden Staatsfinanzen, einer stabilen Währung etc.?

Natürlich wird die Schwäche der FDP gnadenlos dadurch aufgezeigt, daß sie sich ständig unterbuttern läßt - vor allem von Schäuble und Seehofer. Aber die Sache hat eben auch eine andere Seite: Offenbar ist man seitens der Union gar nicht auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit aus, so wie man mit dem eigenen Koalitionspartner umgeht. Man weiß natürlich, daß die FDP keine anderen Optionen hat, wenn sie regieren und nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden will.
Aber die Blindheit der Union ist mir ein Rätsel: Wenn man die FDP schwächt, mit wem will man denn dann nach den nächsten Wahlen koalieren, ob die Regierung nun durchhält oder nicht? In der CDU/CSU glaubt man doch wohl nicht ernsthaft, daß man aus eigener Kraft nochmal an Wahlergebnisse rankommt, von denen man heute nur träumen kann, wofür aber frühere Vorsitzende noch in die Wüste geschickt worden wären? Man regiert in der nächsten Legislaturperiode entweder mit der FDP oder gar nicht. Letzteres wird es wohl werden.

Zurück zu dem, was am Artikel von Heike Göbel auffällt: Der FDP wird vorgeworfen, sämtliche Grundsätze und Prinzipien mißachtet zu haben, was ja auch stimmt. Aber wenn die Union den ganzen Unsinn mitmacht, der dort aufgezählt wird, dann wird das inzwischen schon für normal gehalten und wird nicht gesondert erwähnt. So weit hat sich der Linksruck schon ausgewirkt. Wenn also Merkel und Schäuble etwa Grundregeln zur Sicherung unserer Währung kassieren, dann wird mittlerweile nur noch von der FDP Widerspruch erwartet. Eine schlimme Entwicklung.

MfG

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

23.12.2010 18:29
#10 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

Ich stimme in allen Punkten zu.



Besonders in diesem:

Zitat
Aber die Blindheit der Union ist mir ein Rätsel: Wenn man die FDP schwächt, mit wem will man denn dann nach den nächsten Wahlen koalieren, ob die Regierung nun durchhält oder nicht? In der CDU/CSU glaubt man doch wohl nicht ernsthaft, daß man aus eigener Kraft nochmal an Wahlergebnisse rankommt, von denen man heute nur träumen kann, wofür aber frühere Vorsitzende noch in die Wüste geschickt worden wären? Man regiert in der nächsten Legislaturperiode entweder mit der FDP oder gar nicht. Letzteres wird es wohl werden.



Nur was steckt wirklich dahinter? Und was heckt die EU aus, wovon wir nichts wissen? Wenn innerhalb dieser Legislaturperiode die Weichen für eine allumfassende EU-Regierung mit unterstellten Nationen (Vereinte Nationen Europas) gestellt werden, dann strebt Merkel diese Präsidentschaft an. Nur so würde ihr jetziges Verhalten und unser Geld Sinn machen. Denn das wir in Europa nur wegen unserer finanziellen Geduld "geliebt" werden ist ja wohl klar.

Also was immer sich die Union denkt, ist eine Sache, was Frau Merkel will ist garantiert eine andere Sache.

♥lich Nola



"Die Wahrheit vor der Wahl - das hätten Sie wohl gerne gehabt." – Sigmar Gabriel, zu angeblichen rot-grünen Steuererhöhungsplänen, Rheinische Post, 1. Oktober 2002

Zazaz Offline



Beiträge: 52

23.12.2010 19:39
#11 RE: Marginalie: Barack Westerwelle Antworten

Ich sehe es genau so. Auch, dass der Linkskurs der Union so weit ist dass die FDP als bürgerliches Korrektiv gewählt wurde. Da sie in dieser Rolle kläglich versagt stürzt sie ab.

Ich bin mir allerdings nicht sicher ob die FDP diesmal überleben wird. Es könnte ein langer Fall ins finstere unter-5%-Ghetto werden, da viele verärgerte Ex-Wähler sich schwören: Nie wieder FDP, und in Zukunft Parteien weiter rechts wählen.

Ich glaube dass die einzige Chance der FDP ein konsequenter rechtsliberaler Kurs wäre - sprich: eine Sarrazin-FDP.

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