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RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

20.01.2011 19:16
"Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Dieter Spethmann, früherer Vorstandsvorsitzender der Thyssen AG, im Interview: http://www.faz.net/s/Rub58BA8E456DE64F18...n~Sspezial.html

Auszüge:

Zitat
Der heutige Außenkurs des Euro ist für Deutschland eindeutig zu niedrig. Die deutsche Volkswirtschaft müsste, nachdem sie Jahre lang Leistungsbilanzüberschüsse in Höhe von vier bis sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes geliefert hat, längst aufgewertet haben. Denn nur eine Aufwertung führt zu einem so großen Wohlstandszuwachs, wie wir ihn bis zum Fall der Berliner Mauer über 20 Jahre hinweg beobachten konnten.


Zitat
Deutschland schenkt die Überschüsse, die es im Außenhandel erzielt, der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB benützt diese Überschüsse, um damit die Defizite von Griechenland, Italien, Frankreich und so weiter zu bezahlen. Wir verschenken jedes Jahr im Abrechnungskreislauf der Zentralbanken fünf bis sechs Prozent unseres Sozialproduktes, Waren gegen Papier. Im Bereich der Geschäftsbanken verschenken wir noch einmal zwei bis drei Prozent. Dazu kommt ein Nettobeitrag an die Europäische Union (EU) in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Wir verschenken jedes Jahr zehn Prozent unseres BIP. Das sind 250 Milliarden Euro - und das hält keine Volkswirtschaft aus.


Zitat
Solange ich zurückdenken kann, haben Staaten Moratorien erklärt. Es ist so normal wie der Alltag, dass ein Staat erklärt, ich kann nicht mehr. Darauf folgt dann in der Regel ein modifiziertes Rückzahlungsangebot an seine Gläubiger.



Es ist wohltuend, mal etwas anderes und mit Vernunft zu lesen, als das ständige Geschwätz unserer Politiker quer durch die Parteien, die plötzlich alle eine weiche Währung ganz toll finden und den ganzen Unsinn verbreiten, diese "Rettungsschirme" seien "alternativlos", aber offenbar keinerlei Sachverstand, den gesunden Menschenverstand am Eingang zur Parteizentrale abgegeben und noch nie von der Deutschen Mark gehört haben ...

Zu beachten sind auch die Kommentare zum Artikel.

MfG

Nonkonformist ( gelöscht )
Beiträge:

21.01.2011 08:22
#2 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber RexCramer,
das habe ich mir vorgestern schon ausgedruckt und an die ganze Familie verteilt. Es wird die "Lemminge" aber nicht aufhalten!
Mit bestem Gruß1

lukas Offline



Beiträge: 261

21.01.2011 14:58
#3 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Zitat von RexCramer

Zitat
Deutschland schenkt die Überschüsse, die es im Außenhandel erzielt, der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB benützt diese Überschüsse, um damit die Defizite von Griechenland, Italien, Frankreich und so weiter zu bezahlen. Wir verschenken jedes Jahr im Abrechnungskreislauf der Zentralbanken fünf bis sechs Prozent unseres Sozialproduktes, Waren gegen Papier. Im Bereich der Geschäftsbanken verschenken wir noch einmal zwei bis drei Prozent. Dazu kommt ein Nettobeitrag an die Europäische Union (EU) in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Wir verschenken jedes Jahr zehn Prozent unseres BIP. Das sind 250 Milliarden Euro - und das hält keine Volkswirtschaft aus.




Als nicht-WiWi verstehe ich diese Aufregung um Handelsdefizite/-überschüsse nicht. Deutschland exportiert Waren gegen Papier, aber das Papier ist nicht wertlos, sondern wird (letztendlich im Ausland) wieder investiert und wirft dort Gewinne ab. Bei unserer demographischen Situation und Einwanderungspolitik hat Deutschland doch gar keine andere Wahl, als Kapital im Ausland zu investieren, denn die inländischen Produktivitätsgewinne halten mit der demographischen Entwicklung nicht mit. Was übersehe ich da?

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

24.01.2011 19:47
#4 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber lukas,

Zitat von lukas
Als nicht-WiWi verstehe ich diese Aufregung um Handelsdefizite/-überschüsse nicht. Deutschland exportiert Waren gegen Papier, aber das Papier ist nicht wertlos, sondern wird (letztendlich im Ausland) wieder investiert und wirft dort Gewinne ab. Bei unserer demographischen Situation und Einwanderungspolitik hat Deutschland doch gar keine andere Wahl, als Kapital im Ausland zu investieren, denn die inländischen Produktivitätsgewinne halten mit der demographischen Entwicklung nicht mit. Was übersehe ich da?



so wie Sie die Sache darstellen, klingt es ganz vernünftig. Bei genauerer Betrachtung trübt sich das Bild aber leider. Einige Gedanken dazu:

Zum Ausgleich zwischen Ländern unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungskraft braucht man grundsätzlich einen oder mehrere Anpassungsmechanismen. Falls diese nicht vorhanden sind, tendiert eine Schieflage dazu, sich zu verschlimmern, da die Defizitländer keine Möglichkeit haben, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und leicht in die Falle der Überschuldung tappen, aus der sie nicht mehr herauskommen (können). Ihre Lasten steigen, wodurch ihre Wettbewerbsfähigkeit sich im Gegenteil weiter verschlechtert - ein Teufelskreis.
Nun könnte man sich hinstellen und sagen, sie hätten sich einfach nicht so hoch verschulden sollen, aber das ist leichter gesagt, als getan. Passiert ist folgendes: Mit dem Euro sind die nominalen Zinsen vor allem der südlichen Länder teilweise aus dem zweistelligen Bereich auf das niedrige deutsche Niveau gefallen, so daß durch ihre höhere Binneninflation ihre realen Zinsen sogar in den negativen Bereich gedreht sind. Es schien also vernünftig, die Kohle nur so rauszuhauen, salopp gesagt. Dadurch, daß diese enormen Summen in ihre Volkswirtschaften gepumpt wurden, könnte man später - aus dem Ergebnis dieser Investitionen - leicht den Schuldendienst leisten, so dachte man. (Es ist ein bißchen so wie in den USA, wo man auch dachte, die zunehmende Verschuldung sei kein Problem, weil dem ja die Wertsteigerungen der Immobilien gegenüberstünden.) Leider ist aber ein erheblicher Teil nicht in Investitionen, sondern in den Konsum geflossen, und wie Ihnen jeder "Österreicher" erklären kann, kommt es i. d. R. bei Investitionen aufgrund solch (zu) niedriger Zinsen zu erheblichen Fehlallokationen. Das sehen wir z. B. in Spanien an den vielen leerstehenden Immobilien. Die erhofften Erträge bleiben aus und man versinkt in den Schulden. Dieses Resultat haben wir heute.

Früher hat eine solche Situation zu einer Abwertung geführt. Politiker wenden zwar heute ein, man wäre ja weiterhin nicht in eigener, sondern in Fremdwährung verschuldet, aber es geht eben darum, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, um so wieder die Grundlage zu schaffen, auf der die Schulden bedient werden können. Falls die Lage so prekär sein sollte, daß auch das aussichtslos wäre, dann bliebe immer noch eine geordnete Insolvenz - ein ganz normales Verfahren, wozu es schon oft gekommen ist, worauf hier im Forum gelegentlich hingewiesen wurde.
Beide Wege stehen nicht mehr zur Verfügung, denn den Wechselkurs zwischen den Teilnehmern des Euro gibt es nicht mehr und der andere wird von der Politik verhindert.
Damit bleibt nicht mehr viel, denn die Anpassung über die Arbeitsmärkte fällt auch aus (aufgrund mangelnder Flexibilität und hauptsächlich durch Sprachbarrieren, die es in den USA nicht gibt). Jetzt hat man nur noch die Möglichkeiten, den Weg in die Transferunion zu gehen oder die gemeinsame Währung wieder aufzugeben. Andernfalls wird die Eurozone zerreißen.

Diese "Rettungsschirme" sind also weder Fisch noch Fleisch. Man bekommt die Lage dadurch nicht in den Griff, sondern zögert eine Entscheidung nur heraus.
Ein wenig Hoffnung habe ich, daß es noch ein paar Politiker mit genug Verstand gibt, die den Wahnsinn Transferunion, also eine Art Länderfinanzausgleich in der Eurozone, nicht mitmachen. Auf der anderen Seite wird allerdings schon mit großem Kaliber geschossen, denn es wird darauf verwiesen, daß der Euro scheinbar einen Krieg in Europa verhindere. Wer schon so redet und sich so weit aus dem Fenster lehnt, der kann und will den Euro unter keinen Umständen aufgeben und begreift die Angelegenheit offenbar ausschließlich als politisches Unterfangen, ignoriert aber die ökonomische Realität.
Die Aussichten sind daher ernüchternd und erschreckend: Wir bekommen also entweder eine Transferunion oder es wird mit Unsummen "gerettet" bis zum bitteren Ende, bis nichts mehr geht und der Euro in die Knie gezwungen wird - es wird also so oder so sehr teuer für uns werden.


Weitere Überlegungen:

- "Aus der Finanzkrise lernen", Teil 1:
Nun, es gibt ja nicht wenige Politiker, die das laufend erzählen und am liebsten Schuldige suchen und an den Pranger stellen. Viele dieser Politiker möchten gerne "Gemeinschaftsanleihen" einführen. Kommt das niemandem absurd und total irre vor? Am US-Hypothekenmarkt hat man gute und schlechte Papiere in einen Topf geworfen, kräftig umgerührt und dem Gemisch eine ausgezeichnete Bonität bescheinigt. Wie wir heute wissen, lassen sich mit solchen Mitteln keine realen Werte herbeizaubern. Und ausgerechnet Politiker, die das scharf kritisieren, wollen nun gute und schlechte Staatsanleihen in einen Topf werfen und kräftig umrühren, auf daß das Gemisch dann an den Märkten zu Konditionen der jeweils besten Schuldner weggeht? Hallo?

- "Aus der Finanzkrise lernen", Teil 2:
Welcher Art sind die Probleme, mit der wir uns im Euroraum rumschlagen? Es handelt sich um eine Verschuldungskrise. Was machen EU und Regierungen? Diese "Rettungsschirme" sorgen ja nur dafür, daß die Schulden ein anderer hat, daß weitere Leute dafür haften, die gar nichts dafür können. Gibt es Anzeichen dafür, daß die Verschuldung gesenkt wird? Die Warnungen werden in den Wind geschlagen und ich habe erhebliche Zweifel angesichts einer Bundesregierung, die die Nerven hat, eine Rekordverschuldung als "Sparhaushalt" zu bezeichnen ...

- "Aus der Finanzkrise lernen", Teil 3:
Gibt es Bestrebungen für ernstzunehmende Reformen? Ich habe hier im Forum vor einiger Zeit einmal dargestellt, was Ludwig Erhard bzgl. des Versorgungsstaates und seiner Probleme vorhergesehen hat (leider ist der Beitrag nicht beachtet worden). Viele Parteien reden von der Sozialen Marktwirtschaft, aber ich habe das starke Gefühl, es gibt keine mehr, die weiß, was das überhaupt ist. Aber es ist nicht nur das, sondern auch innerhalb unseres Wohlfahrtsstaates gibt es soviele Probleme und offensichtlichen Unfug, aber niemand ändert was. Und es ist noch schlimmer: Bürokratie, Bevormundung, Verschuldung und generell unproduktive Bereiche sowie insbesondere Versorgungsposten werden munter weiter ausgeweitet. Auf diese Weise werden die Probleme weiter zunehmen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

- Die Stärke unserer Währung:
Über Jahrzehnte hat die Deutsche Mark regelmäßig aufgewertet und unser Wohlstand ist ständig gestiegen. Mit dem Euro werden wir beim BIP pro Kopf nach hinten durchgereicht. Unser relativer Wohlstand sinkt. Daß wir nicht die Gewinner des Euro sind, darauf hat Hans-Werner Sinn aufmerksam gemacht. Zettel hat zwar angeregt, sein Interview zu lesen, aber weil dort Lob für Merkel stand, hat sich sein Verstand deshalb wie üblich abgeschaltet, so daß er leider nicht wirklich verstanden hat, was Hans-Werner Sinn uns mitteilt. Die Verwerfungen in der Eurozone haben natürlich nichts mit Lafontaine und dem Bundesrat zu tun, sondern mit ganz anderen Zusammenhängen.
Früher haben die Bürger von der Stärke der Deutschen Mark profitiert (man beachte, was die Väter der Sozialen Marktwirtschaft hierzu zu sagen haben), während nun plötzlich Politiker jeglicher Couleur durch das Land ziehen und einfach das Gegenteil behaupten. Wir seien die Gewinner des Euro wegen der Exporte und so. Hat dazu auch nur ein Politiker ein ernstzunehmendes Argument präsentiert? Oder ist das auch "alternativlos"?


Im Prinzip ist es vernünftig, wenn alternde Gesellschaften im Ausland und insbesondere in Gesellschaften mit einer umgekehrten demographischen Entwicklung investieren. Sie haben gefragt, was Sie übersehen. Nun, dafür sollte man die Sache genauer betrachten: Kommen dafür die derzeitigen Transfers über die EU in Frage, sollte der Staat diese Investitionen tätigen und handelt es sich in dieser Form überhaupt um Investitionen?

Sie haben davon gesprochen, Kapital im Ausland zu investieren. Nichts dagegen. Doch was passiert hier tatsächlich? Was ist Kapital? Kapital ist im weiten Sinne alles, was zur Produktion verwendet, aber dabei nicht verbraucht wird (von Verschleiß etc. abgesehen), also die Ausrüstung und Ausstattung, die zur Verfügung steht. Daraus folgt, daß Kapital nur dadurch gebildet werden kann, indem gespart und investiert wird, so daß der Teil, der nicht konsumiert wird, für die zukünftige Produktion genutzt werden kann. Was wir über die EU anderen Ländern geben, ist aber Geld. Das ist ein erheblicher Unterschied, denn was mit dem Geld passiert, geht aus dem Transfer an sich erst einmal nicht hervor. Ob hier also überhaupt eine Kapitalbildung stattfindet, wissen wir nicht.

Wir müssen also untersuchen, was mit unserem Geld geschieht, ob es sich hier um eine sinnvolle Investition handelt.
Ziehen wir die Finanzkrise zum Vergleich heran. Lassen wir dabei einmal außen vor, wie und warum sie entstanden ist, daß die Politik Banken zur Vergabe von Krediten an Leute, die sich das eigentlich nicht leisten konnten, gezwungen hat etc., sondern gucken uns nur die Ströme der Waren und des Geldes an: Von Deutschland hat ein Nettoexport in die USA stattgefunden, für die die Unternehmen Devisen auf ihren Konten gutgeschrieben bekommen haben, während die Banken damit wiederum die Schrottpapiere am US-Hypothekenmarkt gekauft haben. Solange die Kurse ordentlich gestiegen sind, war das alles kein Problem. Doch aufgrund der Verbriefung, der falschen Bewertungen usw. usf. hat sich der Markt immer weiter abgekoppelt von den realen Werten, für die sich offenbar kaum noch jemand interessiert hat. Als die Blase schließlich geplatzt ist, hätte man denken können, daß das ja nichts macht, weil die Kurse schließlich darum tief gefallen sind, weil sie zuvor so enorm gestiegen sind. Also eine reine Luftnummer, ohne daß was passiert ist? Leider nicht! Denn durch den weltweiten Handel sind die Papiere immer weitergereicht worden. Das war für alle ein lohnendes Geschäft, die rechtzeitig ausgestiegen sind, aber nicht für diejenigen, die den Schrott zuletzt in ihren Bilanzen haben, nachdem das Kartenhaus zusammengestürzt ist. Die ganzen Wertberichtigungen, die die letzten Halter des Kreditmülls nun vornehmen müssen, entsprechen der Differenz aus den realen Marktpreisen, die für die Immobilien, die als Sicherheit dahinterstehen, tatsächlich erzielt werden können, und der ungerechtfertigten Aufblähung des Marktes und der Kurse, also der künstlich herbeigeführten Phantasiewerte. Es wurden allerdings tatsächlich Gewinne gemacht, denn durch diese gigantische Illusion hat ja eine Umverteilung stattgefunden von denjenigen, die auf den Papieren sitzengeblieben sind zu allen, die vorher die Kursgewinne mitgenommen haben. Es ist wie bei einem Schnellballsystem: Dort legen auch alle ihr Geld auf den Tisch und die Gruppe ist insgesamt hinterher weder reicher noch ärmer als vorher, nur gehen manche Leute als Gewinner und andere als Verlierer nach Hause.
Nur hat sich die Luftnummer Finanzkrise eben nicht in Luft aufgelöst, sondern dadurch, daß plötzlich herausgekommen ist, daß die realen Werte in keinem Verhältnis zu den Erwartungen stehen und niemand den Kram mehr haben wollte, mußten riesige Abschreibungen hingenommen werden, so daß aus virtuellen Werten reale Verluste entstanden sind.
Daß nun ausgerechnet die Banken, bei denen unser Staat kräftig seine Finger drin hat und damit unsere ahnungslosen Politiker (so hat etwa, als die Blase geplatzt ist, der Verwaltungsrat der KfW aus über 30 Leuten bestanden (Bsirske, Wieczorek-Zeul, Lafontaine etc.), von denen einer Volkswirt ist (Steinbrück) und alle anderen in ihrer Ausbildung und Tätigkeiten weder mit Wirtschaft noch dem Bankgeschäft irgendetwas zu tun hatten), zu den großen Verlierern gehören würden, ist nun nicht überraschend (und sie suchen laufend nach Schuldigen, halten sich selbst aber weiterhin für kompetent ...). Was haben uns also diese tollen "Investitionen" gebracht? Statt daß man für die gelieferten Produkte ganz Deutschland mit Dollarnoten tapezieren könnte, haben wir dafür nicht nur nichts bekommen, sondern stehen zusätzlich noch mit unzähligen Milliarden Schulden da ... (Was man natürlich auch wieder aufdröseln muß: Natürlich haben die Unternehmen ihr Geld bekommen, so daß der wirkliche Dumme mal wieder der Steuerzahler ist ...)

Nun, mit Griechenland könnte natürlich alles ganz anders laufen. Ganz bestimmt. Da sind nur noch ein paar "Kleinigkeiten", die mich irritieren:

- Die griechische Kreditwürdigkeit:
Die steht auf Ramsch. Ramsch! Da steht sie vor allem deswegen, weil keiner (außer Politikern) mehr glaubt, daß die Griechen von ihren Schulden wieder runterkommen können.
Findet es niemand merkwürdig, daß unsere Politiker, die ständig nach mehr Regulierung schreien und die Risiken, die angesichts der Finanzkrise genommen wurden, verteufeln, die sich gerade erst eine blutige Nase geholt haben, nun Geld in ein Land pumpen wollen, das am Markt nichts mehr bekommt?
Ich hätte ja gerne, daß mir diese Politiker einmal vorrechnen, wie das laufen soll, allerdings müßten sie dafür überhaupt erst einmal rechnen können ...

- Kapital vs. Geld:
Hier sei noch einmal an das Interview mit Hans-Werner Sinn erinnert, auf das Zettel aufmerksam gemacht hat: http://zettelsraum.blogspot.com/2010/11/...acht-jetzt.html Sinn sagt: "Aber da die rückständigen Länder zu viel Geld in den Konsum statt in die Investition steckten, stehen nun einige am Rande der Insolvenz." Das Geld ist also gerade nicht in den Kapitalstock geflossen.
Wie sieht das heute aus? Es läßt sich leicht ausmalen: Da Griechenland keine Geldgeber am Markt mehr findet, ist klar, daß die Transfers über die EU für die Staatsfinanzierung draufgehen. Investitionen sind also auch hier nicht zu erwarten. Ähnlich wie bei der Finanzkrise werden also keine realen Werte geschaffen, sondern Bilanzen künstlich aufgepumpt - wobei unsere Politiker nicht erklären können, wie sie aus der Nummer wieder rauskommen wollen. (Daher auch das Gerede von "Solidarität" und "Krieg" usw., weil sie keine Argumente haben.)

- Wo der Staat unser Geld "anlegen" will:
Man sollte doch erwarten, wenn man sein Geld investiert, daß man darauf aus ist, besonders gute Geschäfte zu machen. Ist das ein vernünftiges Konzept, daß Geld der Steuerzahler ausgerechnet da "anlegen" zu wollen, wo niemand mit Sachverstand mehr einsteigt? Ich habe da erhebliche Zweifel.

- "Gläubiger müssen an den Verlusten beteiligt werden":
Aha. So eine tolle Sache ist das wohl doch nicht? Wenn man schon damit rechnet, warum macht man dann nicht gleich eine geordnete Insolvenz, statt vorher noch Milliarden sinnlos zu verbraten? Es geht dabei auch um Wahlen und man kann sich so Zeit kaufen, daß sich eine zukünftige Regierung damit rumschlagen muß? Ach so.

Wie gesagt: Im Prinzip ist das richtig, was Sie gesagt haben. Aber es ist weder notwendig noch sinnvoll, daß der Staat das macht. Und solche Investitionen im Ausland und in junge Gesellschaften finden doch statt: Manches Schwellenland kann sich vor Zuflüssen gar nicht retten. Solche Investitionen werden direkt getätigt, über Investmentfonds etc. - also alles in Butter. Mir ist es viel lieber, VW macht in China ein neues Werk auf und führt damit eine echte Investition durch, wo gearbeitet wird und Wertschöpfung stattfindet, statt daß unsere Politiker in die Staatsverschuldung anderer Länder "investieren". Das ist eben der Unterschied zwischen der Schaffung realer Werte und Versprechungen auf Papier, zwischen Kapital und Geld.


Bliebe noch ein anderer Kanal zu diskutieren, über den ein Ausgleich stattfinden könnte, der immer wieder gerne ins Spiel gebracht wird: eine koordinierte Lohnpolitik und am Ende eine europäische Wirtschaftsregierung. Wer Löhne zentral bestimmen will, muß das in letzter Konsequenz auch mit den Preisen machen. Daß hier eine unglaubliche Anmaßung von Wissen stattfände und eine solche Planwirtschaft nur im Desaster enden kann, muß man wohl hoffentlich nicht weiter ausführen. (Immerhin wäre es eine schöne Aussicht, so die ganzen Bürokraten und Parasiten in Brüssel und sonstwo loswerden zu können, wenn nur die vielen "Nebenwirkungen" nicht wären ...)


Abgesehen davon ist es grundsätzlich schlecht, ganze Länder künstlich über Wasser zu halten. Die Disziplinierung durch Verträge (Maastricht, Stabilitäts- und Wachstumspakt) hat total versagt. Auch jetzt hat man keine Probleme, massiv gegen Verträge zu verstoßen ("No Bail Out"-Klausel). Man hat alle Warnungen in den Wind geschlagen, denn vor allem Griechenland kommt ja nicht aus heiterem Himmel, sondern deren Zahlen waren schon beim Beitritt abenteuerlich. Jetzt kommt die Disziplinierung durch die Märkte. Wenn die nun von der Politik ausgehebelt wird, verstärkt man damit Moral Hazard nur noch mehr: http://de.wikipedia.org/wiki/Moral_Hazard Das bedeutet, dann gibt es noch weniger Grund für Haushaltsdisziplin. Die Probleme würden weiter verschärft und das Ende fiele umso schlimmer aus, je länger es verschleppt wird.

MfG

lukas Offline



Beiträge: 261

24.01.2011 21:57
#5 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber RexCramer,

vielen Dank für die ausführliche Replik!

Früher, schreiben Sie, hat ein wirtschaftliches Ungleichgewicht zu einer Anpassung der Devisenkurse geführt. Meinen Sie damit den Zeitraum zwischen 1971 (Ende des Bretton-Woods-Systems mit seinen festen Wechselkursen) und 1999 (Beginn der Europäischen Währungsunion)? Wie war es denn, sagen wir, zwischen 1871 und 1914, als alle wichtigen Wechselkurse durch den Goldstandard fixiert waren? Und warum könnte der selbe Mechanismus nicht heutzutage in der EWU greifen?

Zitat
Im Prinzip ist es vernünftig, wenn alternde Gesellschaften im Ausland und insbesondere in Gesellschaften mit einer umgekehrten demographischen Entwicklung investieren. Sie haben gefragt, was Sie übersehen. Nun, dafür sollte man die Sache genauer betrachten: Kommen dafür die derzeitigen Transfers über die EU in Frage, sollte der Staat diese Investitionen tätigen und handelt es sich in dieser Form überhaupt um Investitionen?

Sie haben davon gesprochen, Kapital im Ausland zu investieren. Nichts dagegen. Doch was passiert hier tatsächlich? Was ist Kapital? Kapital ist im weiten Sinne alles, was zur Produktion verwendet, aber dabei nicht verbraucht wird (von Verschleiß etc. abgesehen), also die Ausrüstung und Ausstattung, die zur Verfügung steht. Daraus folgt, daß Kapital nur dadurch gebildet werden kann, indem gespart und investiert wird, so daß der Teil, der nicht konsumiert wird, für die zukünftige Produktion genutzt werden kann. Was wir über die EU anderen Ländern geben, ist aber Geld. Das ist ein erheblicher Unterschied, denn was mit dem Geld passiert, geht aus dem Transfer an sich erst einmal nicht hervor. Ob hier also überhaupt eine Kapitalbildung stattfindet, wissen wir nicht.



Spethmann redet aber nicht über staatliche Transfers, sondern über die deutsche Außenhandelsbilanz, und da verstehe ich nicht, warum es sich dabei in toto um verschenktes Geld handeln soll. Dieses Geld wird ja gerade nicht vom Staat angelegt, sondern von denjenigen Deutschen, die es im Außenhandel verdient haben. Von denen haben manche ihr Geld unvorsichtig angelegt und machen Verluste (in dem Fall kann man vielleicht von verschenktem Geld reden). Aber es hat die Deutschen niemand gezwungen, ihr Geld so zu verschenken. Wer amerikanische Subprime-Hypotheken gekauft hat, schaut in den Ofen, und wer in eine Mikrochipfabrik in Shenzhen investiert hat, grinst sich einen. Noch.

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

25.01.2011 19:45
#6 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber lukas,

es ist wohl zunächst sinnvoll, einige allgemeine Anmerkungen zu machen. Zum Glück findet sich viel Material via Google, so daß ich mir keine wunden Finger vom vielen Tippen holen muß.

Gucken wir uns zuerst ein wenig die Zahlungsbilanz an, die mtl. von der Bundesbank herausgegeben wird: http://de.wikipedia.org/wiki/Zahlungsbilanz

Zitat
Die Zahlungsbilanz als Ganzes ist also immer ausgeglichen. Hauptsächlich bestehen diese beiden Buchungen bei privaten Wirtschaftsakteuren aus
- der wertmäßigen Erfassung eines Gutes (Leistungstransaktionen)
- der Erfassung von Forderungen und Eigentumsrechten (Finanztransaktionen).
Somit wird deutlich, dass die Gesamtbilanz immer ausgeglichen sein muss, da betragsmäßig der Wert z. B. eines gelieferten Autos und die Bezahlung übereinstimmen müssen, beide Positionen werden jedoch in verschiedenen Teilbilanzen gebucht. Überschüsse oder Defizite können also nur bei Teilbilanzen auftreten.



Wir halten fest: Die Zahlungsbilanz ist per Definition immer ausgeglichen.

Zitat
In der Kapitalbilanz werden alle Änderungen von Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland erfasst. Die beiden möglichen Buchungen sind hier Kapitalexport (d. h. Zunahme der Forderungen oder Abnahme der Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland) sowie Kapitalimport (Abnahme der Forderungen bzw. Zunahme der Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland). ... Die Differenz zwischen Kapitalexport und Kapitalimport wird als Nettokapitalexport bezeichnet. Dieser kann positiv (Export überwiegt) oder negativ (Import überwiegt) sein.



Zitat
Die Unternehmen und Individuen müssen für die erhaltenen Leistungen (Waren, Dienstleistungen) aus dem Ausland bezahlen und umgekehrt. Jede Leistungstransaktion zieht eine Finanztransaktion nach sich und wirkt sich somit auf die Leistungs- und die Kapitalbilanz aus.



Zitat
Gleiches gilt für den Fall eines Leistungsbilanzüberschusses. Als Voraussetzung muss das Ausland Kredite im Inland aufnehmen, um die Waren bezahlen zu können. Die Forderungen des Inlandes an das Ausland in der Kapitalbilanz wachsen somit. Ein Nettoexport an Waren und Dienstleistungen geht saldenmechanisch zwangsläufig mit einem Nettokapitalexport einher, wenn man von Transfers usw. einmal absieht.



Ein Exportüberschuß stellt einen Nettokapitalexport dar!

Beachtenswert ist auch dieser Abschnitt: http://de.wikipedia.org/wiki/Zahlungsbil..._Zahlungsbilanz

Zitat
Ein werdendes Gläubigerland hat einen Leistungsbilanzüberschuss. Diese Überschüsse aus der Leistungsbilanz fließen sofort wieder ins Ausland als Kapitalexporte. Dieses Land baut Auslandsvermögen auf, falls es sich um langfristige Kapitalexporte handelt. Nur falls das werdende Schuldnerland in der Lage ist, dies produktiv zu investieren (und nicht nur konsumiert) besteht die Chance des reinen/reifen Gläubigerlands durch Zinserträge (Tilgungszahlungen) Kapitalrückflüsse zu erhalten. In dieser Situation nimmt das Gläubigerland Leistungsbilanzdefizite hin, da diese ja bereits in der Vergangenheit finanziert worden sind. Hier wird nochmals die Idee des intertemporalen Konsums deutlich.



Den ersten Teil dieses Zitates haben Sie bereits angesprochen, wobei ich Ihnen oben schon zugestimmt habe, daß es für eine alternde Gesellschaft wie unsere sinnvoll ist, im Ausland und vor allem in junge Gesellschaften zu investieren. Aber wie hier weiter dargestellt wird, reicht es nicht, einfach nur irgendwie Geld ins Ausland zu geben, sondern es ist vielmehr entscheidend, was dort damit passiert. Darauf hat Hans-Werner Sinn aufmerksam gemacht im o. g. Interview, daß die riesigen Transfers über die Jahre eben nicht investiert wurden, sondern in den Konsum gegangen sind. Diese Länder sind jetzt in der Bredouille - und weil sie nicht mehr abwerten können, sondern mit uns verbunden sind über den Euro, stecken wir mit im Schlamassel. Deshalb habe ich das Beispiel genannt mit der Finanzkrise, denn für unsere Lieferungen haben wir Wertpapiere bekommen, die sich leider als Kreditmüll entpuppt haben.
In diese Kerbe haut auch Spethmann, doch dazu später mehr.


Ein weiterer interessanter Artikel ist dieser hier: http://www.bpb.de/publikationen/M510LG,2...anzpolitik.html (Dort gibt es auch Links zum Bretton-Woods-System und zum EWS, so daß ich mir weitere Anmerkungen dazu sparen möchte.)

Zitat
Der Wechselkursmechanismus bewirkt somit eine Tendenz zum Ausgleich der Handelsbilanz.



Das dürfte leicht nachvollziehbar sein. Standardmäßig sieht die Erklärung so aus: Nehmen wir die Länder A und B mit flexiblen Wechselkursen, wobei A mehr nach B exportiert, als es von B importiert, dann führt das zu einer höheren Devisennachfrage durch B, um A bezahlen zu können. Das führt zu einer Aufwertung der Währung von A gegenüber B. Dadurch gewinnt B an Wettbewerbsfähigkeit, während es für die Unternehmen von A schwieriger wird, nach B zu exportieren, weil sie teurer geworden sind. Somit kommt es zu obiger Tendenz.

Zwei Dinge bleiben dabei meistens unbeachtet:
1. Was bedeutet das denn für die Bevölkerung? Eine Aufwertung der eigenen Währung bedeutet für die Bürger des Landes A einen steigenden Wohlstand: Sie können günstiger verreisen, mehr Waren aus dem Ausland kaufen etc.
2. Land A ist aufgrund der hohen Wettbewerbsfähigkeit eines, in dem man gerne investiert. Denn es geht nicht nur darum, was die Investition eines Ausländers in A abwirft, sondern er kann zusätzlich mit Kursgewinnen rechnen aufgrund der Stärke der Währung von A.

Der steigende Wohlstand im Nachkriegsdeutschland hat vor allem auch mit der Stärke der Deutschen Mark zu tun gehabt. Die war insbesondere den Franzosen ein Dorn im Auge. Und nun soll gerade toll sein am Euro, daß wir nicht mehr aufwerten? Wie gesagt: Politiker reden viel, aber suchen Sie nach echten Argumenten und Sie werden keine finden ...
Den im zweiten Punkt genannten Vorteil, den wir früher hatten, haben wir mit der Währungsunion nicht mehr, während aufgrund der o. g. Zusammenhänge von Zinsen, Inflation etc. eine Situation eingetreten ist, die zum massiven Abfluß dessen geführt hat, was in Deutschland gespart worden ist. Diese Entwicklung steckt hinter dem, was Hans-Werner Sinn in dem Interview sagt: "Ja; in den vergangenen zehn Jahren sind zwei Drittel der deutschen Ersparnisse ins Ausland geflossen und wurden dort angelegt. Nur ein Drittel ist hierzulande in Fabriken, Maschinen, Schulen oder Straßen investiert worden." Die Folgen davon sind z. B. im maroden Schienennetz oder den vielen Schlaglöchern zu besichtigen.

Zitat
In einem System flexibler Wechselkurse bestimmen Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten den Wechselkurs. Da er den Marktkräften überlassen wird, trägt der Wechselkurs zum Ausgleich unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklungen zwischen Staaten bei. So führen beispielsweise zunehmende Importe in einem Land zu einer steigenden Devisennachfrage. Diese treibt den Wechselkurs der ausländischen Währung in die Höhe. Dadurch wird die Importnachfrage gedämpft; gleichzeitig verbessern sich die Exportchancen des Inlands. Beide Tendenzen führen zu einem neuen Wechselkurs, bei dem sich Devisenangebot und Devisennachfrage wieder ausgleichen.



Wie bereits dargestellt.

Zitat
Zahlungsbilanzdefizite können jedoch nur eine Zeitlang durch Devisenreserven und internationale Kredite ausgeglichen werden. Gelingt es in dieser Zeit nicht, die zugrunde liegenden Ursachen des Defizits (zum Beispiel höhere Inflation im Inland) durch nationale Wirtschaftspolitik (etwa restriktive Geld- und Finanzpolitik) zu beseitigen, kommt es zu fundamentalen Ungleichgewichten, die eine Änderung der festgelegten Parität, das heißt des Umtauschverhältnisses erfordern (beispielsweise eine Abwertung der inländischen Währung). Verzögerte Paritätsanpassungen und die Erwartung bevorstehender Auf- bzw. Abwertungen provozieren spekulative Devisenkäufe und -verkäufe, die die Lage häufig zu einer Währungskrise eskalieren lassen, an deren Ende dann eine vom Markt erzwungene Neuordnung der Wechselkurse steht.



Tja, und weil die Wechselkurse nicht mehr angepaßt werden können, steigt der Druck im System weiter an. Der äußert sich dann nur anders, so daß statt Devisenkäufen- und verkäufen bspw. Griechenland kein Geld mehr bekommt oder nur noch zu sehr hohen Zinsen. Statt eines Ausgleichs wird die Lage so noch schwieriger.

Zitat
Die Erfahrung mit Systemen fester Wechselkurse (Bretton-Woods-System 1944 bis 1973 siehe S. 51 f.; Europäisches Währungssystem 1978 bis 1998) zeigen, dass solche Krisen von Zeit zu Zeit immer wieder auftraten, wenn die Wirtschaftsentwicklung von Staaten auseinander lief und die Regierungen und Zentralbanken nicht bereit waren, ihre Wirtschafts- und Geldpolitik vorrangig auf die Stabilisierung des Wechselkurses zu konzentrieren. Daher gingen immer mehr Staaten zu einem System flexibler Wechselkurse über.



Und wohin gehen wir? Es bleibt spannend ...

Zitat
Die Stabilität der gemeinsamen Währung hängt davon ab, dass die Euroländer eine hinreichend konvergente (übereinstimmende, einheitliche) Wirtschaftsentwicklung aufweisen und eine koordinierte Wirtschaftspolitik verfolgen. Der Wechselkurs fällt ja als Ausgleichsmechanismus im Falle divergierender Inflationsraten aus, die Anpassungslast liegt also auf anderen wirtschaftspolitischen Aktionsfeldern, insbesondere bei den Lohn- und Finanzpolitiken in den einzelnen Mitgliedstaaten.



Über die Finanzpolitik muß man wohl kein Wort mehr verlieren. Die ist ein totales Desaster!

Ach ja, die Lohnpolitik. Die hatte ich im anderen Beitrag oben vergessen. Weil sonst nichts zur Verfügung steht, wird die immer gerne ins Spiel gebracht, z. B. von der französischen Finanzministerin. Aber davon ist auch nichts zu halten: Die Information über den Wechselkurs ist schlicht nicht mehr vorhanden. Woher will man denn wissen, was die "richtige Lohnpolitik" wäre? Über alle Branchen, Regionen usw.? Das wäre Planwirtschaft und kann bekanntlich nicht funktionieren. Und selbst wenn man wüßte, was richtig wäre, wer wollte das denn durchsetzen? Kann sich jemand vorstellen, daß dann Politiker oder Gewerkschafter ausschließlich danach und völlig frei von anderen Interessen handelten?
Es gibt keine Wechselkurse mehr in der Eurozone. Damit muß man sich abfinden. Da hilft es nicht, welche über die Lohnpolitik simulieren zu wollen. Entweder es geht anders ohne oder gar nicht.


Zu Ihrer Anmerkung, wer und wie das Geld im Ausland angelegt hat, sei ein kurzer Blick in diesen Artikel empfohlen: http://www.handelsblatt.com/meinung/gast...ausland;2699960

Zitat
Die Überschüsse Deutschlands mussten natürlich im Ausland angelegt werden. Der größte Teil wurde nicht in Realvermögen (Direktinvestitionen) angelegt, sondern in ausländische Finanztitel: In den Jahren 2004 bis 2009 kumulierte sich die jährlichen Zuflüsse an Nettofinanzvermögen im Ausland auf 982 Mrd. Euro. Der Bestandswert des angehäuften Nettofinanzvermögens lag Ende 2009 aber nur 527 Mrd. Euro über dem Wert von 2003. Wie erklärt sich der Schwund? Hauptursachen für die Verflüchtigung von 455 Mrd. Euro waren die von den Banken angekauften Schrottpapiere, aber auch Bewertungsverluste durch Dollar-Abwertung und Aktienkursverfall.



Also die Finanzkrise.

Zitat
Die verbliebenen "Gutschriften für Exportüberschüsse" sind überwiegend bei ausländischen Banken sowie in Staatsanleihen angelegt, zu einem großen Teil in den Defizitländern des Euro-Raums. Auch sie werden sich verflüchtigen. Seit langem fordern nämlich die Märkte von Griechenland, Portugal oder Irland Zinsen für Staatsanleihen von bis zu zehn Prozent. Das (nominelle) Wachstum der Wirtschaft dieser Länder und damit auch ihrer Steuereinnahmen ist viel niedriger. Die Zinseszinsmechanik lässt daher die Staatsschuld weiter rascher wachsen als das BIP. Die zusätzliche Kürzung der Staatsausgaben hat die Lage verschlimmert: Die Wachstumsrate dieser Länder sank, der Zinssatz lag also noch stärker darüber.



Und steigende Zinsen bedeuten fallende Kurse. Diese Staatsanleihen werden sich also verflüchtigen, weil es zu weiteren Kursverlusten kommen wird oder diese gar nicht mehr bedient werden können.

Zitat
Eine Zeit lang wird man das Problem der Staats- und Bankschulden in den Defizitländern noch vor sich herschieben können, doch am Ende kommt der große Haarschnitt: Von jenen Finanzvermögen, die Deutschland aus seinen Exportüberschüssen akkumuliert hat, wird kaum etwas übrig bleiben. Das war in der Wirtschaftsgeschichte immer so. Die Exportweltmeister von England im 19. Jahrhundert bis zu Japan und Deutschland in der Nachkriegszeit haben die Früchte ihrer Überschüsse kaum genießen können. Denn Finanzanlagen in der Fremde sind vielen Risiken ausgesetzt: Länder, die sich auf hochwertige Industriegüter spezialisieren, sind meist in der Finanzwelt nicht zu Hause und daher ideale Abnehmer für Finanzschrott (Wall Street meets Landesbanken). Und Schuldnerländer haben meist eine höhere Inflation als Gläubiger, entwerten so deren Forderungen.



Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ich verweise nochmals darauf, was Dieter Spethmann sagt: "Denn nur eine Aufwertung führt zu einem so großen Wohlstandszuwachs, wie wir ihn bis zum Fall der Berliner Mauer über 20 Jahre hinweg beobachten konnten." Und noch einmal Hans-Werner Sinn: "Viele denken, wir seien die Gewinner des Euro. Das stimmt leider überhaupt nicht. Deutschland kam durch die gewaltigen Kapitalverluste in eine Stagnation, die vor allem den Lohnbeziehern Opfer abverlangt hat und die Gesellschaft in eine Krise hineintrieb."


Sie haben geschrieben:

Zitat
Spethmann redet aber nicht über staatliche Transfers, sondern über die deutsche Außenhandelsbilanz, und da verstehe ich nicht, warum es sich dabei in toto um verschenktes Geld handeln soll. Dieses Geld wird ja gerade nicht vom Staat angelegt, sondern von denjenigen Deutschen, die es im Außenhandel verdient haben. Von denen haben manche ihr Geld unvorsichtig angelegt und machen Verluste (in dem Fall kann man vielleicht von verschenktem Geld reden). Aber es hat die Deutschen niemand gezwungen, ihr Geld so zu verschenken. Wer amerikanische Subprime-Hypotheken gekauft hat, schaut in den Ofen, und wer in eine Mikrochipfabrik in Shenzhen investiert hat, grinst sich einen. Noch.



Jetzt kommen die Anmerkungen zur Zahlungsbilanz ins Spiel: Ein Exportüberschuß ist zwangsläufig verbunden mit einem Nettokapitalexport. Mit irgendwas muß das Ausland die Lieferungen schließlich bezahlen. Problematisch wird die Sache dann, wenn das, was wir bekommen, z. B. Wertpapiere, sich als wertlos herausstellen sollte - so wie beim Kreditmüll in der Finanzkrise. Sie übersehen hier einen wichtigen Punkt, nämlich Banken: Unternehmen tauschen ihre Waren ja nicht direkt gegen Aktien, verbriefte US-Hypotheken oder gar Naturalien, sondern bekommen dafür Geld auf einem Konto gutgeschrieben. Über das Bankensystem wird das Geld dann im Ausland angelegt. Den Anleger, der über einen Fonds in eine Fabrik in China investiert, meint Spethmann nicht. Ob der Staat nun Geld direkt irgendwo reingibt, es über die EZB läuft oder Geschäftsbanken, ist hier nicht wichtig. Wir haben ja gerade erst an den Landesbanken gesehen, was passiert, wenn sie sich verzocken: der Steuerzahler muß den Kopf hinhalten. Für den Steuerzahler ist es egal, ob griechische Staatsanleihen in Rauch aufgehen, die wir halten, oder eine Landesbank sich am US-Hypothekenmarkt verspekuliert, denn er ist am Ende immer der Dumme.
Es geht bei den Ausführungen von Dieter Spethmann nicht darum, wer und wie das Geld ins Ausland bringt. Auch wenn er Angaben zur EZB und Geschäftsbanken macht, kommt es darauf nicht an. Bitte lösen Sie sich einen Moment davon, wer bei uns was macht. Entscheidend ist, was mit dem Geld passiert! Haben die Griechen mit dem vielen Geld, das ihnen zugeflossen ist, ihren Kapitalstock aufgewertet und ihre Wettbewerbsposition verbessert? Das Geschäft wäre in Ordnung für uns gewesen, wie wir oben gesehen haben. Nein, sie haben damit ihren Konsum finanziert und sich mit 60 an den Strand gelegt. Und womit wollen sie nun diese Gelder zurückzahlen? Normalerweise müßten sie jetzt ab- und wir aufwerten. Da das nicht passiert, sie kaum ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern können, die Schuldenlast immer mehr drückt und die Zinsen weiter steigen, wird das ein Faß ohne Boden.
Darum geht es Dieter Spethmann, er hat die Befürchtung, daß genau das passiert, wie es schon in der Finanzkrise gelaufen ist: Erst haben wir geliefert und gucken anschließend in die Röhre! Nur ist eben hier der Grund ein anderer: die fehlende Wechselkursanpassung (die uns mehr Wohlstand und den Griechen eine bessere Wettbewerbsfähigkeit brächte).

Vielleicht noch eine Anmerkung, um einen Denkfehler zu vermeiden: Wir (wer genau auch immer) können nicht einfach das Geld nehmen und, sagen wir, komplett in China oder sonstwo anlegen und haben sonst weiter nichts mit den Griechen u. a. Defizitländern zu tun. Wenn Griechen bei uns mehr einkaufen, als sie an uns verkaufen, dann müssen sie das irgendwie bezahlen. Entweder sie nehmen direkt Kredite bei einer Geschäftsbank auf oder die Sache läuft über die EZB: Völlig egal, über welchen Weg die Sache läuft, sind am Ende immer Griechen bei uns verschuldet - direkt oder indirekt. Und was wir letztendlich einmal dafür bekommen, wenn wir diese Schulden einlösen wollen, hängt immer davon ab, was die Griechen machen.
(Ob nun jemand Geld in China investiert oder nicht, hat damit nichts zu tun und ist eine davon unabhängige Transaktion.)
Dieter Spethmann hat nun einmal die Befürchtung, daß es trübe damit aussieht, was unsere Forderungen an die Defizitländer betrifft. Sollten sie den Bach runtergehen, bedeutete das wieder, Deutschland hätte Waren und Dienstleistungen für viele Milliarden für lau geliefert.

Als einzelner Anleger kann man sich dem natürlich entziehen und muß weder in Griechenland noch einem anderen Land, in dem es schlecht aussieht, investieren. Aber die EZB muß diese Zahlungsströme ausgleichen, so daß die Volkswirtschaft insgesamt um diese Problematik nicht herumkommt.

MfG

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

26.01.2011 00:49
#7 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber RexCramer,

erstmal ein herzliches Dankeschön für ihre beiden Artikel. Hab sie gelesen, verstanden und abgespeichert.

Ich hätte jetzt aber noch ein paar Fragen, die sie mir vielleicht beantworten könnten. Bis vor kurzem hat mich diese Finanzgeschichte eigentlich nicht sonderlich interessiert, aber seitdem ich mich etwas damit beschäftige komme ich aus dem Gruseln kaum noch raus.
Zunächst mal ganz kurz und platt meinen derzeitigen Dummie-Erkenntnisstand bezüglich des Papiergeldsystems:

Geschäftsbanken leihen sich Geld von der Zentralbank gegen Zins. Die Zentralbank schafft dazu Geld aus dem Nichts, ohne dahinter stehende reale Werte. Die Geschäftsbank verleiht nun das selbst geliehene Geld wieder gegen Zinsen (z.B. an Staaten). Durch das Teilreserve-System kann die Bank aber eine mehrfache Menge des "eigenen Geldes" verleihen, also auch wieder Geld aus dem Nichts zaubern. Aus einer (auf Vertrauen gebauten) Million auf dem Bankkonto werden nun sozusagen 10 Millionen, die in die Realwirtschaft fließen können.
Jeder Zinsrückfluss vergrößert aber die Reserven der Bank, was wiederum ein Vielfaches an verleihbarem Geld bedeutet. Das heißt für mich, dass die Schuldenmenge, die draußen aufgebaut wird sich immer weiter vergrößert. Anders ausgedrückt: Aus Nichts entstand Geld, und durch Zins und Zinseszins und mehrfaches Hin und Her bläht sich die fiktive Geldmenge in der Realwirtschaft immer weiter auf, solange noch Schulden bedient werden. Dieses Zaubergeld sucht sich nun Anlagemöglichkeiten und pumpt z.B. Anlageblasen auf. Wenn diese platzen, beißen den letzten Investor die Hunde, während alle schon Ausgestiegenen Gewinn gemacht haben.

Erste Frage: Ist damit ein Teil des Zaubergeldes wieder aus dem System genommen, oder haben es jetzt nur Andere die es weiter "vermehren"?
Zweite Frage: Kann überhaupt wieder Geld aus dem System genommen werden, oder muss erst die physische Vernichtung von (schuldenfreien) Sachwerten dafür erfolgen?
Dritte Frage: Ist die frisch gedruckte Geldmenge, die derzeit zum Verhindern von Zusammenbrüchen (dem Platzen von Blasen) ins amerikanische und europäische Geldsystem gepumpt wird überhaupt jemals wieder einfangbar?

Vierte Frage: Führt das Bezahlen alter Schulden mit neuen Schulden, wie bei allen Staaten der Fall, zwangsläufig in eine exponentielle Steigerung, und damit in eine Hyperinflation?
Fünfte Frage: Könnten sie sich vorstellen, dass ein Gold-, oder besser Bimetallstandart dem Wahnsinn ein Ende setzen würde? Wäre soetwas heute überhaupt noch denkbar?

Es würde mich als Laien wirklich sehr interessieren, wie ihre Meinung dazu aussieht. Vielleicht mache ich mir ja grundlos Sorgen.

Beste Grüße, Calimero

----------------------------------------------------
Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

26.01.2011 05:05
#8 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber Calimero,

nichts zu danken.

Zitat von Calimero
Geschäftsbanken leihen sich Geld von der Zentralbank gegen Zins. Die Zentralbank schafft dazu Geld aus dem Nichts, ohne dahinter stehende reale Werte. Die Geschäftsbank verleiht nun das selbst geliehene Geld wieder gegen Zinsen (z.B. an Staaten). Durch das Teilreserve-System kann die Bank aber eine mehrfache Menge des "eigenen Geldes" verleihen, also auch wieder Geld aus dem Nichts zaubern. Aus einer (auf Vertrauen gebauten) Million auf dem Bankkonto werden nun sozusagen 10 Millionen, die in die Realwirtschaft fließen können.
Jeder Zinsrückfluss vergrößert aber die Reserven der Bank, was wiederum ein Vielfaches an verleihbarem Geld bedeutet. Das heißt für mich, dass die Schuldenmenge, die draußen aufgebaut wird sich immer weiter vergrößert. Anders ausgedrückt: Aus Nichts entstand Geld, und durch Zins und Zinseszins und mehrfaches Hin und Her bläht sich die fiktive Geldmenge in der Realwirtschaft immer weiter auf, solange noch Schulden bedient werden. Dieses Zaubergeld sucht sich nun Anlagemöglichkeiten und pumpt z.B. Anlageblasen auf. Wenn diese platzen, beißen den letzten Investor die Hunde, während alle schon Ausgestiegenen Gewinn gemacht haben.



So fit bzgl. der Zentralbankgeschichten bin ich im Detail nicht, aber hier geht es ja nur ums Prinzip. Dafür wird es wohl reichen.

Hier ist m. E. zu differenzieren, wobei ich davon grob drei Fälle machen möchte (zunächst zwei, den dritten später):

1. Was den Wert des Geldes ausmacht:
Die Geldmenge steht der Gütermenge gegenüber, vereinfacht gesagt. Nimmt die Geldmenge schneller zu als die Realwirtschaft, sinkt der Geldwert, umgekehrt steigt er. Wirtschaftswachstum ist im Grunde eine ganz natürliche Sache: Hat jemand eine Idee für eine Verbesserung oder ein neues Produkt, das auch nachgefragt wird, entsteht Wachstum. So sind heute Dinge für uns selbstverständlich, die vor 20 Jahren noch keiner kannte. Eine ganz simple Erkenntnis. Nun gibt es eine realwirtschaftliche Wachstumsrate, die durch verschiedene Maßnahmen, Wirtschaftspolitik etc. begünstigt oder gebremst werden kann. Die Zentralbank sollte nun die Geldmenge so anpassen, daß der Geldwert einigermaßen stabil bleibt. Eine Inflationsrate von 2 % gilt dabei als Zielgröße ganz vernünftig. Dafür hat die ZB einige Instrumente, darunter ist das wichtigste der Zins. Entsprechend der Entwicklung der Realwirtschaft gibt es sowas wie einen "natürlichen Zins", dessen Unterschreitung zu einer Aufblähung der Geldmenge führt, während eine Überschreitung das Gegenteil bewirkt. Dazu später mehr.

2. Geldschöpfung der Geschäftsbanken:
Hierzu möchte ich auf diesen Beitrag hinweisen (ich habe keine Ahnung, wer die Leute dort sind und über die Form des Textes muß man auch hinwegsehen (so wurde offenbar einmal zuviel eingefügt; unten geht's noch weiter, ist aber nicht mehr interessant für uns hier), aber der Inhalt ist vernünftig), aus dem ich kurz ein paar Zitate kommentieren möchte: http://www.dieterb.de/newmoney/texte/Ben...mmenfassung.htm

Zitat
Buchgeldschöpfung wird hierbei als der (singuläre) Vorgang angesehen, in
dem eine Bank an einen Kunden einen Kredit vergibt, wobei sich die
Bilanz der Bank wie folgt ändert: auf der Aktivseite (Forderungen) kommt
das Rückzahlungsversprechen des Kunden hinzu, auf der Passivseite
(Verbindlichkeiten) in gleicher Höhe ein neugeschaffener Betrag an
Giroguthaben des Kunden. Letztere Verlängerung der Passivseite ist
Buchgeldschöpfung, da hierbei M1 zunimmt.

Der inverse Vorgang ist die Kreditrückzahlung (als ebenfalls singulärer
Vorgang) eine Buchgeldvernichtung, wenn für die Rückzahlung Buchgeld,
also Giroguthaben (bei der selben Bank) verwendet wird.

...

Verschiedene Beiträge von Leuten, die (zu Recht) vor den Folgen des
gegenwärtigen Kreditgeldsystem warnen (v.a. Gerhard Margreiter, Robert
Fischer aber auch andere) erwecken leider immer wieder den falschen
Eindruck, als wäre der oben geschilderte isoliert stattfindende Vorgang
der Geldschöpfung etwas, was sich auf lange Sicht in beliebiger Höhe von
den Banken fortsetzen ließe, *ohne* auf der anderen Seite einen
entsprechenden Ausgleich zu schaffen. (Vorausgesetzt wird nur, dass
genügend Kreditnehmer bereit seien, Schulden zu machen.)

Es muss hier mal ganz deutlich und klar gesagt werden: dies ist eine
qualitativ völlig andere Aussage und meiner Ansicht nach FALSCH! Wenn
DAS die Behauptung einer Geldschöpfung der Banken ist, dann ist das
blanker Unsinn.



Letzteres wird leider immer wieder behauptet und diese Ansicht ist leider weit verbreitet, Banken könnten quasi "aus dem Nichts" Geld erschaffen, mit dem sie dann arbeiten können. Das sehe ich auch so, daß solche Ansichten kompletter Blödsinn sind. Abgesehen davon halte ich es grundsätzlich für fragwürdig, wenn solche Vorgänge isoliert betrachtet und daraus Schlußfolgerungen gezogen werden, ohne zu beachten, was dem real gegenübersteht. (Wer sich auskennt, erwähnt das i. d. R. nicht, weil es klar ist; wer davon nichts versteht, bekommt oft etwas in den falschen Hals, weil die Verbindung fehlt.)

Wenn jemand bspw. ein Auto kaufen und durch einen Kredit finanzieren möchte, kann es zur Buchgeldschöpfung kommen. Durch den Kredit hat bei der Bank eine Bilanzverlängerung stattgefunden - wie o. g. -, der Käufer bekommt das Auto, der Verkäufer bringt das Geld wieder zur Bank, so daß diese es wieder verleihen kann - unter Berücksichtigung der entsprechenden Bedingungen wie der Mindestreserve. Aber was passiert, wenn der Käufer zu dem Schluß kommt, daß ihm der Wagen nicht gefällt? Dann nimmt er den Kredit nicht in Anspruch, es gibt keine Verlängerung der Bilanz und somit gibt es auch keine Geldschöpfung. Letztere findet also nur statt, wenn eine reale Transaktion durchgeführt wird und deshalb ein anderer das Geld wieder zur Bank bringt! Das ist ein ganz entscheidender Punkt.

Was bedeutet das nun volkswirtschaftlich bzw. für den Wert des Geldes, ob nun mehr oder weniger Buchgeldschöpfung stattfindet? Hierzu hilft ein Blick auf die alte Quantitätsgleichung, die für unsere Zwecke hier reichen soll: http://de.wikipedia.org/wiki/Quantitätsgleichung Dort steht: "Während der rechte Teil der Gleichung (P*T) das Volumen der übertragenen Güter und Dienstleistungen (Verkäufe) wiedergibt, stellt die linke Seite (M*V) die Geldmenge dar, die für die Ausübung der Transaktionen nötig ist. Infolge der Tautologie müssen sich beide Seiten entsprechen, d.h. die Summe aller Verkäufe ist gleich der Summe aller Zahlungen." Da nun einer Geldschöpfung durch Geschäftsbanken immer eine reale Transaktion gegenübersteht, sehen wir anhand der Gleichung, daß dieser Vorgang prinzipiell keine Auswirkung auf das Preisniveau hat. Die (verbreitete) Ansicht, durch Buchgeldschöpfung würde der monetäre Sektor gegenüber der Realwirtschaft aufgebläht werden, ist also falsch. (Das ist auch durch eine andere Überlegung leicht nachzuvollziehen, denn wenn es so wäre, hätten wir es bei den niedrigen Reservesätzen laufend mit einer durch die Zentralbanken völlig unkontrollierbaren Inflation zu tun. Das ist offensichtlich nicht der Fall.)

Zitat
Dafür sorgen die - auch von Robert schon mehrfach erwähnten, aber leider
nicht in den richtigen Kontext zu seinen anderen Aussagen gesetzten -
"Golden Rules of Banking" bzw. die Kontrolle des Bundesaufsichtsamts für
das Kreditwesen. Bei dem oben geschilderten Schöpfungsvorgang verschiebt
sich nämlich das Verhältnis der Laufzeiten zwischen Aktiva und Passiva,
dergestalt dass die Passivseite mehr kurzfristig fällige (Girokonten),
die Aktivseite aber mehr langfristig fällige Posten (Kredite) enthält.
Dieses Ungleichgewicht MUSS von der Bank durch andere Transaktionen
zumindest zu einem gewissen Teil wieder AUSGEGLICHEN werden. Zum
Beispiel dadurch, dass in gleicher Höhe Giroguthaben in Sparguthaben
oder Wertpapiere umgewandelt wird. Der zeitliche Rahmen, in dem dieser
Ausgleich stattzufinden hat, ist so weit ich weiß detailiert
vorgeschrieben.



Hier wird eine der grundlegenden Aufgaben angesprochen, die Fristentransformation: http://de.wikipedia.org/wiki/Fristentransformation

Zitat
ABER: Die Geldschöpfung der Banken ist STRIKT LIMITIERT durch eine Reihe
von Faktoren:
(i) die Bargeldmenge (genauer: Zentralbankgeldmenge),
(ii) die Bereitschaft der Realwirtschaft zur Kreditaufnahme,
(iii) die Bargeldquote,
(iv) die Vorschriften (und Kontrollen) der Bankaufsicht,
(v) die Mindestreservevorschriften + Kassenhaltung der Banken.



Daß es vor allem unter Linken überhaupt die Ansicht gibt, Banken könnten sozusagen Geld erschaffen, wie sie wollten, ohne sich vorzustellen, daß sie strikten Regeln unterliegen, finde ich an sich schon ziemlich krass ...

Zitat von Calimero
Erste Frage: Ist damit ein Teil des Zaubergeldes wieder aus dem System genommen, oder haben es jetzt nur Andere die es weiter "vermehren"?



Hier kommt der 3. Fall ins Spiel:
Ziehen wir die Finanzkrise als Beispiel heran, dann wird deutlich, wie die Bilanzierung zu den Problemen beigetragen hat, wenn wir uns angucken, wie die Bewertung (IFRS und US GAAP) gemäß Fair Value aussieht: http://de.wikipedia.org/wiki/Fair_Value Dort heißt es: "Marktpreis ist derjenige Preis, der sich regelmäßig auf Börsen ergibt oder ohne großen Aufwand jederzeit von Händlern, Brokern, Branchengruppen, Preisberechnungsservices sowie Aufsichtsbehörden ermittelt werden kann. Diese sollen sich auf Preise aus aktuellen Transaktionen zwischen unabhängigen Dritten stützen, die jederzeit vorzufinden sind. Im Idealfall liegen öffentlich notierte Marktpreise vor, wie beispielsweise an Wertpapierbörsen, die zweifelsfrei als Indizien für einen aktiven Markt zu bezeichnen sind." Das bedeutet im Klartext: Hat eine Bank ein Wertpapier in der Bilanz, dessen Kurs steigt, dann kann sie einen Gewinn ausweisen - und zwar selbst dann, wenn sie es nicht verkauft, also gar kein Geschäft stattgefunden hat. Diesen Gewinn kann sie in der Bilanz ausweisen, der dann wiederum zur Kreditvergabe zur Verfügung steht. Da die Schrottpapiere vorm Platzen der Blase enorm in den Kursen zugelegt hatten, konnten die Banken entsprechende Gewinne ausweisen, die wiederum für Kredite in diesen Markt vergeben wurden, wodurch die Nachfrage weiter stieg und damit wieder auch die Kurse. Eine "tolle Sache", bei der jeder mitmachen wollte ...
Stattdessen wäre es besser gewesen, nach dem Niederstwertprinzip gemäß HGB zu bilanzieren: http://de.wikipedia.org/wiki/Niederstwertprinzip Weiter wäre es noch schön gewesen, wenn man das Imparitätsprinzip berücksichtigt hätte: http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/im...aetsprinzip.htm Gemäß Niederstwertprinzip hätten steigende Kurse also nicht zu Gewinnen geführt, sondern es wären sogenannte stille Reserven gebildet worden. Die stehen aber nicht zur Kreditvergabe zur Verfügung, so daß eine Aufblähung bei vernünftigen Bilanzierungsvorschriften am US-Hypothekenmarkt in dieser Größenordnung nicht möglich gewesen wäre.

Zur Frage: Das würde ich schon so sehen, denn die fiktiven Gewinne sind ja durch die ganzen Hände, durch die die Papiere gegangen sind, abgeschöpft worden, wofür tatsächlich bezahlt wurde. Durch den Zusammenbruch des Marktes haben sich die ganzen Banken, die schließlich den ganzen Schrott im Keller hatten und nicht mehr loswurden, ihre Bilanzen ruiniert. (Das hat dann dazu geführt, daß das Banksystem in Schwierigkeiten geraten ist und nicht mehr in dem Maße Kredite an Unternehmen vergeben werden konnten, so daß über die Kreditklemme die Realwirtschaft in die Krise zu stürzen drohte: http://de.wikipedia.org/wiki/Kreditklemme Um dem zu entgehen, pumpen die Notenbanken Liquidität ohne Ende in die Märkte.)

Zitat von Calimero
Zweite Frage: Kann überhaupt wieder Geld aus dem System genommen werden, oder muss erst die physische Vernichtung von (schuldenfreien) Sachwerten dafür erfolgen?



Die Finanzkrise ist ja entstanden, weil die Sachwerte, die hinter den Papieren standen, gerade nicht wertvoll genug waren, sondern hier ein heftiges Mißverhältnis entstand. Nehmen wir mal an, die Immobilien, die dahinterstanden, hätten tatsächlich diese enormen Werte gehabt und wären auch zu solchen Preise zu verkaufen gewesen, zu denen die Papiere gehandelt wurden, dann hätte es kein Problem gegeben. Sondern zusammengebrochen ist das Kartenhaus, weil irgendwann mal jemand gemerkt hat, daß eine alte Hütte irgendwo auf dem Land keine Million Dollar wert ist und die Sache zu heiß wurde. Plötzlich wollte den Kram dann keiner mehr haben.

Diese Liquidität, die in die Märkte gepumpt wird, wieder rauszunehmen, wenn das Finanzsystem wieder gesund ist, ist technisch kein Problem. Die Instrumente haben die Zentralbanken.
Aber das ist ein politisches Problem. Politiker, vor allem, wenn sie von links kommen, finden niedrige Zinsen schließlich ganz toll, weil das "die Wirtschaft ankurbelt". Und überhaupt: Sparen geht ja sowieso nie, denn entweder würde das die "Krise verschärfen" oder man den "Aufschwung kaputtsparen". Ob der Irrsinn nun bei der Haushalts- oder Notenbankpolitik fortgesetzt wird, ist für einen Politiker doch egal, der gute Zahlen für die nächste Wahl braucht ...
An sich sollte die EZB unabhängig sein, aber wir sehen ja gerade, was das wert ist ...

Außerdem muß man bedenken, daß Politiker meistens keine Ahnung von Wirtschaft haben. Wenn vor zuviel Geld im System gewarnt wird, aber sich partout keine Inflation einstellen will, dann gibt es für die Politik keinen Grund zur Sorge. So hat die Federal Reserve ab 2001 für zulange Zeit die Zinsen sehr niedrig gehalten (bei 1 %), was die Geldmenge enorm aufgebläht hat (gegenüber der Entwicklung der Realwirtschaft). Wenn das der Fall ist, gibt es zwei Möglichkeiten: Es kommt zu Inflation oder nicht. Klingt banal, steckt aber viel dahinter: Wenn die Inflationsrate steigt, ist klar, was passiert. Aber wenn sie nicht steigt, obwohl sie eigentlich steigen müßte, ist das meist die gefährlichere Situation: Politiker denken dann, es sei alles in Ordnung, man habe alles richtig gemacht, doch wo ist das überschüssige Geld hin? Darüber sollte man sich Gedanken machen, statt sich auf die Schulter zu klopfen: Wenn es nämlich nicht zu allgemeiner Inflation kommt, dann ist es in so einer Situation wahrscheinlich, daß es sich konzentriert und irgendwo eine Blase aufgepumpt wird. Das Platzen kann dann schlimmere Folgen haben, als eine höhere Inflationsrate sie gehabt hätte.

Wir halten fest: Ohne eine Aufblähung der Geldmenge hätte es die Finanzkrise so nicht gegeben.

Zitat von Calimero
Dritte Frage: Ist die frisch gedruckte Geldmenge, die derzeit zum Verhindern von Zusammenbrüchen (dem Platzen von Blasen) ins amerikanische und europäische Geldsystem gepumpt wird überhaupt jemals wieder einfangbar?



Siehe die Antwort zur zweiten Frage.

Eine Anmerkung noch: Krisen gehören zur Marktwirtschaft dazu! Sie bereinigen Fehlallokationen und fegen Investitionen hinweg, die nichts gebracht haben. Siehe hierzu: http://transcriptions.english.ucsb.edu/a...schumpeter.html
Es ist schon merkwürdig: Unsere Politiker erzählen uns von morgens bis abends, wie wir uns ständig ändern müssen, daß wir dies und das sparen müssen, den Energieverbrauch senken und bald mit Elektroautos rumfahren sollen, verbraten Steuergelder für die Entwicklung und geben Geld für Abwrackprämie aus, damit alte Kisten verschwinden, nerven uns mit Umweltzonen und allerlei Vorschriften, aber wenn eine Wirtschaftskrise kommt, dann verhindern eben diese Politiker mit aller Macht den Strukturwandel und können es gar nicht abwarten, genug Steuergelder rauszuhauen, damit ja alles bleibt, wie es ist. Das soll einer verstehen ...

Ähnlich ist das mit der Nachhaltigkeit, die derzeit so beliebt ist: http://daviddfriedman.blogspot.com/2010/...ainability.html und http://daviddfriedman.blogspot.com/2010/...ty-part-ii.html

Zitat von Calimero
Vierte Frage: Führt das Bezahlen alter Schulden mit neuen Schulden, wie bei allen Staaten der Fall, zwangsläufig in eine exponentielle Steigerung, und damit in eine Hyperinflation?



Wenn man nicht rechtzeitig aus dieser Politik aussteigt, kann ich mir nicht vorstellen, wie man das verhindern könnte. Daß die EZB Staatsanleihen aus dem eigenen Währungsraum kauft, ist definitiv ein Dammbruch. "Simbabwe School of Economics" läßt grüßen.

Dazu Otmar Issing im Interview: http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=5175
"Zur Bekämpfung der Krise greift die EZB aber sehr wohl seit letztem Jahr zum Instrument des Ankaufs von Staatsanleihen ausgewählter Länder zurück. Das kann doch nicht im Sinne des Erfinders sein.

Issing: Die EZB war zunächst als einzig aktiv handelnde Institution übrig geblieben. Sie hat sich unter dem Druck der Verhältnisse zu diesen Maßnahmen bereitgefunden, die sie geldpolitisch begründet. Sie will nicht-funktionierende Märkte wieder funktionsfähig machen. Ob diese Begründung einen solchen Eingriff legitimiert, sei dahingestellt. Aber es ist auch der EZB bewusst, dass solche Ankäufe auf Dauer nicht gutgehen können."

Zitat von Calimero
Fünfte Frage: Könnten sie sich vorstellen, dass ein Gold-, oder besser Bimetallstandart dem Wahnsinn ein Ende setzen würde? Wäre soetwas heute überhaupt noch denkbar?



Nun, der Goldstandard bringt wieder andere Probleme mit sich und damit ist man schließlich auch schon untergegangen. Persönlich halte ich davon nichts, möchte mir hier aber weitere Äußerungen sparen.

Eine Notenbank sollte unabhängig und ausschließlich dem Ziel der Preisniveaustabilität verpflichtet sein. Ich sehe für die Krise auch keine Schuld bei der EZB, die schließlich oft auf Probleme hingewiesen hat. Was soll sie machen, wenn sie bei Politikern, die häufig fachfremd sind, auf taube Ohren stößt? Heute weiß man ja nicht einmal mehr in der CDU, was die Soziale Marktwirtschaft wirklich ist und was deren Väter zur Währung zu sagen hatten. Nein, die Krise des Euro geht eindeutig auf politisches Totalversagen zurück. Die Probleme mit der Verschuldung sind lange absehbar gewesen, aber haben niemanden interessiert. Auch jetzt gibt es bei uns keinerlei Anstalten, den ganzen unproduktiven Unsinn zurückzuschrauben, der in all den Jahren erfunden worden ist. Und da ist wirklich genug Schwachsinn dabei, den keiner vermissen würde ...

Zitat von Calimero
Es würde mich als Laien wirklich sehr interessieren, wie ihre Meinung dazu aussieht. Vielleicht mache ich mir ja grundlos Sorgen.



Grund zur Sorge gibt es garantiert keinen, denn wir haben doch Merkel, die "tolle Arbeit" macht!
Und falls Sie nun immer noch Zweifel haben, darf ich Sie daran erinnern, daß wir nicht nur die Physikerin haben, sondern noch Juristen, Ärzte sowie eine Theologin für den Segen von oben, falls sonst nichts mehr hilft. Also alles in Ordnung, denn die verstehen was von Wirtschaft!

MfG

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.253

26.01.2011 06:24
#9 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber Rex Cramer,

vielen Dank für Ihre Erklärungen , die sich im Großen und Ganzen mit dem decken, wie ich als Laie mir die Geldwirtschaft so vorstelle. Allerdings ist die Vorstellung des Finanzmarktes in meinem Gehirn doch recht schwammig.


Mit freundlichem Gruß

--
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

26.01.2011 15:40
#10 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Dieser Artikel von heute kommt quasi wie gerufen, passend zum Thema: http://www.welt.de/finanzen/verbraucher/...eutschland.html

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

26.01.2011 15:41
#11 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Klasse! Danke für ihre immense Aufklärungsarbeit, lieber Rex. Ich denke, ich weiß jetzt ein bissl besser Bescheid und zum wiedermal Nachlesen habe ich ja nun auch was.

Herzliche Grüße, Calimero

----------------------------------------------------
Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

26.01.2011 17:42
#12 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber Rex Cramer,

auch von mir ganz vielen dollen Dank für diesen Artikel.
Auch für die Zeit und die Mühe, die Sie immer wieder auf sich nehmen.
Ich denke Sie haben viele Mitleser hier.

♥lich Nola



"In Deutschland gilt derjenige als viel gefährlicher, der auf den Schmutz hinweist als der, der ihn gemacht hat." - Carl von Ossietzky

Friedrich ( gelöscht )
Beiträge:

08.02.2011 18:11
#13 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

@RexKramer
Sie schrieben:
"Nun, der Goldstandard bringt wieder andere Probleme mit sich und damit ist man schließlich auch schon untergegangen. Persönlich halte ich davon nichts, möchte mir hier aber weitere Äußerungen sparen."


Ich denke es ist verwegen zu behaupten er sei wegen Problemen untergegangen. Das Problem war ja gerade, daß die Weltkriege "zu teuer" gewesen wären. Und dann ist es ja einfach mit staatliche sanktionierte Gewalt die Leute von "echten" Werten zu trennen. Nach dem Motto kauft Kriegsanleihen.

Aber egal. Sie sollten die Probleme schon benennen. Denn im Gegensatz zu Ihnen gehe ich nicht davon aus, daß es eine Geldmengenausweitung geben muß und die 2% Inflation heissen unter anderem auch. sie brauchen mindestens 4% jährlichen Wertzuwachs Ihres Vermögens nur um es zu erhalten.

Mehr als 50% kann ihnen "weggesteuert werden" und dann landen Sie gerade auf den 2%.

Somit müsste das Ziel trotzdem 0% sein den ansonsten wird jeder ganz klar "enteignet". Rechnen wir das einfach nach. (Vereinfachend linear)
Sie kaufen heute Aktien für 1000 EUR in 5 Jahren verkaufen Sie für 1100 EUR. Dann haben Sie von den 100 EUR 25 an "Spekulationsgewinn zu bezahlen" Mit einer 2 % Inflation müssten Sie nur für den Werterhalt 1100 EUR haben. Sie haben aber nur 1075 %. Somit sind sie in 5 Jahren ärmer geworden. Wenn Sie zu denjenigen mit dem höchsten Spitzensteuersatz gehören und nicht in Aktien oder Wertpapieren anlegten, schlüg die Steuer noch weitaus härter zu.

Die Kommentare von Herrn Issing selber haben Sie ja treffend kommentiert. "Den Weg von Simbabwe". (dort gibt es derzeit Hyperinflation irgendwo im > 100000 % mehr Bereich...)

Die EZB macht derzeitig das Schlimmste was eine "Zentralbank" machen kann. Sie kauft Schrottanleihen und für eine Heidengeld. Die FED steht dem aber nicht nach und in den letzten beiden Jahren wurde die Geldmenge "verdoppelt". Die derzeitig zu beobachtenden steigenden Preise dürften einen Eindruck geben was uns blüht...

Ansonsten aber insgesamt Top-Kommentare von Ihnen. Wirklich gute "Arbeit", nur selbst einfachste "Banalitäten" sind bei unsere "Politikern" durch Dogma und Glauben ersetzt.

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

09.02.2011 12:16
#14 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber Friedrich,

auch Ihnen herzlichen Dank für den aufschlußreichen Beitrag.

Man kann es nicht oft genug "anschwärzen" was die EZB da leistet bzw. nicht leistet.

♥lich Nola



"In Deutschland gilt derjenige als viel gefährlicher, der auf den Schmutz hinweist als der, der ihn gemacht hat." - Carl von Ossietzky

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

09.02.2011 16:27
#15 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Zitat von RexCramer
Dieter Spethmann, früherer Vorstandsvorsitzender der Thyssen AG, im Interview ...


Das überzeugt mich wenig (und als Chef eines Industrieunternehmens muß man auch kein Währungs-Guru sein).

Zitat
Der heutige Außenkurs des Euro ist für Deutschland eindeutig zu niedrig. Die deutsche Volkswirtschaft müsste, nachdem sie Jahre lang Leistungsbilanzüberschüsse in Höhe von vier bis sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes geliefert hat, längst aufgewertet haben. Denn nur eine Aufwertung führt zu einem so großen Wohlstandszuwachs, wie wir ihn bis zum Fall der Berliner Mauer über 20 Jahre hinweg beobachten konnten.


Das ist m. E. Unsinn.
Der Leistungsbilanzüberschuß liegt in Form von Guthaben auf den Konten der deutschen Firmen bzw. ihrer Anteilseigner. Und kann dort nach Belieben verwendet werden - und das ist der Wohlstandszuwachs.

So mal als Vergleich: Südbayern hatte über Jahrzehnte eine deutlich besser florierende Wirtschaft als Nordhessen oder Ostfriesland. Wenn man getrennte Rechnungen für die deutschen Regionen aufmachen würde, gäbe es für Südbayern einen kräftigen Leistungsbilanzüberschuß. Südbayern ist durch seinen Wirtschaftserfolg deutlich wohlhabender als die armen Regionen - obwohl es nie eine Aufwertung des südbayrischen Währungsraums gab.

Zitat
Deutschland schenkt die Überschüsse, die es im Außenhandel erzielt, der Europäischen Zentralbank (EZB).


Wie kann man nur auf so eine Idee kommen?
Deutschland schenkt gar nichts, weil die Überschüsse von einzelnen Firmen und Personen erzeugt werden, nicht vom Staat. Und diese Firmen und Personen schenken auch nichts, sondern verwenden das Geld.

Zitat
Die EZB benützt diese Überschüsse, um damit die Defizite von Griechenland, Italien, Frankreich und so weiter zu bezahlen.


Falsch.
Die EZB zahlt diese Defizite mit neu gedrucktem Geld. Bzw. würde sie zahlen, wenn wirklich der Garantiefall eintritt.
Dieses EZB-Verhalten ist falsch, ich teile auch die Kritik daran - aber diese Zeche zahlen ALLE Besitzer von Euro-Vermögen (wegen Geldentwertung), nicht speziell die deutschen.

Zitat
Wir verschenken jedes Jahr im Abrechnungskreislauf der Zentralbanken fünf bis sechs Prozent unseres Sozialproduktes, Waren gegen Papier. Im Bereich der Geschäftsbanken verschenken wir noch einmal zwei bis drei Prozent.


Schwer nachzuvollziehen, wie er darauf kommt.

Zitat
Dazu kommt ein Nettobeitrag an die Europäische Union (EU) in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes.


In manchen Punkten ärgerlich - aber doch recht nebensächlich.
Hessen zahlt etwa ein Drittel seines Bruttoinlandprodukts an die Bundesregierung in Berlin. Durchaus ärgerlich, aber kein "Geschenk". Und genau wie bei dem einen Prozent nach Brüssel kommen eben auch Zahlungen/Leistungen zurück (leider zu wenige - aber das ist beim Staat immer so).

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

09.02.2011 20:38
#16 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Wenn du dich am "Geschenk" störst, nimm "Transfer". Der Punkt ist, dass ein Leistungsbilanzüberschuss nur ein Hoffnungswert ist, bis er durch entsprechende Importe zur tatsächlichen Wohlstandsmehrung beiträgt. Mag betriebswirtschaftlich noch gelten "cash is king", so muss man volkswirtschaftlich sagen "goods are king".

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

lukas Offline



Beiträge: 261

09.02.2011 21:28
#17 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Zitat von R.A.

Zitat
Die EZB benützt diese Überschüsse, um damit die Defizite von Griechenland, Italien, Frankreich und so weiter zu bezahlen.


Falsch.
Die EZB zahlt diese Defizite mit neu gedrucktem Geld. Bzw. würde sie zahlen, wenn wirklich der Garantiefall eintritt.
Dieses EZB-Verhalten ist falsch, ich teile auch die Kritik daran - aber diese Zeche zahlen ALLE Besitzer von Euro-Vermögen (wegen Geldentwertung), nicht speziell die deutschen.




Aber unter den Besitzern dieser Euro-Vermögen sind doch aufgrund des Außenhandelsüberschusses ziemlich viele Deutsche?

finanzexperte ( gelöscht )
Beiträge:

09.02.2011 22:59
#18 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Ich möchte niemanden zu nahe treten, aber ich glaube nicht, dass einer der Diskutanten in diesem Thread eine volkswirtschaftliche Vorbildung besitzt. Es sieht mir eher so aus, als handelt es sich hier um punktuell angelesenes Wissen.

Deswegen einige Anmerkungen:

Zu Herrn Spethmann:

Ich kann nicht nachvollziehen, wie wir bitte 250 Mrd. Euro an die EZB bezahlen. Wir tun das nicht. Vielleicht kann mir da jemand helfen, wie das gehen soll. Und obwohl wir ja irgendwie 10% unseres BIP verschenken, geht es uns ja doch recht gut. Hohes Wachstum, sinkende Arbeitslosenzahlen, sinkende Neuverschuldung, niedrige Inflation...

Warum man nur durch eine Aufwertung der Währung seinen Lebensstandard erhöhen kann erschliesst sich mir ebenfalls nicht.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

09.02.2011 23:22
#19 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Zitat von finanzexperte
Ich möchte niemanden zu nahe treten, aber ich glaube nicht, dass einer der Diskutanten in diesem Thread eine volkswirtschaftliche Vorbildung besitzt.


Lieber finanzexperte, es ist irrelevant, welche "Vorbildung" jemand hat. Entscheidend ist, ob das stimmt, was er schreibt.

In diesem Forum schreiben nach meiner Schätzung teils regelmäßig, teils seltener mehr als ein halbes Dutzend Volkswirte, einige diplomiert, andere promoviert oder promovierend.

Sie sind also nicht allein.

Herzlich, Zettel

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

09.02.2011 23:27
#20 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Zitat von finanzexperte
Ich möchte niemanden zu nahe treten,



Ausgezeichnet.

Zitat von finanzexperte
aber ich glaube nicht, dass einer der Diskutanten in diesem Thread eine volkswirtschaftliche Vorbildung besitzt. Es sieht mir eher so aus, als handelt es sich hier um punktuell angelesenes Wissen.



Huch - der schöne Vorsatz hielt aber nicht lange. Mittlerweile hege ich ja den Verdacht, dass Nicks, die den "Experten" im Namen führen, eher keine sind. Aber schaun mer mal...

Zitat von finanzexperte
Und obwohl wir ja irgendwie 10% unseres BIP verschenken, geht es uns ja doch recht gut. Hohes Wachstum, sinkende Arbeitslosenzahlen, sinkende Neuverschuldung, niedrige Inflation...



Sicher sind nicht alle Exporte "verschenkt". Aber auf lange Sicht kann es keine dauerhaften hohen Überschüsse geben. Die Wirtschaft der USA sah übrigens auch bombig aus bis zum Platzen der Blase. Das liegt natürlich an zwei Dingen: Zum einen daran, wie gemessen wird (Exporte erhöhen kurzfristig immer das Wachstum, auch falls ihnen letztlich kein echter Gegenwert gegenübersteht), zum anderen daran, dass man einige Jahre lang mit Illusionen ganz gut leben kann (was man bei der Finanzwirtschaft sehen konnte).

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

finanzexperte ( gelöscht )
Beiträge:

09.02.2011 23:36
#21 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Hier werden einige Begriffe gnadenlos durcheinandergeworfen.

Zuerst muss man mal zwischen Leistungsblanzdefizit Handelsbilanzdefizit und staatlichem Budgetdefizit unterscheiden. Diese Begriffe werden gleichgesetzt. Nehmen wir Japan, das Land hat enorme HAndelsbilanzüberschüße und ein gigantisches Budgetdefizit. Umgekehrt hat Kanada ein sehr hohes Leistungsbilanzdefizit, aber ein geringes Budgetdefizit. Das gleiche gilt für Spanien bis 2008.

WEchselkursveränderungen ergeben sich auch nicht durch aufgrund unterschiedlicher Leistungskraft, sondern wenn schon aus Veränderungen der relativen Leistungskraft. Sonst müßte ja China massiv gegen Deutschland, Japan und die USA abwerten, des Gegenteil ist der Fall.

Die PIIGS-Krise mit den hohen Handelsbilanzdefiziten der Länder erklären zu wollen, funktioniert auch nicht. So hat z.B. Irland einen sehr hohen Handelsbilanzüberschuß. Und natürlich haben Portugal, Spanien, Italien und Griechenland ein erhebliches Handelsbilanzdefizit. Ein wichtiger Teil deren Volkswirtschaften ist der Tourismus. Die Einnahmen daraus findet man in der Dienstleistungsbilanz. Dazu kommen noch Investitionen in diese Länder, wie z.B. durch Deutsche, die sich da ein Häuschen bauen. Oder Investitionen ehemaliger Gastarbeiter, die zurückkehren. Oder Zahlungen von Gastarbeitern ins Heimatland. Berücksichtigt man diese Faktoren sieht die Situation erheblich ausgeglichener aus. Nein, die Ursachen der Krise liegen woanders. In Griechenland funktioniert das Steuersystem nicht, in Irland eine Bankenkrise, in Spanien eine Immobilien und Sparkassenkrise.

Und dann das Märchen von dem Verstoss gegen die No-Bail-Out-Klausel. Und dass Märchen, dass die Maßnahmen, zu noch mehr Verschuldung und Moral-Hazard führen.
Ein Bail-Out ist wenn Schulden erlassen oder übernommen werden. Das ist nicht passiert. Und Irland, Griechenland, Spanien und Portugal haben immense Sparanstrengungen und Reformen unternommen, deren Erfolge man jetzt zu sehen beginnt, wenn man möchte. Aber man will ja nicht...

finanzexperte ( gelöscht )
Beiträge:

09.02.2011 23:40
#22 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Sie haben ja offenbar keine volkswirtschaftliche Vorbildung und auch in Sachen finanzwirtschaft sieht es ja leider nicht so gut aus, wie wir an anderer Stelle schon gesehen haben.

Aha, einem Handelsbilanzüberschuß steht also kein echter Gegenwert gegenüber. Was wäre denn ein echter Gegenwert, Ihrer geschätzen Meinung nach?

finanzexperte ( gelöscht )
Beiträge:

09.02.2011 23:55
#23 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Ich glaube ich habe erklärt worauf sich meine Vermutung bezieht.

Dies ist auch nicht abwertend gemeint, allerdings fällt eben doch auf, dass einige Begriffe ziemlich durcheinander gebracht werden.

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

10.02.2011 03:04
#24 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber Friedrich,

Zitat von Friedrich
@RexKramer
Sie schrieben:
"Nun, der Goldstandard bringt wieder andere Probleme mit sich und damit ist man schließlich auch schon untergegangen. Persönlich halte ich davon nichts, möchte mir hier aber weitere Äußerungen sparen."


Ich denke es ist verwegen zu behaupten er sei wegen Problemen untergegangen. ...



das wäre es wohl, aber das hat ja niemand behauptet. Da steht, daß es erstens andere Probleme gibt (bspw. laufend deflationäre Tendenzen) und man zweitens damit schon den Bach runtergegangen ist (es sich also nicht um ein Allheilmittel handelt). Es steht dort nicht, daß man wegen anderer, prinzipieller Probleme untergegangen ist. Das sind zwei unterschiedliche Themen.

Aber wie schon gesagt: Darum geht es hier eigentlich nicht.

MfG

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

10.02.2011 04:12
#25 RE: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand" Antworten

Lieber R.A.,

Zitat von R.A.

Zitat von RexCramer
Dieter Spethmann, früherer Vorstandsvorsitzender der Thyssen AG, im Interview ...


Das überzeugt mich wenig (und als Chef eines Industrieunternehmens muß man auch kein Währungs-Guru sein).




warum sollte auch die Vorstellung eines Mannes, dessen Name nicht vielen Leuten geläufig sein dürfte, irgendjemanden von irgendetwas überzeugen?

Zitat von R.A.
Das ist m. E. Unsinn.
Der Leistungsbilanzüberschuß liegt in Form von Guthaben auf den Konten der deutschen Firmen bzw. ihrer Anteilseigner. Und kann dort nach Belieben verwendet werden - und das ist der Wohlstandszuwachs.



Die Zahlungsbilanz hat nun einmal diese merkwürdige Angewohnheit, ex post immer ausgeglichen zu sein. Wenn deutsche Unternehmen bspw. mehr nach Griechenland liefern, als von da zurückkommt, bei uns also ein Überschuß vorliegt und bei ihnen ein Defizit, dann können sie sich das Geld schließlich nicht aus den Rippen schneiden, um den Importüberschuß zu bezahlen. Dann könnten bspw. deutsche Unternehmen Forderungen gegen Griechen halten. Oder sie haben Guthaben auf ihren Konten, dann haben eben Banken die Forderungen. Ganz egal, wie Sie die Sache drehen und wenden, hat am Ende immer irgendjemand die Forderungen, denen Griechen mit den entsprechenden Verbindlichkeiten gegenüberstehen. Wie oben schon dargestellt: Diese Verbindung bekommen Sie nicht von Zauberhand aufgelöst, so daß der (zukünftige) Gegenwert unseres Exportüberschusses jeweils davon abhängig ist, was mit dem Schuldner passiert, an den man geliefert hat.

Zitat von R.A.
So mal als Vergleich: Südbayern hatte über Jahrzehnte eine deutlich besser florierende Wirtschaft als Nordhessen oder Ostfriesland. Wenn man getrennte Rechnungen für die deutschen Regionen aufmachen würde, gäbe es für Südbayern einen kräftigen Leistungsbilanzüberschuß. Südbayern ist durch seinen Wirtschaftserfolg deutlich wohlhabender als die armen Regionen - obwohl es nie eine Aufwertung des südbayrischen Währungsraums gab.



Meinen Sie nicht, der Wohlstand Südbayerns wäre noch höher im Vergleich zu Nordhessen oder Ostfriesland, wenn man gegenüber ihnen aufwerten könnte?

Ob man absolut wohlhabender ist oder wie die Sache relativ zur Wirtschaftskraft aussieht, ist schon ein Unterschied.

Zitat von R.A.
Deutschland schenkt gar nichts, weil die Überschüsse von einzelnen Firmen und Personen erzeugt werden, nicht vom Staat. Und diese Firmen und Personen schenken auch nichts, sondern verwenden das Geld.



Wie bereits dargestellt: Bei einem Leistungsbilanzüberschuß entstehen Forderungen. Sie können gerne soviele Buchungen in ein Beispiel bringen, wie Sie wollen, aber daran kommen Sie nicht vorbei, daß irgendjemand diese Forderungen hält. Siehe hier: http://www.wiwiwiki.net/index.php?title=....C3.BCberschuss

Wie oben schon gesagt: Die Finanzkrise hat dafür gesorgt, daß unzählige Milliarden Euro in Rauch aufgegangen sind in Form von Forderungen, für die zuvor reale Waren geliefert wurden. Kein so tolles Geschäft, möchte man meinen.
Und wenn man sich die Bilanzen Griechenlands so anguckt, dann melden ziemlich viele Fachleute erhebliche Zweifel an, ob das gut für uns ausgeht. Wenn also auch die Politik meint, die "Gläubiger sollen beteiligt werden an Verlusten", von wem wird da gesprochen? In Deutschland werden solche Forderungen gehalten, von wem auch immer. Und auch dafür wurden zuvor Waren geliefert ...

Zitat von R.A.
Die EZB zahlt diese Defizite mit neu gedrucktem Geld. Bzw. würde sie zahlen, wenn wirklich der Garantiefall eintritt.
Dieses EZB-Verhalten ist falsch, ich teile auch die Kritik daran - aber diese Zeche zahlen ALLE Besitzer von Euro-Vermögen (wegen Geldentwertung), nicht speziell die deutschen.



Und das ändert an den Forderungen was? Oder wird hier nur noch ein zusätzliches Problem geschaffen? Der genannte Kreislauf bleibt gleich. Und diejenigen, die auf den meisten Forderungen sitzen, werden davon auch am stärksten getroffen. Ob diese durch einen "haircut" oder Inflation einen Wertverlust erleiden, ist für den Gläubiger ziemlich egal.

Zitat von R.A.
Schwer nachzuvollziehen, wie er darauf kommt.



Durch den Kreislauf, schreibt er ja. Wie schon gesagt: Es ist prinzipiell egal, wie und bei wem Sie die Forderungen verbuchen oder wer was an wen wofür weiterreicht und wie kompliziert Sie auch immer Beispiele gestalten mögen, aber Sie kommen nicht um die Tatsache herum, daß ein Leistungsbilanzüberschuß zu einer Erhöhung der Forderungen gegenüber dem Ausland führt. Und wenn ihr Schuldner in die Knie geht, dann auch ihre Forderungen, was bedeutet, daß sie für lau geliefert haben ...

MfG

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