Irgendwo gibt es Krawalle; Panzer fahren auf usw. Das gibt Schlagzeilen. Wir sind es gewohnt, daß das Thema nach ein paar Tagen tot ist.
Das Thema Revolution in Tunesien wird aber nicht tot sein. Wenn dort ein demokratischer Rechtsstaat entstehen sollte, wird das tiefgreifende Auswirkungen auf den gesamten Nahen Osten haben. Falls die Islamisten siegen, dann nicht nur das, sondern es wird Folgen für Europa geben, die noch nicht absehbar sind.
Da bedanke ich mich doch schon einmal vorab für die neue Serienarbeit und freue mich darauf, über ein dermaßen spannendes Thema gut informiert zu sein!
Sie sind seit geraumer Zeit sehr oft so etwas wie mein politischer Pressedienst, werter Herr Zettel.
Besten Gruß unbekannterweise aus Berlin Frank Böhmert
Übrigens war ich während des damaligen Putschs der Generäle Salan und Komplicen in Paris und habe durch kräftiges Schreien "Salan - salaud" sowie "Les généreaux au poteau" auf dem Boul'Mich' die Republik gerettet.
(Ich weiß, das habe ich gelegentlich schon geschrieben, aber es lesen hier ja immer neue Leute mit ).
Zitat von GorgasalSie hören sich ja an wie die französischen Generäle von 1961, "une politique d'abandon de l'Algérie française"...
Oui, Monsieur.
Übrigens war ich während des damaligen Putschs der Generäle Salan und Komplicen in Paris und habe durch kräftiges Schreien "Salan - salaud" sowie "Les généreaux au poteau" auf dem Boul'Mich' die Republik gerettet.
Na, da freut es mich doch zu lesen, dass Sie Ihre Meinung zwischenzeitlich geändert haben
-- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von GorgasalSie hören sich ja an wie die französischen Generäle von 1961, "une politique d'abandon de l'Algérie française"...
Oui, Monsieur.
Übrigens war ich während des damaligen Putschs der Generäle Salan und Komplicen in Paris und habe durch kräftiges Schreien "Salan - salaud" sowie "Les généreaux au poteau" auf dem Boul'Mich' die Republik gerettet.
Na, da freut es mich doch zu lesen, dass Sie Ihre Meinung zwischenzeitlich geändert haben
Da bin ich, lieber Gorgasal, gar nicht mal so sicher.
De Gaulle hat nicht nur Algerien preisgegeben, sondern er hat damit auch alle verraten, die ihn just deshalb unterstützt hatten, weil sie seinen Versprechen glaubten, es werde bei der Algérie Française bleiben. Algerien war ja bekanntlich keine Kolonie, sondern schlicht Teil des französischen Staatsgebiets; so französisch, wie, sagen wir, Arizona und New Mexico US-amerikanisch sind.
Das ist die eine Seite. Die andere ist, daß der Algerienkrieg die Kräfte Frankreichs in einem Maß gebunden und das innenpolitische Klima so vergiftet hat, daß der Wiederaufstieg Frankreichs, den de Gaulle wollte, nur möglich war, wenn man sich dieses Klotzes am Bein entledigte.
De Gaulle war ein Zyniker und ein großer Patriot. Er verriet seine Mitstreiter und ermöglichte damit eine Entwicklung Frankreichs, die 1961 niemand für möglich gehalten hätte. Er ging so weit, daß Georges Bidault, auch er ein großer Patriot, verfolgt wurde und ins Exil gehen mußte.
Das damalige Frankreich wurde von dem Paris symbolisiert, das Sie, lieber Gorgasal, wahrscheinlich nicht mehr gekannt haben: Eine dreckige, eine wirklich im Wortsinn dreckige Stadt. Nôtre Dame war schwarz vor Dreck, alle großen Gebäude wie der Louvre waren es. Ich müßte jetzt nachsehen, wann das große Saubermachen begann - jedenfalls wurde ein Gebäude nach dem anderen von diesem Ruß befreit.
Und Frankreich wurde von einem zurückgebliebenen Agrarland, von einer dekadenten Nation zu dem, was es heute ist. Das verdankt es de Gaulle, diesem großen Mann, diesem eiskalten Zyniker.
sind Sie nicht der wahre Zyniker, wenn Sie behaupten, Algerien unter de Gaulle sei "demokratisch" gewesen? Sicher, das Gebiet war formal keine Kolonie, sondern Teil Frankreichs. Dass aber erst 45 allen Bewohnern die frz. Staatsbürgerschaft zuerkannt wurde, zeigt wohl recht deutlich, wie es hier mit der Demokratie stand. Und das hier übrigens auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_S%C3%A9tif Stellen Sie sich mal vor, so etwas wäre in einem 'linken' Staat passiert. Dann würden Sie hier (völlig zu Recht selbstverständlich) scharfe Kritik äußern. Was ich damit sagen will: Mit solchen Äußerungen zeigen Sie meiner bescheidenen Meinung nach, dass Sie auch nicht besser sind, als die von Ihnen oft und oft zurecht gescholtenen Linken, die sich die historischen Fakten immer so drehen, wie sie sie brauchen. Und das ist schade, da Sie sich ja (was an sich sehr begrüßenswert ist) immer um den Anstrich größtmöglicher Neutralität bemühen.
Zitat Tunis (Reuters) - Nach 22 Jahren im Exil ist der Führer der islamistischen Ennahda-Bewegung nach Tunesien zurückgekehrt.
Mit Begeisterung empfingen ihn am Sonntag Tausende Menschen am Flughafen von Tunis. "Die Muslime werden nicht aufgeben", riefen sie. Sheikh Rachid Ghannuchi hatte seit der Verbannung durch den mittlerweile gestürzten Präsidenten Zine al-Abdine Ben Ali in 1989 in London gelebt. Islamisten waren zwar früher die stärkste Oppositionskraft in Tunesien, hatten aber bei dem jüngsten Volksaufstand keine bedeutende Rolle gespielt. Experten sagen jedoch, die Islamisten könnten sich jetzt wieder zu einer bestimmenden politischen Kraft entwickeln.(...)
(...)Am Tag vor seiner Rückkehr hatte Ghannuchi der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, seine Partei werde wichtig sein für die "Verankerung eines demokratischen Systems, für soziale Gerechtigkeit und ein Ende der Diskriminierung verbotener Gruppen".(...)
Dass hinsichtlich Ghannouchis Einstellung zur Demokratie bzw. seiner Forderung nach einer allgemeingültigen Menschlichkeit Vorsicht geboten ist, zeigen seine weniger zur Schau gestellten Aktivitäten im Hintergrund. Seit Anfang der 90er Jahre im Londoner Exil lebend, ist er heute ein führendes[18] Mitglied im European Council for Fatwa and Research, [19] der der Führung von Yusuf al-Qaradawi untersteht und den ägyptischen Muslimbrüdern zugerechnet wird. Wichtigstes Ziel dieses Rates ist es, das Leben der Muslime in Europa entsprechend den Bestimmungen der Scharia zu regeln.[20] Wie das Middle East Media Research Institute berichtet, hat Qaradawi selbst noch im Jahr 2004 eine Fatwa erlassen, die in der Al-Ahram Al-Arabi vom 3. Juli desselben Jahres erschienen ist und die das Töten muslimischer Intellektueller als Apostaten erlaubt. Ghannouchi selbst erließ, so berichten einige sich als liberal bezeichnende arabische Denker, noch vor kurzem eine Fatwa, die es erlaube, alle israelischen Zivilisten zu töten, weil es, so seine Rechtfertigung, in Israel keine Zivilisten gebe, denn die Bevölkerung Männer, Frauen und Kinder seien die Reservesoldaten der Armee und seien als solche zu töten. [21] Es kann davon ausgegangen werden, dass heute an die 30% der Tunesier mit Ghannouchis ANNAHDA-Bewegung sympathisieren. In den Gefängnissen Tunesiens ist Folter an der Tagesordnung, und sie richtet sich gegen jede Form von Opposition, die liberale wie die religiöse.
Es erinnert an Khomeini, der aus dem französischen Exil in den Iran zurück kam, um dieses Land um Jahrhunderte zurückzuwerfen. Und ähnlich wie in Tunesien, waren die Perser die Korruption, die Vetternwirtschaft und den Geheimdienst des Schah's von Persien leid gewesen. Ähnlich wie in Tunesien wollte das Volk mehr Freiheit, mehr Demokratie, aber es erhielt das absolute Gegenteil und diese Befürchtung habe ich jetzt auch.
♥lich Nola
"In Deutschland gilt derjenige als viel gefährlicher, der auf den Schmutz hinweist als der, der ihn gemacht hat." - Carl von Ossietzky
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