Haben Sie die Sendung am vergangenen Donnerstag gesehen? Möglicherweise nicht, denn sie begann erst eine halbe Stunde vor Mitternacht. Der NDR hatte die Courage, sie überhaupt zu bringen. Soviel Mut, sie zu einer vernünftigen Sendezeit zu bringen, hatte man augenscheinlich nun wieder nicht.
Diesen Artikel habe ich nach der Sendung zu schreiben begonnen. Dann drängten sich andere Themen vor; so erscheint er etwas verspätet.
Oder auch wieder nicht; denn das Thema bleibt aktuell. Mir scheint, daß die Bedeutung des großen Kommunisten Gregor Gysi immer noch nicht erkannt wird. Er hat das durch die Tarnung, die er seiner Partei verordnete, natürlich selbst mit verschuldet.
Wenn jetzt, nach der befreienden Offenheit von Gesine Lötzsch, die Partei diese Phase der Tarnung hinter sich lassen und sie wieder offen als kommunistische Partei auftreten sollte, dann wird deutlicher werden, was diese Partei Gregor Gysi verdankt.
momentan läuft die nächste Runde der Demontage Gysis. Ich gehe davon aus, dass er den Wahlkampf der nächsten Bundestagswahl politisch nicht überleben wird. Die SPD wird diesen ekelhaften Lügner demontieren und damit die SED enthaupten, um diese widerwärtige Konkurennzpartei entscheidend zu schwächen. Von der Merkelpartei ist dagegen nichts zu erwarten, wie üblich.
Zitat von danielphoffmannDie SPD wird diesen ekelhaften Lügner demontieren und damit die SED enthaupten, um diese widerwärtige Konkurennzpartei entscheidend zu schwächen.
Ihr Wort in Gottes Ohr. Wie glauben Sie wird die SPD das schaffen?
-- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von danielphoffmann... ekelhaften Lügner ...
Geht's auch a bisserl leiser, lieber Daniel Hoffmann?
Schaun Sie, die Durchschlagkraft eines Arguments wächst doch nicht mit der Derbheit seiner Formulierung. Im Gegenteil, sie nimmt ab. Jedenfalls hier im kleinen Zimmer.
Zitat von danielphoffmannmomentan läuft die nächste Runde der Demontage Gysis. Ich gehe davon aus, dass er den Wahlkampf der nächsten Bundestagswahl politisch nicht überleben wird. Die SPD wird diesen ekelhaften Lügner demontieren und damit die SED enthaupten, um diese widerwärtige Konkurennzpartei entscheidend zu schwächen. Von der Merkelpartei ist dagegen nichts zu erwarten, wie üblich.
Ich glaube nicht, dass die SPD eine Machtoption verlieren will, zumal es nicht feststeht, dass die Wähler der Linken ausgerechnet zur SPD zurückkehren oder gar neu für sich entdecken. Desweiteren gibt es ja nichts Neues unter der Sonne, alles was über Gysi gesagt wird, ist schon seit vielen Jahren bekannt und die SED-Linke wird ja auch zu einem gewissen Teil deshalb gewählt.
Andere SED-Wähler haben sicherlich auch kein Problem, die NPD zu wählen, die ähnliche Positionen zu Afghanistan und zu Hartz4 vertritt. Dann gibt es noch die üblichen verdächtigen Querulanten, die genau die Partei wählen, über die sich die meisten ärgern, was zum Beispiel der FDP wieder einen Höhenflug bescheren könnte.
Ein weiterer Aspekt kommt hinzu. Eine "enthauptete" Linke hat eine recht geringe Auswirkung, da es neben "der Partei" eine nahezu undurchsichtiges Geflecht aus Bündnissen, Vereingungen, Initiativen und Aktionsgruppen gibt, die von offiziellen und inoffiziellen Mitgliedern der Linken beherrscht wird, mal in Konkurrenz zu den Grünen und auch der SPD, aber oft in stiller Eintracht. Es wird kaum ein linkes Projekt erfolgreich durchgezogen werden können, ohne die Erfahrung und die Mobilisierungsfähigkeit der Linken. Der Schatz der SED ist gut verteilt und angelegt.
Geht's auch a bisserl leiser, lieber Daniel Hoffmann?
In der Tat.
Ich muss sagen, dass Gysi zu den wenigen Politikern gehört, die ich respektiere, auch wenn er nur Quatsch erzählt: Er ist ein ausgezeichneter Politiker. Ich kann auf Anhieb keinen anderen, deutschen Spitzenpolitiker (der letzten, sagen wir, 20 Jahre) nennen, der es so gut verstanden hat, so eine kontroverse Politik dermaßen massentauglich zu machen. Der Erfolg der Linkspartei seit der Wiedervereinigung beruht m.E. hauptsächlich auf Gysi und seiner m.E. sypmatischen Art, den Zuhörern, sorry für den Ausdruck, Scheisse als Kaviar zu verkaufen. Das ist/war sein Job, den hat er ausgezeichnet erledigt.
Das Positive an der Sache ist: Wenn Gysi in den Ruhestand verschwindet, bleiben nur die buckligen Nachfolger übrig, die sich erstens nicht einig sind, welchen Weg sie gehen wollen, und zweitens immer wieder Pfui-Worte in den Mund nehmen, die der gemäßigte Linke (=Median-Deutscher) nicht so gerne hören mag.
Zitat von C. Eine "enthauptete" Linke hat eine recht geringe Auswirkung, da es neben "der Partei" eine nahezu undurchsichtiges Geflecht aus Bündnissen, Vereingungen, Initiativen und Aktionsgruppen gibt, die von offiziellen und inoffiziellen Mitgliedern der Linken beherrscht wird, mal in Konkurrenz zu den Grünen und auch der SPD, aber oft in stiller Eintracht. Es wird kaum ein linkes Projekt erfolgreich durchgezogen werden können, ohne die Erfahrung und die Mobilisierungsfähigkeit der Linken. Der Schatz der SED ist gut verteilt und angelegt.
So ist es. Gysi hat sein Haus bestellt.
Aber er kann ja auch noch lange weitermachen. Im Jahr 2021 wird er so alt sein, wie Konrad Adenauer war, als er 1949 erstmals Bundeskanzler wurde.
Nachfolger? Gesine Lötzsch sollte man nicht unterschätzen. Sie denkt klar, sie ist konsequent, sie strebt ihrem Vorbild Rosa Luxemburg nach. Sie hat Format, anders als Opportunisten wie Bartsch.
Zitat von Zettel(…) Nachfolger? Gesine Lötzsch sollte man nicht unterschätzen. Sie denkt klar, sie ist konsequent, sie strebt ihrem Vorbild Rosa Luxemburg nach. Sie hat Format, anders als Opportunisten wie Bartsch.
Unterschätzen sollte man niemanden. Aber man hat doch an der Diskussion um ihre Teilnahme am Kongress der »jungen welt« gesehen, dass Gesine Lötzsch nicht weit über den Horizont ihres Wahlkreises hinausblickt. Dort besteht die Kernwählerschaft der PDS/LINKSPARTEI aus »alten Genossinnen und Genossen«, die sich in einem einig sind: In der DDR gab es nicht zu viel Sozialismus, sondern zu wenig. Dabei ist inbegriffen: Es gab auch zu wenig Repression. Von diesen alten Kadern kommt sie (meiner Meinung nach) einfach nicht los.
Zitat von stefanolixUnterschätzen sollte man niemanden. Aber man hat doch an der Diskussion um ihre Teilnahme am Kongress der »jungen welt« gesehen, dass Gesine Lötzsch nicht weit über den Horizont ihres Wahlkreises hinausblickt. Dort besteht die Kernwählerschaft der PDS/LINKSPARTEI aus »alten Genossinnen und Genossen«, die sich in einem einig sind: In der DDR gab es nicht zu viel Sozialismus, sondern zu wenig. Dabei ist inbegriffen: Es gab auch zu wenig Repression. Von diesen alten Kadern kommt sie (meiner Meinung nach) einfach nicht los.
Warum sollte sie, lieber Stefanolix?
Jeder in dieser Partei, der nicht dumm ist, ist doch der Meinung, daß es in der DDR zu wenig Sozialismus gab.
Man ist sich nur nicht einig, was dieses "zu wenig" bedeutet.
Fast jeder will auch beim zweiten Versuch wieder die Diktatur des Proletariats; wenn jemand in dieser Partei sie nicht will, dann hat er seinen Marx schlicht nicht gelesen oder nicht verstanden.
Die Frage ist allerdings, wie man "die Fehler der DDR vermeiden" kann. Warum scheiterte der erste Sozialismusversuch?
Man kann nur vermuten, was die Genossen denken. Ich vermute, daß die meisten die Schuld bei Gorbatschow sehen. Er hat nach ihrer Meinung den Sozialismus verraten. Die Unruhen 1989 in der DDR hätten niedergeschlagen werden können wie die 1956 in Ungarn und 1968 in Prag, wenn nicht Gorbatschow ein Weichei gewesen wäre.
Andere werden vielleicht tiefer analysieren: Warum konnte der Sozialismus die materiellen Bedürfnisse seiner Menschen nicht befriedigen? Warum gelang es der Staatsmacht nicht, die kirchliche Opposition im Griff zu haben? Warum schaffte man es nicht, alle feindlich-negativen Elemente zu unterdrücken?
Der neue Sozialismus-Versuch, von dem Lötzsch spricht, muß erstens "unsere Menschen" besser zufriedenstellen; sie müssen so glücklich sein wie glückliche Kühe. Zweitens muß er jede Opposition schon im Keim ersticken können. Die Machtfrage muß beim nächsten Mal so gelöst werden, daß es kein Zurück mehr gibt.
So denken sie, die Genossen. Vermute ich. Mehr als eine Vermutung kann es nicht sein.
Zitat von ZettelDer neue Sozialismus-Versuch, von dem Lötzsch spricht, muß erstens "unsere Menschen" besser zufriedenstellen; sie müssen so glücklich sein wie glückliche Kühe. Zweitens muß er jede Opposition schon im Keim ersticken können. Die Machtfrage muß beim nächsten Mal so gelöst werden, daß es kein Zurück mehr gibt.
Lieber Zettel,
Ich glaube, dass sich die Linke gar nicht zu großen Illusionen hingibt und sich mit "zweitens" zufrieden gibt und die Zeit nutzt, zu üben.
Zitat von C.Ich glaube, dass sich die Linke gar nicht zu großen Illusionen hingibt und sich mit "zweitens" zufrieden gibt und die Zeit nutzt, zu üben.
So sehe ich das auch. Das Christentum besteht seit zweitausend Jahren. Man hat als Christ harte und gute Zeiten erlebt. Wie sollte der Wissenschaftliche Sozialismus so kleinmütig sein, wegen eines Rückschlags gleich aufugeben?
Was die Genossen 1989 bewegte, die Unruhen 1989 in der DDR nicht einfach niederzugeschlagen, war tatsächlich der Verlust der Absicherung der Herrschaft durch Moskau. Die Genossen wussten, dass Gorbatschow um keinen Preis der Welt Panzer zur Aufrechterhaltung des SED Regimes schicken wird. Das wussten die bereits Jahre vor 1989. Da begann man bereits das Parteivermögen zu verschieben. Die SED hatte zuvor sogar noch die Fühler nach Rumänien ausgestreckt, zwecks Absicherung in einem kleinen Verbund zweier oder mehr sozialistischer Systeme - Vergeblich! Der Mehrheit der Genossen war das klar und nur eine Minderheit befürwortete eine mit gewaltsamer Niederschlagung verbundene Insellösung.
Das war 1989/1990. Heute spielt das damalige Motiv nicht mehr die erste Geige. Es ist auch unbequem, weil es die Delegitimierung der DDR impliziert, die dann als eine rein auf sowjetischen Bajonetten beruhende Fremdherrschaft erscheint.
Die offen oder hinter vorgehaltener Hand vorgetragene heutige Mehrheitsmeinung macht "irgendwie" die BRD und den Westen verantwortlich und eine (nicht zu unterschätzende) Minderheit denkt wie Wagenknecht, wonach Honecker und damit die Abkehr vom stalinistischen Kurs Ulbrichts verantwortlich ist.
Zitat Ich muss sagen, dass Gysi zu den wenigen Politikern gehört, die ich respektiere, auch wenn er nur Quatsch erzählt: Er ist ein ausgezeichneter Politiker.
mit Verlaub gesagt entspricht dies dem Bild der Medien der 90er. Seitdem hat sich eine Menge getan. Seine Reaktion auf Lötzsch beispielsweise wurde von den Medien als sinnloses Geschwurbel interpretiert.
Zitat von ZettelJeder in dieser Partei, der nicht dumm ist, ist doch der Meinung, daß es in der DDR zu wenig Sozialismus gab.
Man ist sich nur nicht einig, was dieses "zu wenig" bedeutet.
Fast jeder will auch beim zweiten Versuch wieder die Diktatur des Proletariats; wenn jemand in dieser Partei sie nicht will, dann hat er seinen Marx schlicht nicht gelesen oder nicht verstanden.
Das gilt für die ewiggestrigen DDR-Kader, aber die machen ja nur einen Teil der Linkspartei aus. Insbesondere die West-Landesverbände der Linkspartei bestehen meiner Erfahrung nach hauptsächlich aus enttäuschten Sozialdemokraten, denen es nicht ganz klar ist, mit wem sie sich da eingelassen haben. Manchen ist es vielleicht auch egal. Aber was immer man von ihm halten mag, Oskar Lafontaine möchte im Saarland sicherlich keine Volksrepublik ausrufen.
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