Zitat von ZettelMan muß da, lieber Stefanolix, glaube ich zwischen genehmigten und nicht genehmigten Demonstrationen unterscheiden. Wenn die Rechtsextremen eine Demonstration genehmigt bekommen haben - dabei wird ja auch der genaue Verlauf des Demonstrationszugs festgelegt -, dann kann logischerweise den Gegendemonstranten nicht eine Demonstration genehmigt worden sein, bei der sie diejenige der Rechtsextremen blockieren.
Ja und Nein. Es gibt auch das Recht auf Spontandemonstrationen. Man kann sehr kurzfristig eine Demonstration anmelden, die eine andere Demonstration quasi indirekt blockiert. Die bestechend einfache Lösung mit den beiden genehmigten und voneinander isolierten Marschrouten ist leider nicht überall durchsetzbar.
Zitat von ZettelAlso handelt es sich bei der Blockade nicht um eine Demonstration im Sinn des Gesetzes. Die Polizei ist verpflichtet, den Rechtsextremen den Weg frei zu machen, und tut das ja auch. Sie gibt nur leider damit den Linksextremisten, die sich ja reichlich in fast jeder dieser Gegendemonstrationen finden, die Gelegenheit, von "Polizeigewalt" zu reden und ihre eigene, längst geplante Gewalt damit zu rechtfertigen.
Meines Erachtens ist (nein, leider: wäre) die richtige Antwort der Demokraten auf rechtsextreme Aufmärsche eine große Gegendemonstration, die den Aufmarsch nicht behindert, die aber deutlich macht, wie die Mehrheit denkt.
Idealerweise wäre das so. Diese Gegendemonstration gibt es ja in gewisser Weise und sie ist auch durch ein breites Bündnis legitimiert: eine Menschenkette rund um das Zentrum Dresdens. Es geht ja in Dresden am 13. Februar eigentlich um das Betrauern der Toten und das Gedenken. Dem soll die Menschenkette gewidmet sein, gleichzeitig ist sie eine Distanzierung von den Extremisten und ein symbolischer Schutz des Stadtzentrums.
Zitat von ZettelEiner solchen Gegendemonstration dürften nur Demokraten angehörigen, also keine Mitglieder der Partei "Die Linke" oder gar Autonome usw. Denn sobald diese dabei sind, wird ja klar, daß gar nicht gegen Demokratiefeindlichkeit demonstriert wird.
Wer gegen Extremismus ist und zugleich mit Extremisten paktiert, der ist ein Heuchler. Er ist gar nicht gegen Extremismus, sondern er will, er unterstützt zumindest, die Volksfront.
Die LINKE wird hier im Osten als Teil des demokratischen Spektrums betrachtet. Ich würde hier gern zwischen »radikal« und »extremistisch« unterscheiden. In der LINKEN gibt es Linksradikale. Die Linksextremisten sind noch ein Stück weiter linksaußen und verachten zum Teil sogar die LINKE als unentschlossene, verweichlichte Partei. Es ist jedem politisch denkenden Bürger bewusst, dass es in der LINKEN Kommunisten und Stalinisten gibt.
Aber die Linkspartei als Ganzes wird in der östlichen Öffentlichkeit als sozialistisch-demokratisch betrachtet. Die LINKE ruft als Fraktion des Stadtrats und als Partei zu zwei Dingen auf: zur Teilnahme an der bürgerlichen Menschenkette und zur Blockade. Die Grünen machen es auch so, einige SPD-Gliederungen machen es ähnlich. Das macht es für die bürgerlichen Demokraten nicht einfacher. Aber im Sinne eines Minimalkompromisses unterschreiben alle demokratischen Fraktionen des Stadtrats (CDU, FDP, SPD, Grüne, LINKE und Freie Bürger) einen einheitlichen Aufruf zur Menschenkette.
Zitat Die Argumentation mit den Propaganda-Delikten überzeugt mich dagegen nicht. Alle haben sich an das Gesetz zu halten.
Das klingt so ein bischen nach der Pflicht ein Gesetz zu halten, weil es ein Gesetz ist. Ich halte das für schwierig. Denn zum einen zieht ein solcher Schluss jede Menge ethischer Probleme hinter sich her, zum anderen wird er auch so von breiten Massen nicht geteilt.
Ethisch tritt zunächst das Problem auf, dass ein Gesetz erst einmal ad hoc unabhängig davon existiert, ob es selber ethisch vertretbar ist. So war in der DDR "Republikflucht" (grausames Wort) eine Straftat. Und dennoch tu ich mich sehr schwer damit das als Verbrechen zu definieren, zumindest in einer Art und Weise, die diese Tat verurteilt. Jetzt kann man natürlich einwenden, dass die DDR keine Demokratie war. Wohl wahr. Dummerweise sind aber die Abstufungen zwischen Demokratie und Diktatur ziemlich fliessend. Die Tatsache, dass es in der BRD Äusserungsverbrechen gibt ist vom Zug her diktatorisch, jedenfalls nicht an einem freiheitlichen Rechtsstaat orientiert. Das macht uns nicht zu einer Diktatur, zeigt aber auch, dass demokratische Staaten nicht in jedwelchen Perspektive Grundrechte achten.
Gesellschaftlich gibt es ebenso eine Reihe von Gesetzen, die in der Breite kaum akzeptiert werden. Dazu gehören lapidare Beispiele wie das nächtliche Gehen über rote Ampeln, das Anfertigen von Kopien entgegen dem Urheberrecht oder eben auch das Rauchen in der Kneipe. Millionen von Menschen akzeptieren diese Gesetze nicht und denen genügt es nicht, dass etwas verboten ist, damit es nicht getan wird.
Insofern tu ich mich doch sehr schwer damit ein Gesetz zu halten, weil es eben Gesetz ist. Ich bin nicht dumm genug die Sanktion in Kauf zu nehmen, entsprechend tu ich es nicht, aber es zu halten, weil es mal so im Gesetzblatt gestanden hat, das überzeugt mich nicht. Und ich glaube auch damit nicht alleine zu sein. Umso grösser ist meine Sorge, wenn ich mit ansehe, wie sorglos der Gesetzgeber permanent neue Gesetze rauspumpt und gar nicht mehr mitbekommt, was seine Bürger davon halten. Denn auch das führt auf die lange Bank zu Verdrossenheit und schwächt die Demokratie als solche.
Zitat Wer der Meinung ist, die Steuern seien zu hoch, kann das ja auch nicht ungestraft durch Steuerhinterziehung zum Ausdruck bringen.
Passiert aber. Und vermutlich Millionenfach. Es wird auch immer gerne darauf hingewiesen, dass jede neue Steuererhöhung ein Sinken der Steuerehrlichkeit nach sich zieht.
Zitat Ja und Nein. Es gibt auch das Recht auf Spontandemonstrationen. Man kann sehr kurzfristig eine Demonstration anmelden, die eine andere Demonstration quasi indirekt blockiert.
Nein, das kann man nicht. Jedenfalls kann man eine solche Demo nicht anmelden. Eine Spontandemonstration muss tatsächlich spontan sein, d.h. sie kann nicht auf ein Ereignis bezug nehmen, das lange bekannt war. Hätten die Rechtsextremen sich unerwartet zusammengerottet, hätte man spontan dagegen demonstrieren dürfen und das ganze ohne Anmeldung, denn eine solche und nur eine solche Demo ist nicht anmeldepfichtig, weil nicht anmeldefähig. Kann dagegen eine Demonstration angemeldet werden, d.h. wurde die Demo organisiert, kann sie keine Spontandemo mehr sein. In diesem Fall ist sie anmeldepflichtig, weil anmeldefähig. Und eine solche hätte keine andere blockieren können, denn sie wäre in dieser Art verboten worden.
Da möchte ich auch gleich mal meinen Senf dazugeben, gerade weil es in Deutschland so wenig thematisiert wird. Der Kampf gegen Rechts ist mir immer mehr zuwider, weil im Kampf gegen echte und vermeintliche Nazis Grundrechte verletzt werden und dies den meisten egal zu sein scheint. Da rufen Politiker zur Blockade gegen eine genehmigte Demonstration auf, saßen wie Thierse schon in vorderster Reihe und niemanden stört es, das hier Rechte von Menschen beschränkt werden.
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachen, wie diese Leute von Demokratie und Toleranz reden.
Jeder Hotelbesitzer oder Wirt kann selbst entscheiden, wen er aufnimmt und bewirtet, doch immer wieder wird klar Stimmung gemacht, ein sich vergrößernder öffentlicher Druck ausgeübt, wie an den beiden Briefen zu sehen ist:
Oder nehmen wir die Kleidung, von Rechten bevorzugte Kleidung wird stigmatisiert, das Tragen verboten, dieser kleine Abschnitt sagt schon alles:
Zitat Kleidung: Es gibt bei Rechtsradikalen beliebte Bekleidungsmarken wie Lonsdale, deren Eigentümer sich eindeutig von der rechten Szene distanzieren. Und es gibt andere Marken wie Thor Steinar, bei der das bisher noch nicht geschehen ist.
Eingriff: Pit Rulff, Leiter eines Oberstufenzentrums, ist jüngst dennoch gegen eine IHK-Broschüre vorgegangen, weil dort ein Schüler mit Lonsdale-Shirt abgebildet war. Die Industrie- und Handelskammer entfernte das Bild daraufhin umgehend.
Polizei: Polizeipräsident Glietsch hat seine Polizisten angewiesen, bestimmte Kleidungsmarken als Privatpersonen nicht mehr zu tragen. Darunter: Thor Steinar, Alpha Industries, aber auch Fred Perry. Sie gehörten zum rechten Dress-Code, so Glietsch.
Thor Steinar-Läden werden von Linken mit Steinen und Farbbeuteln attakiert, Vermieter haben dadurch immer ein Argument, um solche Läden abzulehnen und das ist die Krönung:
Zitat Derzeit werden von Juristen der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“ (MBR) spezielle Klauseln für Gewerbemietverträge ausgearbeitet: Diese sollen Nutzer von Ladenflächen dazu verpflichten, kein Verkaufssortiment zu führen, das rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Inhalte fördert.
Zitat Rechtmäßig in den Kreistag gewählt, droht einem Schornsteinfeger das berufliche Aus. Wegen seiner NPD-Anhängerschaft soll ihm der Kehrbezirk entzogen werden. "Er hat als Schornsteinfeger vom Staat ein Monopol für seinen Beruf bekommen. Er kann sich überall Zugang verschaffen, kein Bürger kann sagen, ich lasse keinen Rechtsextremisten rein. Das darf nicht sein“, begründete der zuständige Landeswirtschaftsminister Reiner Haseloff das geplante faktische Berufsverbot. „Das ist ein Präzedenzfall, wir halten das aber für zulässig.“
Zitat "Kampagne gegen rechte Zeitungen" heißt ein neuer Appell, der dafür sorgen soll, dass sechs rechte bis rechtsextreme Blätter aus deutschen Kioskregalen verschwinden. Rund 40 Organisationen haben zum Start schon unterzeichnet. Antifaschistische Gruppen dominieren die Liste, daneben gibt es Einrichtungen wie den Antisexistischen Infoladen Neukölln, aber auch die SPD-Jugend und Verdi sind dabei. Auf der Website der Kampagne - pushforward.blogsport.de - wird wortreich erklärt, warum die Titel Zuerst, Junge Freiheit, Deutsche Militärzeitschrift, Deutsche Stimme, Preußische Allgemeine Zeitung und National-Zeitung gefährlich sind und wie man es anstellen will, "diese menschenverachtenden Zeitungen aus der Öffentlichkeit zu verbannen".
Zitat Seit einer Woche verkaufen ein Kiosk und eine Bäckerei in Ottensen keine "Bild"-Zeitung mehr. Damit wollen sie gegen VON RALF LORENZEN ausländerfeindlichen Populismus protestieren.
Das sollte erstmal an Beispielen genügen. Ich finde es wichtig und richtig, gegen menschenverachtende und verfassungsfeindliche Meinungen vorzugehen, sie argumentativ zu bekämpfen, sie bloßzustellen usw., rechte Strafdaten müssen konsequent verfolgt werden. Aber, und das ist ein sehr großes ABER, wenn dabei massiv Grundrechte eingeschränkt werden, sich mit menschenverachtenden und verfassungsfeindlichen Gruppen verbündet wird, nur weil es gegen einen gemeinsamen Feind geht, schon die Behauptung ohne jede Begründung reicht, um jemanden zum Nazi, Rassisten und Ausländerfeind zu machen, alles dafür getan wird, damit das Thematisieren von Gemeinsamkeiten rechter, linker und religiöser Gewalt nicht möglich ist, eine "neue Rechte" erfunden wird und für den Fall, das man jemanden nicht gleich rechtsextrem nennen kann, ein gleich gemeinter Ersatz, nämlich "rechtspopulistisch" eingesetzt wird sowie Gewalt immer wieder ein Mittel ist, dann muss ich mich ganz klar gegen den "Kampf gegen Rechts" stellen!
Mein Rezept im Kampf gegen Ideologien:
1. Die Vermittlung von Wissen über Geschichte und den Wert der Freiheit
2. Dafür sorgen, das vermeintliche und echte Missstände nicht zur Propaganda missbraucht werden können, Offenheit ist hier ein Zauberwort.
3. In der politischen Arbeit ihre Unfähigkeit entlarven.
3. Wie reagiert man z.B. auf einen Naziaufmarsch? Nichts einfacher als das, man lässt ihn in ein Vakuum laufen, man sorgt dafür, das alle Geschäfte zu haben, Türen und Fenster verrammelt sind und kein Mensch auf den Straßen ist. Wenn die Demonstration vorbei ist, feiert man in den Straßen (meinetwegen auch bunt ) ab. Die Medien müssen natürlich auch mitspielen und die Gewichtung auf das Fest danach richten. Man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Man demütigt die Nazi`s und linke Gewalttäter können sich nicht unter friedliche Demonstranten mischen.
PS: Bitte entschuldigt eventuelle Fehler, ich bin seit 23 Stunden wach!
"Da möchte ich auch gleich mal meinen Senf dazugeben, gerade weil es in Deutschland so wenig thematisiert wird. Der Kampf gegen Rechts ist mir immer mehr zuwider, weil im Kampf gegen echte und vermeintliche Nazis Grundrechte verletzt werden und dies den meisten egal zu sein scheint."
@Popeye
Das sehe ich auch so, weil dieser Kampf instrumentalisiert wird, um auch den politischen Gegner, der sich jenseits des extremen Spektrums bewegt, mundtot zu machen oder am besten ganz zu erledigen. Wie ich oben schrieb, sehe ich es keineswegs so, dass sich Rechtsextremismus erledigt hat. Aber die aktuellen Gefahren für unsere Demokratie sehe ich verstärkt in dem linksextremen Milieu. Das soll nicht heißen, dass man deshalb Rechtsextremismus als Problem vernachlässigen sollte. Es sollte aber auch nicht bedeuten, dass man zulässt, dass alles was manchen Genossen zu weit rechts ist oder nicht links genug ist, unter der Fahne Rechtsextremismus denunzieren lässt. Die Keule Rechtsextremismus ist eine Allzweckwaffe geworden, die u.a. die Meinungsfreiheit nicht hinnehmbar beschränkt und damit schon seit langem Anlass zur Sorge gibt.
Das Dilemma ist, auf der einen Seite ist der Kampf gegen Rechtsextremismus ein faules Ei geworden und auf der anderen Seite ist es aber wichtig, Rechtsextremismus zu bekämpfen. Es wird also nicht nur wie oben gesagt unzulässig in die Rechte anderer eingegriffen, man schadet damit auch dem Anliegen, wirklich gegen Rechtsextremismus vorgehen zu wollen.
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