Mit dem Hinweis auf meine gesammelten "Spiegel"-Jahrgänge wollte ich Sie ein wenig in die Irre führen. Um es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch die Orthographie ersetzt, die vor der "Rechtschreibreform" galt. Wer die richtige Antwort eigentlich wußte, sie wegen des "daß" aber ausschloß, den bitte ich demütig um Verzeihung für diesen kleinen Trick. Aus demselben Grund habe ich auch "Muslim" durch "Moslem" ersetzt; die bis vor wenigen Jahren übliche Schreibweise.
Die Meldung zeigt, daß das Ägypten Mubaraks zwar autoritär regiert war, aber nicht die Einparteien-Diktatur, als die es jetzt oft dargestellt wird. Eingehende Informationen über das bisherige politische System Ägyptens finden sie in der internationalen Wikipedia; dort gibt es auch einen Artikel über die Parlamentswahl am 28. November 2010 (Zweiter Wahlgang am 5. Dezember).
Wie fair waren diese Wahlen? Darüber informiert zum Beispiel dieser Artikel von Al Jazeera vom 29. November 2010, also unmittelbar nach dem ersten Wahlgang.
Wie weit die Vorwürfe der Moslem-Bruderschaft begründet sind, daß ihre Kandidaten behindert worden seien und daß vor allem keine ausreichende Überwachung der Auszählung in den Wahllokalen stattfinden konnte, ist naturgemäß schwer zu beurteilen.
Das Wahlergebnis von 2010, das zwar nicht an die sonst im Sozialismus üblichen Werte heranreicht - 80 Prozent der Sitze für die regierende Nationaldemokratische Partei - läßt vermuten, daß nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Immerhin konnten Unabhängige die Zahl ihrer Mandate auf 68 mehr als verdreifachen, während die Moslembrüder eine Niederlage erlitten.
Je mehr man sich solche Details ansieht, umso zweifelhafter wird das Klischee, daß jetzt in Ägypten eine besonders brutale Diktatur vom unterdrückten Volk hinweggefegt wurde. Wirkliche Diktaturen wie diejenigen in Syrien und Lybien oder wie die seinerzeitige Herrschaft Saddam Husseins im Irak verstehen es in der Regel, eine Situation, wie es sie in den letzten Wochen in Ägypten gegeben hat, gar nicht erst entstehen zu lassen.
Wenn jede Opposition den Kopf kosten kann, dann opponiert man nicht. Eine Opposition, die im Parlament vertreten ist, wenn auch nach vermutlich nicht ordnungsgemäßen Wahlen, hat es im Vergleich dazu leicht, einen revolutionären Prozeß in Gang zu setzen.
Ist die Hauptursache für die jetzige Entwicklung überhaupt Unterdrückung der politischen Freiheit? Oder liegt sie eher in der frustrierenden Situation einer Jugend, die sich im - wie Gunnar Heinsohn es nennt - "Bruderkrieg" befindet, weil ihre Generation so kopfstark ist, daß viele den von ihnen begehrten Platz im Leben nicht finden können? (Mit Dank an Thomas Pauli für den Hinweis auf den Artikel von Heinsohn).
Es scheint sich einmal mehr die Erfahrung zu bestätigen, dass ein autoritäres Regime ein großes Risiko eingeht, wenn es Wahlen inszeniert, die gefälscht werden müssen. Der Anfang vom Ende der DDR waren ja nach Ansicht vieler die Kommunalwahlen im Mai 89, bei denen es zu massivem Betrug kam, den die SED später nicht mehr vertuschen konnte. Auch der Aufstand im Iran 2009 folgte auf manipulierte Wahlen.
Ob diese Videos authentisch sind, lässt sich natürlich kaum prüfen. Aber ihr psychologischer Effekt dürfte enorm sein. Wer einfach nur unterdrückt wird, der wird eben leider unterdrückt. Wer an Wahlen teilnimmt, die für jedermann erkennbar manipuliert werden, fühlt sich noch einmal zusätzlich erniedrigt und zum Affen gemacht. It adds insult to injury. Zugleich ist die moralische Autorität der Herrschenden für alle sichtbar beschädigt. Sie verletzen ja ihre eigenen Regeln.
So gesehen stehen dann allerdings die arabischen Monarchien etwas stabiler da. Die haben ja wenigstens nie behauptet, dass ihre Legitimität irgendetwas mit Wahlen zu tun habe.
Zitat von Junohttp://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/615338/Aegypten_Opposition-will-mit-Video-Wahlbetrug-beweisen
In dem Artikel steht, daß die Wahlbeteiligung (im ersten Wahlgang) bei nur 35 Prozent lag. Das war mir beim Recherchieren entgangen und erscheint mir in zweierlei Hinsicht interessant:
Erstens ist das untypisch für Diktaturen, wo es ja als eine Art Grüßen des Geßlerhuts eingesetzt wird, daß man zur Wahl geht. Die DDR hatte immer fantastisch hohe Wahlbeteiligungen, und da konnte man schlecht manipulieren, weil ja jeder wußte, wer aus seiner Bekanntschaft usw. zur Wahl gegangen war und wer nicht.
Zweitens erscheint mir ein Ergebnis von 80 Prozent für die NPD dann nicht mehr so ganz unglaubhaft; jedenfalls, wenn man unterstellt, daß Nichtwählen eine Form des Protests ist.
Zwanzig bis dreißig Prozent dürften auch im Sozialismus hinter dem Regime stehen; es sind dessen Nutznießer.
Herzlich, Zettel
Edit: Es ist natürlich die NDP, wie es richtig in dem Artikel steht. Und nicht die NPD, wie es meine deutsch trainierten Finger getippt haben. - Mit Dank an C. für den Hinweis.
Zitat von ZettelUm es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch die Orthographie ersetzt, die vor der "Rechtschreibreform" galt.
Das "die" vor "Orthographie" ist irreführend, mithin falsch
Und wenn man es genau nimmt, dann auch der Relativsatz
-- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
"Erstens ist das untypisch für Diktaturen, wo es ja als eine Art Grüßen des Geßlerhuts eingesetzt wird, daß man zur Wahl geht. Die DDR hatte immer fantastisch hohe Wahlbeteiligungen, und da konnte man schlecht manipulieren, weil ja jeder wußte, wer aus seiner Bekanntschaft usw. zur Wahl gegangen war und wer nicht. "
In dem Obama Thread in dem es um die Wahrscheinlichkeit ging, dass das Militär Mubarak stürzen wird, stellte ich eine erste Umfrage zu den Einstellungen der Ägypter zu den Demonstrationen ein. 350 Personen wurden befragt, telefonisch, leider nur in Kairo und Alexandria, aber einen ersten Eindruck können die schon vermitteln, auch wenn natürlich klar ist, zuverlässig sind die nicht, denn taktische MBs werden ganz sicher nicht zugeben, dass sie eine Islamisierung wollen. Auffällig ist, wie viele bestimmte Antworten verweigerten. Kann sein, dass die Angst hatten, das Regime steckte dahinter, kann aber auch andere Gründe haben. Ich fand die Umfrage interessant, daher werde ich auch hier noch einmal für diese. - behalte aber schön im Hinterkopf, dass es auch dem Jahre 2009 eine Studie gibt - die ich stellte hier bereits auch ein -, die besagt, 66% aller Ägypter sind der Ansicht, dass in islamischen Ländern die Sharia strikte Anwendung finden sollte und über 80 % - ich meine 88 % - der Auffassung sind, westliche Werte sollen in Ägypten nicht installiert werden.
Zu den Muslimbrüdern:
Hier äußert ein MB gegenüber BBC A, dass er auch gerne so ein Regime wie im Iran hätte:
Zitat von ZettelUm es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch die Orthographie ersetzt, die vor der "Rechtschreibreform" galt.
Das "die" vor "Orthographie" ist irreführend, mithin falsch
Und wenn man es genau nimmt, dann auch der Relativsatz
Zitat von ZettelUm es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch die Orthographie ersetzt, die vor der "Rechtschreibreform" galt.
Das "die" vor "Orthographie" ist irreführend, mithin falsch
Und wenn man es genau nimmt, dann auch der Relativsatz
??
Och, werter Zettel, bin ich so kryptisch? Vergleichen Sie doch:
Zitat Um es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch die Orthographie ersetzt, die vor der "Rechtschreibreform" galt.
Zitat Um es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch Orthographie ersetzt, die vor der "Rechtschreibreform" galt.
Zitat Um es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch Orthographie ersetzt.
-- Margot Käßmann erhält für ihren Rücktritt nach einer betrunkenen Autofahrt den Europäischen Kulturpreis für Zivilcourage. - Der Spiegel, nicht am 1. April
Zitat von ZettelUm es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch die Orthographie ersetzt, die vor der "Rechtschreibreform" galt.
Das "die" vor "Orthographie" ist irreführend, mithin falsch
Und wenn man es genau nimmt, dann auch der Relativsatz
??
Och, werter Zettel, bin ich so kryptisch? Vergleichen Sie doch:
Zitat Um es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch die Orthographie ersetzt, die vor der "Rechtschreibreform" galt.
Zitat Um es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch Orthographie ersetzt, die vor der "Rechtschreibreform" galt.
Zitat Um es nicht zu einfach zu machen, habe ich in dem Zitat auch Neuschreib durch Orthographie ersetzt.
Lieber Gorgasal, ich hab's nicht verstanden; und leider geht es mir wie einem meiner Prüfungskandidaten, dem auch die besten Hilfestellungen einfach nicht auf die Sprünge helfen.
Sagen Sie also bitte direkt, was Ihrer Ansicht nach an dem zitierten Satz nicht stimmt?
Zitat von ZettelLieber Gorgasal, ich hab's nicht verstanden; und leider geht es mir wie einem meiner Prüfungskandidaten, dem auch die besten Hilfestellungen einfach nicht auf die Sprünge helfen.
Sagen Sie also bitte direkt, was Ihrer Ansicht nach an dem zitierten Satz nicht stimmt?
Na jut... gedacht war das als (mehr oder minder ernst gemeinter) Hinweis auf meine Ansicht, dass die neue "Rechtschreibung" eben möglicherweise nicht wirklich das Etikett "Orthographie" verdient. Daher störte mich der Ausdruck "die Orthographie, die vor der "Rechtschreibreform" galt" - weil es eben nach der "Rechtschreibreform" keine "neue Orthographie" gab, sondern nur ein Neuschreib. Was zu meinen Schulzeiten orthographisch war, kann jetzt nicht falsch sein, wenn Sie mir diese Anspielung erlauben...
Jetzt klarer? Ich werde mich auch in Zukunft bemühen, keine so bemühten Witze mehr zu reißen. Sondern nur noch unbemühte.
-- Margot Käßmann erhält für ihren Rücktritt nach einer betrunkenen Autofahrt den Europäischen Kulturpreis für Zivilcourage. - Der Spiegel, nicht am 1. April
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.