In diesem Artikel vom 18.02.2011 auf der Netzseite der Wirtschaftswoche wird auf einen Tatbestand hingewiesen, dessen rechtliche Hintergründe und wirtschaftliche Konsequenzen ich nicht auf Anhieb durchschaue. Die Deutsche Bundesbank soll danach seit "Ausbruch" der sog. "Wirtschaftskrise" Anfang 2008 im Rahmen des (dafür sicherlich nicht gedachten) europäischen Zahlungsabwicklungssystems Target2 den übrigen Zentralbanken de facto Darlehen von über 300 Mrd. € ausgereicht haben.
Die Monatsberichte der Bundesbank sind hier. Im Monatsbericht 12/2010 (pdf) finde ich auf Seite 81 entsprechende Beträge unter "Sonstige Aktiva". Verfügt jemand unter den Anwesenden über ausreichend Sachkunde, um den Vorgang weiter zu beleuchten?
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Faktisch sind das Kredite, von denen wir wohl ausgehen können, daß sie an Pleitekandidaten gegangen sind, denn andernfalls wäre das ja nicht durchgezogen worden. Man hat also offensichtlich eine Lücke gefunden, wie wir andere Länder finanzieren können, ohne daß dabei viel Wind gemacht oder schon wieder vom Bruch von Verträgen gesprochen wird. Mit anderen Worten: Die Gelder, die wir für "Rettungsaktionen" bereitstellen, sind offenbar weitaus höher, als bisher angenommen und den Bürgern mitgeteilt wird. Das läßt auch den Rücktritt Axel Webers in einem anderen Licht erscheinen, der diesen Wahnsinn, zusammen mit den Ankäufen von Staatsanleihen durch die EZB etc., vermutlich nicht mehr länger ertragen konnte. Jedenfalls ist es kaum vorzustellen, daß die Politik davon nichts gewußt hat bzw. wirft es die Frage auf, wie es eigentlich um die Unabhängigkeit der Notenbanken bestellt ist. Falls die Schuldner den Bach runtergehen sollten, müßten ihre Verbindlichkeiten vom Bundeshaushalt übernommen werden, was wiederum bedeutet, daß sie beim deutschen Steuerzahler hängenblieben. Ein Thema, das so etwa hier gerade erst diskutiert wurde: "Deutschland verschenkt seinen Wohlstand"
Zitat von Bundesbank 22.02.2011 Ein Verlustfall tritt im Übrigen nur dann ein, wenn ein Geschäftspartner des Eurosystems ausfällt und die von ihm hinterlegten Sicherheiten bei ihrer Verwertung trotz der vom Eurosystem angewandten Risikokontrollmaßnahmen nicht den vollen Wert der damit abgesicherten Refinanzierungsgeschäfte einbringen.
Welche "Sicherheiten" sind das und wer bewertet, ob sie als "Sicherheiten" tatsächlich geeignet sind?
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Zitat RexKramer Falls die Schuldner den Bach runtergehen sollten, müßten ihre Verbindlichkeiten vom Bundeshaushalt übernommen werden, was wiederum bedeutet, daß sie beim deutschen Steuerzahler hängenblieben.
Was aber dann bedeutet §125 vom Vertrag von Lissabon wird real gebrochen. Aber wie ich es verstehe wird sich auf "Freiwilligkeit" herausgeredet. Zwar heist es keine Übernahme von Schulden im Gesetzt....
Faktisch wurde das ja schon "gebrochen" nur hat bisher keiner der kann und darf dagegen geklagt. Und als "Normalo" hat man da im Prinzip gar keine Möglichkeiten...
Tja im Augenblick besteht Gesetzgebung wohl darin Betrüger zu schützen und alle anderen zu betrügen. Das nennt sich dann "Rechtsstaat"....
Um den "Target2"-Skandal ist es merkwürdig schnell wieder sehr still geworden. Über all den Milliarden und Billionen, die die Bundesregierung in unserem Namen bei EFSF und ESM auf den Spieltisch legt, sollten wir aber nicht die ebenfalls gigantischen Summen vergessen, die über das Europäische System der Zentralbanken bereits klandestin (aber wohl kaum ohne Wissen und Zustimmung unserer Regierung) an unsere Freunde und Verbündeten im Euroraum geflossen sind:
Zitat von FAZ 07.09.2011Seit Beginn der Krise sind die Forderungen gegen Notenbanken anderer Euroländer von 18 auf 338 Milliarden Euro gestiegen. Anders als die Bundesbank selbst es darstelle, sei das nicht bloß „ein statistischer Posten“, sondern decke Spannungen im System auf, schreibt Schlesinger in einem Aufsatz für das Forschungsinstitut Ifo. Die Forderungen seien die wichtigste Position in der Bundesbankbilanz.
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Wasserstandsmeldung: jetzt sind es 496 Milliarden €.
2006 machten in der Bilanz der Bundesbank die Targetforderungen weniger als 7% der Aktiva aus. 2011 sind das atemberaubende 64%, bei gleichzeitiger Bilanzverlängerung um knapp 100%. (Zahlen aus dem unten verlinkten Artikel.)
An diesem Punkt stellt sich dann die Frage, bis zu welchem Exzeß man die im Kleingedruckten des Eurosystems versteckte Finanzierung fremder Staatshaushalte durch die Bundesbank in der Praxis tatsächlich treiben kann:
Zitat von Tornell/Westermann 06.12.2011The ominous sign ... is the fact that the Bundesbank will soon exhaust the stock of securities that it can sell to fund further loans to the Eurosystem. (...) At that point, the Bundesbank will not be able to lend more funds to the Eurozone TARGET mechanism. As a result we are heading towards the multiple equilibria zone in which beliefs of a breakdown of the Eurozone are self-fulfilling.
Wasserstandsmeldung: jetzt sind es 615 Milliarden €.
Zitat von FAZ 10.04.2012Die Forderungen der Deutschen Bundesbank gegenüber der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen des Zahlungsverkehrssystems „Target II“ haben im März beschleunigt zugenommen. Wie aus Daten der Bundesbank hervorgeht, beliefen sie die Forderungen der Bundesbank gegenüber der EZB per 31. März 2012 auf 615,592 Milliarden Euro gegenüber 547,047 Milliarden Euro Ende Februar.
Zitat von FAZ 17.04.2012Der Münchner Wirtschaftsstrafrechtler Bernd Schünemann hat den Vorstand der Bundesbank wegen Untreue angezeigt.
Na dann viel Glück. Der zuständige Senat beim OLG formuliert wahrscheinlich schon die Begründung für die Abweisung der Beschwerde gegen die Einstellung.
PS. Vorhersage: mangels Verletzteneigenschaft. Für den Tatbestand "Verkauf des gesamten deutschen Volkes in ewige Schuldknechtschaft" ist die Justiz der Bundesrepublik Deutschland nun mal nicht zuständig.
________________________________________________ Für eine demokratische Deutsche Republik!
Zitat Für den Tatbestand "Verkauf des gesamten deutschen Volkes in ewige Schuldknechtschaft" ist die Justiz der Bundesrepublik Deutschland nun mal nicht zuständig.
Der wäre auch nicht einschlägig. Die Schulden haben die anderen.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
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