Diese Marginalie habe ich geschrieben, weil mich die Causa Guttenberg weiter beschäftigt. Was in dem kleinen Artikel steht, habe ich früher schon in manchen anderen Zusammenhängen gesagt; es ist jetzt nur eine Zusammenfassung.
Es gärt in Deutschland.
Diejenigen, die unseren Wohlstand erwirtschaften, werden sich nicht unbegrenzt von den Unproduktiven kommandieren lassen, die von ihrer harten Arbeit profitieren.
Ach ja, und dann möchte ich gern noch einem argumentum ad hominem zuvorkommen: Gehört Zettel denn nicht auch zu den Profiteuren? Antwort: ja.
Eine interessante Sicht auf die deutsche Gesellschaft - in der Tendenz stimme ich als Selbständiger zu, es gibt allerdings Abstufungen - zum Beispiel Angestellte in großen Unternehmen (von mir im Bekanntenkreis gelegentlich liebevoll Industriebeamte genannt) die auch de facto unkündbar sind und dadurch oftmals zu Haltungen neigen, die ich als Salon-Bolschewismus beschreiben würde.
Mir fällt immer auf, das vor allem in der veröffentlichten Meinung nur die von Ihnen "da oben" genannten Personen vorkommen sowie ihre selbstgesuchten Schutzbefohlenen (Hartz IV et. al.). So vergeht kein Tag ohne einen Beitrag über "Armut in Hamburg und den schweren Tagesablauf alleinerziehender Mütter" in der Abendsendung der dritten Programme des NDR. Erfolgreiche Unternehmer kommen in der Gedankenwelt der Rothenbaumchaussee dafür nicht vor. Und wenn erfolgreiche Unternehmer genannt werden, dann in einer Mischung aus Neid und Korruptionsverdacht a la "kann ja nicht ehrlich verdient sein."
Aber erfrischend mal wieder etwas ohne KTzG lesen zu können -
Zitat von HennWAber erfrischend mal wieder etwas ohne KTzG lesen zu können -
Jou. Das ist nun - hoffen wir's - wirklich vorbei. (Sag niemals nie ).
Aber mich beschäftigt diese Frage, wie Guttenberg so viele Sympathisanten haben kann, weiter. Ich denke, es hat etwas mit der Klassengesellschaft zu tun.
Ein demokratischer Rechtsstaat ist so gut, wie er flexibel ist. Das UK, die USA sind darin vorbildlich. Sie haben seit Jahrhunderten jeden sozialen Wandel hinbekommen, ohne daß man die Verfassung ändern, ohne daß man die Spielregeln außer Kraft setzen mußte.
Ich sehe Deutschland in der Gefahr, daß das nicht mehr gehen könnte.
Die produktive Klasse wird sich nicht unbegrenzt gefallen lassen, von der unproduktiven Klasse nicht nur kommandiert zu werden, sondern sie auch noch alimentieren zu müssen. Da sammelt sich Sprengstoff an.
die große gefahr in und für die demokratie ist,dass sich eine dieser beiden seiten immer mehr(mit der unterstützung der parteien) aufbläht.bald ist der punkt erreicht,dass veränderungen nicht mehr auf demokratischem wege zustande kommen können.dies wird absehbar eine verringerung des wohlstandes und das ende dieser gesellschaft bedeuten. pessimistischer gruß patzer
Zitat Aber mich beschäftigt diese Frage, wie Guttenberg so viele Sympathisanten haben kann, weiter. Ich denke, es hat etwas mit der Klassengesellschaft zu tun.
Das wage ich zu bezweifeln. Auf welcher Seite stehen denn seine Unterstützer? Guttenberg wurde reich geboren und hat hier und da mal ein Praktikum gemacht und saß auch mal in einer irgendwie verantwortlichen Position. Aber dass er das väterliche Erbe vermehrt hätte, ähnlich wie jemand, der eine kleine Fabrik erbt und diese dann zu einem großen Unternehmen ausbaut, das wär mir neu. Von daher müssten seine Sympathisanten doch eher auf der Seite der Beamten u.ä. sein. Doch gerade von dort kam der Gegenwind (Oder zählen Professoren nicht zu den Beamten?).
Am Anfang war es wahrscheinlich die Loyalität wie zu einem Popstar. Ich vermute inzwischen aber eher, dass sich die ganze Sympathiebewegung von Guttenberg abkoppelt. In der Facebook-Gruppe "Wir wollen Guttenberg zurück" habe ich ein interessantes Zitat gefunden (dass aber leider inzwischen weit abgerutscht ist). Ein User schrieb sinngemäß, dass es sich anfühlt wie bei der Fussball-WM. Inzwischen scheinen sich die Unterstützer selber zu feiern. Aber ich denke mal, am Samstag sind wir ein bisschen schlauer.
Zitat von patzerdie große gefahr in und für die demokratie ist,dass sich eine dieser beiden seiten immer mehr(mit der unterstützung der parteien) aufbläht.bald ist der punkt erreicht,dass veränderungen nicht mehr auf demokratischem wege zustande kommen können
Das, lieber Patzer, ist meine Befürchtung.
Diese Bundesrepublik Deutschland ist aus meiner Sicht ein Glücksfall der deutschen Geschichte.
Uns war nicht in die Wiege gelegt, daß wir einen so großartigen Staat hinbekommen würden. Es ist nicht nur der beste Staat in der Geschichte Deutschlands; es ist einer der besten Staaten überhaupt in der Geschichte der Menschheit. Die USA, das UK, die Schweiz, Australien und Neuseeland - in dieser Liga spielen wir.
Ich sehe aber die Gefahr, daß die Klassengesellschaft, die seit vierzig Jahren entstanden ist, das alles zerstören könnte.
Gut möglich, daß ich mich irre. Natürlich hätte ich gern, daß ich mich irre.
Herzlich, Zettel
Edit: Ich hatte diesen Beitrag versehentlich als Wamba gepostet, weil ich noch so eingeloggt gewesen war, um ein neues Mitglied freizuschalten. Ich habe das jetzt korrigiert.
Zitat Ach ja, und dann möchte ich gern noch einem argumentum ad hominem zuvorkommen: Gehört Zettel denn nicht auch zu den Profiteuren? Antwort: ja.
Da sind Sie mir zuvorgekommen. Das kam mir tatsächlich als erstes in den Sinn. Aber ein, zwei Anmerkungen möchte ich doch noch machen. Zum einen zum Thema Unkündbarkeit. Nun kenne ich genügend Menschen, die im Großraum München leben, darunter auch kleine Beamte (Polizisten im mittleren Dienst beispielsweise). Die sind zwar unkündbar, aber ihr Gehalt erlaubt ihnen nicht gerade ein Luxusleben, eher im Gegenteil. Und wenn man dann noch im Hasenbergl (sozusagen Münchens Neukölln) auf Streife geht oder als Hauptschullehrer arbeitet, dann kann ich ihre Theorie vom sorgenfreien Genießen des Wohlstands nicht nachvollziehen.
Die zweite Anmerkung gilt ihrer Theorie, wer den Wohlstand erarbeitet. Ich wage mal zu behaupten, dass auch Universitätsprofessoren, wissenschaftliche Mitarbeiter, Lehrer, Polizisten, Bauhofsangestellte, etc auch einen gewaltigen Teil zum Wohlstand beitragen. Oder braucht eine Gesellschaft keine gut ausgebildeten Leute? Keine sicheren Straßen? Keine gute Infrastruktur? Keine Grundlagenforschung? Natürlich kann man darüber diskutieren ob man manches nicht in private Hände geben kann, aber das bedeutet ja nicht, dass alle diese Angestellten und Beamte nicht auch ihr Scherflein zum deutschen Wohlstand beitragen. Auch wenn es erst auf dem zweiten Blick deutlich wird.
Achja, noch ein kleiner Tipp. In einem typischen bayerischen Biergarten kommen wirklich alle zusammen, vom Zahnarzt über den Beamten und den Fließbandarbeiter bis hin zu Leitenden Angestellten und Firmeninhabern. Teilweise sitzen sie sogar miteinander am Tisch, auch wenn sie sich vorher nicht gekannt haben.
Und arbeite momentan mehr als 50 Stunden/Woche, gestern z.B. wieder mal bis nach 21:00, und ein Tag des Wochenendes wird sicher auch noch drauf gehen.
Aber grundsätzlich ist es schon richtig, ohne den Druck sich am Markt zu behaupten und mit der Möglichkeit sich über Zwangsabgaben zu finanzieren geht immer die Gefahr der Trägheit und der Verfettung von Strukturen einher. Obwohl also genau wie Zettel ein "Systemprofiteur" habe ich viel Verständnis für die Sorgen von Selbständigen und halte Problemlösungen über mehr Staat für in 90% der Fälle für verfehlt.
Ideal wäre eine Staatsquote von 20%, der Staat müsste also um mehr als die Hälfte zurückgefahren werden.
Das war ein hervorragender Beitrag von Zettel. Er hat wunderbar geschrieben, alles genau auf den Punkt gebracht. Er hat mir aus dem Herzen gesprochen - so sagt man ja wohl, wenn einer etwas von sich gibt, das man selbst denkt aber nicht so schreiben könnte. Zumindest nicht in dieser Kürze.
Genau diese Klassen habe ich auch in meinem Berufsleben gesehen. Und als Freiberufler in der Computerindustrie war es oft unerträglich für mich, hier draussen auf dem Lande, wo alle Bekannten und Freunde entweder Lehrer oder Psychologen oder Angestellte der Friedrich-Ebert-Stiftung sind. Da schaute man häufig etwas mitleidig auf den EDV-Typen herunter, mitunter kam auch der Vorwurf, ich würde mit meinem Beruf ja doch nur für noch mehr Arbeitslose sorgen, ob ich das denn vor meinem Gewissen verantworten könne. Und das sagen dann Leute, die nachmittags um 14:00 in der Hängematte liegen - buchstäblich, und sich über den "Workaholic" von nebenan lustig machen.
Ich bin gespannt, was die Teilnehmer dieses Forums über ihre eigenen Erfahrungen bzgl. der Zweiklassengesellschaft berichten.
Ja, irgendwo zieht sich da eine Frontlinie entlang. Oder sagen wir besser: ein Riss. Auch wenn er sich noch nicht, wie Ihr Beitrag zeigt, genau kartografieren lässt.
Es gibt Schaffer, sage ich manchmal scherzhaft, und es gibt Geschaffte.
Ihr toller Beitrag zu diesem Thema hat mich veranlasst, zumindest ein Dankespiep von mir zu geben. Sie haben ja so recht!
vonhaeften schrieb:
Zitat Ich bin gespannt, was die Teilnehmer dieses Forums über ihre eigenen Erfahrungen bzgl. der Zweiklassengesellschaft berichten.
Nun, wenn man zu den Produktiven gehört, dann hat man kaum Zeit dafür. Das Wörtchen "kaum" lässt aber noch ein paar Möglichkeiten offen - ich will ja nicht alle potentiellen Schreiber hier (bezÿglich "Enttarnung" ha-ha) verschrecken.
Zettel schrieb:
Zitat Aber mich beschäftigt diese Frage, wie Guttenberg so viele Sympathisanten haben kann, weiter. Ich denke, es hat etwas mit der Klassengesellschaft zu tun.
??? Das verstehe ich überhaupt nicht.
Zazaz schrieb:
Zitat Ideal wäre eine Staatsquote von 20%, der Staat müsste also um mehr als die Hälfte zurückgefahren werden.
Warum denn 20%? Warum nicht 19 oder 21,5% oder 7,3%? Wenn man so 'rangeht, geht die Rang-elei gleich wieder los. Ideal wäre ein Reset, so dass man bei 0 wieder anfangen könnte. Ist ziemlich illusorisch, aber ne schöne Vorstellung, oder?
Lieber Zettel, im Schlussfazit stimme ich Ihnen ja durchaus zu:
Zitat "Die da oben", das sind die Diejenigen, die wenig oder gar nichts zu unserem Wohlstand beitragen; die ihn aber sorgenfrei genießen. "Die da unten", das sind - auch wenn sie ausgezeichnet verdienende Angestellte und Selbständige sind - die auf der anderen Seite der Klassenschranke. Diejenigen, die diesen Wohlstand erwirtschaften. Das ist es ja, was eine Klassengesellschaft ausmacht: Die einen arbeiten für die anderen.
Worin ich Ihnen aber gar nicht zustimme, was mich geradezu ärgert, ist die Zuordnung (Beamte, Öfftl. Dienst, Öfftl.-Rechtl. Medien, Transferempfänger = "sorgenfrei genießen") vs. (alle anderen = "Wohlstand erwirtschaften"). So richtig die Gegenüberstellung in "sorgenfrei genießen" vs. "Wohlstand erwirtschaften" ist, so plakativ und falsch die Zuordnung nach Einkommensherkunft.
Sicher gibt es den Beamten, der die ruhige Kugel schiebt, oder den "faulen Sack" als Lehrer (Schröder) - aber in dieser Pauschalisierung empfinde ich das als falsch und verletzend. Meine jungen Kollegen und ich, wir arbeiten zwischen 50 und 60 Stunden die Woche (das Wochenende eingeschlossen, ein freier Tag am Wochenende ist Luxus), in den sogenannten Schulferien dann vielleicht nur 30 oder 40, in den sechs Wochen Sommerferien (übrigens 5x6 = 30 Werktage; das ist so übertrieben viel nicht aufs Jahr) sind wir zwei Wochen in der Schule, um den Stundenplan zu machen und die Verwaltungsarbeit zu machen, die übers Jahr liegen bleibt - also, "sorgenfrei genießen" sieht anders aus, und wir hauen richtig rein, um die Schüler möglichst qualifizietr in die Welt zu entlassen. Da sehe ich schon etwas von "Wohlstand erwirtschaften".
Das Dasein als Wiss. Mitarbeiter und Doktorand, das war im Vergleich übrigens die ruhige Kugel.
Zitat von janaIhr toller Beitrag zu diesem Thema hat mich veranlasst, zumindest ein Dankespiep von mir zu geben. Sie haben ja so recht!
Liebe Jana, wenn sie piepen, dann freue ich mich immer richtig. Schon, weil ich dann auf Ihre tschechodeutschen Sprachkünste gespannt bin (es ist ein Jammer übrigens, daß Ungelt weg wollte. Können Sie ihn nicht überreden, wiederzukommen? Ich würde eine welcome party für ihn veranstalten).
Zitat von janaNun, wenn man zu den Produktiven gehört, dann hat man kaum Zeit dafür. Das Wörtchen "kaum" lässt aber noch ein paar Möglichkeiten offen - ich will ja nicht alle potentiellen Schreiber hier (bezÿglich "Enttarnung" ha-ha) verschrecken.
Ich möchte, daß auch die Produktiven die Zeit finden, das eine oder andere zu lesen. Ob und wieviel jemand schreibt, das muß man sehen.
Wer zehn Stunden am Tag am Rechner sitzt und Mathematik betreibt, wer sein Unternehmen führt oder wer im Schichtdienst für ein Kraftwerk verantwortlich ist; wer wie Sie, liebe Jana, kreativ tätig ist - wer dann noch Zeit findet, hier und da etwas für uns Zimmerleute zu schreiben, über den freue ich mich.
Erwarten kann und will ich das nicht, der ich als Ruheständler frei über meine Zeit verfügen kann. Aber es freut mich.
Zitat von GansguoterMeine jungen Kollegen und ich, wir arbeiten zwischen 50 und 60 Stunden die Woche (das Wochenende eingeschlossen, ein freier Tag am Wochenende ist Luxus), in den sogenannten Schulferien dann vielleicht nur 30 oder 40, in den sechs Wochen Sommerferien (übrigens 5x6 = 30 Werktage; das ist so übertrieben viel nicht aufs Jahr) sind wir zwei Wochen in der Schule, um den Stundenplan zu machen und die Verwaltungsarbeit zu machen, die übers Jahr liegen bleibt - also, "sorgenfrei genießen" sieht anders aus, und wir hauen richtig rein, um die Schüler möglichst qualifizietr in die Welt zu entlassen. Da sehe ich schon etwas von "Wohlstand erwirtschaften".
Lieber Gansguoter, ich habe auch ziemlich hart gearbeitet. Meine Frau hat oft gar nicht mehr damit gerechnet, daß ich zum Abendessen nach Hause kam, wenn in der Uni etwas Wichtiges getan werde mußte.
Mein Punkt ist, daß das nicht sein muß. Ich hätte meinen Lehrstuhl nicht verloren, wenn ich die Dinge hätte schleifen lassen. Ich habe an den Unis Beamte erlebt, die fast nichts getan haben. Das Schlimmste,was ihnen passieren konnte, war, daß sie bei der Beförderung übergangen wurden.
Zitat von Zettel Diejenigen, die unseren Wohlstand erwirtschaften, werden sich nicht unbegrenzt von den Unproduktiven kommandieren lassen, die von ihrer harten Arbeit profitieren.
Lieber Zettel,
das ist eine gewagte These, es fehlen nur die guten Argumente.
Eigentlich verwunderlich, denn Du hast die Antwort anhand einer Beobachtung bereits geliefert.
Zitat von ZettelAuf der einen Seite die, wie es hieß, "Lehrer und Psychologen", die sich mit Küßchen begrüßen und die diesen Kiez wunderbar finden, auch wenn sie sagen, daß Kiez nicht das richtige Wort ist. Die in Lokalen mit gepflegtem Ambiente verkehren, wo man gute Gespräche über Bücher führt, über die angesagte Ausstellung, über Emanzipation und die richtige Erziehung der Kinder.
Quizfrage: Welcher Partei würdest Du die Protagonisten in erster Linie zuordnen?
Richtig. Das war jetzt auch zu einfach.
Was wir derzeit erleben, ist ein Aufbäumen gegen das grüne Establishment mit seinen Verbündeten, nicht gegen Arme, Reiche, Rentner, Pensionäre, Unternehmer, alleinerziehende Mütter, radebrechende Fußballer, Vorstandsvorsitzende, Friseusen, Freizeitangler und Golfspieler und natürlich auch nicht gegen alle mitlesenden Akademiker.*
Es ist die Wahl zwischen politisch korrekter Ökodiktatur oder Freiheit.
Der rasante Zuwachs der Grünen in Umfragen hat zu einem Schockeffekt geführt, weil er dazu zwang die grüne Herrschaft zu visualisieren. Grün oder Sarrazin? Sarrazin. Grün oder Guttenberg? Guttenberg. Das ist unterkomplex, macht aber umso mehr Spaß und die ganze Familie darf mitspielen.
Die Grünen haben die Frage gestellt: Wir oder die? Die Antwort ist: Nicht ihr, sondern wir. Wir sind 85 % und was seid ihr, ihr führt Euch aber auf als gehöre euch die Deutungshoheit über jegliches politische Geschehen.
Mit Grün meine ich nicht ausschließlich die Partei, sondern auch ihre Wähler und die Lebenseinstellung, die alles verachtet, was nicht dazugehört, die Bigotterie und das Jakobinertum.
Zitat von Micha BrumlikHier wie dort geht es um einen Konflikt zwischen der neuen Klasse der Symbolarbeiter, der Avantgarde der Wissensgesellschaft hier und den alten Klassen, Arbeiterschaft, Angestellten und verunsicherten Mittelständlern, dort.
Das ist Analyse von vorgestern, die alte Klasse der Gründenker möchte ihre Pfründe verteidigen und sucht Rechtfertigungen dafür.
Zitat von Micha BrumlikIn einer von Abstiegsängsten geschüttelten Gesellschaft verteidigen die Verlierer ihre materiellen und ideellen Besitzstände gegen die überlegene symboltechnische Kompetenz strebsamer Aufsteiger.
Micha Brumlik sollte einen Blick in Facebook wagen, falls ihm dieser Name etwas sagt:Wir wollen Guttenberg zurück. Das ist nur ein kleiner, noch nicht wirklich ernstzunehmender Teil des Protestes, aber für politischen Aktionismus sehr jung und sehr weiblich, sehr liberal und keinesfalls von irgendwelchen Abstiegsängsten geplagt.
Micha Brumlik greift in die soziologische Erklärungsmottenkiste des letzten Jahrtausends und unterstreicht die Bedeutungsgslosigkeit seiner Argumentationsfühung mit der ultimativen Keule:
Zitat von Micha BrumlikEs handelt sich mithin vor allem um kleinere Selbständige und vermeintlich leitende Angestellte mit moderaten Bildungsaspirationen, im Altersschnitt wohl weit über fünfzig Jahre alt. Diese Leute stellen den harten Kern jener 68 Prozent der Deutschen dar, die auf bürgerliche Tugenden nichts mehr geben, aber dafür in Glanz und ganz ohne Mühe einem Führer folgen wollen.
Wenn die Generation "Macht kaputt, was Euch kaputt macht" anfängt mit bürgerlichen Tugenden zu drohen, verstehe ich meine Eltern, dass sie mich vor ihr gewarnt haben. Kein Mensch, der wirklich ganz bei Trost ist, will Guttenberg zurück, aber die Alternative hat kaltes Grausen ausgelöst.
*Kursiv nachgetragen, um nicht in eine überflüssige Diskussion zu geraten.
Grundsätzlich stimme ich dem Artikel zu, aber wie hier schon mehrere Poster richtig bemerken, bedarf es da feinerer Differenzierungen, auch würde ich nicht von einem größeren Riss sprechen, sondern von vielen kleinen. Denn es lässt sich auch in meinem Betrieb feststellen, dazu erstmal zwei Auschnitte aus dem Focus:
Zitat Kündigungsschutz:
Wenn eine Firma mit zehn oder mehr Beschäftigten Arbeitsplätze abbaut, muss sie die sogenannte Sozialauswahl beachten. Diese schützt umso stärker, je älter ein Mitarbeiter ist, je länger er zum Betrieb gehört und je mehr Familienmitglieder von seinem Einkommen abhängen(...)
Angeblicher Leistungsabfall
„Das ist eines der schwierigsten Felder“, berichtet Gross. Ein Arbeitgeber, der jahrelang mittelmäßige oder schlechtere Leistung geduldet habe, könne sie nicht plötzlich zum Kündigungsgrund erklären: „Wenn so jemand trotzdem schon lange Zeit beschäftigt ist, dann ist das für seinen Anwalt exzellent. Denn sein Mandant ist ja immer schon schlecht gewesen.“ Leistungsträger in einer Formkrise seien stärker gefährdet: „Wenn ich den Eindruck habe, der bisher gute Mann war im letzten Jahr plötzlich schlecht, dann kann das ein Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung sein. Denn dann hat der Mitarbeiter Leistung zurückgehalten.“
Bis vor ein-zwei Jahren wurde die Minderleistung und das Krankmachen einiger Kollegen durch viele Praktikanten und zusätzliche Pauschalkräfte aufgefangen. Seit der Umstellung von schulischer auf betriebliche Ausbildung sank die Anzahl der Praktikanten, der ständige Einsatz der Pauschalkräfte brachte uns an den Rand des Ruins und wurde deshalb untersagt. Das dadurch entstandene Loch wird nun aber nicht durch mehr Leistung und weniger Krankmachen der oben genannten Kollegen gestopft, sondern durch andere, schon immer leistungsbereite Kollegen. Was das bei denen physisch und mental anrichtet, kann sich bestimmt jeder vorstellen. Die Geschäftsleitung hat von Anfang an und wiederholt darauf hingewiesen, warum das mit den Pauschalkräften nicht so weitergehen kann und das mehr Leistung von jedem nötig ist, doch die Einsicht ist sehr begrenzt. Das konkrete Nachweisen dieser Verfehlungen ist schwer, eine Kündigung wie an den Zitaten zu sehen, fast unmöglich. (Das Krankmachen bezieht sich auf offensichtliche Anzeichen wie Verhalten und Vorkommnisse vor der Erkrankung und Zustand des Erkrankten, aber Krankenschein ist Krankenschein und auf den Betriebsarzt oder MDK kann man wenig hoffen.)
Die Frage, die sie hier aufwerfen, wollte auch schon Guido Westerwelle zum Thema machen, leider wurde aus dem wohl von ihm gemeinten und hier in Bezug genommene:
Zitat Die produktive Klasse wird sich nicht unbegrenzt gefallen lassen, von der unproduktiven Klasse nicht nur kommandiert zu werden, sondern sie auch noch alimentieren zu müssen. Da sammelt sich Sprengstoff an.
Frustration schon. Aber Sprengstoff ? Die Produktiven sind doch heute schon fast die Minderheit, durch entsprechende Vermehrungsquoten, Zuwanderung (sorry, ist so) und permanente Vergrösserung des staatlichen Anspruchs sind die Machtverhältnisse absolut absehbar. Und wie sollten sich die Produktiven wehren ? Die wehren sich entweder durch Leistungsverweigerung oder durch Abwanderung. Aber sicher nicht durch Sprengstoff im wahrsten Sinne des Wortes. Politisch ist diese Gruppe immer weniger vertreten, selbst die FDP schämt sich ja schon den Begriff Leistungsträger offensiv nach vorne zu puschen, soziale Gerechtigkeit wo man hinsieht. Aber Sprengstoff sehe ich nicht, gabs auch in der DDR nicht, und Produktive gab es da auch. Entschuldigen Sie meinen Zynismus, aber denen hat man im Zweifelsfall in den Rücken geschossen, das hat auch eine Weile funktioniert.
Zitat Was wir derzeit erleben, ist ein Aufbäumen gegen das grüne Establishment mit seinen Verbündeten
auch ja, aber da ist noch etwas anderes, was aus dem Osten kommt und ähnlich denkende Kräfte im Westen hochgespült hat. Der Tendenz unterliegt die traditionelle Problemsicht auf das Proletariat, in etwa so, wie Zettel es beschrieben hat. Aus Ermangelung an Zuspruch durch das Proletariat hat es sich auf genau die Gruppe gestürzt, die Zettel meint, also Transferempfänger und weitgehend oder ganz dem täglichen Existenzkampf entzogene Priviligierte. Zur Zeit koexistieren beide Modelle und durchdringen sich gegenseitig. Falls das Aufbäumen gegen das grüne Establishment siegreich sein sollte, dann nur um den Preis, dass die andere Tendenz sichtbarer und stärker wird.
Llarian: Ich sehe auch keinen Sprengstoff weit & breit. "Mach kaputt, was dich kaputt macht"? Is nich. Kostet zu viel Zeit, & außerdem sind wir dafür viel zu gut erzogen. ... Ganz im Ernst: Wir fühlen uns einfach von keiner Gruppierung (geschweige denn Partei) vertreten. ... In diese Richtung geht übrigens auch der Artikel "Honeckers Rache" von Cora Stephan: http://cora-stephan.blogspot.com/2011/02...kers-rache.html
Sprengstoff revolutionärer Natur halte ich auch für ausgeschlossen, schon allein, weil es nicht den Prinzipien der produktiven Klasse entspricht. Vielleicht wehren sich die Leistungsträger ja "by going Galt" ;). Ich habe jedenfalls das Gefühl, daß die Leistungsträger - oder die, die es einmal werden wollen (s. facebook) - ihre Schmerzgrenze erreicht haben. Das, was sich die letzten 6 Monate, um Sarrazin und sogar jetzt bei Guttenberg abgespielt hat, zeigt dies meiner Meinung nach eindeutig.
Als ich den Artikel las, musste ich spontan an eines meiner Lieblingszitate denken:
„Der Staat ist die große Fiktion, nach der jedermann glaubt, auf Kosten jedermanns leben zu können.“ Fréderik Bastiat
---------------------------------------------------- "Those who would give up essential Liberty to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety." - Benjamin Franklin
Jupp, gut so. Ist eigentlich schon jemandem aufgefallen, dass sich bei diesem E10-Benzin ein Aufstand bemerkbar macht, wie ich ihn bisher noch nie erlebt habe? Die Bürger wollen den EU-Ökosprit partout nicht tanken, und die Konzerne rudern jetzt zurück auf Los. Bemerkenswert ist, dass der Bürger sogar ein paar Groschen mehr springen lässt, um nur ja dem Ökoquark zu entgehen. - da wächst ein enormes Konfliktpotential heran.
Es gärt in Deutschland, und das ist auch gut so (liebe Genossinnen und Genossen )
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
das stimmt. Sarrazin, Guttenberg, E10, ..., das sind alles deutliche Anzeichen dafür, dass sich viele Bürger gegen die politische Elite und ihre "hochmoralischen" Zielen, inkl. Maulkorb für Islamkritiker und dem Gutbenzin, auflehnen, und was Guttenberg betrifft, so ist ihnen eine getürkte Diss lieber, als getürkte Politiker mit SED Diss und KB Werdegang. Rotgrün wird sich warm anziehen müssen, falls sie die Regierung übernehmen sollten.
Das stimmt schon. Aber es gibt auch Leistungsträger unter den Beamten. Deswegen sollte man das auch zum Unterscheidungskriterium machen, die Leistungsbereitschaft und den Beitrag für Staat, Gesellschaft etc., nicht die Rechtsstellung als Beamter, Angestellter oder Selbständiger.
Bleiben wir doch besser bei "auf Staat- und Allgemeinheitskosten lebend, sei es unproduktiv als Transferleistungsempfänger oder mit dem Staat u.ä. als Arbeitgeber unkündbar die ruhige Kugel schiebend, oft ohne Konkurrenzdruck, teils auch auf überflüssigen, einer Ideologie geschuldeten Stellen" vs. "aktiv einen Beitrag leistend in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft etc." Das Beamtenproblem (mangelnde Leistungsanreize und kein leistungsbezogenes Einkommen) können wir einstweilen außen vor lassen.
Damit verbunden, wie Sie ausführen, aber noch wichtiger ist das Rumoren bei den Jungen und Leistungsbereiten gegen die Verkrustungen in Staat, Gesellschaft und Politik. Die causa Guttenberg war dafür ein mächtiger Katalysator, gerade bei den jungen und teils promovierten Kollegen. Der Frust hat sich in den letzten zwei Jahren mehr und mehr gesteigert. Auf Merkel ruhten viele Hoffnungen, lag die Erwartung, die Befreiung von der Großen Koalition und die bürgerliche Koalition würde die Probleme Deutschlands anpacken - und dann mussten wir eine Ohrfeige nach der anderen einstecken. So wird die Regierung wahrgenommen - das möchte ich betonen, um auf Differenzierungen in den einzelnen Punkten verzichten zu können) -, in etwa dieser Reihenfolge:
1. Die Regierung beginnt nicht zu regieren, sondern streitet sich. 2. Die FDP entpuppt sich als Klientelpartei (Hotels und Mehrwertsteuer). 3. Der unsägliche Außenminister - man kann sich gar nicht so viel fremdschämen, wie man müsste. 4. Die Hörigkeit gegenüber Brüssel, für jeden deutlich am Glühbirnenverbot (eine klammheimliche Freude über den kreativen Kopf mit den heatballs) und jetzt mit E10. 5. Der offene Bruch der Euro-Verträge und das Gefühl "Verträge zählen nichts für Frau Merkel, und wir sollen zahlen, während die Griechen mit 55 in Pension gehen." 6. Durch 4 und 5 verstärkt das Gefühl, mit dem Lissabon-Vertrag über den Tisch gezogen worden zu sein. 7. In NRW das Gefühl, dass CDU und FDP und Merkel durch die Bundespolitik die Landtagswahl vergeigt haben und uns damit dem nächsten rot-grünen Experiment ausgeliefert haben. 8. Die Arroganz der Kanzlerin, ein Buch nicht zu lesen, aber es zu verurteilen. 9. Die Wahrnehmung, dass Sarrazin (bei aller Kritik im Detail) wesentliche Probleme anspricht, - während uns die Politiker über die Zustände im Land anlügen oder die Situation schönreden und auch noch Sarrazin abschießen. 10. Die Wahrnehmung, einer Islamisierungsgefahr willentlich ausgesetzt zu werden und hier von den Politikern und Medien verraten und verkauft zu werden (jeder wusste doch gestern sofort "islamistischer Anschlag in Frankfurt" - und musste immer hören "Beziehungstat", "unklar" und so fort - und der Gedanke: "Wir sollen ja nicht böse über den Islam denken"). 11. Daraus: Die Wahrnehmung, dass die Politiker gegen die Meinung und die Interessen der Leistungsträger udn des Volkes insgesamt handeln; während früher Multi-Kulti, Gender, Ökostrom und sonstige Ideologien nur von manchen Parteien und Politiker vertreten wurde, ist das nun auch CDU-FDP-Linie 12. Die Enttäuschung durch Guttenberg, den viele bislang als frisch, unverbraucht und ambitioniert erlebt haben, und der sich nun als Blender und Betrüger entpuppt - und mehr noch die Verärgung über Merkel, die auch hier wieder Prinzipien über Bord wirft udn die Doktoranden, die gegen G. waren, auch noch als "verlogen" bezeichnet. Das wird ihr so schnell keiner vergessen. 13. Teilweise, weniger relevant für viele: Die Verärgerung über die Prinzipienlosigkeit der Außenpolitik: Israel wird im Stich gelassen (Gaza-Entscheidung; Gaza-Äußerungen von Merkel und Co.); Mubarak und Ben Ali sind seit Jahrzehnten hofierte Herren Präsidenten, und erst jetzt erkennt man sie als Diktatoren; die Kungelei mit Gaddafi, die Aufnahme Libyens in den Menschenrechtsrat ...
Fazit: Für viele der Leistungsträger, für bürgerlich-konservative Wähler waren bislang CDU oder FDP die Parteien, von denen man sich am ehesten vertreten sah, da Rot, Grün und Linkspartei schon vorher nicht wählbare waren. Nun das Gefühl, von Merkel verraten und verkauft zu werden, das Gefühl, überhaupt von der Politik nicht vertreten zu sein, das Gefühl, in den etablierten Parteien keinen Ansprechpartner zu haben.
Was sollte man heute wählen? Die Linke scheidet aus Prinzip ist; die Grünen mit Trittin, Roth und Konsorten ebenfalls und die SPD auch. - Westerwelles FDP? Genug des Fremdschämens. Die CDU mit Merkel (Euro-Vertragsbruch, "nicht hilfreich", "kein Assistent", "verlogen"), Wulf ("der Islam gehört Deutschland", "Deutschland ist bunt"), den NRW-CDU-Politikern, die ihre Prinzipien fröhlich über Bord werfen? Es geht einem wie in Borcherts "Die drei dunklen Könige": "Aber er hatte kein Gesicht für seine Fäuste."
Vielleicht kann man sagen, die Tea Party-Bewegung schwappt etwas verspätet über den großen Teich? Wünschenswert wäre es auf jeden Fall.
Und welche Heidenangst vor allem die Medien hier vor einer solchen Bewegung haben, sieht man unter anderem daran, wie pententrant und unzutreffend diese als "erzkonservativ" bezeichnet bzw. sogar als "rechts" oder im Extremfall gar als "rassistisch" verunglimpft wird.
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