Präsident Obama begründet seine Entscheidung, faktisch wieder zu Bushs Guantánamo-Politik zurückzukehren (er nennt es natürlich nicht so), mit den Mehrheiten im Kongreß. Aber zwei Jahre lang hatte er mit einem demokratisch beherrschten Kongreß regiert.
Objektiv war eine Schließung von Guantánamo nie zu rechtfertigen gewesen; ich habe jetzt einen Artikel in ZR verlinkt, der noch vor dem Amtsantritt Obamas erschienen ist und in dem ich, gestützt auf einen Fachmann, die Gründe genannt habe.
Wie wird wohl die "deutsche Öffentlichkeit", in der doch zu Bushs Zeiten so viel Empörtheit über dieses Gefangenenlager herrschte, jetzt auf Obamas Entscheidung reagieren? Wird sie überhaupt davon erfahren?
Richtig, Guantánamo, war im Wahlkampf ein wichtiges Thema, mit dem Obama seine klare Distanz zur Politik Bushs unterstreichen wollte. Das ist ihm auch prächtig gelungen. Nur mit der Umsetzung haperte es bisher. Und kaum jemand, nicht einmal seine politischen Gegner, streicht ihm das jeden Morgen auf das Frühstücksbrot, bis er daran erstickt oder sein Versprechen wahr macht.
Zitat von ZettelWie wird wohl die "deutsche Öffentlichkeit", in der doch zu Bushs Zeiten so viel Empörtheit über dieses Gefangenenlager herrschte, jetzt auf Obamas Entscheidung reagieren? Wird sie überhaupt davon erfahren?
Ja, sie erfährt davon. Inzwischen gibt es überall entsprechende Meldungen, zum Beispiel bei "Welt-Online", FAZ.Net und "Spiegel-Online". Das hat mich veranlaßt, den Artikel um einige Passagen zu ergänzen und ihm einen neuen Titel zu geben.
Wenn man sich das Bild zu http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437B...n~Scontent.html ansieht, kommen Erinnerungen an andere "Gefangenenlager" auf. Moderne KZs. Selbst wenn man davon ausgeht, dass all diese Gefangenen verhinderte oder potenzielle Terroristen sind, müsste man ihnen ein Minimum an Menschenwürde zugestehen, oder ihnen zumindest die Gelegenheit geben, sich zu verteidigen.
"Mit anderen Worten, es ist jetzt fast alles wieder wie unter George W. Bush."
Nicht wirklich.
"Fast. Denn unter dem Präsidenten Bush empörte sich die "Weltöffentlichkeit" gegen die Existenz des Lagers Guantánamo. Jetzt darf man gespannt sein, wie groß die weltweite - auch die deutsche - Empörung über die Entscheidung des Präsidenten Obama sein wird."
Ich denke diese Empoerung wird sich in Grenzen halten - denn der "Weltöffentlichkeit" ist klar wer dieses Lager und die Zustaende dort veranlasst/eingerichtet hat und ursaechlich dafuer verantwortlich ist. Obama, so viel ist richtig, hatte die Dimension des Problems unterschaetzt. Kreiert wurde es allerdings von seinem Vorgaenger der wie so oft die langfristigen Konsequenzen seines Handelns mal wieder nicht bedachte.
"Er krankte nicht nur an der Unlogik, in Kriegszeiten Gefangene zu entlassen, die dann wieder in den Kampf zurückkehren können. Der entscheidende weitere Punkt ist, daß nicht jedem, dessen Gefährlichkeit bekannt ist, individuelle Straftaten nachgewiesen werden können; so, wie man in klassischen Kriegen nicht jedem Kriegsgefangenen nachweisen kann, wen von den eigenen Soldaten er wann getötet oder verletzt hat. Deshalb sieht das Kriegsrecht es vor, daß Gefangene bis zum Ende der Kampfhandlungen auch dann festgehalten werden dürfen..."
Schoen und gut und auch leicht dahingeschrieben nur leider ahem...unlogisch: 1. Es herrscht keine "Kriegzeit", denn niemand hat niemandem den Krieg erklaert. Von daher gibt es auch keine "Kriegsgefangenen" und kein "Ende der Kampfhandlungen", denn wer sollte dies objektiv feststellen? 2. Die Gefangenen in Guantanamo befinden sich in einer rechtlichen twilight zone, vor allem weil sie eben keine POWs sind: Sie sind unlawful combatants kombiniert mit enemy combatants, und befinden sich ausserhalb der USA so dass ordentliche Gerichte keinen Zugriff bzw keine jurisdiction auf sie haben. Ausser es handelt sich um US-Buerger wie Lindh oder Hamdi.
In a nutshell: Wenn man feindliche Individuen (oder wie immer man die Gefangenen bezeichnen will) festhalten will sollte es schon irgendeinen Plan geben wie es mit ihnen weitergehen soll - unbegrenzte Haft ohne Urteil ist kein Plan.
Um es mit A Kennedy zu sagen:
"The laws and Constitution are designed to survive, and remain in force, in extraordinary times."
Ich finde es immer wieder bezeichned dass ausgerechnet Leute die sonst so gern mit der Constitution wedeln und daraus ellenlang zitieren so wenig Vertrauen in ihre Robustheit haben und sie immer wieder, wenn es ein bisschen rauh wird, umgehen wollen.
Zitat von John JIn a nutshell: Wenn man feindliche Individuen (oder wie immer man die Gefangenen bezeichnen will) festhalten will sollte es schon irgendeinen Plan geben wie es mit ihnen weitergehen soll - unbegrenzte Haft ohne Urteil ist kein Plan.
Zivilgerichte oder Freilassen von gefährlichen Kombattanten aber auch nicht. Da muss sich die Linke schon den Vorwurf gefallen lassen, sich nicht an einer konstruktiven Lösung dieses Problems beteiligt zu und nur gegen Bush geschossen zu haben.
WIe geht man mit Leuten um, die Kriegsgefangene im Wortsinne sind, nur nicht im juristisch definierten Sinne der Genfer Konvention? Das ist eine juristisch und ethisch verworrene Frage und würde ich mir mehr erwarten als eine Beleidigung derer, die in Verantwortung standen eine Antwort zu finden.
Zitat von john j1. Es herrscht keine "Kriegzeit", denn niemand hat niemandem den Krieg erklaert.
9/11 war als Kriegserklärung völlig ausreichend. Kriege werden heute ohnehin nicht mehr feierlich per Erklärung des Botschafters erklärt.
Das Problem ist nun, daß sich die Taliban nicht an die üblichen Kriegsregeln halten, wie sie im Völkerrecht festgeschrieben sind. Das ist im Völkerrecht nicht direkt vorgesehen.
Es gibt daher zwei wesentliche Alternativen: a) Alle Talibankämpfer werden nach Gefangennahme standrechtlich erschossen. Völkerrechtlich völlig einwandfrei, wurde in vielen Kriegen auch so gehandhabt.
oder b) Man behandelt sie (obwohl sie den Status nicht verdient haben) ähnlich wie POWs. Das ist eine den Umständen entsprechende Weiterentwicklung des Völkerrechts. Und solche Weiterentwicklungen sind auch völlig normal - es gibt hier ja keine gesetzgebende Gewalt, sondern das Völkerrecht ist im wesentlichen auf diese Weise entstanden.
Zitat unbegrenzte Haft ohne Urteil ist kein Plan.
Nicht unbegrenzt - sondern so lange, wie die Kampfhandlungen andauern. Das kann mal eine Weile dauern, aber auch das ist (bei längeren Kriegen) völkerrechtlich völlig normal.
Zitat von vivendiWenn man sich das Bild zu http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437B...n~Scontent.html ansieht, kommen Erinnerungen an andere "Gefangenenlager" auf. Moderne KZs. Selbst wenn man davon ausgeht, dass all diese Gefangenen verhinderte oder potenzielle Terroristen sind, müsste man ihnen ein Minimum an Menschenwürde zugestehen, oder ihnen zumindest die Gelegenheit geben, sich zu verteidigen.
Allerdings hätte die FAZ anmerken sollen, dass sie ein Photo aus dem Jahr 2002 zur Untermalung eines Textes von 2011 benutzt. Mittlerweile gleichen die Zellen dem normalen US-Strafvollzug.
Zitat von john j"Er krankte nicht nur an der Unlogik, in Kriegszeiten Gefangene zu entlassen, die dann wieder in den Kampf zurückkehren können. Der entscheidende weitere Punkt ist, daß nicht jedem, dessen Gefährlichkeit bekannt ist, individuelle Straftaten nachgewiesen werden können; so, wie man in klassischen Kriegen nicht jedem Kriegsgefangenen nachweisen kann, wen von den eigenen Soldaten er wann getötet oder verletzt hat. Deshalb sieht das Kriegsrecht es vor, daß Gefangene bis zum Ende der Kampfhandlungen auch dann festgehalten werden dürfen..."
Schoen und gut und auch leicht dahingeschrieben nur leider ahem...unlogisch: 1. Es herrscht keine "Kriegzeit", denn niemand hat niemandem den Krieg erklaert.
Seit dem Zweiten Weltkrieg finden Kriege ohne Kriegserklärung statt. Vielleicht ist mir eine Ausnahme entgangen; dann belehren Sie mich bitte.
Das Problem ist nicht, daß wir uns im Krieg mit den Dschihadisten befinden. Das Problem ist, daß Dschihadisten keine Soldaten und keine gewöhnlichen Kriminellen sind.
Sie sind aber jedenfalls keine Kombattanten, die als Angehörige von Milizen oder Freiwilligenkorps Rechte unter der Dritten Genfer Konvention hätten, denn diese schreibt für diese irregulären Kämpfer vor, daß sie sich durch das Tragen von Armbinden, Abzeichen o.ä. als solche zu erkennen geben.
Zitat von john j1. Es herrscht keine "Kriegzeit", denn niemand hat niemandem den Krieg erklaert.
9/11 war als Kriegserklärung völlig ausreichend. Kriege werden heute ohnehin nicht mehr feierlich per Erklärung des Botschafters erklärt.
Das Problem ist nun, daß sich die Taliban nicht an die üblichen Kriegsregeln halten, wie sie im Völkerrecht festgeschrieben sind. Das ist im Völkerrecht nicht direkt vorgesehen.
Es gibt daher zwei wesentliche Alternativen: a) Alle Talibankämpfer werden nach Gefangennahme standrechtlich erschossen. Völkerrechtlich völlig einwandfrei, wurde in vielen Kriegen auch so gehandhabt.
oder b) Man behandelt sie (obwohl sie den Status nicht verdient haben) ähnlich wie POWs. Das ist eine den Umständen entsprechende Weiterentwicklung des Völkerrechts. Und solche Weiterentwicklungen sind auch völlig normal - es gibt hier ja keine gesetzgebende Gewalt, sondern das Völkerrecht ist im wesentlichen auf diese Weise entstanden.
Zitat unbegrenzte Haft ohne Urteil ist kein Plan.
Nicht unbegrenzt - sondern so lange, wie die Kampfhandlungen andauern. Das kann mal eine Weile dauern, aber auch das ist (bei längeren Kriegen) völkerrechtlich völlig normal.
Wieder einmal haben Sie, lieber R.A., fast genau dieselben Fakten genannt wie ich, während ich an meinem Beitrag schrieb.
Das Forum zeigt es ja neuerdings an, wenn Beiträge eingehen, während man schreibt. Ich halte es aber bisher so, daß ich das Schreiben nicht unterbreche, sondern meinen Beitrag zu Ende schreibe. Solche Überschneidungen muß man dann in Kauf nehmen, und sie sind ja auch nicht weiter schlimm.
"9/11 war als Kriegserklärung völlig ausreichend."
Ok, wer genau hat demnach an 9/11 den USA den Krieg erklaert? Die Saudis, denn die Mehrheit der Attentaeter und auch der masterminds hinter dem Anschlag stammte von dort? Die Aegypter, denn der Anfuehrer (M Atta) der 9/11 gang kam von dort? Die Deutschen, denn eine der wichtigsten Terrorzellen fuer die Vorbereitung von 9/11 befand sich in Hamburg? Die Pakistanis, denn viele der Qaeda-Anfuehrer duerften sich irgendwo im Norden Pakistans aufhalten?
Und falls ein Krieg erklaert wurde, muessten die Gefangeenen dann nicht als POWs behandelt werden? Gibt oder gab es ueberhaupt irgendwelche POws in Afghanistan? Und ist es nicht Fakt dass kein einziger der 9/11 Attentaeter aus Afghanistan kam?
"Nicht unbegrenzt - sondern so lange, wie die Kampfhandlungen andauern. Das kann mal eine Weile dauern, aber auch das ist (bei längeren Kriegen) völkerrechtlich völlig normal."
Schon recht, aber die andere Seite hat ja keine Mittel um dieses "Ende der Kampfhandlungen" verbindlich anzukuendigen bzw durchzusetzen. In eimem klassischen Krieg werden POWs dann entlassen wenn der Krieg offiziell zu Ende ist - meistens kapituliert der gegnerische Staat und seine Armee legt auf Anweisung der Regierung ueber die Armeefuehrung die Waffen nieder. Die POWs werden dann entlassen weil sie keine Gefahr mehr darstellen - die Armee in die sie sonst reintegriert werden koennten gibt es nicht mehr. Selbst wenn Mullah Omar oder wer auch immer ein Ende des Kampfs der Taliban verkuenden wuerde waere das ja nicht das gleiche wie im obigen Fall. Seine Anhaenger koennten ihm folgen oder nicht; andere Gruppen koennten (auch an anderen Orten) den Kampf fortsetzen etc. In dieser Situation wuerden die Gefangenen nie entlassen - daher unbegrenzte Haft.
"Seit dem Zweiten Weltkrieg finden Kriege ohne Kriegserklärung statt. Vielleicht ist mir eine Ausnahme entgangen; dann belehren Sie mich bitte."
Hm, wir fuehren Krieg ohne ihn zu erklaeren? Wie R Paul sagte: "Maybe that's why we have not had a clear-cut victory since World War 2."
In jedem Fall schreiben wir das besser in die Constitution und ins Grundgesetz: 'War shall be considered declared when someone says war is going on'.
Die NATO mag den Buendisfall erklaert haben - erstens haben die USA (oder irgendein anderer NATO-Staat) nicht den Krieg erklaert, was ja im Hinblick auf den Buendnisfall ein bisschen widerspruechlich ist: "Der Buendisfall ist gegeben aber wir alle befinden uns nicht im Krieg"? Und zweitens, wie koennen sich einzelene NATO-Mitglieder dann aus dem Konflikt zurueckziehen - muessten sie nicht ihren Verpflichtungen nachkommen?
[quote=John J]Und falls ein Krieg erklaert wurde, muessten die Gefangeenen dann nicht als POWs behandelt werden? [/quote]
Nein, weil die Gefangenen eben keine an Kampfhandlungen unbeteiligte Zivilisten sind, wie es die Genfer Konvention bei Kriegsgefangenen unterstellt. Man muss daher neu nachdenken welchen Status man ihnen geben soll und wie man sie behandeln soll. Und hier hätte ich gerne konstruktive Beiträge von Seiten der Linken gesehen.
Sind sie denn der Meinung man sollte die Insassen als Kriegsgefangene im Sinne der Genfer Konvention behandeln?
"Seit dem Zweiten Weltkrieg finden Kriege ohne Kriegserklärung statt. Vielleicht ist mir eine Ausnahme entgangen; dann belehren Sie mich bitte."
Hm, wir fuehren Krieg ohne ihn zu erklaeren? Wie R Paul sagte: "Maybe that's why we have not had a clear-cut victory since World War 2."
In jedem Fall schreiben wir das besser in die Constitution und ins Grundgesetz: 'War shall be considered declared when someone says war is going on'.
Die NATO mag den Buendisfall erklaert haben - erstens haben die USA (oder irgendein anderer NATO-Staat) nicht den Krieg erklaert, was ja im Hinblick auf den Buendnisfall ein bisschen widerspruechlich ist: "Der Buendisfall ist gegeben aber wir alle befinden uns nicht im Krieg"? Und zweitens, wie koennen sich einzelene NATO-Mitglieder dann aus dem Konflikt zurueckziehen - muessten sie nicht ihren Verpflichtungen nachkommen?
Das ist, denke ich, ganz einfach, lieber RexCramer.
Kriege finden seit einigen Jahrtausenden statt. Manchmal wurde formal ein Krieg erklärt, manchmal nicht. Niemand wäre auf die Idee gekommen, ein Krieg sei kein Krieg, nur weil es keine formale Kriegserklärung gab. Manchmal warf man dem Nachbarn den Fehdehandschuh hin, manchmal überfiel man ihn heimlich. Oft entstanden Kriege aus Scharmützeln, bei denen der Übergang zum Krieg allmählich stattfand. Oft waren es lange Eroberungskriege, wie die Ausbreitung der Araber bis nach Spanien. Ohne jede Kriegserklärung.
Zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und der Mitte des 20. Jahrhunderts waren Kriegserklärungen relativ verbreitet. Sei der Mitte des 20. Jahrhunderts gibt es sie nicht mehr. Das sind historische Schwankungen.
Ich habe eben in der Wikipedia nachgesehen: Zwischen 1700 und 1870 fanden in den USA und Europa nach der Zählung des Militärhistorikers John Frederick Maurice 117 Kriege statt. Bei 10 davon gab es eine Kriegserklärung, bei 107 nicht.
Herzlich, Zettel
vielleichteinlinker
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08.03.2011 18:05
#17 RE: Marginalie: Was ist eigentlich mit Guantánamo?
Zitat Kriege finden seit einigen Jahrtausenden statt. Manchmal wurde formal ein Krieg erklärt, manchmal nicht. Niemand wäre auf die Idee gekommen, ein Krieg sei kein Krieg, nur weil es keine formale Kriegserklärung gab. Manchmal warf man dem Nachbarn den Fehdehandschuh hin, manchmal überfiel man ihn heimlich. Oft entstanden Kriege aus Scharmützeln, bei denen der Übergang zum Krieg allmählich stattfand. Oft waren es lange Eroberungskriege, wie die Ausbreitung der Araber bis nach Spanien. Ohne jede Kriegserklärung.
Die letzte, mir bekannte Kriegserklärung war die Dänemarks an den Irak. Der springende Punkt ist: Wer kann wem den Krieg erklären und mit welchen Konsequenzen für sich selbst? Das ist das Problem in Guantanamo. Kann man Menschen behandeln als sei man mit ihnen im Krieg und dennoch nicht mit ihnen im Krieg sein (und ihnen so die Rechte von Kriegsgefangenen vorenthalten)?
vielleichteinlinker
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08.03.2011 18:06
#18 RE: Marginalie: Was ist eigentlich mit Guantánamo?
Zitat [quote=John J]Und falls ein Krieg erklaert wurde, muessten die Gefangeenen dann nicht als POWs behandelt werden?
Nein, weil die Gefangenen eben keine an Kampfhandlungen unbeteiligte Zivilisten sind, wie es die Genfer Konvention bei Kriegsgefangenen unterstellt.[/quote]
Da ist wohl etwas durcheinander gegangen...
vielleichteinlinker
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08.03.2011 18:12
#19 RE: Marginalie: Was ist eigentlich mit Guantánamo?
Hier ist es wichtig zu unterscheiden. Die NATO hat nichts "erklärt" sondern die USA haben den NATO-Rat an- und der den B-Fall "ausgerufen". Das hat mit Krieg nicht zwingend etwas zu tun, es ist mehr so eine Art "Hilferuf" und der Aufruf zur "kollektiven Selbstverteidigung".
Zitat Und zweitens, wie koennen sich einzelene NATO-Mitglieder dann aus dem Konflikt zurueckziehen - muessten sie nicht ihren Verpflichtungen nachkommen?
Können sie nicht. Als NATO-Mitglieder bleiben sie der Selbstverteidigung verpflichtet. Die andere spannende Frage ist die, und das sollten die "Kriegführer" wissen, wann endet ein/der "Krieg gegen den Terror"?
Zitat von Vielleichteinlinker Da ist wohl etwas durcheinander gegangen...
Sorry, es war nicht so ausführlich wie es hätte sein müssen; da haben Sie recht.
Der Punkt ist, dass irreguläre Kämpfer eben keine Soldaten im Sinne der Genfer Konvention sind; würde man sie gemäß der Genfer Konvention behandeln, müsste man sie als Zivilisten einstufen.
Zitat von john jHm, wir fuehren Krieg ohne ihn zu erklaeren?
Das ist völlig normal, wenn man angegriffen wird.
Zitat Ok, wer genau hat demnach an 9/11 den USA den Krieg erklaert?
Die Al-Kaida und die Taliban. Organisationen (auch mit für Außenstehende unklaren Strukturen) können Kriege führen, dazu gibt es viele historische Beispiele. Die Staatsangehörigkeit der Mitglieder ist dabei unwichtig.
Zitat Und falls ein Krieg erklaert wurde, muessten die Gefangeenen dann nicht als POWs behandelt werden?
Nein, weil sie nicht regulär und nach den Vorschriften der Landkriegsordnung kämpfen.
Zitat Schon recht, aber die andere Seite hat ja keine Mittel um dieses "Ende der Kampfhandlungen" verbindlich anzukuendigen bzw durchzusetzen.
Das kann ja wohl nicht das Problem der USA sein, daß "die andere Seite" zwar gut genug organisiert ist, um aggressiv zu werden - aber vielleicht nicht gut genug, um den Krieg ordentlich zu beenden.
Zitat meistens kapituliert der gegnerische Staat
Meistens - aber eben nicht immer.
Zitat Die POWs werden dann entlassen weil sie keine Gefahr mehr darstellen
Und genau das wird auch hier der Fall sein. Und es ist eben Sache der USA zu entscheiden, wann die Gefahr vorbei ist.
Zitat Selbst wenn Mullah Omar oder wer auch immer ein Ende des Kampfs der Taliban verkuenden wuerde waere das ja nicht das gleiche wie im obigen Fall. Seine Anhaenger koennten ihm folgen oder nicht; andere Gruppen koennten (auch an anderen Orten) den Kampf fortsetzen etc. In dieser Situation wuerden die Gefangenen nie entlassen - daher unbegrenzte Haft.
Ein unwahrscheinliches Szenario. Nach aller historischen Erfahrung geben auch irreguläre Gruppen irgendwann auf, wenn keine Hoffnung auf Erfolg mehr besteht. Ansonsten: Ist halt Risiko der Taliban, wenn die Haft länger dauert, nur weil ihre Genossen weiterkämpfen.
vielleichteinlinker
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08.03.2011 19:00
#22 RE: Marginalie: Was ist eigentlich mit Guantánamo?
Zitat Ich habe eben in der Wikipedia nachgesehen: Zwischen 1700 und 1870 fanden in den USA und Europa nach der Zählung des Militärhistorikers John Frederick Maurice 117 Kriege statt. Bei 10 davon gab es eine Kriegserklärung, bei 107 nicht.
Mmmm, aus dem Kopf würd ich sagen: Der Mann irrt. Mal gucken ob ich elf zusammenkriege.
Japan -Russland 1904 (oder 1905, den Krieg ordne ich immer falsch ein) Deutschland - Russland 1914 Deutschland - Belgien 1914 Österreich-Ungarn - Serbien 1914 Österreich-Ungarn - Russland 1914 England - Deutschland 1914 Frankreich - Deutschland 1914 Frankreich - Deutschland 1939 England - Deutschland 1939 Deutschland - USA 1941 Russland - Japan 1944
Wie so oft bei der Kriegsforschung steht und fällt der Gegenstand damit, was man als "Krieg" bezeichnet.
Also die Taliban haben an 9/11 den USA den Krieg erklaert? Wie haben sie das gemacht - die waren an dem Anschlag nicht direkt beteiligt, wussten wahrscheinlich auch nicht mal genaues davon. Sie boten Al-Quaeda-Personal Unterschlupf (was nicht nett ist, aber nach dieser Logik haette ja die BRD auch der DDR in den 80ern den Krieg erklaeren muessen/koennen als die DDR der RAF Unterschlupf bot) und wurden erst richtig in den "Krieg" involviert als die USA sie angriffen - in ihrem Heimatland. Ich wuerde also eher sagen die USA haben den Taliban den Krieg erklaert - obwohl man ja den Krieg nicht mehr erklaert, also haben die USA irgendwie den Kriegszustand zwischen sich und den Taliban herbeigefuehrt obwohl man sich offiziell natuerlich nicht im Krieg befindet denn die Gefangenen im Rahmen der Kampfhandlungen sind keine POWs, aber auch keine Partisanen etc...
"Und es ist eben Sache der USA zu entscheiden, wann die Gefahr vorbei ist."
Ah ja - Frage an RA: Ist der "war on drugs" eigentlich schon beendet? Und wenn ja wann war das?
"Ansonsten: Ist halt Risiko der Taliban, wenn die Haft länger dauert, nur weil ihre Genossen weiterkämpfen."
Die Frage ist eben ob es wirklich "Genossen" der Taliban sind die da weiterkaempfen - oder jemand ganz anderes. Wie wollen sie das objektiv feststellen?
Bester Zettel: Wie gesagt, laut Constitution obliegt es dem Congress der USA einen Krieg zu erklaeren. Dies wurde seit 1945 mehrfach umgangen - police action; humanaitarion intervention, UN mandate etc. Wohl auch weil Congress in den wenigsten Faellen den Krieg erklaert haette - aus gutem Grund. Und einen Eroberungsfeldzug aus dem 8. Jhdt als Beispiel fuer moderne Politik anzufuehren ist nicht ganz fair.
Zitat Ich habe eben in der Wikipedia nachgesehen: Zwischen 1700 und 1870 fanden in den USA und Europa nach der Zählung des Militärhistorikers John Frederick Maurice 117 Kriege statt. Bei 10 davon gab es eine Kriegserklärung, bei 107 nicht.
Mmmm, aus dem Kopf würd ich sagen: Der Mann irrt. Mal gucken ob ich elf zusammenkriege.
Japan -Russland 1904 (oder 1905, den Krieg ordne ich immer falsch ein) Deutschland - Russland 1914 Deutschland - Belgien 1914 Österreich-Ungarn - Serbien 1914 Österreich-Ungarn - Russland 1914 England - Deutschland 1914 Frankreich - Deutschland 1914 Frankreich - Deutschland 1939 England - Deutschland 1939 Deutschland - USA 1941 Russland - Japan 1944
Die Zählung, lieber vielleichteinlinker, bezog sich auf den Zeitraum 1700 bis 1870. Das Buch von John Frederick Maurice erschien, wenn ich mich recht erinnere, 1883.
Wie ich geschrieben hatte, war erst die Zeit zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und der Mitte des 20. Jahrhunderts eine Zeit, in der es viele Kriegserklärungen gab. Warum, darüber gibt es vemutlich historische Untersuchungen, die ich aber nicht kenne.
Spekulation: Es könnte daran gelegen haben, daß dies eine Blütezeit der Diplomatie war. Es gab also einen ganz äußerlichen Grund für die Kriegserklärung: Die Botschaften mußten geschlossen, das Personal nach Hause zurückgebracht werden. Der Krieg mußte sozusagen in einem geordneten diplomatischen Rahmen beginnen; und dazu gehörte eben auch die Kriegserklärung.
Zitat von john jAlso die Taliban haben an 9/11 den USA den Krieg erklaert?
Eben nicht, lieber John.
Ich versuche ja zu begründen, daß zu einem Krieg keineswegs die Kriegserklärung gehört. Es gab das historisch, mal häufiger, mal seltener. Krieg ist leider ein universelles Phänomen. Darin ist die Kriegserklärung eine von vielen Möglichkeiten, wie ein Krieg beginnen kann.
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