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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 5 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.03.2011 00:00
Stratfors Analysen: George Friedman über Japans Wirtschaft Antworten

Ich habe soeben die seriösen Quellen kurz durchgesehen: Aus Fukushima gibt es seit meiner letzten Aktualisierung kaum Neuigkeiten. Das Theman verschwindet langsam aus den Schlagzeilen. Die Propheten der Katastrophe werden sich damit anfreunden müssen, daß es für diesmal nichts mit der Höllenfahrt geworden ist.

Selbst die "Tagesschau" um acht brachte das Thema heute erst an zweiter Stelle; und fast ohne Fehler (außer daß unverdrossen von "Wasserwerfern" die Rede ist, wo es sich um Löschfahrzeuge handelt).

Es scheint, daß nach einer Woche jetzt in Fukushima Daiichi das Schlimmste in der Tat überstanden ist und jetzt der lange und mühsame Prozeß des Aufräumens, des - so möglich - Instandsetzens beginnt.

Zeit also, ein wenig Abstand zu gewinnen.

Ich habe in den vergangenen Tagen versucht, so konkret und detailliert zu berichten, wie es mir möglich war; das schien mir der einzige Weg zu sein, den in den Medien verbreiteten Unwahrheiten entgegenzutreten. Jetzt mag ein Blick wieder etwas mehr aus der Vogelperspektive angezeigt sein, wie ihn George Friedman bietet.

Er geht auf den ökonomischen Aspekt der jetzigen Krise ein und stellt ihn in den Zusammenhang der Armut Japans an natürlichen Rohstoffen, der sich daraus für Japan zwingend ergebenden Politik und der Krise am Golf, die Japans Problemen ein weiteres hinzufügt.

Harald ( gelöscht )
Beiträge:

19.03.2011 09:49
#2 RE: Stratfors Analysen: George Friedman über Japans Wirtschaft Antworten

Es ist alles richtig. Japan hat keine eigenen Rohstoffe, ist deswegen abhängig, Japans Gesellschaft überaltert, Japan ist seit Jahren in einer Deflation und die Wirtschaft wächst kaum noch und die Staatsverschuldung enorm (über 200%). Aus dieser Sicht eigentlich ein Pleitekandidat, schlimmer als Griechenland.
Aber was gerne vergessen wird. Die Japaner sind unheimlich reich. Das Vermögen der Privathaushalte und der Unternehmen übersteigt die Schulden des Staates um ein vielfaches. Auch die Staatsschulden sind nahezu ausschließlich in Händen der Japaner, die Auslandsverschuldung ist minimal und die Vermögenswerte im Ausland sind enorm.

Man muss sich das einmal vorstellen. Ein Land wird von einer enormen Katastrophe erschüttern und die größten Industrieländer starten eine gemeinsame Aktion:

Sie intervenieren um die Währung dieses Landes zu schwächen !!!

Martin Offline



Beiträge: 4.129

19.03.2011 14:32
#3 RE: Stratfors Analysen: George Friedman über Japans Wirtschaft Antworten

Lieber Harald,

das sind zwar valide Datenpunkte, aber man muss sie ja auch bewerten. Die Währung des Landes kann aus zwei Gründen geschwächt werden:
1. Transferieren Japaner jetzt Auslandsguthaben nach Japan, bzw. gehen Versicherungsleistungen nach Japan, dann steigt die Nachfrage nach Yen und treibt natürlich dessen Kurs in die Höhe.
2. Viele ausländische Institutionen oder Fonds haben billiges Geld (niedrige Zinsen) in Japan aufgenommen. Ein steigender Yen ist für diese evtl. ein zu hohes Risiko. Versuchen sie aus den Kreditverträgen auszusteigen beschleunigt das den Anstieg des Yen weiter.

Das ist aus verschiedenen Gründen nicht im Interesse der G7 oder G20. Deshalb versuchen sie gegenzusteuern. Letztlich kann die japanische Notenbank also im Gegenzug Dollar / amerikanische Staatsanleihen kaufen, um gegenzusteuern. Bernanke oder vielleicht auch Trichet freuen sich, wenn sie plötzlich einen Abnehmer für die seit einiger Zeit verschmähten Anleihen gefunden haben.

Welche Schlussfolgerungen zu Japans Wirtschaft wollen Sie daraus ziehen?

Zwischen Ihren Zeilen kann man außerdem lesen, dass die japanische Regierung ja im Notfall die Bevölkerung abkassieren kann um die Staatsschulden zu begleichen. Sollte das passieren, was wäre aus Ihrer Sicht die Folge für die japanische Wirtschaft?

Gruß, Martin

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

20.03.2011 13:09
#4 RE: Stratfors Analysen: George Friedman über Japans Wirtschaft Antworten

Zitat von Harald
Es ist alles richtig. Japan hat keine eigenen Rohstoffe, ist deswegen abhängig, Japans Gesellschaft überaltert, Japan ist seit Jahren in einer Deflation und die Wirtschaft wächst kaum noch und die Staatsverschuldung enorm (über 200%). Aus dieser Sicht eigentlich ein Pleitekandidat, schlimmer als Griechenland.
Aber was gerne vergessen wird. Die Japaner sind unheimlich reich. Das Vermögen der Privathaushalte und der Unternehmen übersteigt die Schulden des Staates um ein vielfaches. Auch die Staatsschulden sind nahezu ausschließlich in Händen der Japaner, die Auslandsverschuldung ist minimal und die Vermögenswerte im Ausland sind enorm.



Ich wünsche Japan in dieser Situation nur das Beste für den Wiederaufbau und für die Entwicklung des Landes. Aber Ihre Argumentation erscheint mir zu optimistisch.

Wir wissen doch spätestens seit der Dotcom-Blase und erst recht seit der Bankenkrise, wie schnell Vermögen entstehen und auch wieder vergehen können. Ein nicht unbedeutender Teil der Vermögen dürfte Immobilienbesitz sein. Einige der teuersten Grundstücke der Welt liegen in Tokio. Aber Immobilien werden ständig neu bewertet und wenn niemand ein Grundstück zum aktuellen Preis kaufen kann, dann sinken die Preise und damit die Vermögen.

Mit Vermögen, das in Geld und in Immobilien liegt, würde ich nur sehr vorsichtig einen Beweis zur Stärke der Wirtschaft eines Landes führen. Wieviel Vermögen ist denn in Staatsanleihen gebunden? Wird die Regierung irgendwann Maßnahmen ergreifen, um von diesen Schulden herunterzukommen? Wenn ja: werden die Maßnahmen zu Lasten der Kreditgeber gehen? Wird man das Vermögen umbewerten müssen?

Ich bin auch nicht sicher, ob es heute noch etwas bedeutet, ob die Staatsschulden im Land oder außerhalb des Landes aufgenommen werden. Aus Sicht des Staates ist wohl eher eine Kombination aus beiden Formen sinnvoll.

Harald ( gelöscht )
Beiträge:

20.03.2011 13:50
#5 RE: Stratfors Analysen: George Friedman über Japans Wirtschaft Antworten

Um es nochmal herauszustellen. Japan hat enorme Probleme, das ist keine Frage. Nicht nur wegen dem Erdbeben, sondern auch demographisch und auch wegen der Rohstoffknappheit. Aber um die Situation zu verstehen und um Sie beurteilen zu können, muß man aber auch die positiven Aspekte mitbetrachten. Und das sind natürlich die Vermögen der Japaner und zwar sowohl im Inland (z.B. Staatsanleihen und immense Immobilienvermögen ohne Verschuldung), aber eben auch immense Auslandsvermögen. Der Grund für den Yen-Ansteig war die Rückführung bzw. die erwartete Rückführung japanischer Auslandsvermögen. Ich werde mal sehen, ob ich ein paar Zahlen finde.
Ein Punkt warum Japan die Deflation und die schwache Konjunktur nur halbherzig bekämpft, ist dass man als Sparer mit fallenden Preisen recht gut fährt und Deflation den Export auch weniger schädigt. Für den Konsum ist DEflation zwar schlecht, aber das ist in Japan nicht so wichtig wie in anderen Ländern.

Nilfisk Offline



Beiträge: 69

20.03.2011 17:23
#6 Japans Vermögen Antworten

Zitat von Harald
Wieviel Vermögen ist denn in Staatsanleihen gebunden?


ca. 200% des Bruttonationalprodukts, ca. 97% davon wird von Japanern gehalten, va. von institutionellen Investoren wie der Post, in Summe ca. 12.000 Mrd. Dollar: http://wallstcheatsheet.com/economy/japa...-must-know.html

Das Vermögen von Japanern im Ausland betrug vor knapp einem Jahr fast 3.000 Milliarden Dollar: http://www.reuters.com/article/2010/05/2...E64N07320100524 , darunter sind 885 Milliarden in US Treasuries angelegt: http://investmentwatchblog.com/japan-has...s-and-cash-out/

Die Nettoposition ist also etwas höher als 2.500 Mrd. Dollar (könnte auch genau die 3.000 sein, ich weiß nicht, ob die oben die chin. JGBs eingerechnet haben). Die Kosten für den Wiederaufbau werden auf 180 Mrd. Dollar aufwärts geschätzt. Es wird allerdings erwartet, daß die Japaner nur wenig des Auslandsvermögens zurückholen werden, sondern sich vor allem über neue JGBs finanzieren. Es wäre ein schlechter Zeitpunkt bei dem aktuell hohen Yen.

Die Banken haben mom. ein Problem mit ihrer Eigenkapitalquote, weil sie einen Teil davon in Aktien halten und der Nikkei/Topix unter eine kritische Schwelle gefallen ist, wo die Banken Verluste ausweisen müßten. Aber die BOJ wird wohl weiter/wieder Assets am Aktienmarkt kaufen wenn es die Ausländer (so wie ich) nicht in ausreichender Zahl tun.

Zitat
Wird die Regierung irgendwann Maßnahmen ergreifen, um von diesen Schulden herunterzukommen?


nein, warum sollte sie?

Zitat
Ich bin auch nicht sicher, ob es heute noch etwas bedeutet, ob die Staatsschulden im Land oder außerhalb des Landes aufgenommen werden. Aus Sicht des Staates ist wohl eher eine Kombination aus beiden Formen sinnvoll.


wer die Bonds hält, ist egal. In welcher Währung, das ist wichtiger. Deswegen hat Griechenland ein Problem, England, die USA oder Japan hingegen keines.

zur Stagnation/Deflation: ich halte die rein makroökonomische Betrachtung von Ökonomen wie Krugman für zu einseitig. Ich empfehle das Buch "Can Japan compete?" von Porter/Takeuchi: http://www.amazon.com/Can-Japan-Compete-...r/dp/0465059899 obwohl schon 10 Jahre alt, schildert es eindrücklich, woran es der jap. Wirtschaft krankt, und zwar auf der mikroökonomischen Ebene. Und das ist mM weniger ein Problem mit der Demographie (der durschnittliche Gründer in den USA ist auch schon 40 Jahre alt, die Gates' und Zuckerbergs sind die Ausnahme), sondern mit der Kultur: ein konformistisches Volk hat zwar bienenfleißige Arbeiter, aber wenig Visionäre. Kaum wo will sich jemand mit einer unkonventionellen Idee selbstständig machen wie in Japan. Solange es noch darum ging, ggü dem Westen aufzuholen, bekanntes bloß billiger herzustellen, da waren die Japaner gut. Aber Innovation ist außerhalb der bekannten Leuchtturmindustrien schwach. Offensichtlich bis heute.

Das scheint sich übrigens in China *nicht* zu wiederholen. Heute wird schon 70% des chin. BIPs von privaten Klein- und Kleinstunternehmern erwirtschaftet. Das war in Japan nie so- da versuchte immer das MITI, die Wirtschaft zu lenken.

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