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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 39 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Kallias Offline




Beiträge: 2.309

17.03.2011 13:18
Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

In der heutigen Debatte zur Atompolitik begründete die Kanzlerin die Rechtmäßigkeit des Moratoriums, das sie am Montag verkündet hat. Mir scheint das wenig stichhaltig zu sein.

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

17.03.2011 13:59
#2 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von Kallias
In der heutigen Debatte zur Atompolitik begründete die Kanzlerin die Rechtmäßigkeit des Moratoriums, das sie am Montag verkündet hat. Mir scheint das wenig stichhaltig zu sein.



Die neue Lage definiert sich aus dem Aufwind der Grünen, den anstehenden Landtagswahlen und der (von den Medien geschührten) irrationalen Atomangst in Deutschland.
Man mag technisch noch so sicher sein, gegen dieses Klima der Ablehnung, gegen die Macht der Mehrheit, wird oder will die Kanzlerin nicht ankommen. Man mag das nüchtern für falsch halten, aber ich sehe keinen Weg die Kernenergie (in der aktuellen Form, in Deutschland) zu einer Erfolgsstory zu machen. Falls sich der Unfall in Japan als letztlich harmlos herausstellen wird, sich die Verstrahlung / Verseuchung als gering und/oder lokal begrenzt erweisen wird, wird man das im politisch - publizistischen Deutschland nicht zur Kenntnis nehmen.

P.S.
So sehe ich jedenfalls die aktuelle Story-Line. Die Kanzlerin hat sich hier einer Schreckensnachricht hingegeben anstatt stoische Ruhe auszustrahlen. Ob diese Strategie aufgeht, ist aktuell schwer zu bewerten.

fedchan Offline



Beiträge: 129

17.03.2011 14:19
#3 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zu meinen etwas merkwürdigen Gewohnheiten gehört es, regelmäßig die Fragestunde an den Premierminister (Mittwochs um Zwölf) im Britischen Unterhaus zu schauen(, auch weil deutsche Politik so anödet):
http://www.parliamentlive.tv/Main/Player...853&st=12:01:00

Als sehr aufschlussreich empfand ich, was gestern nicht bzw. kaum Thema war, nämlich die 'Nuklearkatastrophe' in Japan. Premier Cameron und Oppositionsführer Miliband fetzten sich über den National Health Service; ich glaube nach etwa 20 Minuten stellte ein Hinterbänkler eine Frage nach der Sicherheit der AKWs. Premier Cameron meinte kurz, GB sei nicht so gefährdet wie Japan, trotzdem werde man, was Sicherheitstechnik angeht, Lehren ziehen.

Das war's.

Überhaupt sehe ich die Tory-Regierung mit ihrem massiven Sparprogramm, vergleiche das mit Berlin und komme zum Ergebnis...

Gruß, fedchan

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

17.03.2011 14:20
#4 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von Dagny
Die neue Lage definiert sich aus dem Aufwind der Grünen, den anstehenden Landtagswahlen und der (von den Medien geschührten) irrationalen Atomangst in Deutschland.
Man mag technisch noch so sicher sein, gegen dieses Klima der Ablehnung, gegen die Macht der Mehrheit, wird oder will die Kanzlerin nicht ankommen. Man mag das nüchtern für falsch halten, aber ich sehe keinen Weg die Kernenergie (in der aktuellen Form, in Deutschland) zu einer Erfolgsstory zu machen. Falls sich der Unfall in Japan als letztlich harmlos herausstellen wird, sich die Verstrahlung / Verseuchung als gering und/oder lokal begrenzt erweisen wird, wird man das im politisch - publizistischen Deutschland nicht zur Kenntnis nehmen.



In Japan wird sich nichts mehr als »mostly harmless« herausstellen. Man muss wohl davon ausgehen, dass bald die ersten Mitarbeiter des Betreibers der Anlage erkranken werden, selbst wenn sie sich sehr oft abwechseln und immer nur kurz nahe an die schlimmsten Stellen herangehen.

Ob die Verstrahlung sich als gering/mittelhoch erweisen wird, kann noch niemand sagen. Im Gedächtnis der Leute bleiben die Bilder der zerstörten Anlage und im Gedächtnis bleibt wohl auch, dass in einem erdbebengefährdeten Gebiet alte Brennstäbe ohne ausreichenden Schutz fast frei gelagert wurden.

Die Entscheidung einer standhaften (politischen) Persönlichkeit in der Rolle der Kanzlerin hätte trotzdem anders aussehen müssen. Es hätte nur um die Frage gehen dürfen: was ändert sich für die deutschen AKW? Welche neuen physikalischen oder technischen Aspekte gibt es, die wir für den Weiterbetrieb beachten müssen? Welche Auflagen müssen die Betreiber bis zu welchem Termin erfüllen?

Zitat von Dagny
P.S.
So sehe ich jedenfalls die aktuelle Story-Line. Die Kanzlerin hat sich hier einer Schreckensnachricht hingegeben anstatt stoische Ruhe auszustrahlen. Ob diese Strategie aufgeht, ist aktuell schwer zu bewerten.



So eine Strategie kann nicht aufgehen. Vielleicht kurzfristig für die Kanzlerin. Niemals langfristig für das Land.

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

17.03.2011 14:37
#5 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von Dagny
Die neue Lage definiert sich aus dem Aufwind der Grünen, den anstehenden Landtagswahlen und der (von den Medien geschührten) irrationalen Atomangst in Deutschland.
Man mag technisch noch so sicher sein, gegen dieses Klima der Ablehnung, gegen die Macht der Mehrheit, wird oder will die Kanzlerin nicht ankommen. Man mag das nüchtern für falsch halten, aber ich sehe keinen Weg die Kernenergie (in der aktuellen Form, in Deutschland) zu einer Erfolgsstory zu machen.

Daß die KKW-Nutzung in Deutschland ausläuft, ist eigentlich schon seit 20 Jahren klar. Im Frühjahr 1989 ging das letzte KKW ans Netz (Neckarwestheim 2), das seit 1975 geplant und 1982 gebaut wurde. Das heißt, es hat seit etwa 1980 offenbar keine Planung mehr für neue KKW gegeben. Damit war das Ende dieser Technik schon besiegelt.

Nur die CDU hat die Fahne der Kernenergie noch lange danach hochgehalten, etwa die Umweltministerin Merkel, was zu dieser Zeit schon unrealistisch gewesen ist.

Nun gut, dann eben nicht! Aber wenigstens die Anlagen so lange laufen lassen, wie sie den Sicherheitsnormen entsprechen sollte man schon.

Die Kanzlerin hat zur Zeit anscheinend nur schlechte Optionen. Der rasche Schwenk wirkt unglaubwürdig, verletzt all jene Parteifreunde, die in einem unfreundlichen Klima für die Atomenergie geworben haben, beschädigt den Rechtsstaat. Abwarten, bis sich der Unfall in Japan auswerten läßt (was das Vernünftigste wäre) bedeutet zwei Wochen Trommelfeuer der Opposition in Baden-Württemberg.

Herzliche Grüße,
Kallias

notquite Offline



Beiträge: 506

17.03.2011 14:39
#6 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat
Überhaupt sehe ich die Tory-Regierung mit ihrem massiven Sparprogramm, vergleiche das mit Berlin und komme zum Ergebnis...



... dass in Deutschland die Bundesregierung dank des Wahlrechts, der föderalen Staatsverfassung und damit verbunden fast permanenten Wahlkämpfen und der diversen europäischen Durchgriffe im Vergleich zur britischen Regierung fast nichts zu melden hat und den geringen Spielraum dann auch noch dadurch aufgibt, dass man ohne Blick auf die Sachlage Positionen vertritt, die wohl selbst unter Rot-Grün so schnell nicht Konsens gewesen wären?

Das wäre jedenfalls meins.

notquite Offline



Beiträge: 506

17.03.2011 14:59
#7 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Da macht Frau Künast mal eine einzige vernünftige Bemerkung

Zitat
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte, die Regierung habe "kein rechtlich ordnungsgemäßes Verfahren gewählt, sondern unsauberes Gewurstel".



Und die Kanzlerin einer bürgerlichen Regierung antwortet:

Zitat
Merkel nannte die Kritik bei einem Wahlkampfauftritt in Waldshut-Tiengen an der Schweizer Grenze am Mittwochabend "spitzfindig". Es sei "nicht die Stunde für die Parteien, sich in solche Debatten zu verstricken".



Als ob es da eine Sehnsucht gäbe, dieses Land im Rahmen einer Notstandverfassung zu regieren und den ganzen Rotz mit Parlament, Parteien, Fraktionen einfach mal sein zu lassen. Die Demokratin Angela Merkel in Reinform. Ohne Worte.

Friedrich ( gelöscht )
Beiträge:

17.03.2011 15:22
#8 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Warum gibt es dazu ein neues Thread? Gehört das nicht zu:
Was interessiert mich mein Gesetz von gestern?

Nun denn, ich fand dazu noch folgendes:
http://www.freiewelt.net/nachricht-6785/...r-juristen.html

Es ist nicht mehr "einzusehen" was mit gewissen Dingen passiert. Ich habe in diesem Zusammenhang
das erste Mal etwas über ein Moratorium gelesen. Und offentsichtlich, gibt es das gar nicht.

Über die klagenden oder nichtklagendesn Energieunternehmen braucht man sich eigentlich nicht wundern. Das Gesetz ist
da, es gilt, somit gibt es keinen rechtlichen Grund die AKW abzustellen. Diese ganze AKW Kram hat für mich etwas was ich grundsätzlich ablehne. Subventionen, große Firmen und "Protektion" durch staatliche Stellen. Mit zusätzlichem abwälzen nahezu aller Kosten auf die Steuerzahler. AKW wurden mit Milliarden "gepusht" und zig-mal mehr wird gebraucht werden dies AKW "rückzubauen". Sprengen kann man diese Dinger nicht einfach so. Und so dürfen wir alle zig Milliarden für den Rückbau "berappen".

Ungeklärt bleibt auch der so unwichtige Müll der wohl eine "etwas" länger Verweilzeit in der Umwelt hat und wieder darf jeder dafür Stromkunde dafür bezahlen. Wieder mal werden alle Wähler "vorgeführt"...

Und wieder mal wird uns auch gezeigt Gesetze KANN man, MUSS man aber nicht befolgen. Und so geht es inzwischen nur noch. Dafür könnte man fast alles der letzten 2 Jahre anführen....

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

17.03.2011 15:22
#9 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von notquite
Als ob es da eine Sehnsucht gäbe, dieses Land im Rahmen einer Notstandverfassung zu regieren und den ganzen Rotz mit Parlament, Parteien, Fraktionen einfach mal sein zu lassen. Die Demokratin Angela Merkel in Reinform.

Das glaube ich bei Merkel eigentlich weniger. Notstandsregierung, das ist eine Sehnsucht der bundesdeutschen Altkonservativen gewesen. Damit dürfte Merkel nichts zu tun haben.

Was ich mir vorstellen kann: daß sie, geprägt von den Verhältnissen in der DDR, solchen politischen Abstrakta wenig Bedeutung beimißt. Auf die konkrete Machtausübung kommt es an, nicht auf Phrasen wie "Rechtsstaatlichkeit" oder damals "Sozialismus".

Es kann auch sein, daß man einfach die Nerven verloren hat. Gestern erschien bei FAZ-online ein Bericht von Günter Bannas über die Meinungsbildung.

Zitat von FAZ
Die Beteiligten in der Koalitionsspitze waren sich [am Samstag] einig, es müsse etwas getan werden - gegen Verunsicherungen in der Bevölkerung, über die vor allem, aber nicht nur, die Wahlkämpfer berichtet hatten.
(...)
Es wurde deutlich, die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke in Deutschland, vor wenigen Monaten noch vehement gegen die Opposition durchgesetzt, könne angesichts der neuen Lage „nicht vollzogen“ werden. In dieser Runde am [Sonntag-]Abend wurde der Begriff des „Moratoriums“ geboren. Wahlkampfbedingt wurde der Wunsch nach einer politischen Geste erhoben, um deutlich zu machen, wie sehr die Koalition die Sorgen der Menschen ernst nehme.

Am Montag beriet man nervös im CDU-Präsidium, da kam die Meldung, Westerwelle schließe ein Moratorium nicht aus.

Zitat von FAZ
Der verärgerten Bundeskanzlerin und dem mitwissenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden war klar, die Mitteilung Westerwelles könne nicht dementiert werden.

Man sollte nicht alles bei Merkel abladen.

Herzliche Grüße,
Kallias

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

17.03.2011 15:30
#10 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von Friedrich
Über die klagenden oder nichtklagendesn Energieunternehmen braucht man sich eigentlich nicht wundern. Das Gesetz ist
da, es gilt, somit gibt es keinen rechtlichen Grund die AKW abzustellen. Diese ganze AKW Kram hat für mich etwas was ich grundsätzlich ablehne. Subventionen, große Firmen und "Protektion" durch staatliche Stellen. Mit zusätzlichem abwälzen nahezu aller Kosten auf die Steuerzahler. AKW wurden mit Milliarden "gepusht" und zig-mal mehr wird gebraucht werden dies AKW "rückzubauen". Sprengen kann man diese Dinger nicht einfach so. Und so dürfen wir alle zig Milliarden für den Rückbau "berappen".



Sowohl für Rückbau als auch Entsorgung kommen allein die Betreiber auf.

Laut AKW-Gegnern sind diese Rückstellungen für Rückbau und Entsorgung übrigens viel zu hoch, beklagen sie doch regelmäßig die damit angeblich einhergehende "Steuersubvention".

In Deutschland gab es übrigens für bisher kein KKW eine Subvention welcher Art auch immer. Alles wurde "von Privat" gebaut.

KKWs dürften in Deutschland eines der wenigen guten Geschäfte für den Steuerzahler gewesen sein. Ganz im Gegenteil zu den sonstigen Stromerzeugungsvarianten.

Gruß,
hubersn

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

17.03.2011 15:32
#11 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von Friedrich
Warum gibt es dazu ein neues Thread? Gehört das nicht zu:
Was interessiert mich mein Gesetz von gestern?

Bis heute morgen sagte dieser Politiker jenes und jener Regierungsprecher dieses. Jetzt haben wir die verbindliche Erklärung der Kanzlerin vor dem Parlament. Das schien mir einen neuen (vielleicht zu lang geratenen) Beitrag wert zu sein. Inhaltlich setzt dieser Thread natürlich nahtlos den vorigen fort.
Viele Grüße,
Kallias

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

17.03.2011 15:56
#12 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Die Atomdiskussion läuft im Uk - wenn überhaupt - entlang der Frage, ob man die in die Jahre gekommenen TRIDENT Atomraketen erneuern soll oder nicht. Die ideologischen Gräben a la D. zur Kernenergie gibt es so im UK nicht. Hängt vielleicht tatsächlich mit der Rolle als Kernwaffen-Macht zusammen, die von Labour und Tories nicht in Frage gestellt wird. Der NHS hingegen.....

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.03.2011 16:02
#13 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von notquite
Da macht Frau Künast mal eine einzige vernünftige Bemerkung


Das ist nun gerade von seiten der Grünen übelste Heuchelei.

Denn wenn Merkel nicht sofort gehandelt und auf den normalen Dienstweg mit allen Gesetzgebungsfristen verwiesen hätte - dann hätten die Grünen erst recht aufgeheult von wegen das wäre alles viel zu langsam und die Regierung würde den Ernst der Lage nicht begreifen.
Roth und andere haben ja schon am Samstag (!) nach schnellen Maßnahmen und "Abschalten jetzt" gerufen.

notquite Offline



Beiträge: 506

17.03.2011 16:04
#14 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat
Das ist nun gerade von seiten der Grünen übelste Heuchelei.

Denn wenn Merkel nicht sofort gehandelt und auf den normalen Dienstweg mit allen Gesetzgebungsfristen verwiesen hätte - dann hätten die Grünen erst recht aufgeheult von wegen das wäre alles viel zu langsam und die Regierung würde den Ernst der Lage nicht begreifen.
Roth und andere haben ja schon am Samstag (!) nach schnellen Maßnahmen und "Abschalten jetzt" gerufen.



Natürlich ist es Heuchelei. Das ändert aber nichts daran, dass sie in der Sache richtig liegt. Das kennen wir ja aus der Bundestagsdebatte in Sachen Guttenberg ...

notquite Offline



Beiträge: 506

17.03.2011 16:13
#15 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat
Das glaube ich bei Merkel eigentlich weniger. Notstandsregierung, das ist eine Sehnsucht der bundesdeutschen Altkonservativen gewesen. Damit dürfte Merkel nichts zu tun haben.



Ich beziehe mich da weniger weniger auf den Ablauf hin zum Moratorium als auf die Äußerung Merkels, jetzt dürfe es in dieser Frage "keinen Streit der Parteien geben". Als ob gerade der Arbeitgeberpräsident entführt worden wäre ... Ich meine auch nichts in Richtung "Notstandsgesetze", sondern diese in den letzten Jahren unter Merkel selstsam gehäufte Selbstermächtigung durch echte oder behauptete "Notstände", die eine "schnelle und sachgerechte Lösung" erfordern und daher nur im ganz kleinen Kreis entschieden werden. Formell hat man es bisher noch vorgezogen, diese Entscheidungen auch in Gesetzesform gießen zu lassen, aber in Sachen EU/Kinderpornographie oder eben aktuell AKW hält man selbst das nicht mehr für nötig. Es ist schon erschreckend, wenn sich der Bundestagspräsident öffentlich darüber beschweren muss, dass die Kanzlerin das Parlament missachte.

Zitat
Es kann auch sein, daß man einfach die Nerven verloren hat. Gestern erschien bei FAZ-online ein Bericht von Günter Bannas über die Meinungsbildung.



Danke für den Hinweis auf den Artikel des gewöhnlich sehr gut informierten Günter Bannas. Die unfassbare Stümperei des Guido W., der offenbar nicht einmal überblicken kann, dass man aus diesem Moratorium so schnell auch nicht wieder raus kommt und in dieser Sache anscheinend auch keine Abstimmung mit der CDU für nötig gehalten hat, macht die Sache allerdings nur noch deprimierender. Was hat ihn nur dazu bewogen, sich zu dieser Sache überhaupt zu äußern und dann auch noch in dieser Form? Er hätte doch schlicht dem japanischen Volk sein Bedauern ausdrücken können, Unterstützung zusichern können etc etc. Wenn einer die Möglichkeit hatte, das Thema aus der Distanz zu behandeln, dann der Außenminister.

isildur Offline



Beiträge: 366

17.03.2011 16:19
#16 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Die beste Analyse unserer Politiklandschaft ist doch immernoch http://www.youtube.com/watch?v=JiUOkAwruf0
Es hat einfach niemand mehr den Mut sich hinzustellen und eine unpopuläre Position zu vertreten. Wenn die Stimmung in der Bevölkerung hin zu den Ökoextremisten kippt dann kippt sie halt, dann verteidigt man seinen Standpunkt und läuft nicht "der Meinung" hinterher. Was würde ein Fußballtrainer sagen, wenn alle auf den Ball stürzen anstatt sich im Raum zu verteilen? Im Straßenverkehr nennt man den erfolgreichen Versuch zweier Verkehrsteilnehmer zur gleichen Zeit am gleichen Ort zu sein Unfall, nur in der Politik soll das richtig sein?
Dann können wir uns das Geld für den ganzen Zirkus auch sparen und bilden in Zukunft zu jeder aktuellen Frage den Mittelwert von Spiegel und Bild Leserumfragen, das kommt deutlich billiger.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

17.03.2011 16:30
#17 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von R.A.
Das ist nun gerade von seiten der Grünen übelste Heuchelei.

Denn wenn Merkel nicht sofort gehandelt und auf den normalen Dienstweg mit allen Gesetzgebungsfristen verwiesen hätte - dann hätten die Grünen erst recht aufgeheult von wegen das wäre alles viel zu langsam und die Regierung würde den Ernst der Lage nicht begreifen.
Roth und andere haben ja schon am Samstag (!) nach schnellen Maßnahmen und "Abschalten jetzt" gerufen.



Lieber R.A.,

ich glaube nicht, dass die Grünen aufgehault hätten, wenn die Regierung den Dienstweg eingehalten hätte. Im Gegenteil - ihr Ziel ist es ja, dass die Rücknahme der Laufzeitverkürzung wieder zurückgenommen wird. Indem sie die Regierung jetzt attakieren wollen sie eine formale Gesetzesänderung erzwingen, nachdem sich die Regierung mit dem Moratorium ein Bein gestellt hat.

Gruß, Martin

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

17.03.2011 16:44
#18 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von isildur
Die beste Analyse unserer Politiklandschaft ist doch immernoch http://www.youtube.com/watch?v=JiUOkAwruf0
Es hat einfach niemand mehr den Mut sich hinzustellen und eine unpopuläre Position zu vertreten.

Ganz so ist es nicht. Zehn Jahre lang hat sich Westerwelle z.B. hingestellt und überaus unpopuläre Positionen vertreten, bis er seit einem Jahr etwa dafür bei den Meinungsumfragen bestraft wird. Irgendwann gehen solche "Eier" auch mal ab.

In den 70er Jahren (glaube ich) meinte Dieter Hildebrandt einmal: "Früher sagten die Politiker: Wir wollen das und das, wählt uns dafür! Heute sagen die Politiker: Was bitte sollen wir wollen, damit ihr uns wählt?" Ich vermute, wenn man ein bißchen gräbt, findet man dergleichen Kritik auch schon im 19. Jh. So geht das nun mal im parlamentarischen System. Das Parlament ist eine Art "Konsensmaschine", das hat auch sein Gutes.

Herzliche Grüße,
Kallias

Stefanie Offline



Beiträge: 606

17.03.2011 17:41
#19 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Tiefer kann es jetzt vermutlich nicht mehr absinken:

Der Zusammenhang zwischen dem Kampf gegen Hitler und dem Kampf für die Demokratie mit dem gegen Atomkraft wurde gezogen.

Ich glaubte an Hitler und seine Botschaft bis zuletzt. Erst Jahre nach dem Krieg begriff ich langsam, dass es nicht genügt, sich alle vier Jahre an der Wahlurne fragen zu lassen: Wie hätten Sie's denn politisch gerne? Sondern, dass man sich als Bürger eines einigermaßen funktionierenden demokratischen Systems ständig mitverantwortlich für die Politik seines Landes und damit auch für das Wohlergehen seiner Mitbürger zu fühlen hat.

Das sind die beiden Hauptgründe dafür, dass ich "Die Wolke" schrieb: Ich nehme meine Leser ernst. Und ich nehme die Demokratie ernst. Dazu kommt: Ich möchte mich nicht von meinen Enkeln und Urenkeln fragen lassen (so, wie die Enkel und Urenkel nach der Nazizeit ihre Eltern fragten): "Und du? Warum hast du nichts dagegen getan?"

Ich möchte ihnen antworten können: "Im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten habe ich versucht, etwas gegen die Gefahren unserer Zeit zu tun!"


http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaf...,751287,00.html

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.03.2011 17:45
#20 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von Martin
... ich glaube nicht, dass die Grünen aufgehault hätten, wenn die Regierung den Dienstweg eingehalten hätte.


Das sind dann halt unterschiedliche Glaubensrichtungen ;-)
Wir können natürlich beide nicht sicher wissen, wie die Grünen sich verhalten hätten. Aber da ich diese Typen schon 30 Jahre miterlebe, bin ich mir doch recht sicher mit meiner Prognose.

Zitat
ihr Ziel ist es ja, dass die Rücknahme der Laufzeitverkürzung wieder zurückgenommen wird.


Eigentlich nicht.
Für die Führungsgrünen war der Ausstieg aus dem Ausstieg ein Gottesgeschenk. Alle ihre Regierungssünden waren vergessen und sie konnten sich wieder mit dem Thema profilieren, das die Grünen groß gemacht hat.

Die eigentlichen Umweltaktivisten der Gründerzeit sind bei den Grünen ja schon lange kalt gestellt worden. Inzwischen haben nur noch klassische Linke das Sagen, denen sind Antikapitalismus, Genderfragen und Multikultur wichtig, da wird auch richtig politisch Druck gemacht. Umwelt- und Naturschutz dagegen sind für diese Leute nur noch Vehikel. Da macht man große Sprüche um Wähler zu gewinnen - aber der dadurch gewonnene Regierungseinfluß wird dann für ganz andere Sachen verwendet.

H_W Offline



Beiträge: 456

17.03.2011 19:23
#21 Tiefer Antworten

Zitat
Tiefer kann es jetzt vermutlich nicht mehr absinken:



Liebe Stefanie,
ich fürchte, da kennen Sie die Genoss_Innen von Neid und Dagegen schlecht. Es wird für die leider kein Problem sein, da noch eins drauf (bzw. drunter) zu setzen.

Deutschland das Land der Dichter und Denker, das war einmal.

Gruß, H_W

Politur Offline



Beiträge: 49

17.03.2011 20:18
#22 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

In der Tat ist die Argumentation wenig stichhaltig, aber dennoch nachvollziehbar. Der Wissensstand hat sich in sowiet geändert, dass sich gezeigt hat, dass die geplanten Sicherheitssysteme in Japan nicht ausreichend sind. In Deutschland sind andere Gefahren als ein Tsunami (zB Hochwasser) denkbar und damit auch andere Sicherheitsmaßnahmen geplant. Dass man nun das Sicherheitskonzept überdenkt ist logisch. Die sofortige Abschaltung erklärt dies aber nicht ausreichend.

Die sofortige Abschaltung hingegen ist massiv der Wahlkampfzeit geschultet. Als Blogger und Journalist hat man es immer leichter. In dieser Rolle kann man sich auf den Idealzustand berufen. Als realer Politiker muss man jedoch Wahlen gewinnen und es ist nicht das erste Mal, dass Politiker durch ihren Umgang mit Katastrophen und Gefahren Wahlen entscheiden (Helmut Schmidt, Gerhard Schröder,...). Dass nun die Regierung in Zugzwang ist, ist anbetracht der medialen Darstellung der Katastrophe und der grundsätzlichen Kernenergiefeindlichkeit in der Bevölkerung offensichtlich. Vielmehr sehe ich die Kanzlerin in der Zwickmühle. Egal, was sie tut oder nicht tut, sie kann nur Verlieren: Entweder die Glaubwürdigkeit oder die Wählerstimmen oder beides. Die Laufzeitverlängerung war (unabhängig ob sinnvoll oder nicht) taktisch unklug, auch ohne den Unfall in Japan. Man hat eine längst geklärte Debatte in Deutschland wieder entfacht...

notquite Offline



Beiträge: 506

17.03.2011 20:51
#23 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat
Tiefer kann es jetzt vermutlich nicht mehr absinken



Es geht immer noch tiefer. Lesen Sie mal auf SPON die aktuelle Kolumne von Jakob "Superreicher mit brutalstmöglich gutem Gewissen" Augstein. Ich finde es sensationell, wie man einen halblangen Text schreiben kann, in dem praktisch kein Wort stimmt. Er zeigt nebenbei auch, wieso dieses wirtschaftlich desaströse Merkel-Manöver, dessen Kosten auf SPON auf 230 Milliarden Euro geschätzt werden, auch politisch keinerlei Ertrag abliefern wird: Die Linke wird jetzt halt so tun, als ob sie Merkel zu dieser Panikattacke getrieben hätte. Eine Stimme für die CDU? Lautes Gelächter. Ich finde es erstaunlich, dass es anscheinend immer noch keine Pläne gibt, diese Totengräberin einer Volkspartei aus dem Amt zu putschen. Was soll sie sich eigentlich noch alles erlauben?

http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...,751454,00.html

C. Offline




Beiträge: 2.639

17.03.2011 21:15
#24 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat von notquite
Ich finde es erstaunlich, dass es anscheinend immer noch keine Pläne gibt, diese Totengräberin einer Volkspartei aus dem Amt zu putschen. Was soll sie sich eigentlich noch alles erlauben?



Eigentlich nichts, aber bei der Alternative, verzichte ich lieber auf einen Putsch.

http://www.iceagenow.com/ Cooling is the New Warming

isildur Offline



Beiträge: 366

17.03.2011 21:18
#25 RE: Neue Lage. Die Kanzlerin rechtfertigt das Moratorium Antworten

Zitat
Ganz so ist es nicht. Zehn Jahre lang hat sich Westerwelle z.B. hingestellt und überaus unpopuläre Positionen vertreten, bis er seit einem Jahr etwa dafür bei den Meinungsumfragen bestraft wird. Irgendwann gehen solche "Eier" auch mal ab.

In den 70er Jahren (glaube ich) meinte Dieter Hildebrandt einmal: "Früher sagten die Politiker: Wir wollen das und das, wählt uns dafür! Heute sagen die Politiker: Was bitte sollen wir wollen, damit ihr uns wählt?" Ich vermute, wenn man ein bißchen gräbt, findet man dergleichen Kritik auch schon im 19. Jh. So geht das nun mal im parlamentarischen System. Das Parlament ist eine Art "Konsensmaschine", das hat auch sein Gutes.

Herzliche Grüße,
Kallias

Das stimmt natürlich und mein Beitrag war sicher nicht ganz ausgewogen. Dennoch hat es aus meiner Sicht keinen Sinn die 3. bis 4. links-grüne Partei werden zu wollen. Damit schafft man nur noch mehr Politikverdrossenheit und vor allem glaubt einem irgendwann niemand mehr. Ein Sozialdemokrat kürzt Sozialleistungen, eine Friedenspartei beschließt den ersten Auslandseinsatz der Bundeswehr und jetzt führt uns eine bürgerlich-liberale Regierung in den Atomausstieg(zumindest möglicherweise). Bei aller Liebe zum Konsens aber da wirken die Unterschiede doch mehr inszeniert als real.
Ein wenig mehr ehrlich vertretene Positionen an allen Rändern des Spektrums würden unserem Land meiner Meinung nach gut tun. Nicht umsonst wurde ein Guttenberg so hoch gejubelt, weil er diese Werte vermarktete(auch wenn er sie nicht ausfüllte und vielleicht gar nicht mal ehrlich vertrat).

Ich weiß nicht wie sehr dieses Wissen auf das ohnebindestrich-liberale und libertäre Spektrum begrenzt ist aber "The public does not want what the public wants", sollte eigentlich die Strategie:"Gebt uns ne Meinung und wählt uns dafür" verbieten.

Gruß,
Isildur

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