Zitat Aber im Ernst: Vorgezogene Neuwahlen sind nur so lange ein Hindernis, wie man an der starren Dauer einer Legislaturperiode festhält. Warum sollte nicht nach ihnen, wenn sie denn vorkommen, das betreffende Land wieder sozusagen Tritt fassen?
Ja, das wäre ggf. möglich. Jedoch 2 Einwände:
Erstens ist das u.U. sehr unpraktisch. Stellen Sie sich einmal die Situation praktisch vor (im Falle einer Wahlperiode von 4 Jahren). Am 10. November 2010 finden deutschlandweit Landtagwahlen statt. Am 20. Juni 2014 zerbricht die Koalitionsregierung in Land A. Daraufhin müssen Neuwahlen stattfinden (sagen wir mal: am 25. August 2014). Und im November 2014 gibt es dann schon wieder Neuwahlen. Irgendwie nicht so besonders praktisch.
Zweitens: Es gibt gute Gründe, warum es in einem parlamentarischen System i.d.R. keine festen Wahlperioden gibt. (Und Ihr Beispiel Großbritannien hat eben auch keine fixen Wahlperioden!). Der Grund ist ganz einfach: In parlamentarischen Systemen ist eine Regierung auf eine stabile Mehrheit im Parlament angewiesen. Wenn es diese nicht mehr gibt, muss dies durch irgendeinen Mechanismus korrigiert werden. Und ein möglicher Mechanismus sind eben Neuwahlen. Oder auch nur die Drohung mit Neuwahlen (nichts anderes ist ja z.B. das Stellen der Vertrauensfrage). Der Neuwahltermin ist daher notwendigerweise ein Teil der gegenseitigen Disziplinierung von Regierung und Parlament.
Im übrigen fällt mir eine Formulierung auf:
Zitat wenn sie denn vorkommen,
Sie scheinen davon auszugehen, dass vorgezogene Neuwahlen eher eine sehr seltsame Ausnahme sind. Sie sind in der Realität aber gar nicht so selten.
Aktuell z.B.: In Schleswig-Holstein sind demnächst vorgezogene Wahlen juristisch notwendig. In NRW werden sie aus politischen Gründen voraussichtlich notwendig werden. Der aktuelle Landtag in Hessen ist vorzeitig neu gewählt worden. Dito die aktuelle Bürgerschaft in Hamburg. Dito der vorletzte Bundestag. Dito der aktuelle Bundespräsident.
Zitat von FlorianStellen Sie sich einmal die Situation praktisch vor (im Falle einer Wahlperiode von 4 Jahren). Am 10. November 2010 finden deutschlandweit Landtagwahlen statt. Am 20. Juni 2014 zerbricht die Koalitionsregierung in Land A. Daraufhin müssen Neuwahlen stattfinden (sagen wir mal: am 25. August 2014). Und im November 2014 gibt es dann schon wieder Neuwahlen. Irgendwie nicht so besonders praktisch.
Darin sehe ich kein Problem. Die Regierung kann ja geschäftsführend im Amt bleiben, wie das zB die hessische Landesverfassung vorsieht. Man müßte nur festlegen, daß vorgezogene Neuwahlen nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt in der Legislaturperiode möglich sind.
Ich halte, lieber Florian, überhaupt wenig von vorgezogenen Neuwahlen. Das Grundgesetz sieht sie mit gutem Grund nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen vor; bei beiden, die es bisher gab, mußte das Grundgesetz, sagen wir, arg gedehnt werden.
Wenn der Bürger ein Parlament gewählt hat, dann soll es gefälligst auch eine Regierung zustandebringen. Und wenn die zerbricht, dann eben eine andere. Neuwahlen sind bequem für Politiker und ein Ärgernis für die Bürger.
Zitat von ZettelDie Regierung kann ja geschäftsführend im Amt bleiben, wie das zB die hessische Landesverfassung vorsieht.
Das ist aber ein Provisorium und nicht über längere Zeit tragfähig.
Zitat Wenn der Bürger ein Parlament gewählt hat, dann soll es gefälligst auch eine Regierung zustandebringen.
So weit die Theorie, in der Praxis sieht das halt oft anders aus.
In Deutschland (wie in den meisten Staaten) ist die Regierung direkt vom Parlament abhängig, hat ohne Mehrheit im Parlament eigentlich keine Existenzberechtigung mehr. Und das Parlament als höchste Instanz (von der Legitimation her) muß m. E. auch die Möglichkeit einer Selbstauflösung haben. Wie ja analog ein direkt gewählter Politiker in einem Spitzenamt auch die Möglichkeit des Rücktritts hat, wenn es politisch nicht mehr weitergeht. Ich kenne eigentlich auch kein Land mit parlamentarischer Regierung, in denen vorgezogene Neuwahlen nicht möglich sind.
Etwas anderes ist das in den USA, weil dort die Regierung (d.h. der Präsident) getrennt gewählt wird und neben dem Parlament steht.
Ich halte es eigentlich auch für völlig unproblematisch, daß zu den verschiedensten Terminen in Deutschland irgendwelche Wahlen stattfinden. Zum Problem wird das nur über den Bundesrat und die unheilvolle Verquickung von Verantwortlichkeiten der verschiedenen Ebenen.
Wenn wir einen sauber aufgestellten Föderalismus hätten, dann würde die Bundesregierung ihr Ding durchziehen und die Landesregierungen würden das jeweils unabhängig auch machen. Es gäbe dann immer noch eine gewisse Rücksicht geben, vor wichtigen Wahlterminen den Parteifreunden keine Knüppel zwischen die Beine zu werfen - aber ansonsten könnte "durchregiert" werden.
Zitat von R.A.Ich halte es eigentlich auch für völlig unproblematisch, daß zu den verschiedensten Terminen in Deutschland irgendwelche Wahlen stattfinden. Zum Problem wird das nur über den Bundesrat und die unheilvolle Verquickung von Verantwortlichkeiten der verschiedenen Ebenen.
Ich sehe es, lieber R.A., als das Hauptproblem an, daß die Verantwortlichen ständig auch unter Wahlkampf-Gesichtspunkten entscheiden müssen.
Man muß aber auch mal zwei Jahre Ruhe haben und sich allein an übergeordneten Interessen, an einem nicht parteipolitischen Verantwortungshorizont orientieren können.
Zitat von R.A. Wenn wir einen sauber aufgestellten Föderalismus hätten, dann würde die Bundesregierung ihr Ding durchziehen und die Landesregierungen würden das jeweils unabhängig auch machen. Es gäbe dann immer noch eine gewisse Rücksicht geben, vor wichtigen Wahlterminen den Parteifreunden keine Knüppel zwischen die Beine zu werfen - aber ansonsten könnte "durchregiert" werden.
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Es handelt sich bei der Wahl in Baden-Württemberg nicht um einen Landtagswahlkampf, sondern um einen von den Grünen inszenierten und der SED unterstützten Bürgerkrieg mit Stuttgart21 als Symbol. Es geht nicht um die Wahl eines Parlaments, sondern um den Sturz einer CDU-geführten Regierung, unter deren Führung Baden-Württemberg zu einem der erfolgreichsten Bundesländer wurde. Angela Merkel hat den Fehdehandschuh aufgenommen, somit ist es nicht zu hochgegriffen von einer bundespolitisch entscheidenden Wahl zu sprechen.
Zitat von SZEndlich mal ein echter Kampf: Die Kanzlerin kettet sich an das Bahnprojekt Stuttgart 21. Mit ihrer Entschiedenheit dürfte sie Freunde wie Feinde überrascht haben. Doch Merkels Mut könnte sie teuer zu stehen kommen - sie verliert das Gefühl für die großen Themen. Je intransparenter Politik organisiert wird, desto größer ist die Pflicht zur Begründung. Genau das hat Merkel auf fast provozierende Art vernachlässigt. Sollte sie daran bei Stuttgart 21 nichts ändern, kann sie bei den dortigen Landtagswahlen Ende März alles verlieren.
Stuttgart21 war eben kein kleines Thema, das hat Angela Merkel richtig erkannt, sondern ist der grüne Versuch durch Mobilisierung ihrer Klientel außerparlamentarisch Entscheidungen zu erzwingen. Die Grünen haben sich, solange sie in der Opposition sind, von der parlamentarischen Demokratie verabschiedet und benutzen das Parlament lediglich zur Selbstinszenierung. Diese neue Form des vernetzten politischen Kampfes in Zusammenwirkung mit SED/WASG/DKP-Kadern, "NGOs" und gewaltbereiten Gruppierungen ist gewissenlos, aber äußerst erfolgreich, zumal er positiv medial begleitet wird.
Zitat von GötzGegen das PSW Atdorf laufen die Grünen im Kreis Waldshut-Tiengen Amok, natürlich wegen der Landschaftszerstörung. Und gegen das PSW Goldisthal klagte der dortige BUND - nach einer Millionenspende hat er dann die Klage zurückgezogen.
Neinnein, Sie verwechseln da was: das PSW Goldisthal ist natürlich böse™, weil man damit bösen™ Atomstrom puffern kann. Hätte man nämlich gleich in guten™ Strom aus erneuerbaren Energien investiert, müßte man keine solchen Speicher bauen!
Doch, sagen Sie? Da bräuchte man sogar noch mehr? Ach, Sie können ja gar keine Ahnung haben, vermutlich auch noch so was technischen studiert, das kennt man ja, dann sind sie sowieso nicht zu kritischem Denken™ fähig. Und überhaupt, wieviel zahlt Ihnen die Atomlobby?
Zitat Insbesondere ist der Gestaltungsspielraum von schwarz-gelb im Bundesrat deutlich besser als der einer großen Koalition!
Vielen Dank für die Zahlen, ich hatte das so im Detail nicht durchgerechnet. Allerdings wird es wohl in jedem Fall darauf hinauslaufen, dass sich die im Bund regierende Koalition ihre Mehrheit im Bundesrat künftig von Gesetz zu Gesetz "zusammensuchen" bzw. "-kaufen" muss. Das ist m.E. viel einfacher für eine Große Koalition, weil Union und/oder SPD ja in jedem Land in der Regierung sind. Schwarz-Gelb muss hingegen damit rechnen, dass Rot-(Rot)-Grün im Bundesrat eine Blockade inszeniert, um zu demonstrieren, dass die Bundestagsmehrheit "am Ende ist". Oskar Lafontaine hat das vor der Wahl 1998 erfolgreich vorgemacht, als er u.a. eine geplante Steuerreform scheitern ließ.
Wenn Baden-Württemberg (6 Stimmen) am Sonntag das Lager wechselt, dann regiert die SPD in 10 von 16 Ländern mit und beeinflusst damit 41 von 69 Stimmen. Daraus lässt sich schon eine robuste Blockade basteln.
Zum Thema erneuerbare Energien und Pumpspeicherwerke sowie Risikoerfassung empfehle ich Wolfgang Flamme, der sich auf den Scienceblogs einen heldenhaften Kampf mit verschiedenen Trollen liefert:
Liebe Leute, was habt Ihr eigentlich damit für ein Problem, wenn B.-W. an die Grünen und an die SPD geht? Klar es fehlen die Stimmen im Bundesrat, aber ist das wirklich so dramatisch: so können sich gewisse Parteien schnell sehr gut entlarven. Aber, mehr noch: in BW stehen zwei der nunmehr abgeschalteten KKW - hier fehlt fürderhin einmal die für die Haushaltssanierung notwendige Brennelementabgabe und zweitens die Einnahmen aus Körperschaftssteuer/Gewerbesteuer. Wie erklärt das dann die Grünen/SPD-Koalition ihren Bürgern? Es wird noch spannend im Ländle - aber erst nach der Wahl! Aber vermutlich wird dann der Schwarze Peter bei Union und FDP gesucht: das geht dann genauso, wie bei den heutigen Anti-Atom-Demonstrationen mit einer Gedenkminute für die "Opfer des Atomunfalls" (ja, so steht es bei SZ-Online im entsprechenden Artikel)!
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, vertreten die Grünen in dieser Sache auf jeden Fall die richtige Position!
Wie das geht? Vor Ort sind sie heftig dagegen wegen Landschaftszerstöung. Im Landtag sind sie genauso heftig dafür, wegen "Erneuerbaren" Quelle kann ich nicht genau benennen, war meine ich gestern im Deutschlandfunk.
Wer meint, zur Position der Landtagsgrünen das Stichwort St. Florian anbringen zu müssen, ist natürlich ein ewiggestriger von Lobbyisten gekaufter Volksschädling, oder sagt man heute Klassenfeind, jedenfalls ein pööhser Ungläubiger.
Wer die "dagegen_innen" vor Ort kritisieren sollte, wäre natürlich auch ein, naja, wir wissen schon...
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