Ein Hinweis fehlt meiner Ansicht nach in Ihrem Kommentar, lieber Zettel. Es kommt ja eigentlich nicht so sehr darauf an, ob die Regierung ihre Wende unter dem Druck der Landtagswahlen so schnell vollzogen hat, sondern ob sie nach den Wahlen einfach zur alten Politik zurückkehren wird. Wenn die Reaktion auf Fukushima nur ein Wahlkampfmanöver war, wie die linke Opposition behauptet, würde die Regierung genau das tun. Und dafür spricht meiner Ansicht nach wenig, leider. Gegen die Ablehnung einer deutlichen Mehrheit wird die gerade verabschiedete, meiner Ansicht nach sehr vernünftige Laufzeitverlängerung wohl kaum unverändert bleiben. Es ist ein Preis der Demokratie, dass eine Regierung manchmal wider besseres Wissen handeln und auch noch so tun muss, als sei sie selbst von der Richtigkeit ihre Vorgehens überzeugt. Auch Brüderle hat nicht gesagt, dass es nach den Wahlen eine Rückkehr zum Status quo ante geben wird.
Wenn Brüderle das wirklich gesagt haben sollte, steigt er in meiner Achtung (was von Null kommend jetzt nicht weiter schwer war) und bekräftigt meinen Entschluss antizyklisch zu wählen. In drei Tagen ist glücklicherweise zumindest der Wahlkampf im Abklingbecken und es steht zu hoffen, dass die Wahlkampfteams der Qualitätsmedien ihren wohlverdienten Osterurlaub antreten.
Ich habe im letzte halben Jahr mehr über Manipulation durch Medien gelernt als die zwanzig Jahre zuvor. Glücklicherweise gibt es Alternativen und Beispiele von guten Journalismus, auch wenn ich dazu nach Doha oder New York ausweichen muss.
Zitat ...nach den Wahlen einfach zur alten Politik zurückkehren wird. Wenn die Reaktion auf Fukushima nur ein Wahlkampfmanöver war, wie die linke Opposition behauptet, würde die Regierung genau das tun. Und dafür spricht meiner Ansicht nach wenig, leider.
Leider! Irgendwie hat es die Regierung geschafft, aus allen Lösungsmöglichkeiten die schlechtesten Teile herauszusuchen und zu verwenden.
Das Umfallen unter dem Druck der Straße ist sicher nur Wahltaktik. Hilft aber nichts, wer Austieg will, wählte das linksgrüne Original. So ein Umfallen htte es unter Kohl nicht gegeben, der hätte das ausgesessen! "Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter"
Linksgrün schürt weiter Angst, das Umfallen wäre nur vorübergehend. Mit anderen Worten, die Regierung lügt. Dagegen hält die Regierung mit "wir lügen nicht." Starkes Argument, ob das hilft?
Zum Umfallen vom Umfallen nach den Wahlen gibt es für Frau Merkel aber keinen Grund, die "Straße" fordert es ja überhaupt nicht. Also bleibt es beim Auststieg vom Ausstieg vom Ausstieg. Energie wird daher knapper und somit noch teurer. "Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden" geht anders!
Schwarzgelb hätte bei der Laufzeitverlängerung bleiben können, hätte die Wahl verloren, würde aber nicht als Lügner dastehen. Jetzt lügt man, und verliert die Wahl trotzdem gegen die geschickteren Lügner.
Die Diskussion, ob oder was Herr Brüderle nun gesagt haben mag, ist völlig irrelevant.
Gratulation CDUFDP, von zwei Möglichkeiten immerhin die zweitbeste ausgesucht.
Zitat von AbrahamEin Hinweis fehlt meiner Ansicht nach in Ihrem Kommentar, lieber Zettel. Es kommt ja eigentlich nicht so sehr darauf an, ob die Regierung ihre Wende unter dem Druck der Landtagswahlen so schnell vollzogen hat, sondern ob sie nach den Wahlen einfach zur alten Politik zurückkehren wird. Wenn die Reaktion auf Fukushima nur ein Wahlkampfmanöver war, wie die linke Opposition behauptet, würde die Regierung genau das tun. Und dafür spricht meiner Ansicht nach wenig, leider. Gegen die Ablehnung einer deutlichen Mehrheit wird die gerade verabschiedete, meiner Ansicht nach sehr vernünftige Laufzeitverlängerung wohl kaum unverändert bleiben. Es ist ein Preis der Demokratie, dass eine Regierung manchmal wider besseres Wissen handeln und auch noch so tun muss, als sei sie selbst von der Richtigkeit ihre Vorgehens überzeugt. Auch Brüderle hat nicht gesagt, dass es nach den Wahlen eine Rückkehr zum Status quo ante geben wird.
Es gibt da vermutlich in der Tat eine innere Dynamik, lieber Abraham.
Zunächst dürfte es nur eine Maßnahme gewesen sein, um erst einmal halbwegs heil durch die Wahlen zu kommen. Aber nun rumort Pizza-Connection-Röttgen bereits, der vielleicht demnächst in NRW Wahlkampf machen muß und dem die ganze Richtung nie gepaßt hat. Ich stimme Ihnen zu: Es wird schwer sein, die Laufzeitverlängerung aufrechtzuerhalten.
Es ist ein deutsches Übel, daß fast immer irgendwo gewählt wird. Wieviel besser machen das die Amis: Alle zwei Jahre, und dann wird alles zusammengelegt, bis hin zur Wahl des Marshall in Golden Nugget City.
Interessant, wie sich unsere Demokratie entwickelt: Der geschickteste und unverfrorenste Lügner gewinnt. SPD und Grüne bereiten ja ein Gesetz zum Ausstieg aus der Atomkraft vor, hoffentlich haben sie Erfolg. Der Deutsche lernt nämlich nur durch bittere Erfahrung. Wenn erst einmal regelmäßig die Stromnetze zusammenbrechen, wird auch die furchtbare Atomkatastrophe in Japan zu einem normalen technischen Unglück heruntergestuft. Die späte Einsicht wird uns dann aber nicht mehr helfen. Frau Merkel hätte - wenn sie denn Charakter und Rückgrat hätte - folgendes sagen können: "Ein Unglück wie in Japan ist bei uns nicht möglich. Unsere AKW sind sicher, sonst hätte ich ja nicht die Laufzeitverlängerung durchgesetzt". Unser deutsches Problem sind nicht die gesellschaftlichen und technischen Fantasien der Grünen, sondern das Bemühen der anderen Parteien, die Grünen noch regenerativ zu überholen. Das schadet vor allem der CDU. Uns Deutschen fehlt ein Vaclav Klaus, ich sehe leider weit und breit niemanden, der das entsprechende Format hätte.
Zitat von GötzSPD und Grüne bereiten ja ein Gesetz zum Ausstieg aus der Atomkraft vor, hoffentlich haben sie Erfolg. Der Deutsche lernt nämlich nur durch bittere Erfahrung. Wenn erst einmal regelmäßig die Stromnetze zusammenbrechen, wird auch die furchtbare Atomkatastrophe in Japan zu einem normalen technischen Unglück heruntergestuft. Die späte Einsicht wird uns dann aber nicht mehr helfen.
Wenn sie denn kommt. Was ich fürchte, lieber Götz, ist, daß der Spieß herumgedreht wird: Wenn das Moratorium tatsächlich in eine endgültige Entscheidung mündet, dann wird dies eine Rechtfertigung dafür sein, Restriktionen aller Art durchzusetzen. Das Glühbirnenverbot war ja nur ein Vorbote. Man kann Standby-Schaltungen verbieten, die nächtliche Leuchtreklame, elektrische Heizungen usw.
Die Rechtfertigung für jede Maßnahme in Richtung Harichs Paradies kann dann sein: Wir haben einen Konsens über den Ausstieg. Das hat nun einmal seinen Preis.
Zitat Frau Merkel hätte - wenn sie denn Charakter und Rückgrat hätte - folgendes sagen können: "Ein Unglück wie in Japan ist bei uns nicht möglich. Unsere AKW sind sicher, sonst hätte ich ja nicht die Laufzeitverlängerung durchgesetzt". Unser deutsches Problem sind nicht die gesellschaftlichen und technischen Fantasien der Grünen, sondern das Bemühen der anderen Parteien, die Grünen noch regenerativ zu überholen. Das schadet vor allem der CDU.
Das ist auch meine Meinung. Wenn jemand vor dreißig Jahren vorhergesagt hätte, daß diese Splitterpartei von Ideologen und Weltverbesserern einmal die Meinungsdominanz erringen würde, dann hätte man an dessen Verstand gezweifelt.
Zitat von GötzInteressant, wie sich unsere Demokratie entwickelt: Der geschickteste und unverfrorenste Lügner gewinnt. SPD und Grüne bereiten ja ein Gesetz zum Ausstieg aus der Atomkraft vor, hoffentlich haben sie Erfolg.
Das gab es bereits. Es kommt bei einem Regierungswechsel zu rot-grün (oder rot-rot-grün) zu einem Gesetz zum Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg.
Keine Laufzeitverlängerung durch CDU/CSU und FDP wäre ein Bruch der Wahlversprechen gewesen, zumal sie zum Zeitpunkt der Wahl 2009 eine Mehrheit dafür in der Bevölkerung hatten.
Allerdings bereits vor der Wahl von CDU/CSU und FDP (allerdings auch der SPD) unterschätzt, dass der "Atomausstieg" zum Gründungsmythos der Grünen gehört und enormes Mobilisierungspotential besitzt.
Natürlich hat Brüderle das so gesagt, wie es zitiert wurde. Und natürlich ist der Verweis auf einen Protokollfehler etwas, das bedeutet: ich habe das so gesagt, aber es ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Und es wäre für alle beteiligten das beste, wenn man es bei dieser diplomatischen Sprachregelung belassen würde.
Zitat Das ist auch meine Meinung. Wenn jemand vor dreißig Jahren vorhergesagt hätte, daß diese Splitterpartei von Ideologen und Weltverbesserern einmal die Meinungsdominanz erringen würde, dann hätte man an dessen Verstand gezweifelt.
Lieber Zettel,
allerdings sollte man sein seit mindestens zehn Jahren wissen, dass es so ist, zumindest was die veröffentlichte Meinung angeht. Die SPD findet nur noch am Rande statt, wenn sie sich als nützliche Idioten zur Verfügung stellt. Die SED/WASG-Linke mit ihren Mimikry-Organisationen arbeitet lieber verdeckt, aber dafür fast so einflussreich wie die Grünen, die allerdings die Früchte ernten können.
Zitat von DagnyNatürlich hat Brüderle das so gesagt, wie es zitiert wurde. Und natürlich ist der Verweis auf einen Protokollfehler etwas, das bedeutet: ich habe das so gesagt, aber es ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Und es wäre für alle beteiligten das beste, wenn man es bei dieser diplomatischen Sprachregelung belassen würde.
Warum sollte es das Beste sein? Die neuentdeckte Freude von CDU/CSU und FDP an einem Atomausstieg ist weitaus schlechter gewesen.
Anfang der siebziger war ich selbst bei den Grünen dabei. Damals waren noch integre Personen wie Karl Karcher, Herbert (?) Gruhl, und vor allem Gert Bastian und Petra Kelly an der Spitze. Die kamen teilweise aus der Naturschutz- und tw. aus der Friedensbewegung. Die Atomangst war weniger technischer Natur. Damals ging die Angst um, dass der Einstieg in den "Atom-Staat" gleichbedeutend wäre mit dem Einstieg in den "Überwachungsstaat". Die o.g. Personen müssen im Grab rotieren wie die Brathähnchen wenn sie sehen, was aus ihrer grünen Partei geworden ist. Grün angestrichene, verlogene, wohlstandsverwahrloste Egoisten, die sich ihr ökologisch reines Gewissen von der Allgemeinheit bezahlen lassen. Reden ständig von der Verantwortung gegenüber unseren Nachkommen und hinterlassen denen einen Schuldenberg ohnegleichen. Zwei herrliche Beispiele für grüne Verlogenheit: Gegen das PSW Atdorf laufen die Grünen im Kreis Waldshut-Tiengen Amok, natürlich wegen der Landschaftszerstörung. Und gegen das PSW Goldisthal klagte der dortige BUND - nach einer Millionenspende hat er dann die Klage zurückgezogen. Sorry, musste mal Dampf ablassen! Gruß aus Südhessen
Zitat von C. Ich habe im letzte halben Jahr mehr über Manipulation durch Medien gelernt als die zwanzig Jahre zuvor. Glücklicherweise gibt es Alternativen und Beispiele von guten Journalismus, auch wenn ich dazu nach Doha oder New York ausweichen muss.
Wir in der BRD Aufgewachsenen wissen nun wenigstens wie es sich anfühlt in einem (totalitären | autoritären | Religions-) Staat zu leben oder aufgewachsen zu sein. Und wir wissen nun wie es sich anfühlt, wenn fast alle Medien gleichgeschaltet sind. Das ist doch schonmal was wert.
Ich begreife nicht, was an Brüderles Aussage eigentlich problematisch sein soll. Weder die linke Empörung noch die Ableugnung durch den Protokoll-Verschicker sind inhaltlich nachvollziehbar.
Daß die Landtagswahlen Druck auf die Politik machen ist doch eine Binsenweisheit. Und daß die Entscheidung fürs Moratorium irrational ist, könnte man zwar inhaltlich diskutieren - ist aber kein Beleg dafür, daß die Regierung eine "Wahlkampflüge" erzählen würde.
Wir in der BRD Aufgewachsenen wissen nun wenigstens wie es sich anfühlt in einem (totalitären | autoritären | Religions-) Staat zu leben oder aufgewachsen zu sein. Und wir wissen nun wie es sich anfühlt, wenn fast alle Medien gleichgeschaltet sind. Das ist doch schonmal was wert.
Ich weiß leider noch nichts mit diesem neu erworbenen Wissen anzufangen, denn immerhin ist noch nicht der Satz gefallen, dass niemand vor hat eine Mauer zu bauen. Ich bin zur Zeit angesichts der medialen Gleichschaltung wie paralysiert, da so gut wie keiner deutschen Nachricht, noch nicht einmal Agenturmeldungen zu trauen ist. Die "vierte Gewalt" berauscht sich völlig verantwortungslos an ihrer Manipulationsmacht.
Zitat von SchieritzEs ist die Aufgabe der Presse in einer Demokratie, die Regierung zu überwachen, einzuordnen und zu kritisieren. Woran aber die Qualität politischer Arbeit messen?
Die Art und Weise wie Brüderles Bäuerchen skandalisiert und übersteigert wird, geht über bloße Kritik hinaus.
Zitat von SZWirtschaftsminister Rainer Brüderle hat nach SZ-Informationen vor der Spitze der deutschen Industrie gesagt, dass die anstehenden Landtagswahlen der Grund für den plötzlichen Sinneswandel der Regierung in der Atompolitik sind. Die Opposition schlachtet Brüderles Moratoriums-Äußerungen genüßlich aus
Daraus entnehme ich, auch im Hinblick auf Prantls Kommentar, dass sich die Süddeutsche Zeitung als Agitationsplattform der Opposition versteht, soweit ich das nicht vorher schon geahnt habe.
Nachtrag:Erste personelle Konsequenzen aus der Brüderle-Affäre: Der Hauptgeschäftsführer des BDI, Werner Schnappauf, gibt seinen Posten auf.
Zitat Es ist ein deutsches Übel, daß fast immer irgendwo gewählt wird. Wieviel besser machen das die Amis: Alle zwei Jahre, und dann wird alles zusammengelegt, bis hin zur Wahl des Marshall in Golden Nugget City.
Warum das in Deutschland nicht geht, ist Ihnen aber schon klar?
(Hinweis: Die USA haben auf allen Ebenen ein Präsidialsystem mit einer von der Parlamentsmehrheit unabhängigen Regierung. Deutschland hat auch auf Landesebene eine parlamentarische Demokratie. Dadurch können Regierungen stürzen und es können vorgezogene Neuwahlen notwendig werden. Feste Wahlrhythmen sind daher nicht möglich).
Brüderls Äußerung gibt keinen Anlass zu Aufregung, wohl aber es wahltaktisch ausschlachten zu können. Was ja nun auch geschieht.
Bemerkenswert finde ich in diesem Zusammanhang, dass Trittin sinngemäß äußerte - weiß nicht mehr, wo ich es las oder hörte -: dass Brüderle zu dumm gewesen sei, zu wissen, dass doch typisch deutsch alles protokolliert werde und er damit also hätte rechnen müssen, dass es rauskommt. Ich fragte mich zum einen, was soll dieses typisch deutsch an dieser Stelle? Ist es auch typisch deutsch, dass man Sachen, welche als vertraulich gekennzeichnet sind, an Medien weitergibt? Dass ist ja die Konsequenz aus der Aussage. Dass man in einer Gruppe von 40 Leuten nicht ausschließen kann, dass sich jemand nicht an die Vertraulichkeit hält, das ist das eine. Vielleicht war das dumm. Nehmen wir den Begriff: dann hätte es meineserachtens heißen müssen, dass es dumm war, zu glauben, dass niemand entgegen der Vertraulichkeitsvereinbarung Informationen sogar an die Presse weitergibt. Das hätte dann aber schon wieder einen ganzen anderen Tenor und der ist in meinen Augen auch der zutreffende.
Es ist lächerlich von den Medien und der Opposition aus dieser Bemerkung Brüderls so ein Theater zu machen. Man fühlt sich regelrecht wie ein Ochse durch die Arena gezogen, wenn man heirüber aufgeregte lange Artikel lesen muss und fragt sich, ob die Medien nichts anderes zu tun haben.
Edit: las oben, dass der Geschäftsführer des BDI zurück getetren sei. Es kann echt alles nicht sein. Weil einer hier sich nicht an die Vertraulichkeit hält, ein Nullum rausgibt, was die Medien zu etwas in ihrem Sinne aufbauschen, um wieder ein Skandälchen zu haben, was Auflagen bringt, die Oppostion sich dankbar drauf stürzt, muss jetzt einer gehen. In diesem Lande ist jedes Maß verloren gegangen. Daher, ob ein zu Guttenberg da bleibt oder nicht, änder rein gar nichts an dem Stil der Politik und Medien hier in diesem Lande. Es ist einfach unehrlich und der Zweck scheint ziemliche viele Mittel zu heligen.
Zitat Daß dies ein kluges Manöver war, kann füglich bezweifelt werden. Die Leut san ja net blöd.
Hilfreich für Schwarz-Gelb war dieses Manöver ganz bestimmt nicht. Andererseits ist ja auch die Kanzlerin bekanntermaßen net blöd. Vielleicht hatte sie ihre eigenen Gründe - zum Beispiel den, das Tor zu einem Wechsel in die Große Koalition aufzumachen.
Wie ist denn ihre Lage? Die schwarz-gelbe Mehrheit in Baden-Württemberg war nach Fukushima mit großer Wahrscheinlichkeit sowieso weg, damit auch jede CDU/FDP Gestaltungskraft im Bund (Stichwort Bundesrat). Gleichzeitig stehen äußerst schwierige Themen auf der Tagesordnung, die von historischer Tragweite sind und zu starken Aufwallungen im Volk führen: Euro-Rettung, Energieumbau, Nahostkrisen, Haushaltssanierung. Der Koalitionspartner FDP zickt bei alledem immer nur herum und steht auch noch vor einer Führungskrise (Westerwelle), die ihn vollends unberechenbar macht.
Wie komfortabel wäre doch verglichen damit eine Große Koalition: Man kennt sich und schätzt sich (zumindest im Fall Steinmeier und Steinbrück) persönlich; die Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat sind sicher, auch äußerst unpopuläre Entscheidungen lassen sich damit problemlos durchsetzen. Gleichzeitig nutzt sich die SPD als Regierungspartei sofort wieder ab und ist damit ein leichterer Gegner bei der nächsten Wahl. Eigentlich perfekt - man muss die Sozen nur irgendwie in die Regierung locken und die FDP vor die Tür befördern. Und zwar so, dass es aussieht, als gehe diese Chaotentruppe von allein.
Die Atomvolte passt perfekt zu einer solchen Strategie: Sie räumt den vielleicht schwierigsten Streitpunkt zwischen Union und SPD ab, und lässt die FDP gleichzeitig richtig dumm aussehen (siehe Brüderle).
Zugegeben: Alles reine Spekulation. Und man soll ja niemals Perfidie unterstellen, wenn Dummheit als Erklärung auch schon reicht. Trotzdem bleibt das Rätsel, wie die kluge Machtpolitikerin und Fachfrau Merkel in Sachen Atomausstieg so unglaublich blöd sein konnte.
Zitat von StefanieBemerkenswert finde ich in diesem Zusammanhang, dass Trittin sinngemäß äußerte - weiß nicht mehr, wo ich es las oder hörte -: dass Brüderle zu dumm gewesen sei, zu wissen, dass doch typisch deutsch alles protokolliert werde und er damit also hätte rechnen müssen, dass es rauskommt. Ich fragte mich zum einen, was soll dieses typisch deutsch an dieser Stelle?
Ich glaube, das Statement von Trittin wurde gestern Abend in den heute-Nachrichten gezeigt. Was ich an seiner Aussage besonders wiederwärtig fand, war die Verachtung, mit der Trittin über dieses Land sprach. Der genaue Wortlaut war nämlich, dass alles "treudoof treudeutsch protokolliert werde" (sagt zumindest meine Erinnerung, habe gerade keine Möglichkeit, in der Mediathek nochmal reinzuhören). Solche Aussagen zeigen mir, dass diese Partei so schnell nicht wieder in Regierungsverantwortung kommen darf.
Zitat von StefanieBemerkenswert finde ich in diesem Zusammanhang, dass Trittin sinngemäß äußerte - weiß nicht mehr, wo ich es las oder hörte -: dass Brüderle zu dumm gewesen sei, zu wissen, dass doch typisch deutsch alles protokolliert werde und er damit also hätte rechnen müssen, dass es rauskommt. Ich fragte mich zum einen, was soll dieses typisch deutsch an dieser Stelle?
Ich glaube, das Statement von Trittin wurde gestern Abend in den heute-Nachrichten gezeigt. Was ich an seiner Aussage besonders wiederwärtig fand, war die Verachtung, mit der Trittin über dieses Land sprach. Der genaue Wortlaut war nämlich, dass alles "treudoof treudeutsch protokolliert werde" (sagt zumindest meine Erinnerung, habe gerade keine Möglichkeit, in der Mediathek nochmal reinzuhören). Solche Aussagen zeigen mir, dass diese Partei so schnell nicht wieder in Regierungsverantwortung kommen darf.
So habe ich das Zitat aber auch in Erinnerung. Und ebenso ging es mir wie Ihnen, dass ich dachte, das klingt arg abfällig. Und noch mal, Indiskretion - die nun sogar jemandem dem Job kostet - finde ich, ist eher ein Anlass zu abfälligen Bemerkungen als ein vielleicht zu gewissenhaftes Protokollieren. Darüber regt sich aber keiner auf. Ebenso wenig wie jemand feststellt, dass dieser angeblich entlarvende Satz ein "Nichts" ist und nur durch das tendenziöse Aufbauschen zu einem "Etwas" wurde.
Zitat Wie komfortabel wäre doch verglichen damit eine Große Koalition: Man kennt sich und schätzt sich (zumindest im Fall Steinmeier und Steinbrück) persönlich; die Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat sind sicher,
Diese Aussage liest man zwar immer wieder - aber sie stimmt nicht.
Union und SPD haben im Bundesrat gemeinsam nur 18 von 69 Stimmen.
(Wenn man davon ausgeht, dass die Bundestags-Oppositionsparteien gegen ein Vorhaben einer großen Koalition sind und in den Landesregierungen an denen sie beteiligt sind in diesem Fall Bundesrats-Enthaltungen erzwingen. Letzteres ist in den jeweiligen Landes-Koalitionsvereinbarungen die übliche Regelung).
Wie sieht es mit den Bundesrats-Mehrheiten bei anderen Bundestags-Koalitionen aus? (Stand heute, d.h. vor den Landtagswahlen am 27.3.)
Fazit: Keine einzige halbwegs plausible Bundestags-Koalition hätte eine eigenständige Bundesratsmehrheit von 35 Stimmen. Für eine solche Mehrheit bräuchte es schon eine "Super-Koalition" z.B. aus Union+SPD+FDP.
In Klammern gesagt: Eine "Super-Links-Koalition" aus Rot+Rot+Grün PLUS (!) Union käme mit 35 Stimmen gerade hauchdünn auf eine eigenständige Mehrheit. Was man hier sehr deutlich sieht, ist das starke Gewicht der FDP auf Landesebene. Die FDP sitzt in Landesregierungen, die gemeinsam 34 Bundesrats-Stimmen kontrollieren. zum Vergleich: Union: 45 SPD: 35 Grün: 12 Linkspartei: 8
Fazit: Unter den plausiblen Bundestags-Koalitionen ist schwarz-gelb immer noch in einer vergleichbar komfortablen Lage im Bundesrat (man müsste nur ein einziges mittelgroßes Land auf seine Seite ziehen, dann hätte man die Mehrheit). Insbesondere ist der Gestaltungsspielraum von schwarz-gelb im Bundesrat deutlich besser als der einer großen Koalition!
Zitat von Florian(Hinweis: Die USA haben auf allen Ebenen ein Präsidialsystem mit einer von der Parlamentsmehrheit unabhängigen Regierung. Deutschland hat auch auf Landesebene eine parlamentarische Demokratie. Dadurch können Regierungen stürzen und es können vorgezogene Neuwahlen notwendig werden. Feste Wahlrhythmen sind daher nicht möglich).
Danke für den Hinweis, lieber Florian. Ja, sowas habe ich geahnt.
Aber im Ernst: Vorgezogene Neuwahlen sind nur so lange ein Hindernis, wie man an der starren Dauer einer Legislaturperiode festhält. Warum sollte nicht nach ihnen, wenn sie denn vorkommen, das betreffende Land wieder sozusagen Tritt fassen? In GB zum Beispiel gibt es keine starre Länge der Legislaturperiode, sondern nur eine maximale Frist, innerhalb deren der PM der Königin die Auflösung des Parlaments vorschlagen muß.
Zitat von JunoWie komfortabel wäre doch verglichen damit eine Große Koalition: Man kennt sich und schätzt sich (zumindest im Fall Steinmeier und Steinbrück) persönlich; die Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat sind sicher, auch äußerst unpopuläre Entscheidungen lassen sich damit problemlos durchsetzen. Gleichzeitig nutzt sich die SPD als Regierungspartei sofort wieder ab und ist damit ein leichterer Gegner bei der nächsten Wahl. Eigentlich perfekt - man muss die Sozen nur irgendwie in die Regierung locken und die FDP vor die Tür befördern. Und zwar so, dass es aussieht, als gehe diese Chaotentruppe von allein.
Die Atomvolte passt perfekt zu einer solchen Strategie: Sie räumt den vielleicht schwierigsten Streitpunkt zwischen Union und SPD ab, und lässt die FDP gleichzeitig richtig dumm aussehen (siehe Brüderle).
Zugegeben: Alles reine Spekulation.
Aber eine sehr interessante; wie ja Ihre Beiträge oft ausnehmend interessant sind.
Die Frage ist natürlich, ob denn bei der SPD Interesse besteht. Vielleicht ja. Sie hat sich ja von ihrem Linksschwenk auf dem Hamburger Parteitag offenbar erholt. Nahles ist nicht nur Mutter geworden, sondern auch sonst sanft. Bei Steinbrück hatte ich damit gerechnet, daß er den Weg von Clement gehen würde; stattdessen wird er ja schon gelegentlich als Kanzlerkandidat gehandelt. Gabriel, der verkörperte Opportunismus (sozusagen ein dicker Opportunist) wird alles mitmachen, wenn es dafür in der SPD eine Mehrheit gibt.
Herzlich, Zettel
PS: Es kann natürlich auch sein, daß die Kanzlerin am Montag, dem 14. März, tatsächlich mit der Möglichkeit einer Katastrophe rechnete und der dann eintretenden Panikreaktion der deutschen Sensibelchen vorbeugen wollte.
Zitat von JunoWie komfortabel wäre doch verglichen damit eine Große Koalition: Man kennt sich und schätzt sich (zumindest im Fall Steinmeier und Steinbrück) persönlich; die Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat sind sicher, auch äußerst unpopuläre Entscheidungen lassen sich damit problemlos durchsetzen. Gleichzeitig nutzt sich die SPD als Regierungspartei sofort wieder ab und ist damit ein leichterer Gegner bei der nächsten Wahl. Eigentlich perfekt - man muss die Sozen nur irgendwie in die Regierung locken und die FDP vor die Tür befördern. Und zwar so, dass es aussieht, als gehe diese Chaotentruppe von allein.
Die Atomvolte passt perfekt zu einer solchen Strategie: Sie räumt den vielleicht schwierigsten Streitpunkt zwischen Union und SPD ab, und lässt die FDP gleichzeitig richtig dumm aussehen (siehe Brüderle).
Zugegeben: Alles reine Spekulation.
Aber eine sehr interessante; ... PS: Es kann natürlich auch sein, daß die Kanzlerin am Montag, dem 14. März, tatsächlich mit der Möglichkeit einer Katastrophe rechnete und der dann eintretenden Panikreaktion der deutschen Sensibelchen vorbeugen wollte.
Volle Zustimmung - interessantes Gedankenspiel.
Ich denke, man unterschätzt Frau Merkel leicht. Sie denkt langfristiger, als manch anderer. Und sie ist eine gewiefte Taktikerin. 1) Die veröffentlichte und öffentliche Zustimmung zum Kampfeinsatz in Libyen wird wahrscheinlich bald kippen. Punkt für die Kanzlerin. 2) Mit der schnellen Entscheidung der Atomdiskussion hat sie der Opposition erst mal den Wind aus den Segeln genommen. Alle Möglichkeiten einkalkulierend (atomarer Super-GAU, geringfügiger Unfall, ...) Ziel: Kurzfristig Wahldebakel möglichst vermeiden (ob das klappt? Man wird's am Sonntag sehen), sich mit dem dreimonatigen Moratorium alle Optionen offen halten, Handlungsfähigkeit beweisen (?). Dass man dafür anderes wie die eigene Glaubwürdigkeit vernachlässigen muss - erst mal scheinbar nicht so wichtig.
Dafür, dass es eine reine CDU-Entscheidung war, spricht auch, wer an der Sitzung im Kanzleramt am 14.3. teilgenommen hat:
Zitat Neben den Ministern Brüderle und Röttgen sind dies die Ministerpräsidenten Mappus, Seehofer (CSU, Bayern), Bouffier (CDU, Hessen), McAllister (CDU, Niedersachsen) und Carstensen (CDU, Schleswig-Holstein).
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