Da die ägyptische Militärführung das Dilemma auch kennt und bestimmt keine Lust hat, die Macht an die Muslimbrüder abzugeben oder in einen Krieg gegen Israel getrieben zu werden (von dem sie wissen, daß sie ihn nicht gewinnen können), wäre ein einfacher Ausweg möglich: Die ägyptische Armee besetzt Gaza, um es vor der "israelischen Aggression" zu schützen. Natürlich mit dem offiziellen Ziel, das Gebiet für einen palästinensischen Staat zu sichern.
Wenn die Ägypter die Hamas ausräuchern, wird sich die Weltöffentlichkeit nicht aufregen, egal wie brutal das geschieht. Eine Ausschaltung der Hamas würde auch die ägyptische Innenpolitik stabilisieren, die "erfolgreiche Hilfe" für die arabischen Brüder würde der ägyptischen Regierung Prestige verschaffen. Und Gaza könnte wirtschaftlich ein Plusposten werden, nicht nur durch Beschlagnahme der Hamas-Gelder.
... und wenn wir uns in der Lage glaubten, wir könnten die Probleme Israels in seiner Region lösen, würden wir uns überschätzen. Der Aufstand fand in vielen arabischen Ländern statt. Ausnahmen bilden die vergleichsweise offenen Länder Libanon und Emirate. Und andere Machthaber (Marokko, Jordanien) versuchen den Druck mit glaubwürdigen Reformbemühungen zu mindern. Ansonsten können wir uns nicht gegen die Revolutionierung gegen völlig verkorkste Diktaturen stemmen. Sicher sind Vergleiche zwischen Regionen problematisch, aber in Lateinamerika begann Mitte der 80er auch der Prozeß einer Annäherung an demokratischere und rechtsstaatliche Prinzipien. Trotz des venezoelanischen Unfalls lassen sich die Ergebnisse nicht anders als positiv bezeichnen, vergleicht man den aktuellen Zustand mit der Abfolge von extremen populistischen und diktatorialen Regierungen zwischen 1930 und 1982.
Wir sollten natürlich unser Gewicht hinter dem Existenzrecht Israels stellen. Mehr können wir aber nicht tun. Ein Wiederaufleben des agressiven Panaberismus im Stile der Kriege zwischen 1948 und 1980 halte ich für sehr unwahrscheinlich. Schliesslich hat das zu einer Zementierung der Satrapien geführt. Ähnlich wie in der Türkei Erdogans wird das Hauptaugenmerk auf eine Verbesserung des beklagenswerten inneren Zustand gelegt.
"In einem berühmten Aufsatz über Tolstoi unterschied der liberale Philosoph Sir Isaiah Berlin zwischen zwei Arten von Denkern, indem er an ein antikes Sprichwort erinnerte, das dem griechischen Lyriker Archilochos as dem siebten vorchristlichen Jahrhundert zugeschrieben wird: 'Der Fuchs weiß viele Dinge, aber der Igel weiß ein großes Ding'. Igel haben nur einen einzigen Gedanken und sehen die Welt ausschließlich durch die Linse dieses Gedankens. Komplikationen und Ausnahmen übersehen sie, oder passen sie ihrer Weltsicht entsprechend an. Für sie gibt es auf alles eine zutreffende Antwort, die sich auf alle Zeiten und alle Situationen anwenden lässt. Füchse hingegen, für die Berlin offenbar mehr übrig hatte, haben eine differenzierte Weltsicht, die sie davon abhält ein unabänderliches großes Motto vor sich her zu tragen. Sie sind skeptisch gegenüber hochfliegenden Theorien, weil sie der Meinung sind, dass die Welt zu komplex ist, um mit Verallgemeinerungen erklärt werden zu können. Für Berlin gehörte Dante zu den Igeln und Shakespeare zu den Füchsen. Seine Unterscheidung ist hilfreich für den Gegensatz in der wissenschaftlichen Ökonomie: Dort gibt es Igel, die der Überzeugung sind, die Schaffung freier Märkte sei immer die richtige Lösung (das 'große Ding'), und Füchse, für die der Teufel im Detail steckt. ..." Dani Rodrik, Das Globalisierungs-Paradox, Übersetzt von Heinz Silber, München 2011, S. 157. GROSSARTIGES BUCH, eines in der Türkei geborenen Juden btw.
Nach diesem Gedankengang wäre es sehr igelig, die Ereignisse in Arabien fast ausschließlich unter dem engen Blickwinkel einer möglichen Bedrohung Israels zu betrachten, da die diktatur-entfesselten Araber nun quasi zwangsläufig auf Kaperfahrt nach Tel Aviv gehen würden.
Eine lesenswerte Analyse aus der strategischen Sicht der USA heute im Wall Street Journal:
Zitat Yemen, Jordan, Iraq, Bahrain and the other Gulf states are all individually more important than Libya because they constitute Saudi Arabia's critical near-abroad. In this era of weakening central authority throughout the Middle East, the core question for the U.S. will be which regime lasts longer: Saudi Arabia's or Iran's. If the Saudi monarchy turns out to have more staying power, we will wrest a great strategic victory from this process of unrest; if Iran's theocracy prevails, it will signal a fundamental eclipse of American influence in the Middle East. http://online.wsj.com/article/SB10001424...HTTopCarousel_1
Ich fürchte, beides ist richtig: Israel spielt bei all diesen Umwälzungen und Spannungen eigentlich nur eine Nebenrolle. Aber es muss trotzdem fürchten, wieder einmal zum Blitzableiter zu werden. Es ist in so großer Gefahr wie seit vielen Jahren nicht. Darüber müsste sich dringend auch die deutsche Politik ein paar Gedanken machen.
Zitat von JunoIch fürchte, beides ist richtig: Israel spielt bei all diesen Umwälzungen und Spannungen eigentlich nur eine Nebenrolle. Aber es muss trotzdem fürchten, wieder einmal zum Blitzableiter zu werden. Es ist in so großer Gefahr wie seit vielen Jahren nicht. Darüber müsste sich dringend auch die deutsche Politik ein paar Gedanken machen.
So ist es. Stattdessen macht beispielsweis die "Zeit" mit der nun wahrlich idiotischen Frage auf, ob die Bombardierung Libyens wohl ein "gerechter Krieg" sei.
Israel ist gefährdet wie nie seit 1973.
Der ganze Nahe Osten könnte aus den Fugen geraten. Die USA unter Barack dem Redner agieren hilflos. Sarkozy hat erkannt, daß er in die Lücke stoßen und ein paar Tausend Menschen für sein standing opfern kann.
Israel bleibt es nur, die Reihen zu schließen.
Die absurde Idee des unfähigsten Präsidenten, den die USA jemals hatten, eben mal einen Friedensprozeß zu veranstalten, ist eine Lachnummer. Der Träger des Friedensnobelpreises ost ein warmonger ohne Beispiel.
Es ist aus meiner Sicht so, lieber Juno: Dieser Präsident, der ein Unglück nicht nur für sein Land, sondern für die Welt ist, wird als Kriegspräsident in die Geschichte eingehen. Seine Dummheiten, seine Verstiegenheiten sind eine wesentliche Ursache für das, was sich jetzt abspielt.
"Israel ist gefährdet wie nie seit 1973" meint Zettel.
Es ist schon ironisch. Jahrelang bedrohten bspw Daddy and Junior Assad Israel von Norden. Israel musste mehrere Kriege bzw Feldzuege gegen die beiden bestehen und sich ihres Einflusses im Libanon erwehren. Jetzt regt sich Widerstand in Syrien gegen Junior Assad und Israel ist "gefährdet wie nie seit 1973"?
In Aegypten wo das Militaer regiert(e), das Israel immerhin im von Zettel referierten Jahr 1973 ueberfallartig ohne Warnung angegriffen hatte, regen sich demokratische Anzeichen und "Israel ist gefährdet wie nie seit 1973"?
Der Irak ist als Bastion des Boesen ausgeschaltet, der Diktator der Israel mit Giftgas drohte wuerde hingerichtet, und "Israel ist gefährdet wie nie seit 1973"?
Man fragt sich wann Israel eigentlich nicht gefaehrdet ist bzw war - offenbar nur dann (laut Zettel jedenfalls) wenn es von Diktaturen umgeben ist die mit sowjetischem B-List Militaermaterial ausgeruestet sind/waren, und vor allem damit beschaeftigt sind ihre eigenen Buerger zu unterdruecken?
Pentas
(
gelöscht
)
Beiträge:
29.03.2011 08:34
#7 RE: Aufruhr in Arabien (17): Die Bedrohung Israels
Zitat von john jMan fragt sich wann Israel eigentlich nicht gefaehrdet ist bzw war - offenbar nur dann (laut Zettel jedenfalls) wenn es von Diktaturen umgeben ist die mit sowjetischem B-List Militaermaterial ausgeruestet sind/waren, und vor allem damit beschaeftigt sind ihre eigenen Buerger zu unterdruecken?
Ägypten ist immerhin mit amerikanischen B-Material ausgerüstet.
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