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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 12 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Herr Offline




Beiträge: 406

02.04.2011 04:38
Apokalypse now? Antworten

Was ist eigentlich mit der Rede von der Apokalypse im Zusammenhang mit gegenwärtigen Katastrophenszenarien gemeint? Was ist eigentlich Apokalyptik? Und ist die Verwendung dieser Kategorie angemessen? – Hier ist der erste Teil meines Antwortversuchs.

huett@hans-huett.de Offline



Beiträge: 2

02.04.2011 09:28
#2 RE: Apokalypse now? Antworten

Ich habe meine Zweifel an der These, weil die Japaner nicht zufällig Godzilla erfunden haben. Oder denken Sie an den Autor Shozo Numa, dessen Kultroman Yapou in französischer, italienischer und englischer Übersetzung vorliegt, in den 50er Jahren anonym veröffentlicht, fiel er hierzulande wohl unter politisch-ästhetischen Unkorrektheitsverdacht: ein Science Fiction, in nicht allzuferner Zukunft, die eine Herrenrasse und eine Sklavenrasse unterscheidet, wobei die Sklaven über die Gabe verfügen, ihren Herren nicht nur jeden Wunsch abzulesen, noch bevor er geäußert wird, sondern auch ihren eigenen Körper multimorphisch jedem Herenbedürfnis entsprechend verwandeln und anpassen können.

Nach Hiroshima und Nagasaki gibt es so etwas wie eine postapokalyptische kulturelle Praxis in Japan, gewiss nicht in der hiesigen Tonalität, die wenig mit Philosophie, noch weniger mit Religion zu tun hat.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.04.2011 10:36
#3 Japan Antworten

Zitat von huett@hans-huett.de
Nach Hiroshima und Nagasaki gibt es so etwas wie eine postapokalyptische kulturelle Praxis in Japan, gewiss nicht in der hiesigen Tonalität, die wenig mit Philosophie, noch weniger mit Religion zu tun hat.

Ich weiß nicht, ob ich das ganz verstehe, was Sie sagen wollen.

Die japanische Kultur ist uns sehr fremd. Die deutsche Kultur den Japanern nicht, das ist eine seltsame Geschichte.

Gebildete Japaner wissen über deutsche Literatur, deutsche Musik, überhaupt deutsche Kultur mehr als gebildete Deutsche.

Die Japaner sind ein gebildetes Volk; nur sind sie auch ein aussterbendes Volk. Sie sind überaltert.

Sie hocken dicht gedrängt auf ihren Inseln und haben null Ressourcen. Die Fischerei gab es, die Atomkraft. Die Japaner leben von Fisch, weil sie von Wasser umgeben sind. Es geht mit der Fischerei zu Ende. Jetzt geht es möglicherweise auch mit der Nuklearenergie zu Ende.

Was sollen die Japaner noch machen?

Herzlich, Zettel

Edit: Versehentliches gelöscht.

Blub ( gelöscht )
Beiträge:

02.04.2011 13:00
#4 RE: Japan Antworten

Nana, nicht so apokalyptisch. Überalterung und leichter Bevölkerungsrückgang (in 50 Jahren auf mehr als oder soviel wie Deutschland jetzt?) ist nicht direkt aussterben. Die Japaner werden dahingehend auch gar nicht bedroht. In Europa wäre der Rückgang auch kein Problem, wenn nicht kulturelle Verdrängungskämpfe stattfinden würden.

Llarian Offline



Beiträge: 7.121

02.04.2011 13:03
#5 RE: Japan Antworten

Zitat
Was sollen die Japaner noch machen?


Sehr viel, lieber Zettel, sehr viel. Zum ersten glaube ich nicht, dass die Japaner sich so einfach die Nuklearenergie verhageln lassen, denn wie gesagt, es sind nicht die Deutschen. Zum zweiten, die Japaner sind vermutlich das technikaffinste Volk der Welt, vielleicht noch neben den Koreanern, aber ganz sicher weit vor den Europäern. In meinem Bereich (Teilgebiet der Robotik) werden deutlich mehr Patente in Japan beantragt als in Deutschland. In Japan wird dazu in rauen Mengen veröffentlicht, in Bezug auf laufende Roboter ist die japanische Forschung derart weit vorraus, dass sowohl Europäer als auch Amerikaner einfach nur abgehängt sind. Im Bereich Industrierobotik verfügt Japan über mehr als 350.000 Roboter (dreimal mehr als Deutschland oder die USA). Und im Unterschied zu diesen Ländern lieben die Japaner das technische. Sie sind fortschrittsgläubig und treiben die Entwicklung voran. Und ich rede nicht nur von technischer Industrie: In Japan werden pro Jahr mehr als 100 Millionen Tonnen Stahl erschmolzen, wobei es nahezu kaum nutzbares japanisches Eisenerz gibt. Es wird nahezu vollständig importiert (ist allerdings bei uns durchaus ähnlich). Kohle wird zu Dreiviertel importiert. Und dennoch ist Japan der weltweit drittgrösste Hersteller für Stahl.

Es stimmt, dass die japanische Gesellschaft altert und sich nicht ausreichend vermehrt. ABER: Das ist in Europa nicht ein bischen anders. Nur maskieren wir es durch Einwanderung. Wenn wir die autochthone Bevölkerung betrachten, dann liegt die Fertilität in Deutschland bei um die 1,3. In Japan ist es so um die 1,2. So gross ist der Unterschied nicht. Wir "überaltern" genauso. Nur substituieren wir das durch Zuwanderung von Einwanderern, die mehrheitlich schlecht qualifiziert sind. D.h. wir legen eine noch viel grössere Bombe, denn nicht nur fehlt uns irgendwann der qualifizierte Nachwuchs, nein, wir haben auch noch eine wachsende Unterschicht, die Ansprüche hat.

Mal ganz real: Wenn wir uns Sorgen um die Japaner machen, dann haben wir Deutschland schon lange aufgegeben. Ich mach mir wenig Sorgen um die Japaner. Der absolute Wunsch sich technisch zu verbessern kann in Japan noch viel bewirken. Aber hier ? In Deutschland steckt man den Kopf in den Sand, importiert sich munter eine nicht produkive Unterschicht und technische Innovation wird konsequent zusammen mit der alten Industrie erwürgt. Was sollen die Deutschen noch machen ?

Thanatos Offline



Beiträge: 232

03.04.2011 14:00
#6 RE: Apokalypse now? Antworten

@Llarian

Nicht, daß Zettel das nicht sehen würde. Gerade deshalb hat er ja das politische Bloggen aufgegeben. Mir scheint aber, die eigentlich nun zu vermeidenden Themen kommen auf alle mögliche Weise durch die Hintertür (ZKZ) wieder herein...

MfG

Thanatos

--

Unmögliches erledigen wir sofort.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.04.2011 15:11
#7 Robotics Antworten

Lieber Llarian,

ich wundere mich, daß wir beide uns mal so gezofft haben. Jetzt freue ich mich über alles, was Sie schreiben. Gell, das war eine gute Idee, daß Sie damals nicht im Zorn gegangen sind?

Gut, genug Sentimentalität. Zur Sache:

Zitat von Llarian
Zum zweiten, die Japaner sind vermutlich das technikaffinste Volk der Welt, vielleicht noch neben den Koreanern, aber ganz sicher weit vor den Europäern. In meinem Bereich (Teilgebiet der Robotik) werden deutlich mehr Patente in Japan beantragt als in Deutschland.

Sie versuchen ja eine ganz andere Robotik als wir. Sie bauen Roboter, die Menschen ähnlich sind, manchmal Tieren.

Ich verstehe das nicht. In Deutschland geht man ja andere Wege. Ein guter Roboter sollte zum Beispiel sechs Beine haben, denn dann kann er nicht umfallen. Die Japaner bauen mit riesigem Aufwand Roboter, die auch mit zwei Beinen meist nicht umfallen. Ja, und warum?

Ich habe die Robotik seit den achtziger Jahren so halbwegs verfolgt. Sie war und ist wichtig für die Kognitionspsychologie, weil sie zeigt, daß die schweren Probleme nicht sind, wie das Denken usw. funktioniert, sondern wie das Gehirn einen Apparat wie unsere 70 oder so Kilo kontrolliert. Also ist das auch für die Hirnphysiologie von zentraler Bedeutung.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.121

03.04.2011 21:15
#8 RE: Robotics Antworten

Zitat von Zettel
ich wundere mich, daß wir beide uns mal so gezofft haben.


Keine Sorge, das werden wir auch sicher in Zukunft wieder hinbekommen. Aus meiner Sicht ist es gerade der Konflikt in dem neue Chancen liegen etwas zu verstehen und dazuzulernen. Ein Dialog wo sich ein jeder gegenseitig zustimmt, streichelt die Seele, erweitert aber meistens nicht das eigene Wissen. Beides hat was für sich, aber neues Wissen ist besser. Und ich denke ich habe hier schon viel gelernt.

Zitat
Jetzt freue ich mich über alles, was Sie schreiben. Gell, das war eine gute Idee, daß Sie damals nicht im Zorn gegangen sind?


Ich freue mich, dass Sie das sie das so sehen. Ich bin aus meiner Sicht auch nicht im Zorn gegangen, ich habe nur abgewogen was mir wichtiger ist, das Prinzip oder das Austauschen. Eine Zeit lang war es das Prinzip. Irgendwann war es das nicht mehr.

Zitat
Ich verstehe das nicht. In Deutschland geht man ja andere Wege. Ein guter Roboter sollte zum Beispiel sechs Beine haben, denn dann kann er nicht umfallen. Die Japaner bauen mit riesigem Aufwand Roboter, die auch mit zwei Beinen meist nicht umfallen. Ja, und warum?


Ich glaube das ist vor allem in der japanischen Kultur begründet. Man identifiziert sich sehr viel stärker mit Fiktion als hierzulande. Und in der Fiktion sind Roboter oft dem humanen Bild entsprechend beschrieben. Das ist die eine Seite. Die andere habe ich daher, dass ich genau die selbe Frage mal mit einem Kollgen diskutiert habe. Denn ich bin auch der Meinung es macht mehr Sinn einen Roboter auf 4 oder 6 Beine zu stellen, als die wirklich komplizierte Kinematik für 2 Beine beherschen zu wollen. Sein Argument war, das Roboter, die wie Menschen gebaut sind, auch im menschlichen Umfeld eingesetzt werden können. Denn unser Umfeld ist dem Menschen angepasst. Eine Leiter, eine Fahrkabine oder ein Autositz ist einer bestimmten Grösse und einer bestimmten Motorik angepasst. Ein Roboter, der diese Motorik ebenso beherscht, kann leicht dort eingesetzt werden.

Nur um das zu vervollständigen: Dennoch beschäftigen sich die Japaner auch mehr mit Industrierobotik als wir. Es ist nicht so, dass dieses Thema dort ignoriert würde. Es ist nur meist nicht das, wovon man soviel hört.


Zitat
Ich habe die Robotik seit den achtziger Jahren so halbwegs verfolgt. Sie war und ist wichtig für die Kognitionspsychologie, weil sie zeigt, daß die schweren Probleme nicht sind, wie das Denken usw. funktioniert, sondern wie das Gehirn einen Apparat wie unsere 70 oder so Kilo kontrolliert. Also ist das auch für die Hirnphysiologie von zentraler Bedeutung.


Das ist wirklich faszinierend lieber Zettel, denn ich komme genau aus der anderen Richtung. Ich habe im Rahmen der Beschäftigung mit Robotik die eine oder andere Vorlesung über Kognition und Neurowissenschaften besucht. Ich will nicht sagen, dass mich das beruflich weitergebracht hätte, aber es hat mein Bild von künstlicher Intelligenz (das ist mein Ursprungsfachgebiet) ein wenig mehr vervollständigt. Ich kann mir heute Gedanken machen wohin sich KI oder Robotik einmal entwicklen kann und wo meine eigenen Grenzen sind, diese zu verstehen. Wenn Sie dieser Teilbereich auch interessiert, dann frage ich mich, ob Sie schon einmal auf dem interdisziplinären Kolleg gewesen sind oder dort vorgetragen haben.

Herr Offline




Beiträge: 406

03.04.2011 23:34
#9 RE: Apokalypse now? Antworten

Im zweiten Teil beschreibe ich den Dualismus als Grundzug des apokalyptischen Denkens. Dem heutigen Gerede von Apokalypse fehlt einerseits dieser Dualismus, andererseits wird er als ethischer Rigorismus der "Gutmenschen" reproduziert.

Sänger Offline




Beiträge: 132

04.04.2011 11:04
#10 RE: Apokalypse now? Antworten

Zwei Anmerkungen:
1. Anmerkung

Zitat
Innerhalb der Bibel ist dies bereits im Johannesevangelium (das mit der Apokalypse unter gleichem Namen übrigens nichts zu tun hat) mit Händen zu greifen.


Was genau meinen Sie damit? Man kann schon auch das Schriftverständnis haben, dass der Autor der Offenbarung mit dem des Evangeliums identisch ist. Origines und Irenäus vertraten diese Ansicht, die heutige (Literatur)Wissenschaft größtenteils nicht mehr.
Die Frage, die bei solchen Aussagen immer im Raum steht, ist die nach dem Schriftverständnis.

2. Anmerkung
Ich denke, dass man im Zusammenhang mit Erdbeben und Kriegen als apokalyptische Zeichen weniger über die Offenbarung des Johannes sprechen sollte, als vielmehr über Markus 13:

Zitat
5 Jesus fing an und sagte zu ihnen: Seht zu, dass euch nicht jemand verführe! 6 Es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin's, und werden viele verführen. 7 Wenn ihr aber hören werdet von Kriegen und Kriegsgeschrei, so fürchtet euch nicht. Es muss so geschehen. Aber das Ende ist noch nicht da. 8 Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere. Es werden Erdbeben geschehen hier und dort, es werden Hungersnöte sein. Das ist der Anfang der Wehen. 9 Ihr aber seht euch vor! Denn sie werden euch den Gerichten überantworten, und in den Synagogen werdet ihr gegeißelt werden, und vor Statthalter und Könige werdet ihr geführt werden um meinetwillen, ihnen zum Zeugnis. 10 Und das Evangelium muss zuvor gepredigt werden unter allen Völkern. 11 Und wenn sie euch hinführen und überantworten werden, so sorgt euch nicht vorher, was ihr reden sollt; sondern was euch in jener Stunde gegeben wird, das redet. Denn ihr seid's nicht, die da reden, sondern der Heilige Geist. 12 Und es wird ein Bruder den andern dem Tod preisgeben und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich empören gegen die Eltern und werden sie töten helfen. 13 Und ihr werdet gehasst sein von jedermann um meines Namens willen. Wer aber beharrt bis an das Ende, der wird selig.


Das vieles heute mehr zutrifft denn je (Christenverfolgung stark wie nie, weltweite Verbreitung des Evangeliums, ...) ist schon bedenkenswert.

Herr Offline




Beiträge: 406

04.04.2011 11:26
#11 RE: Apokalypse now? Antworten

Lieber Sänger,

Zitat von Sänger
Zwei Anmerkungen:
1. Anmerkung

Zitat
Innerhalb der Bibel ist dies bereits im Johannesevangelium (das mit der Apokalypse unter gleichem Namen übrigens nichts zu tun hat) mit Händen zu greifen.


Was genau meinen Sie damit? Man kann schon auch das Schriftverständnis haben, dass der Autor der Offenbarung mit dem des Evangeliums identisch ist. Origines und Irenäus vertraten diese Ansicht, die heutige (Literatur)Wissenschaft größtenteils nicht mehr.
Die Frage, die bei solchen Aussagen immer im Raum steht, ist die nach dem Schriftverständnis.




Man kann vieles; es ist nur die Frage, ob es sinnvoll ist. Für mich gehört es zur theologischen Redlichkeit, dass ich die Bibel wie jede andere literarische Quelle nach wissenschaftlich plausiblen Maßstäben untersuche. JhEv und Apk sind sprachlich, inhaltlich und formal so weit voneinander entfernt, dass eine Identität der Autoren ausgeschlossen ist. Zumal das NT ja drei weitere Schriften unter dem Namen des Johannes hat, die allesamt sprachlich und inhaltlich dem JhEv nahestehen; da wird der Unterschied noch mal deutlicher.

Zitat

2. Anmerkung
Ich denke, dass man im Zusammenhang mit Erdbeben und Kriegen als apokalyptische Zeichen weniger über die Offenbarung des Johannes sprechen sollte, als vielmehr über Markus 13:

Zitat
5 Jesus fing an und sagte zu ihnen: Seht zu, dass euch nicht jemand verführe! 6 Es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin's, und werden viele verführen. 7 Wenn ihr aber hören werdet von Kriegen und Kriegsgeschrei, so fürchtet euch nicht. Es muss so geschehen. Aber das Ende ist noch nicht da. 8 Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere. Es werden Erdbeben geschehen hier und dort, es werden Hungersnöte sein. Das ist der Anfang der Wehen. 9 Ihr aber seht euch vor! Denn sie werden euch den Gerichten überantworten, und in den Synagogen werdet ihr gegeißelt werden, und vor Statthalter und Könige werdet ihr geführt werden um meinetwillen, ihnen zum Zeugnis. 10 Und das Evangelium muss zuvor gepredigt werden unter allen Völkern. 11 Und wenn sie euch hinführen und überantworten werden, so sorgt euch nicht vorher, was ihr reden sollt; sondern was euch in jener Stunde gegeben wird, das redet. Denn ihr seid's nicht, die da reden, sondern der Heilige Geist. 12 Und es wird ein Bruder den andern dem Tod preisgeben und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich empören gegen die Eltern und werden sie töten helfen. 13 Und ihr werdet gehasst sein von jedermann um meines Namens willen. Wer aber beharrt bis an das Ende, der wird selig.


Das vieles heute mehr zutrifft denn je (Christenverfolgung stark wie nie, weltweite Verbreitung des Evangeliums, ...) ist schon bedenkenswert.




Das ist ein schönes Beispiel für Apokalyptik außerhalb der großen apokalyptischen Schriften. Es zeigt auch sehr schön die apokalyptische Krisenbewältigungsstrategie auf: Ihr werdet verfolgt, aber sorgt euch nicht. Wer beharrt bis ans Ende, der wird selig ...

Die Rede von Erdbeben, Hungersnöten und Verfolgungen ist allerdings so allgemein, dass jede Zeit das auf sich beziehen konnte. Die Ausbreitung des Evangeliums ist gerade kein spezifisch apokalyptisches Thema, auch wenn sie in diesem Kontext erscheint. Christenverfolgung schon. Dass davon so wenig in unser Bewusstsein dringt, könnte man schon unter dem Thema Apokalypse-Blindheit verbuchen.

Herzlichen Gruß!
Herr

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.04.2011 23:49
#12 RE: Apokalypse now? Antworten

Zitat von Herr
Im zweiten Teil beschreibe ich den Dualismus als Grundzug des apokalyptischen Denkens. Dem heutigen Gerede von Apokalypse fehlt einerseits dieser Dualismus, andererseits wird er als ethischer Rigorismus der "Gutmenschen" reproduziert.

Ihre Darlegung der vier Dualismen fand ich (wie so oft bei Ihren Beiträgen) erhellend. Mir leuchtet, lieber Herr, auch ein, daß dies wirksame Hilfen bei der Bewältigung einer Krise sind. Der schlechten Realität wird eine idealisierte Gegenwelt gegenübergestellt, in die man flüchten kann. (Arno Schmidt hat es witzig umgekehrt: "Nur die Phantasielosen flüchten in die Realität").

Diese Gegenwelt ist - wie Sie es beschreiben - zeitlich, räumlich und moralisch das Ganz Andere; der moralische Dualismus folgt daraus, daß man nicht zugleich die reale Welt und diese Gegenwelt bejahen kann.



Aber ist apokalyptisches Denken nur das; Trost in einer bedrohlichen Realität? Mir scheint, daß es weitere Momente enthält, problematischere:

* Die Mißachtung, ja die Verachtung der Realität. Sie verblaßt vor dem Glanz des Ganz Anderen. Soll man sich da überhaupt noch um diese reale Welt kümmern?

* Den möglichen Impetus, zur Wende zum Heil beizutragen. Das ist nicht biblisch, ich weiß. Aber es gibt ja auch so etwas wie eine säkulare Apokalyptik. Das Alte muß zerstört werden, es ist nicht mehr zu retten. Erst auf den Trümmern der schlechten alten Welt wird das Neue entstehen.

Die Apokalypse, ins Innerweltliche gewandt: Das ist dann die Große Revolution, die Beseitigung der Klassengesellschaft, der Sieg der arischen Rasse, die Vernichtung des Satans USA, damit das neue Kalifat entstehe.

Nochmal betont: Das ist weit weg von der biblischen Apokalypse, die Sie beschreiben. Aber sind das nicht auch Manifestationen apokalyptischen Denkens?

Herzlich, Zettel

Herr Offline




Beiträge: 406

23.04.2011 23:03
#13 RE: Apokalypse now? Antworten

Zitat von Zettel

Aber ist apokalyptisches Denken nur das; Trost in einer bedrohlichen Realität? Mir scheint, daß es weitere Momente enthält, problematischere:

* Die Mißachtung, ja die Verachtung der Realität. Sie verblaßt vor dem Glanz des Ganz Anderen. Soll man sich da überhaupt noch um diese reale Welt kümmern?

* Den möglichen Impetus, zur Wende zum Heil beizutragen. Das ist nicht biblisch, ich weiß. Aber es gibt ja auch so etwas wie eine säkulare Apokalyptik. Das Alte muß zerstört werden, es ist nicht mehr zu retten. Erst auf den Trümmern der schlechten alten Welt wird das Neue entstehen.

Die Apokalypse, ins Innerweltliche gewandt: Das ist dann die Große Revolution, die Beseitigung der Klassengesellschaft, der Sieg der arischen Rasse, die Vernichtung des Satans USA, damit das neue Kalifat entstehe.

Nochmal betont: Das ist weit weg von der biblischen Apokalypse, die Sie beschreiben. Aber sind das nicht auch Manifestationen apokalyptischen Denkens?



Lieber Zettel, ich kann dem ohne weiteres zustimmen. Man könnte das Umschlagen ins Immanente z.B. historisch schon an Thomas Müntzer und dem Bauernkrieg illustrieren.

Insofern geht der am Schluss des Artikels genannte Dualismus der Gutmenschen wohl doch in die apokalyptische Reichtung.

Danke für die Ergänzung!

Herzlichen Gruß!
Herr

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