C. hat neulich auf eine seltsame Überschrift bei "Welt online" aufmerksam gemacht: "Wulff fordert weniger Religion in der Islam-Debatte". Hat sich Wulff, der Bunte Präsident, mal wieder als Witzbold betätigt? Mir scheint, nein. Vielleicht sollte man den freundlichen Mann nicht unterschätzen. In meiner Achtung ist er jedenfalls gestiegen.
Zitat von KalliasVielleicht sollte man den freundlichen Mann nicht unterschätzen. In meiner Achtung ist er jedenfalls gestiegen.
So, wie Sie das auseinanderklamüsern, liest sich das ziemlich gut, ja. Und gar nicht mehr nach unfreiwilligem Aprilscherz.
Sozusagen zur Geschichte des Islam in Deutschland hier noch ein Lektüretipp in die Runde, auch mit Seitenblick zu der in anderen Threads gerade behandelten Aufarbeitung. Ich habe das Buch noch nicht gelesen, sondern bislang nur die hochinteressante Rezension im aktuellen "Literaturen":
Ian Johnson «Die vierte Moschee». Über die das Islamische Zentrum München, das in einigen islamischen Dokumenten zu den vier wichtigsten Moscheen weltweit gezählt wird und dessen Geschichte bis in die Nazizeit zurückreicht. War Sachbuch-Favorit der Februarnummer.
P.S. Nachträgliche Ergänzung für Berliner, weil ich es gerade gesehen habe:
Zitat 4.4.2011, 19:00 Uhr Berlin | Lesung Ian Johnson stellt sein Buch "Die vierte Moschee" in der Reihe "Kulturen im Dialog" vor. Besucherzentrum im Auswärtigen Amt Werderscher Markt 1 10117 Berlin
Zitat von Frank BöhmertP.S. Nachträgliche Ergänzung für Berliner, weil ich es gerade gesehen habe:
Zitat 4.4.2011, 19:00 Uhr Berlin | Lesung Ian Johnson stellt sein Buch "Die vierte Moschee" in der Reihe "Kulturen im Dialog" vor. Besucherzentrum im Auswärtigen Amt Werderscher Markt 1 10117 Berlin
Ich darf der Interpretation ein ganz klein wenig widersprechen?
Zitat von Kallias1. Die Assimilation der Einwanderer ist eine wesentliche Zukunftsaufgabe.
Das hat, das zuvor Hergeleitete berücksichtigend, noch Logik.
Zitat von Kallias2. In Zukunft sollen bevorzugt oder nur noch qualifizierte Personen zuwandern.
Das "bevorzugt oder nur noch" in dieser Schlussfolgerung allerdings nicht mehr. Wulff redet davon, "attraktiv für neue, qualifizierte Menschen zu werden." Er sagt damit nicht, dass Deutschland unattraktiv für die anderen werden soll.
Zitat von Kallias3. Die demografische Entwicklung sollte endlich ernstgenommen werden.
Das tut er gerade nicht, wenn er sie in Verbindung mit Zuwanderung bringt, denn die "demografische Lücke" wäre nur mit Zuwanderungszahlen zu schließen, die aus dem Land unter vielen Konflikten ein ganz anderes machen würden, so dass es für alle Beteiligten einfacher wäre, die Deutschen schafften sich einfach in Ruhe selbst ab.
Zitat von Kallias4. Das Problem der Integration besteht in der mangelhaften Beteiligung von Einwanderern am wirtschaftlichen Erfolg des Landes.
Ok, kann man so verstehen.
Zitat von Kallias5. Parallelgesellschaften mit überwiegend schlecht qualifizierten Migranten sollen verschwinden.
Das allerdings wieder wäre in Wulffs Aussagen frei hineinerfunden. Oder woraus sollte das folgen?
Zitat von KalliasDer Grundgedanke, zwischen dem Islam und den Muslimen zu unterscheiden, krankt offensichtlich daran, daß die Muslime den Islam nun mal im Gepäck haben. Auch wenn man nur über die "Integration der Menschen" debattieren möchte, stößt man unweigerlich auf deren Religion, da diese schließlich eines der größeren Hindernisse dabei darstellt.
Aber diesen Schuh muss sich unser Staat doch gar nicht anziehen. Denn "die Religion" stellt das Hindernis nicht unbedingt dar, sondern ganz bestimmte Verhaltensweisen. Diese mögen aus der Religion hergeleitet sein. Vielleicht aber auch nur aus der Tradition. Im Prinzip ist es egal. Dort, wo die Hindernisse manifest werden, muss nur klar in "geht" und "geht nicht" unterteilt werden, denn der letzte Satz des Beitrags trifft es genau:
Zitat von KalliasWelche Folgen die Assimilation der Muslime für den Islam haben würde, ist ohnehin Sache der Muslime selber.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Ich bin bei den zitierten Passagen über andere problematische Formulierungen gestolpert:
Zitat von WulffIch wünsche mir, dass es uns gelingt, die Menschen so erfolgreich in unser Land zu integrieren ...
... ob es uns gelingt, die zu uns gekommenen Menschen erfolgreich zu integrieren ...
Ist die gelungene Integration/Assimilation wirklich "unsere" Aufgabe?
Ich lebe z. Zt. in Spanien. Ich sehe nicht, dass die Spanier uns, die wir als Ausländer hier leben, integrieren sollten. Ich sehe aber wohl, dass wir uns (bis zu einem gewissen Punkt) integrieren sollten ... – Die alte Frage: Ist Integration eine Bringschuld oder eine Holschuld?
Ich denke nicht, dass die Rahmenbedingungen für Integration, die Deutschland bereitstellt, nicht ausreichen würden. Also, was will Wulff mit seinem starken "wir"?
Zitat von Kallias4. Das Problem der Integration besteht in der mangelhaften Beteiligung von Einwanderern am wirtschaftlichen Erfolg des Landes.
Interessant doppeldeutig. Das kann man (wie viele Linke es tun) so interpretieren: "Die Einwanderer kriegen zu wenig vom wirtschaftlichen Erfolg ab". Oder aber: "Die Einwanderer tragen zum wirtschaftlichen Erfolg zu wenig bei".
Schwer zu sagen, welcher Interpretation unser BuPrä zuneigt.
Zitat von RaysonIch darf der Interpretation ein ganz klein wenig widersprechen?
Die Interpretation beruht auf einer Klartextunterstellung: daß Wulff mit seinen verbindlichen Floskeln etwas anderes andeuten wollte. Nachweisen kann man die Existenz eines Klartextes ja nur, wenn man die Chiffriertabelle hat. Ich glaube, man kann das so verstehen, wie ich geschrieben habe, muß es aber nicht, und ob es vom Präsidenten so gemeint war, bleibt Vermutung.
Zitat von Rayson
Zitat von Kallias2. In Zukunft sollen bevorzugt oder nur noch qualifizierte Personen zuwandern.
Das "bevorzugt oder nur noch" in dieser Schlussfolgerung allerdings nicht mehr. Wulff redet davon, "attraktiv für neue, qualifizierte Menschen zu werden." Er sagt damit nicht, dass Deutschland unattraktiv für die anderen werden soll.
In dem Fall hätte er das Adjektiv "qualifiziert" weglassen können. Ich sehe hier die rhetorische Figur "Negation durch Nichtnennung".
Indem Wulff die "qualifizierten Einwanderer" hervorhebt, stuft er die anderen zurück, ohne sie dabei zu nennen. Er setzt eine Priorität, vermeidet dabei jegliche abweisende oder konfrontative Sprache.
Das wie bei dem alten Witz, wo eine Frau ihrem Mann zum Geburtstag zwei Krawatten schenkt. Um ihr eine Freude zu machen, bindet er sogleich eine davon um. Darauf zeigt sie säuerlich auf die andere und fragt: "Und die gefällt dir wohl nicht?"
Zitat von Rayson
Zitat von Kallias3. Die demografische Entwicklung sollte endlich ernstgenommen werden.
Das tut er gerade nicht, wenn er sie in Verbindung mit Zuwanderung bringt, denn die "demografische Lücke" wäre nur mit Zuwanderungszahlen zu schließen, die aus dem Land unter vielen Konflikten ein ganz anderes machen würden, so dass es für alle Beteiligten einfacher wäre, die Deutschen schafften sich einfach in Ruhe selbst ab.
Er begründet den Wunsch nach Einwanderung mit der demografischen Entwicklung, womit er einräumt, daß diese ein Problem darstellt. (Der Glaube, es mit Einwanderung zu lösen, ist sicher eine Illusion; ich weiß nicht, ob Wulff sie teilt. Aber er erkennt an, daß ein Problem vorliegt.)
Zitat von Rayson
Zitat von Kallias5. Parallelgesellschaften mit überwiegend schlecht qualifizierten Migranten sollen verschwinden.
Das allerdings wieder wäre in Wulffs Aussagen frei hineinerfunden. Oder woraus sollte das folgen?
Die Rede von den brachliegenen Potentialen verstehe ich als Hinweis auf die sich verweigernden Parallelgesellschaften, und das Erschließen der Potentiale als Auflösung derselben. Das ist zugegeben eine recht spezielle Deutung, der Satz könnte sich genauso gut auf die mangelhafte Qualität der Schulen usw. beziehen.
Die These folgt aber schon aus seiner Forderung nach Assimilation. Die Deutschen in den USA bilden ja gerade keine Parallelgesellschaft. An dieser Stelle hier ("Wir müssen vor allem die Potentiale der Menschen mit ausländischen familiären Wurzeln noch wesentlich besser erschließen, als dies bislang der Fall ist.) präzisiert er, worum es geht: nicht um kulturelle Homogenisierung als Selbstzweck, sondern um die Hebung von "Potentialen".
Zitat von Rayson
Zitat von KalliasDer Grundgedanke, zwischen dem Islam und den Muslimen zu unterscheiden, krankt offensichtlich daran, daß die Muslime den Islam nun mal im Gepäck haben. Auch wenn man nur über die "Integration der Menschen" debattieren möchte, stößt man unweigerlich auf deren Religion, da diese schließlich eines der größeren Hindernisse dabei darstellt.
Aber diesen Schuh muss sich unser Staat doch gar nicht anziehen. Denn "die Religion" stellt das Hindernis nicht unbedingt dar, sondern ganz bestimmte Verhaltensweisen. Diese mögen aus der Religion hergeleitet sein. Vielleicht aber auch nur aus der Tradition. Im Prinzip ist es egal. Dort, wo die Hindernisse manifest werden, muss nur klar in "geht" und "geht nicht" unterteilt werden, (...)
Der Islam ist eine Gesetzesreligion, die zahlreiche konkrete Verhaltensweisen vorschreibt. Sobald eine davon als "geht nicht" etikettiert wird, hat man eine Debatte über die Religion.
Zitat von Kallias4. Das Problem der Integration besteht in der mangelhaften Beteiligung von Einwanderern am wirtschaftlichen Erfolg des Landes.
Interessant doppeldeutig. Das kann man (wie viele Linke es tun) so interpretieren: "Die Einwanderer kriegen zu wenig vom wirtschaftlichen Erfolg ab". Oder aber: "Die Einwanderer tragen zum wirtschaftlichen Erfolg zu wenig bei".
Schwer zu sagen, welcher Interpretation unser BuPrä zuneigt.
Beiden: "fordern und fördern", das hat er auch gesagt.
Zitat von HerrIst die gelungene Integration/Assimilation wirklich "unsere" Aufgabe?
Ich lebe z. Zt. in Spanien. Ich sehe nicht, dass die Spanier uns, die wir als Ausländer hier leben, integrieren sollten. Ich sehe aber wohl, dass wir uns (bis zu einem gewissen Punkt) integrieren sollten ... – Die alte Frage: Ist Integration eine Bringschuld oder eine Holschuld?
Normal wäre es schon, wenn die Einwanderer das stärkere Bedürfnis nach ihrer Integration haben als die Eingesessenen. So komisch, wie die Geschichte in Deutschland gelaufen ist, haben die aber gar kein so großes Interesse daran; das Interesse liegt mehr bei der deutschen Seite. Das ist eine ungünstige Ausgangslage, noch dazu, wo das Militär als die bewährte Schule der Nation inzwischen ausfällt. Die Migranten sitzen am längeren Hebel: man will was von ihnen, also können sie Forderungen stellen.
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