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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 5 Antworten
und wurde 533 mal aufgerufen
 Pro und Contra
Thanatos Offline



Beiträge: 232

20.04.2011 00:24
Dringende Bitte um Erklärung Antworten

Ich wende mich an das Forum, weil mir ein unerklärlicher Widerspruch im Verhalten der Mainstream-Journalisten aufgefallen ist.

Bisher war ich es gewohnt, daß gegen Allianzen unter Führung der USA, die mit militärischen Interventionen in das innere Gefüge fremder Staaten eingriffen, massiv polemisiert wurde. Weder der Irakkrieg noch der Afghanistan-Feldzug konnten jemals große Zustimmung in Kommentaren und Diskussionen der Meinungsmacher verzeichnen. George W. Bush war das große Feindbild, Gerhard Schröder hingegen ein Held, weil er D aus dem Irak-"Desaster" heraushielt. Mittlerweile wird der Einsatz in Afghanistan als kompletter Fehlschlag bewertet, nichts ist richtig gelaufen.

Kurz und gut: westliche Demokratien hatten (nach Ansicht der Journalisten) kein Recht, in anderen Weltgegenden den Sturz - wenn auch schlimmster - Machthaber zu betreiben. Krieg ist böse und schlecht, der Weg zu Frieden und Demokratie führt über Verhandlungen, allenfalls Sanktionen - selbst mit den Taliban wäre es besser, zu verhandeln.

Nun komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus, mit welcher Vehemenz sofort auf Guido Westerwelle eingedroschen wurde, weil er sich als deutscher Vertreter der Stimme enthielt und Deutschland damit nicht gegen Gaddafi ins Feld zieht. Aus allen Kanälen tönt einem entgegen, wie sehr sich Deutschland nun ins Abseits gestellt und die gute Sache verraten hat. Keine Rede mehr von Konfliktverschärfung durch Bomben, kaum ein kritischer Verweis auf zivile Opfer (was beim Thema Afghanistan rituell zelebriert wird), stattdessen der anhaltende Ruf nach noch mehr Waffeneinsatz.

So mein Eindruck beim Vergleich der aktuellen Medienmeinung mit früheren Bewertungen.

Frage: was steckt dahinter? Wo liegt das fundamental Gute, Ehrenhafte und politisch Sinnvolle bei diesem Kriegseinsatz? Ist es das UN-Mandat, ist es die ultimative Bosheit Gaddafis, liegt es daran, daß diesmal nicht die USA die Führungsrolle spielen? Ich kann es nicht begreifen (und Zettel hat aufgehört, über Politik zu schreiben).

MfG

Thanatos

--

Unmögliches erledigen wir sofort.

Friedrich ( gelöscht )
Beiträge:

20.04.2011 08:54
#2 RE: Dringende Bitte um Erklärung Antworten

Das Verhalten stimmt ziemlich genau mit dem Abstimmungsverhalten der Grünen oder auch SPD überein.

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

21.04.2011 10:34
#3 RE: Dringende Bitte um Erklärung Antworten

Zitat von Thanatos
Frage: was steckt dahinter? Wo liegt das fundamental Gute, Ehrenhafte und politisch Sinnvolle bei diesem Kriegseinsatz?

Ich vermute zwei Gründe: erstens handelt es sich um die Unterstützung von Volksaufständen gegen Diktatoren. Der Sturz derselben geht also nicht von "oben" aus, wie im Fall von Saddam Hussein, sondern von "unten". Dabei mitzuhelfen ist internationalistische Pflicht der Citoyens. Zweitens erklärt sich die Sympathie für die Rebellen durch das Bild, das man sich hierzulande von den Arabern macht. Zu ihrer Bestürzung mussten die Medien feststellen, dass die Mehrheit der Deutschen eher dem Bild anhängt, das Sarrazin gezeichnet hat als dem von ihnen propagierten. Man liest jetzt immer wieder, daß dieses "Vorurteil" nun durch die jungen Demokratiebewegungen widerlegt sei.

Ganz erklären kann ich es mir dennoch nicht: daß man soweit gehen würde, selbst Kriegseinsätze zu fordern, überrascht mich schon. Ich hätte nicht gedacht, daß der Pazifismus derart schwach geworden ist.

(Übrigens wundere ich mich auch über liberalkonservative Stimmen, die den Demokratieexport durch Bush willkommen geheißen haben während sie jetzt vor allem Islamisten als Nutznießer der Aufstände sehen.)

Viele Grüße,
Kallias

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

21.04.2011 11:06
#4 RE: Dringende Bitte um Erklärung Antworten

Zitat von Kallias
(Übrigens wundere ich mich auch über liberalkonservative Stimmen, die den Demokratieexport durch Bush willkommen geheißen haben während sie jetzt vor allem Islamisten als Nutznießer der Aufstände sehen.)


Das kann natürlich auch ein Sinneswandel nach fast zehn Jahren sein. Oder auch: am Anfang des Irakkriegs konnte sich niemand vorstellen, dass ein Populist wie Obama die Irakis dergestalt im Stich lassen würde. Das ist ein Faktor, den man von jetzt an immer im Auge behalten muss: selbst wenn aktuell der politische Wille zu einer Intervention vorhanden ist, auch unter Inkaufnahme längerer Anstrengungen (die 2002 seitens der USA nicht so antizipiert wurden), so kann sich das innerhalb zweier Jahre vollkommen drehen. Kann man unter diesen Umständen wirklich rechtfertigen, in Libyen einzugreifen und die Libyer nachher möglicherweise allein zu lassen?

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

21.04.2011 11:43
#5 RE: Dringende Bitte um Erklärung Antworten

Zitat von Gorgasal
Das ist ein Faktor, den man von jetzt an immer im Auge behalten muss: selbst wenn aktuell der politische Wille zu einer Intervention vorhanden ist, auch unter Inkaufnahme längerer Anstrengungen (die 2002 seitens der USA nicht so antizipiert wurden), so kann sich das innerhalb zweier Jahre vollkommen drehen. Kann man unter diesen Umständen wirklich rechtfertigen, in Libyen einzugreifen und die Libyer nachher möglicherweise allein zu lassen?

Diese sehr berechtigte Frage könnten sich gleichfalls die Mainstream-Medien stellen. Schließlich hatten sie vor einem Jahrzehnt das Vietnam-Quagmire-Argument schon einmal in Gebrauch. Jene, die es heute benutzen, haben es seinerzeit höhnisch zurückgewiesen.

Das Argument hat anscheinend den Inhaber gewechselt. Daher zweifele ich ein wenig an seiner motivierenden Kraft. Ich glaube eher, die einen mögen keine "unilateralen" US-Interventionen, die anderen keine Volksaufstände.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

21.04.2011 16:29
#6 RE: Dringende Bitte um Erklärung Antworten

Zitat von Kallias

Zitat von Gorgasal
Das ist ein Faktor, den man von jetzt an immer im Auge behalten muss: selbst wenn aktuell der politische Wille zu einer Intervention vorhanden ist, auch unter Inkaufnahme längerer Anstrengungen (die 2002 seitens der USA nicht so antizipiert wurden), so kann sich das innerhalb zweier Jahre vollkommen drehen. Kann man unter diesen Umständen wirklich rechtfertigen, in Libyen einzugreifen und die Libyer nachher möglicherweise allein zu lassen?

Diese sehr berechtigte Frage könnten sich gleichfalls die Mainstream-Medien stellen. Schließlich hatten sie vor einem Jahrzehnt das Vietnam-Quagmire-Argument schon einmal in Gebrauch. Jene, die es heute benutzen, haben es seinerzeit höhnisch zurückgewiesen.



Völlig richtig.

Hier ein empfehlenswerter kurzer Blogeintrag zum Thema: http://econlog.econlib.org/archives/2011...ed_ignoran.html

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

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