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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 16 Antworten
und wurde 1.462 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.06.2011 08:40
Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Die Sprache, nach der im Quiz gefragt wird, ist Georgisch. Die illustrierte Bibel, aus der die Abbildung stammt, wurde 1709 in Tiflis gedruckt. Auf die geographische Region konnte man durch die charakteristische Architektur im oberen Teil der Abbildung kommen. Kyrillisch ist es nicht; also bleibt als die Sprache eines christlichen Lands dieser Region mit eigenen Schriftzeichen nur das Georgische.

Der Reisebericht ist "Mein Besuch in Frankfurt" von Wilhelm Hauff (Band 2, 1826); das Zitat steht am Anfang des ersten Kapitels. In Frankfurt feiert man auch heute noch den Wäldchestag als den dritten Pfingstfeiertag.

Wo man alles Wissenswerte und nicht Wissenswerte über Pfingstbräuche finden kann, können Sie in meinem Pfingstartikel von 2008 nachlesen. Weitere Pfingstartikel gab es in ZR am 27. Mai 2007 und am 23. Mai 2010.

danielphoffmann Offline




Beiträge: 124

12.06.2011 10:35
#2 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

einfach nur Frohe Pfingsten!

An eye for an eye, a tooth for a tooth

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

12.06.2011 11:47
#3 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Zettel
Die Sprache, nach der im Quiz gefragt wird, ist Georgisch. Die illustrierte Bibel, aus der die Abbildung stammt, wurde 1709 in Tiflis gedruckt. Auf die geographische Region konnte man durch die charakteristische Architektur im oberen Teil der Abbildung kommen. Kyrillisch ist es nicht; also bleibt als die Sprache eines christlichen Lands dieser Region mit eigenen Schriftzeichen nur das Georgische.


Nun ja. Das mag schon Georgisch sein, aber die Argumentation ist denkbar problematisch. Erstens ist das nicht die moderne Mkhedruli, sondern eine Mischung aus Asomtavruli und Nuskhuri mit einigen Zeichen, die ich gar nicht einsortieren kann, siehe etwa hier. Und zweitens gibt es in dieser Region durchaus christliiche Länder mit eigenen nicht-kyrillischen Alphabeten: genauer gesagt ist sowohl das Christentum als auch die Schrift in Armenien deutlich älter als in Russland. Mal ganz abgesehen davon, dass "diese Region" schon christianisiert war, lange bevor die Russen überhaupt Lesen und Schreiben lernten. Und schließlich behauptet zumindest der Wikipedia-Artikel, dass zumindest in Kroatien das Altkirchenslawische weiterhin in einer lokalen Variante des glagolitischen Alphabets geschrieben wurde, nachdem der Rest der Welt hier zum Kyrillischen übergegangen war.

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.06.2011 14:34
#4 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Gorgasal
Das mag schon Georgisch sein, aber die Argumentation ist denkbar problematisch. Erstens ist das nicht die moderne Mkhedruli, sondern eine Mischung aus Asomtavruli und Nuskhuri mit einigen Zeichen, die ich gar nicht einsortieren kann, siehe etwa hier. Und zweitens gibt es in dieser Region durchaus christliiche Länder mit eigenen nicht-kyrillischen Alphabeten: genauer gesagt ist sowohl das Christentum als auch die Schrift in Armenien deutlich älter als in Russland. Mal ganz abgesehen davon, dass "diese Region" schon christianisiert war, lange bevor die Russen überhaupt Lesen und Schreiben lernten. Und schließlich behauptet zumindest der Wikipedia-Artikel, dass zumindest in Kroatien das Altkirchenslawische weiterhin in einer lokalen Variante des glagolitischen Alphabets geschrieben wurde, nachdem der Rest der Welt hier zum Kyrillischen übergegangen war.

Danke!

Bei der Abbildung steht noch dies:

საქართველოს პარლამენტის ეროვნული ბიბლიოთეკა. ვახტანგ -ის სტამბის გამოცემები (1709-1722). შემდგ.: დალი მაჩაიძე. თბ

Ich habe das jetzt mal übersetzt, obwohl mein Georgisch ... na, Sie wissen schon:

Nationale Parlamentsbibliothek Wachtang, Druckwerke (1709-1722). Übersetzt von Dali Machaidze, Tiflis

Die Bibliothek ist nach einem gewissen Gorgasal benannt, vollständig Wachtang I. Gorgassali.



So ist es, soweit ich das herausfinden konnte. Falls nicht alles stimmt - erhellen Sie uns, lieber Gorgasal!

Und als kleines Dankeschön bekommen Sie von mir einen georgischen Pfingstgesang, ein τροπάριον. Das Wort ist griechisch, dafür verbürge ich mich. Zur Sprache des Gesangs allerdings kann ich nichts sagen. Können Sie uns auch hier helfen?

Danke, und ein schönes Pfingsten!

Herzlich, Zettel

PS: Man findet die Abbildung hier: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pentecost_(_Acts._Tbilisi,_1709).JPG

Bitte per copy + paste verwenden.

Carl Offline




Beiträge: 25

12.06.2011 15:31
#5 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Sehr geehrter Zettel,

Sie schrieben, dass das Judentum 5 Feiertage in der Zeit des christlichen Pfingstfestes hat.
In die Zeit um Pfingsten fällt das Fest Shavuot (Wochenfest, Gabe der Torah am Sinai am 06. Sivan 2847 (04. Mai 913 v.d.Z)).
In Israel feiert man einen Tag und in der Diaspora zwei Tage.

Ansonsten haben wir zu Pessach (Auszug aus Ägypten) vier Vollfeiertage und vier Halbfeiertage und zu Sukkhot (Laubhüttenfest) vier Vollfeiertage und fünf Halbfeiertage.
Diese beiden Feste fallen allerdings niemals in die Pfingstzeit.

Könnten Sie mir Informationen geben, worauf Sie sich, mit der Angabe von fünf Tagen, in Ihrem Quiz beziehen?
Ich wäre sehr interessiert daran.

Freundliche Grüße

Carl

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.06.2011 15:42
#6 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Carl
Sie schrieben, dass das Judentum 5 Feiertage in der Zeit des christlichen Pfingstfestes hat.
In die Zeit um Pfingsten fällt das Fest Shavuot (Wochenfest, Gabe der Torah am Sinai am 06. Sivan 2847 (04. Mai 913 v.d.Z)).
In Israel feiert man einen Tag und in der Diaspora zwei Tage.

Ansonsten haben wir zu Pessach (Auszug aus Ägypten) vier Vollfeiertage und vier Halbfeiertage und zu Sukkhot (Laubhüttenfest) vier Vollfeiertage und fünf Halbfeiertage.
Diese beiden Feste fallen allerdings niemals in die Pfingstzeit.

Könnten Sie mir Informationen geben, worauf Sie sich, mit der Angabe von fünf Tagen, in Ihrem Quiz beziehen?
Ich wäre sehr interessiert daran.

Danke für diese Informationen!

In dem Quiz habe ich ja Wilhelm Hauff (1826) zitiert, der seinen Besuch in Frankfurt beschreibt. Hier ist der Absatz, aus dem ich zitiert habe:

Zitat
Kommt man um die Zeit des Pfingstfestes nach Frankfurt, so sollte man meinen, es gebe keine heiligere Stadt in der Christenheit; denn sie feiern daselbst nicht wie z. B. in Bayern 1½, oder, wie im Kalender vorgeschrieben, 2 Festtage, sondern sie rechnen vier Feiertage; die Juden haben deren sogar fünf, denn sie fangen in Bornheim ihre heiligen Übungen schon am Samstag an, und der Bundestag hat sogar acht bis zehen.


Herzlich, Zettel

Carl Offline




Beiträge: 25

12.06.2011 17:44
#7 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Vielen Dank für diese Information.

Ich habe noch einmal gestöbert.
1826 fiel Shawuot auf Sonntag, den 11 Juni.
Allerdings fiel das Pfingstfest in diesem Jahr auf den 14. Mai.
Bei aller Rechnerei komme ich nicht darauf, wie Wilhelm Hauff auf 5 Tage kommt.
Dass er 1826 in Frankfurt war und dann über Mainz nach Paris reiste geht aus seiner Vita hervor.

Das liberale Judentum entstand in seinen Strömungen im ausgehenden 18 Jhd.und Frankfurt war einer der bedeutenden Punkte.
Denkbar ist es also, dass Wilhelm Hauff liberal eingestellte Juden getroffen oder gekannt hat, die sich an den christlichen Pfingstfeiern ebenfalls beteiligten.
Das Verbot das Frankfurter Ghetto zu verlassen wurde 1798 aufgehoben.
Quelle:(http://www.jewishvirtuallibrary.org/jsou...07_0_06731.html)
Das liberale Judentum war zu der Zeit Hauffs sprichwörtlich in seinen Kinderschuhen und beruht auf der Vorstellung von einer Öffnung und modernerem Auftreten für eine bessere Integration in die christlichen Gesellschaft.

Wenn Menschen sich in eine Gesellschaft integrieren möchten ist es sicher opportun sich an deren Feierlichkeiten zu beteiligen.
Deshalb ist es für mich vorstellbar, das Irritationen entstanden sein könnten, da Juden am Samstag Morgen Shabbat feierten, dessen Synagogendienst nach deutschen Ritus ca. 3 Stunden dauert und am Sonntag dann am Pfingstfest teilnahmen.
Am Frankfurter Wäldchestag gab zu dieser Zeit bereits das gehobene Bürgertum den Bediensteten einen Tag frei und man fuhr in den Stadtwald, um zusammen zu speisen und den Tag zu geniessen.
Da das liberale Judentum zu der Zeit nur im jüdischen Großbürgertum anzutreffen war kann man davon ausgehen, dass man sich ebenfalls am Wäldchestag beteiligt hat.

Ich halte es für möglich, dass Wilhelm Hauff so auf 5 Tage kommt obwohl es eigentlich nur der Shabbat war, der am 10. Juni ein jüdisches Fest gewesen ist.

Selbstverständlich spekulativ aber denkbar.

Ich wünsche Ihnen noch ein frohes Pfingstfest und danke für das Gehirnjogging.
Es hat mir großen Spaß bereitet.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

12.06.2011 18:05
#8 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Zettel
Die Bibliothek ist nach einem gewissen Gorgasal benannt, vollständig Wachtang I. Gorgassali.


Na, da schau her! Klaut der doch einfach meinen Namen!

Zitat von Zettel
Und als kleines Dankeschön bekommen Sie von mir einen georgischen Pfingstgesang, ein Ï„ÏοπάÏιον. Das Wort ist griechisch, dafür verbürge ich mich.


Da will Ihnen ja auch keiner widersprechen.

Zitat von Zettel
Zur Sprache des Gesangs allerdings kann ich nichts sagen.


Das könnte durchaus Georgisch sein (Gesungenes kann ich noch schwerer identifizieren als Gesprochenes), "K'urtkheul khar shen" passt jedenfalls gut. Und zu Sameba-Jikheti findet man einige schöne Bilder.

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.06.2011 18:06
#9 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Da haben Sie ja Interessantes zutage gefördert, lieber Carl.

Zitat von Carl
Das liberale Judentum entstand in seinen Strömungen im ausgehenden 18 Jhd.und Frankfurt war einer der bedeutenden Punkte. (...)

Wenn Menschen sich in eine Gesellschaft integrieren möchten ist es sicher opportun sich an deren Feierlichkeiten zu beteiligen.

Deshalb ist es für mich vorstellbar, das Irritationen entstanden sein könnten, da Juden am Samstag Morgen Shabbat feierten, dessen Synagogendienst nach deutschen Ritus ca. 3 Stunden dauert und am Sonntag dann am Pfingstfest teilnahmen.

Am Frankfurter Wäldchestag gab zu dieser Zeit bereits das gehobene Bürgertum den Bediensteten einen Tag frei und man fuhr in den Stadtwald, um zusammen zu speisen und den Tag zu geniessen.

Da das liberale Judentum zu der Zeit nur im jüdischen Großbürgertum anzutreffen war kann man davon ausgehen, dass man sich ebenfalls am Wäldchestag beteiligt hat.

Ich halte es für möglich, dass Wilhelm Hauff so auf 5 Tage kommt obwohl es eigentlich nur der Shabbat war, der am 10. Juni ein jüdisches Fest gewesen ist.

Ja, das leuchtet alles sehr ein. Und ich kann aus eigener familiärer oral history dies beitragen:

Meine Großeltern väterlicherseits waren Frankfurter. Mein Großvater war, bevor die Firma in der Weltwirtschaftskrise unterging, Prokurist einer jüdischen Frankfurter Firma, Goldschmidt und Söhne.

Meine Großeltern hatten große Hochachtung vor den Juden, die als Mäzene geschätzt waren, aber auch als Arbeitgeber. Sofern ich es aus ihren Erzählungen entnehmen kann, hat es in Frankfurt eigentlich nie einen bemerkenswerten Antisemitismus gegeben. Ludwig Börne war ein hochgeachteter Sohn der Stadt und kam in dieser Eigenschaft gleich hinter Goethe (auf Frankfurterisch: de Geedee un de Beernee).

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

12.06.2011 18:10
#10 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Zettel
Sofern ich es aus ihren Erzählungen entnehmen kann, hat es in Frankfurt eigentlich nie einen bemerkenswerten Antisemitismus gegeben. Ludwig Börne war ein hochgeachteter Sohn der Stadt und kam in dieser Eigenschaft gleich hinter Goethe (auf Frankfurterisch: de Geedee un de Beernee).


Naja. Wikipedia zum Börneplatz und der dortigen Synagoge:

Zitat
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 setzten marodierende Gruppen der SA die Synagoge in Brand. Da die herbeigeeilte Feuerwehr nichts zur Bekämpfung des Feuers unternahm, brannte das Gebäude mit seiner gesamten Inneneinrichtung aus. Die ausgeglühte Ruine wurde Anfang 1939 auf Kosten der israelitischen Gemeinde abgetragen, das Grundstück gegen eine geringe Entschädigung an die Stadt abgetreten.

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Gansguoter Offline



Beiträge: 988

12.06.2011 18:27
#11 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat
Die Bibliothek ist nach einem gewissen Gorgasal benannt, vollständig Wachtang I. Gorgassali.



Dieser Wachtang ist eine Schlüsselfigur, um genealogische Verbindungen zur Antike zu finden. Eine Ururenkelin dieses Gorgasal hat an einen armenischen Herrscher aus der Dynastie der Bagratiden geheiratet, und im 9. Jh. heiratet eine Bagratidin in die Familie Mamikonian in Konstantinopel. Die Mamikonian wiederum sind Vorfahren der Theophanu, die durch Heirat mit Otto II. zur Kaiserin wird. Die Nachkommen wiederum von Otto II. und Theophanu sind dann recht leicht zu verfolgen bis heute.

Jener Gorgosal wiederum war mit einer Sassanidenprinzessin verheiratet, so dass darüber die persischen Großkönige zu Vorfahren der heute Lebenden möglich sind. Und sollte es stimmen, dass der Sassanide Yazdegerd I. mit der Tochter des Exilarchen von Babylon verheiratet war (http://www.jewishencyclopedia.com/view.jsp?artid=16&letter=P), würde sich dadurch auch noch eine Verbindung zum KÖnigshaus von Juda und bis zu König David ergeben ...

Ein ziemlich interessanter Kerl, dieser Gorgasal.

Gürteltier ( gelöscht )
Beiträge:

12.06.2011 18:56
#12 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Zettel
Sofern ich es aus ihren Erzählungen entnehmen kann, hat es in Frankfurt eigentlich nie einen bemerkenswerten Antisemitismus gegeben.

Leider doch.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.06.2011 19:22
#13 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Zettel
Sofern ich es aus ihren Erzählungen entnehmen kann, hat es in Frankfurt eigentlich nie einen bemerkenswerten Antisemitismus gegeben. Ludwig Börne war ein hochgeachteter Sohn der Stadt und kam in dieser Eigenschaft gleich hinter Goethe (auf Frankfurterisch: de Geedee un de Beernee).


Naja. Wikipedia zum Börneplatz und der dortigen Synagoge:

Zitat
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 setzten marodierende Gruppen der SA die Synagoge in Brand. Da die herbeigeeilte Feuerwehr nichts zur Bekämpfung des Feuers unternahm, brannte das Gebäude mit seiner gesamten Inneneinrichtung aus. Die ausgeglühte Ruine wurde Anfang 1939 auf Kosten der israelitischen Gemeinde abgetragen, das Grundstück gegen eine geringe Entschädigung an die Stadt abgetreten.


Ich habe diese Reaktion erwartet, lieber Gorgasal, als ich das geschrieben habe. Ich habe sie so sehr erwartet, daß ich kurz überlegt habe, das vor dem Abschicken zu streichen. Aber die Gefahr, mißvestanden zu werden, sollte zu keiner vorauseilenden Selbstzensur führen.

Geschrieben habe ich von den Frankfurtern, so wie mein Großvater mir von ihnen erzählt hat. Daß auch in Frankurt die SA wütete, ist ja bekannt; es gab keine Großstadt, in der sie das nicht getan hätte. Aber das ist doch kein Gegenbeweis gegen die Aussage, daß die Frankfurter in ihrer Mehrheit keine Antisemiten waren; daß es dort keinen bemerkenswerten Antisemitismus gegeben hat.

Herzlich, Zettel

Carl Offline




Beiträge: 25

12.06.2011 20:03
#14 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Sehr geehrter Goragasal

Aber wir können auch weiter in der Geschichte Frankfurts zurück blicken.
Zitat: Hermann Laass erwarb als knapp 27-jähriger 1892 den Kölner Hof, einen Hotelneubau mit Restaurant unmittelbar gegenüber dem südlichen Eingang des 1888 eröffneten Frankfurter Hauptbahnhofs. Seit Herbst 1895 warb das Hotel reichsweit mit antisemitischen Plakaten, Bildpostkarten, Klebe- und Handzetteln und in antisemitischen Zeitungen. Zitat Ende
Quelle: http://www.ffmhist.de/ffm33-45/portal01/portal01.php

Antisemitismus wurde nicht von den Nationalsozialisten begründet.
Im Gegenteil gab es in Deutschland auch vor 1933 starke antisemitische Strömungen.

Trotzdem blühte jüdisches Leben in Frankfurt.
Zitat: When, in 1806, Frankfurt was incorporated into Napoleon's Confederation of the Rhine, the Jews' lot improved, at least in the eyes of the advocates of emancipation. The spread of the ideals of the French Revolution led to the abolition of the ghetto in 1811. Despite setbacks in 1819 due to the "Hep Hep riots," Jews received rights equal to those of non-Jews in1824. Frankfurt had by now become a center of the Reform movement, the ascendance of which led to a widening rift between the Orthodox and Reform communities. The latter was led during much of the nineteenth century by philosopher Abraham Geiger; the former, which accounted for only ten percent of Frankfurt's Jewish population in 1842, was revived by Rabbi Samson Raphael Hirsch, who founded the Orthodox "Israelitische Religionsgesellschaft" ("Israelite Church Society") in 1851. The community continued to grow and become wealthy; members of the Rothschild family in particular became known for their philanthropy. Several orthodox yeshivas were established, as was a Reform Institute for Jewish Studies, which featured lectures by the scholar Martin Buber.

By the 1900s, Jews in Frankfurt were extremely prosperous and influential. They became active both in business and politics. Many of the Jews fought for Germany in World War I. Zitat Ende
Quelle:http://www.jewishvirtuallibrary.org/jsou...urt.html#Toward

Aber es existierte vor 1933 eben, trotz offener Judenfeindschaft, auch ein Zusammenleben zwischen Juden und Nichtjuden.
Diese Welt wurde durch die Nationalsozialisten unwiederbringlich vernichtet.
Sie haben Recht, man darf die nationalsozialistische Geschichte Deutschlands nicht vergessen.
Jedoch sollte es nach über sechzig Jahren auch möglich sein differenziertere Sichtweisen zu finden und zu vermitteln.
Diese Möglichkeit kann jedoch keine politische Bildung schaffen.
Meiner Meinung nach, findet sie zwischen Menschen statt, indem man aufeinander zugeht.

Mich selbst macht Antisemitismus immer wieder, im wahrsten Sinn des Wortes, sprachlos.
Es hat keinen Sinn mit Antisemiten zu diskutieren.
Sie werden immer wieder Argumente dagegen finden.
Es ist ein Kampf von Don Quichote gegen die Windmühlen, aussichtslos.
Amalek, die ersten Judenfeinde, haben die Juden schon beim Auszug aus Ägypten angegriffen.

Viel sinnvoller ist es doch da mit Menschen zu kommunizieren, die Interesse zeigen.
Worin besteht der Unterschied zwischen Pessach und Ostern oder der Unterschied zwischen Shavuot und Pfingsten?
Warum bezeichnen sich die Juden als am kodesh - heiliges (auserwähltes) Volk?
Was müssen sie dafür leisten, wie müssen sie dafür leben?
Gilt die Tora für alle Menschen oder gibt es ein Kastensystem für Juden und Nichtjuden?
Warum ist die Bezeichnung goy, für einen Nichtjuden, im Judentum kein Schimpfwort.
Der Klassiker, wie wird Auge um Auge, im Judentum wirklich betrachtet?
Was ist der Talmud oder die Kabbalah - etwa eine Geheimlehre?

Auf diesem Wege entwickeln sich Bekanntschaften, manchmal Freundschaften, man lernt sich gegenseitig zu schätzen.
Ich denke, dass ist es, was Zettel andeuten wollte in seinem Kommentar.
Man kann einen Menschen nur schätzen, wenn man ihn kennen gelernt hat.

Auch Ihnen ein frohes Pfingstfest.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

12.06.2011 20:23
#15 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Zettel
Geschrieben habe ich von den Frankfurtern, so wie mein Großvater mir von ihnen erzählt hat. Daß auch in Frankurt die SA wütete, ist ja bekannt; es gab keine Großstadt, in der sie das nicht getan hätte. Aber das ist doch kein Gegenbeweis gegen die Aussage, daß die Frankfurter in ihrer Mehrheit keine Antisemiten waren; daß es dort keinen bemerkenswerten Antisemitismus gegeben hat.


Schon richtig. Aber das gleiche kann man dann über jede deutsche, polnische und russische Stadt sagen. Und dann fällt Frankfurt nicht mehr heraus.

Wobei ich es schon erwähnenswert finde, dass die Feuerwehr nicht gelöscht hat. Und der Börneplatz wurde schon 1933 umbenannt. Das sieht jetzt nicht so aus, als wären 1938 nur zugereiste SA-Schläger unterwegs gewesen. Offenbar haben die Stadtväter die Zeichen der Zeit durchaus schon 1933 erkannt.

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Gansguoter Offline



Beiträge: 988

12.06.2011 21:25
#16 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Gorgasal
Wobei ich es schon erwähnenswert finde, dass die Feuerwehr nicht gelöscht hat. Und der Börneplatz wurde schon 1933 umbenannt. Das sieht jetzt nicht so aus, als wären 1938 nur zugereiste SA-Schläger unterwegs gewesen. Offenbar haben die Stadtväter die Zeichen der Zeit durchaus schon 1933 erkannt.



Im Frühjahr 1933 wurden die Bürgermeister durch NSDAP-Leute ersetzt. Die Gleichschaltung und Beseitigung der anderen Parteien war in wenigen Monaten umgesetzt, so dass dann auch solche Umbenennungen problemlos möglich waren. Über die Gesinnung der Mehrheit in der Stadt sagt das daher wohl wenig.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.06.2011 00:50
#17 RE: Frohe Pfingsten! Und Lösung des Quiz Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Zettel
Geschrieben habe ich von den Frankfurtern, so wie mein Großvater mir von ihnen erzählt hat. Daß auch in Frankurt die SA wütete, ist ja bekannt; es gab keine Großstadt, in der sie das nicht getan hätte. Aber das ist doch kein Gegenbeweis gegen die Aussage, daß die Frankfurter in ihrer Mehrheit keine Antisemiten waren; daß es dort keinen bemerkenswerten Antisemitismus gegeben hat.


Schon richtig. Aber das gleiche kann man dann über jede deutsche, polnische und russische Stadt sagen.


Man kann vieles sagen. Nicht alles stimmt, was man sagt.

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