Das Völkerrecht wird heutzutage von vielen bei vielen Gelegenheiten im Mund geführt. Begriffe wie "völkerrechtswidriger Angriffskrieg" im Fall Irak und "völkerrechtswidrige Besetzung" im Fall der von Israel besetzten Gebiete sind nachgerade Propagandafloskeln geworden.
Wenn nicht Journalisten und Politiker über das Völkerrecht schwadronieren, sondern ein Kenner der Materie darüber Auskunft gibt, dann klingt das manchmal ganz anders. Wie jetzt im Fall der Seeblockade Gazas und der angekündigten erneuten "Hilfsflotte".
Gürteltier
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18.06.2011 20:53
#2 RE: Zitat des Tages: Völkerrecht und Gaza-"Hilfsflotte"
"SPIEGEL ONLINE: Was kann man Israel nach jetzigem Stand vorwerfen?
Khan: Im Moment wird ja von Seiten der überfallenen Helfer gemeldet, dass Israel klar in internationalen Gewässern zugeschlagen habe. Damit wäre der Zugriff schon an sich rechtswidrig gewesen, egal ob mit militärischen Mitteln oder nicht, denn in internationalen Gewässern gilt die Freiheit der Seefahrt - damit hat alleine der Staat die Hoheit, unter dessen Flagge ein Schiff fährt. Das war offenbar im Fall mehrerer Schiffe die Türkei, vielleicht waren es auch andere Staaten - aber eben nicht Israel. Wenn der Konvoi allerdings doch innerhalb von 24 Meilen vor der israelisch-palästinensischen Küste gewesen wäre,[..] durchaus das Recht gehabt den Konvoi zu stoppen"
Spiegel Online über dein Einsatz der Bundesmarine vor dem Libanon:
"Der Libanon und die Uno hatten bei Gesprächen unter Beteiligung deutscher Diplomaten am 12. Oktober vereinbart, die Einsatzmöglichkeiten der Marine im Rahmen der Friedenstruppe Unifil auf jenes Maß zu begrenzen, das Jung nun erstmals öffentlich beschrieben hat. In den Vereinbarungen stehen als Kompetenzen der von Deutschland geführten Maritime Task Force:
"volle Zuständigkeit außerhalb der territorialen Gewässer (TTW) des Libanon", [...] Das Flottendienstboot "Alster" habe sich Anfang der Woche 50 Seemeilen (gut 90 Kilometer) vor der israelischen Küste auf internationalem Gebiet befunden"
Vor den libanesischen Hoheitsgewässern operieren laut Wikipedia: "Beteiligte Länder (auch nur zeitweise): Belgien, China, Finnland, Frankreich, Ghana, Indien, Irland, Italien, Norwegen, Polen und Spanien, ab Oktober 2006 zusätzlich: Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Niederlande, Schweden und die Türkei."
Ganz zu Schweigen welche Nationen sich vor der Küste Somalias alles tummeln, anscheinend völkerrechtlich einwandfrei. Aber wenn Israel das selbe Recht für sich beansprucht, schon hagelt es wieder übelste Beschuldigungen.
Erscheint mir wie vieles was die deutsche Presse über Israel schreibt ein klarer Fall von Doppeldenk zu sein.
Zum Rückzug der türkischen Mavi Marmara aus der Gaza-Flotte eine interessante Einschätzung der US-Journalistin Claire Berlinski, die in der Türkei lebt: Die Erdogan-Regierung, die gerade die Wahlen erfolgreich hinter sich gebracht hat, braucht diese Propaganda-Show jetzt nicht mehr, ja sie fürchtet angesichts der Ereignisse in Syrien sogar eine gefährliche Eskalation der Lage:
Zitat Turkey's scared to death by this situation. Expect a nice warming in Turkish-Israeli relations now. The AKP has just received such a loud phone call from reality that even they can't pretend it was just a wrong number. http://ricochet.com/main-feed/When-Syria-Explodes
Update 20.6. Es sieht so aus, als ob diese ganze Flottenaktion erheblich an Schwung verliert.
Zitat On Saturday, flotilla organizers held urgent consultations. A source familiar with the details told Haaretz that problems have arisen on other boats that are supposed to take part in the flotilla and it is still not known exactly how many ships will participate. The estimate is that five to eight ships will set sail for Gaza. The source also said that the number of activists taking part in the flotilla is being reduced from 1,000 to around 300. http://www.haaretz.com/news/diplomacy-de...l-ship-1.368434
Bei solch einer Fülle von Beiträgen in der "Zeit" (im SPON wäre es vermutlich noch unerträglicher) bleibt die Frage offen, ob diese neue Welle des Antisemitismus ein eher deutsches Phönomen ist, ein Zuwanderungsphänomen oder einfach dem Zeitgeist entspricht. Für alle drei Möglichkeiten gäbe es Argumente, vielleicht ist es auch eine Mischung aus allen dreien, aber es zeigt zumindest sehr deutlich was Zeit-Leser so denken.
vielleichteinlinker
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19.06.2011 10:37
#6 RE: Zitat des Tages: Völkerrecht und Gaza-"Hilfsflotte"
Zitat Für alle drei Möglichkeiten gäbe es Argumente, vielleicht ist es auch eine Mischung aus allen dreien, aber es zeigt zumindest sehr deutlich was Zeit-Leser so denken.
Es zeigt wohl eher deutlich was ZEIT-Kommentierer so schreiben. Aus Erfahrung weiß ich, die Kommentare und Leserbriefe einer Zeitung spiegeln nur selten das Spektrum dessen ab was an Meinungen zum geschriebenen existiert. Was man schon daran merkt, dass "mir doch egal" und "versteh' ich nicht" nie vorkommt in den Kommentaren.
Was den Antisemitismus angeht: So neu ist der nicht. Grundsätzlich nicht, damit muss sich Deutschland seit dem 19. Jahrhundert abfinden. Dies ist ein judenfeindliches Land. Meiner Ansicht nach so tiefgehend, dass wir die eigene Judenfeindlichkeit schon in Phasen und Kategorien einteilen können die man dann mehr oder weniger schlimm finden muss. Der aktuelle Antisemitismus ist wohl eine Mischung aus 68er-Erbe und aufkeimendem Nationalismus nach 1990. In 20 oder 30 Jahren, wenn wir ein anderes Kapitel deutscher Geschichte aufschlagen wird es einen anderen Antisemitismus geben. Das ist widerlich und ich will mich nicht damit abfinden aber es empört und überrascht mich nicht mehr als sei es etwas völlig neues.
Gürteltier
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19.06.2011 10:58
#7 RE: Zitat des Tages: Völkerrecht und Gaza-"Hilfsflotte"
1. Die Moslems Die sind militant antisemitisch *) . Die reden nicht, die schlagen zu. Leserbriefe schreiben? Machen die nicht so oft - die Analphabeten.
2. Die Deutschen. Die schlagen seltener zu. Das sind die Leserbriefschreiber.
Das Zeigen der Israelfahne wird in Deutschland fast mit der gleichen Inbrunst verfolgt wie das Zeigen des Hakenkreuzes.
Das friedliche stehen mit einer Israelfahne wird härter bestraft als die von den Politverbrechern (Sozialisten und Antifaschisten) begangenen Verbrechen. Mit Israelfahne an einem Platz stehen (ohne sich zu rühren) macht Geldstrafe. Polizisten mit Pflastersteinen bewerfen, Bundeswehreinrichtungen in Brand stecken, Autos „abfackeln“, genehmigte Demonstrationen blockieren oder Nichtlinken die Knochen brechen zählt unter Folklore oder Widerstandskampf und wird deshalb in 99 von 100 Fällen nicht bestraft. Ist ne tolle Sache, so ein Rechtsstaat.
*) Selbstverständlich bringe ich pflichtgemäß das Märchen von den vielen muslimischen Strömungen. Da gibt es zum Beispiel die Strömung der berliner Moslems. Die leben ihren Antisemitismus in Berlin aus. Diametral entgegengesetzt ist die Strömung der Duisburger Moslems. Die Leben ihren Antisemitismus in Duisburg aus. Ganz anders die Strömung der Kölner Moslems. Die leben ihren Antisemitismus nicht in Berlin oder Duisburg aus, sondern in Köln. Und dann gibt es noch viel mehr Strömungen. Die malmöer Moslemströmung zum Beispiel unterscheidet sich fundamental von den berliner, duisburger oder kölner Strömungen. Die vertreiben die Juden nicht aus Berlin, Duisburg oder Köln, sondern aus Malmö.
Deshalb mein Appell: Immer schön differenzieren. Und denken Sie an die Strömungen!
Zitat von GürteltierHier haben wir zwei Komponenten
1. Die Moslems Die sind militant antisemitisch *) . Die reden nicht, die schlagen zu. Leserbriefe schreiben? Machen die nicht so oft - die Analphabeten.
Diese fremdenfeindlichen Behauptungen sind ein Verstoß gegen die Forumsregeln. Das wird durch die ironische "Anmerkung" nicht aufgehoben, sondern im Gegenteil verstärkt.
Dies ist eine letzte Verwarnung. Beim nächsten, auch geringfügigen, Verstoß gegen die Forumsregeln endet Ihre Mitgliedschaft.
Zitat von Gürteltier 1. Die Moslems Die sind militant antisemitisch *) . Die reden nicht, die schlagen zu. Leserbriefe schreiben? Machen die nicht so oft - die Analphabeten.
Autsch. Liebes Gürteltier, ich bin nicht so recht sicher was Sie glauben mit solchen Aussagen erreichen zu wollen. Aber wenn ich eine Schätzung abgeben müsste, dann würde ich sagen, Sie wollen etwas von dem Sie das exakte Gegenteil erreichen. Das was Sie hier schreiben ist derart platt, dass Sie ihrem Anliegen (und damit auch dem anderer) sehr deutlich schaden. Sie nach solchen Aussagen in die Stammtischecke zu drängen und diese in einem Satz ins braune Spektrum zu rücken, würde nicht schwer fallen. Die (!) Moslem reden also nicht, die schlagen zu ? Weil sie Analphabeten sind ? Das muss man nicht differenzieren, das ist einfach .... mir fällt nichtmal eine passende Formulierung ein, die sprachlich in dieses Forum gehört.
Wie gesagt, denken Sie mal darüber nach, was Sie mit solchen Plattitüden wirklich erreichen ! Wie wirkt das auf den x-beliebigen Leser ? Wie einfach mache ich es dem Unsachlichen mich in die braune Ecke zu drängen ?
Zitat Für alle drei Möglichkeiten gäbe es Argumente, vielleicht ist es auch eine Mischung aus allen dreien, aber es zeigt zumindest sehr deutlich was Zeit-Leser so denken.
Es zeigt wohl eher deutlich was ZEIT-Kommentierer so schreiben. Aus Erfahrung weiß ich, die Kommentare und Leserbriefe einer Zeitung spiegeln nur selten das Spektrum dessen ab was an Meinungen zum geschriebenen existiert. Was man schon daran merkt, dass "mir doch egal" und "versteh' ich nicht" nie vorkommt in den Kommentaren.
Das ist ein wichtiger Punkt. Vielen von denen, die solche Kommentarspalten füllen, geht es ja weniger um die Diskussion als darum, ihrem Herzen Luft zu machen.
Übrigens ist das einer der Gründe, warum ich die Entscheidung nie bereut habe, die Kommentarfunktion in ZR abzuschalten und die Diskussion hier in das Forum zu verlegen. Als ich das (aus anderen Gründen) getan habe, war ZR noch so gut wie unbekannt. Heute müßte man mit Beiträgen wie denen in den Kommentarspalten von "Zeit-Online" usw. rechnen. Offenbar ist dort ja ein Redakteur ständig damit beschäftigt, das Schlimmste zu löschen.
Also, die da schreiben, sind sicher nicht repräsentativ für "die" Leser der "Zeit".
Hinzu kommt, daß die Leser einer Online-Ausgabe nicht mit den Lesern des gedruckten Produkts identisch sein dürften. "Zeit-Online" liegt immerhin noch ungefähr auf dem Niveau der gedruckten "Zeit". "Spiegel-Online" und "Welt-Online" sind weit unterhalb des Niveaus des gedruckten Produkts angelangt; auf der nach unten offenen Revolverjournalismus-Skala. Das bringt halt mehr Klicks.
Zitat von vielleichteinlinkerWas den Antisemitismus angeht: So neu ist der nicht. Grundsätzlich nicht, damit muss sich Deutschland seit dem 19. Jahrhundert abfinden. Dies ist ein judenfeindliches Land. Meiner Ansicht nach so tiefgehend, dass wir die eigene Judenfeindlichkeit schon in Phasen und Kategorien einteilen können die man dann mehr oder weniger schlimm finden muss. Der aktuelle Antisemitismus ist wohl eine Mischung aus 68er-Erbe und aufkeimendem Nationalismus nach 1990. In 20 oder 30 Jahren, wenn wir ein anderes Kapitel deutscher Geschichte aufschlagen wird es einen anderen Antisemitismus geben. Das ist widerlich und ich will mich nicht damit abfinden aber es empört und überrascht mich nicht mehr als sei es etwas völlig neues.
Antisemitismus gibt es leider überall.
Wir haben das, lieber Vielleichteinlinker, früher schon diskutiert:
Ich sehe keine Belege dafür, daß es in Deutschland im 18. Jahrhundert mehr Antisemitismus gegeben hätte als anderswo. Im Gegenteil war die Emanzipation der Juden beispielsweise in Preußen weiter fortgeschritten. Judenpogrome, wie sie in Osteuropa immer wieder vorkamen, hat es in Deutschland kaum gegeben.
Im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland ebenfalls keinen größeren Antisemitismus als in Frankreich (ich erinnere an die Dreyfus-Affäre), als in England oder im Habsburger Reich. Hitlers Antisemitismus ist bekanntlich in Wien entstanden.
Ich halte den Ansatz, den schändlichen Antisemitismus der Nazis sozusagen als Folge einer latenten spezifisch deutschen Entwicklung zu sehen, für falsch. Es gibt etwas spezifisch Deutsches in Politik und Gesellschaft, und ich habe es in letzter Zeit wiederholt beschrieben: Eine Neigung zum mangelnden Pragmatismus, zu irrationalen Entscheidungen, zur Verstiegenheit. Sie mag den Nazismus begünstigt haben. Aber keine spezifisch deutsche Neigung zum Antisemitismus.
Es wäre ja sozusagen eine Erleichterung, wenn der Antisemitismus in Deutschland konzentriert wäre oder gewesen wäre. Den Neid, aus dem er sich wesentlich speist, gab und gibt es aber überall.
Ein anderer Aspekt: PAX CHRISTI, die katholische "Friedens"bewegung, hat sich an der Gaza-Flotte 2010 beteiligt.
Die Fraktion der LINKE im Bundestag hat sich einstimmig (d.h. die Gegner hatten den Saal verlassen) für drei Punkte entschieden: 1) Keine Beteiligung an Gazaflotte 2011, 2) Kein Aufruf mehr zum Boykott israelischer Produkte (wie LINKE Bremen) und 3) kein Eintreten für eine so genannte Ein-Staaten-Lösung (wie LINKE Hamburg)
Gregor Gysi hat sich massiv für diese drei Punkte eingesetzt.
(Im Artikel der TAZ deutet Gysi an, dass es in der DDR beim ZK Listen mit Adressen und Telefonnummern jüdischer Deutscher gegeben hätte...)
Was passiert? Pax Christi schreibt einen Offenen Brief an den Parteivorstand der LINKE, um gegen den Beschluss der Parteiführung zu protestieren!!!! Sie wollen mit dem Schiff nach Gaza, israelische Produkte boykottieren und eine Einstaatenlösung!!!
Ich halte es nicht für klug, Israel zu verteidigen unter Verweis auf Regelungen des Völkerrechts. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat Israel in der Vergangenheit völkerrechtswidrig gehandelt und wird dies auch in Zukunft tun. Wie jeder andere Staat auch. Ich beurteile Staaten (wenn es überhaupt sinnvoll ist, ‚Staaten‘ zu beurteilen) nicht danach, ob sie völkerrechtskonform handeln oder nicht, sondern ob ich die Ziele der Handlung billige, ob mir das Vorgehen vernünftig erscheint, etc.
Seit mindestens zweieinhalbtausend Jahren müsste der Menschheit bekannt sein, dass legal und legitim unterschiedliche Kategorien sind, und dass das staatliche Gesetz mit dem moralischen in Konflikt geraten kann. Ebenso kann aus einem Verstoß gegen das staatliche Gesetz nicht auf einen Verstoß gegen moralische oder sittliche Normen geschlossen werden. Es sind einfach unterschiedliche Kategorien. Ein Rechtsverstoß, oder zumindest ein behaupteter, ist nüchtern-rational zu konstatieren; die moralisch-sittliche Bewertung erfolgt nach anderen Kriterien.
Diese Trennung mag künstlich klingen, aber vielleicht wird deutlich, was ich meine, wenn ich eine Situation schildere, in der eine junge Frau völlig aufgelöst auf einer Polizeiwache auftaucht und den Beamten folgendes sagt: „Mein Vater hat meine Mutter rechtswidrig umgebracht.“ Ich muss, wenn ich das lese, spontan ein bisschen lachen, weil die Tochter ja nicht über den Umstand schockiert ist, dass die Tötung der Mutter rechtswidrig erfolge. Ein Rechtsverstoß als solcher ist moralisch neutral, weil das Recht keine Schmerzen empfinden, keine Vermögenseinbuße erleiden, nicht sterben kann.
Ein anderes Beispiel wäre der Fall von Markus Gäfgen, dem Mörder von Jakob von Metzler. Er behauptet, von der Polizei gefoltert worden zu sein, und verlangt dafür Schadensersatz vom Staat. Das ist aus meiner juristischen Sicht ein völlig legitimes Vorgehen, und m. E. ist ein Anspruch sogar gegeben. Dass jemandem, der nicht juristisch verbildet ist, das merkwürdig, um nicht zu sagen ein bisschen obszön erscheint, zeigt sehr deutlich, dass rechtliche und sittliche bzw. moralische Kategorien eben zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind.
Wenn ich Kritik an Verhaltensweisen höre oder lese, die sich auf rechtliche Begriffe oder Kategorien stützt, finde ich das immer ein bisschen erschreckend, weil es ein wenig den Schluss aufdrängt, das natürliche moralische Empfinden dafür, was ‚in Ordnung‘ ist, und was eben nicht, sei abhanden gekommen. So als ob man einen Juristen fragen müsste, ob es OK ist, seinen Partner zu betrügen. Erbschleicherei nicht strafbedroht, sollte man also munter erbschleichen?
Merkwürdigerweise wird insbesondere das Völkerrecht für Äußerungen dieser Art benutzt. Wenn sich Politiker über die angebliche Völkerrechtswidrigkeit einer Handlung aufregen, möchte ich gern nachfragen, ob ihre Loyalität dem Grundgesetz gilt, das die Menschenwürde als höchstes Rechtsgut anerkennt, oder dem Völkerrecht, das die nationale Souveränität als höchstes Rechtsgut etabliert. Dass es da mal zum Konfliktfall kommen kann, übersteigt wohl die Phantasie der entsprechenden Amtsträger. Das Völkerrecht als Substitut für moralische Wertungen heranzuziehen, ist insbesondere abenteuerlich, wenn man sich Genese, Paradigmen und sogar Einzelbestimmungen dieser ‚Friedensordnung‘ näher anschaut. Eine Bekannte war richtig geschockt, als ich ihr erklärte, dass sie aus Sicht des Völkerrechts gar keine (Menschen-)Rechte hat, allein schon weil sie kein Rechtssubjekt ist. Wie würde das heutige Völkerrecht die Judenvernichtung bewerten, wenn sie ausschließlich innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches stattgefunden hätte?
Wer meint, diese relative Indifferenz gegenüber dem (Völker-)Recht, die in den obigen Absätzen zum Ausdruck kommt, sei in Wirklichkeit der Versuch, Israel einen Freibrief auszustellen, hat mein Argument nicht verstanden. Auf Basis des Gesagten kann man seinen Antisemitismus durchaus noch dadurch ausleben, dass man den Juden beispielsweise alttestamentarische Rachegelüste unterstellt oder Israel als Apartheidregime bezeichnet. Mir geht es nur darum, dass das Recht kein Substitut sein sollte für moralische oder sittliche Bewertungen. Dass moralische bzw. sittliche Bewertungen von Handlungen nicht mithilfe von Rechtssätzen erfolgen sollten. Legal/Illegal ist nicht dieselbe Dichotomie wie gut/böse.
Zitat von fedchan Mir geht es nur darum, dass das Recht kein Substitut sein sollte für moralische oder sittliche Bewertungen. Dass moralische bzw. sittliche Bewertungen von Handlungen nicht mithilfe von Rechtssätzen erfolgen sollten. Legal/Illegal ist nicht dieselbe Dichotomie wie gut/böse.
Danke für diesen ausgezeichneten Beitrag!
Was den bevorstehenden Blockadebruch vor dem Gazastreifen angeht, wird man sehr wahrscheinlich wieder erleben, daß in der von Ihnen geschilderten Weise das vorgebliche Völkerrecht als Waffe in der politischen Auseinandersetzung eingesetzt wird. Deshalb erscheint es mir wichtig, auf die tatsächliche Rechtslage hinzuweisen.
Zitat von ZettelAlso, die da schreiben, sind sicher nicht repräsentativ für "die" Leser der "Zeit".
Warum ? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf ? Natürlich sind es eher die, die Dampf ablassen, die sich auch die Mühe machen einen Kommentar zu schreiben. Aber die gibt es mit jeder Motivation, Meinung und Hintergrund. Es gibt überhaupt keinen Grund anzunehmen, der nicht schreibende Leser habe so eine abweichende Meinung. Die Zeit bedient ja nun vor allem ein Leserspektrum dass sich selbst als linksliberal definiert. Das ist kein Widerspruch dazu.
Zitat Aber keine spezifisch deutsche Neigung zum Antisemitismus.
Es gibt schon ein, zwei Sepzifika in Deutschland, die für eine solche Entwicklung aufgrund der Nazizeit sprechen: Als ich durch die Schule musste wurde das dritte Reich an jeder zweiten Ecke durchgekaut. Wieder. Wieder. Und wieder. Und der Kunstgriff statt von "ewiger deutscher Schuld" zu reden etwas von "besonderer Verantwortung" zu kunden, wirkt allenfalls noch beim Fünftklässler. Man muss schon sehen wie systematisch die ewige Schuldthese eingehämmert wird. Und das bewirkt neben Aufklärung auch den pemanenten Wunsch von vielen eben nicht "schuld zu sein". Welch besseres Ventil bietet sich da an, als auf den bösen Juden zu zeigen, der aus der Geschichte nichts gelernt hat ? Durch das permanente Israel-Bashing erreichen viele Deutsche mit Schuldkomplex zwei Dinge: Eigentliche moralische Erhöhung ("seht, ich habe aus der Geschichte gelernt und bin kein Nazi !") und gleichzeitig ein herabsenken des jüdischen Opferstatus ("die sind ja genauso schlimm wie die Nazis"). Damit wird sowohl die selbst emfundene Schuld heruntergespielt als auch die vermeintliche Schuld des anderen hochgeschrieben. Und das ist schon ziemlich deutsch.
Ein weiteres Problem sehe ich im mangelnden Wertekanon. Das deutsche Wertemfinden ist 60 Jahre lang mit Füssen getreten worden. Um Himmelswillen, keine "Sekundärtugenden", damit könnte man ja allenfalls noch ein KZ führen. Und darum sind die Deutschen als Nation extrem unfähig sich gegen fremde Einflüsse zu stellen, weil sie sich selber nicht trauen etwas dagegen zu stellen. Nun ist der muslimische Einfluss (und im Unterschied zu dem was weiter oben steht betone ich den Einfluss des Islam und nicht des Moslems an sich) aber durch die massive Einwanderung sehr stark geworden. Und kaum etwas stellt sich dem entgegen. Und, bei aller gebotenen Höflichkeit, der Islam ist eine tutiefst antisemitische Glaubensvorstellung. Und die kommt entsprechend auch in der deutschen Gesellschaft an. In einer Gesellschaft wie beispielsweise Amerika, die sehr eigene Vorstellungen davon hat, was richtig ist und was falsch, sind derartige Einflüsse deutlich schwächer. Entsprechend halte ich auch das für ein eher deutsches Phänomen.
Gürteltier
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19.06.2011 20:38
#16 RE: Zitat des Tages: Völkerrecht und Gaza-"Hilfsflotte"
Zitat von LlarianSie nach solchen Aussagen in die Stammtischecke zu drängen und diese in einem Satz ins braune Spektrum zu rücken, würde nicht schwer fallen. ...
Nicht dass ich mich in diesem Spektrum in seiner Gänze auskennen würde. Aber ich habe festgestellt, dass Altermedia regelmäßig Kommentare vom Muslim-Markt bringt. Brüder im Geiste.
Zitat von Llarian Und darum sind die Deutschen als Nation extrem unfähig sich gegen fremde Einflüsse zu stellen, weil sie sich selber nicht trauen etwas dagegen zu stellen. Nun ist der muslimische Einfluss (und im Unterschied zu dem was weiter oben steht betone ich den Einfluss des Islam und nicht des Moslems an sich) aber durch die massive Einwanderung sehr stark geworden. Und kaum etwas stellt sich dem entgegen. Und, bei aller gebotenen Höflichkeit, der Islam ist eine tutiefst antisemitische Glaubensvorstellung. Und die kommt entsprechend auch in der deutschen Gesellschaft an. In einer Gesellschaft wie beispielsweise Amerika, die sehr eigene Vorstellungen davon hat, was richtig ist und was falsch, sind derartige Einflüsse deutlich schwächer. Entsprechend halte ich auch das für ein eher deutsches Phänomen.
Das sehe ich ähnlich. Aber es ist ein Phänomen des vergangenen halben Jahrhunderts, nicht der deutschen Geschichte. Um diese ging es mir in meinem Kommentar.
Lassen Sie mich, lieber Llarian, Ihren Gedanken noch etwas weiter ausführen:
Als eine - ja damals nicht falsche - Reaktion auf die Nazizeit (ich mag den Begriff "Drittes Reich" nicht, weil er die Sicht der Nazis selbst beschreibt) gab es nach 1945 die Tendenz, alles das so weit wie möglich zu negieren, jedenfalls bedeutungslos zu halten, das die Nazis propagiert hatten - also Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Militär, Protzerei usw. Das war nötig und auch sympathisch.
Es traf nun aber zusammen mit dem Schuldbewußtsein, mit dem jedenfalls meine Generation aufgewachsen ist. Das hat unsere deutsche Identität geprägt wie nichts sonst.
Es entstand eine deutsche Kümmer-Identität, die weitgehend geschichtslos und weitgehend frei von Werten war. Schuld ist ja nicht gut als nationaler Wert geeignet.
Man behalf sich mit dem Stolz auf die harte D-Mark, auf die funktionierende Demokratie (ich rede jetzt natürlich nur von der Bundesrepublik). Surrogate.
Denn es gibt nun einmal das Bedürfnis nach einer, sagen wir, historisch verwurzelten Identität. Da war also bei uns so etwas wie eine freie Bindung.
Ein erster Bindungsversuch war die 68er Bewegung, die ja ausgesprochen wertorientiert gewesen ist. Mit ihren sozialistischen Werten scheiterte sie, aber aus der Konkursmasse erwuchs die Grüne Bewegung mit ihren durchaus anderen, wenn auch in einem vagen Sinn linken Werten.
Die normalen Werte jedes Volks - eine sich aus der eigenen Geschichte herleitende Identität, Patriotismus, die Identifikation mit der eigenen Nation - blieben verkümmert. Da waren immer noch freie Bindungen.
Wenn man sich mit der "Sache der Palästinenser" identifiziert, so als sei es die eigene, dann sucht diese freie Bindung ein Ziel. Übrigens ist es bei denjenigen, denen die Identifikation mit Israel die eigene Identität ersetzen soll (und die sich trotzig auch noch "Antideutsche" nennen) nicht viel anders; nur daß das Objekt ihrer Identifikation das wenigstens wert ist.
Zum Thema ANTIDEUTSCHE Da gibt es viele Nuancen. Bahamas, Jungle World, Ca ira....
Wirtschaftspolitisch stehe ich ganz woanders ("Rheinischer Kapitalismus"), aber zur Nahostthematik ist mir der BAK Shalom der Linksjugend hundertmal lieber als üble Äußerungen von Nobby Blüm oder Ruprecht Polenz oder Helmut Schäfer oder Reinhard Paß (OB von Essen)...
Hab (leider!) keine Zeit, mich an dieser interessanten Diskussion zu beteiligen, möchte aber auf einen Artikel verweisen, über den ich, zufällig, gestolpert bin. Er dürfte alle interessieren, die sich für Mentalitäten (oder "Einstellungen von langer Dauer") beschäftigen: http://www.welt.de/wirtschaft/article134...ittelalter.html
Viele Grüße, Jana
Blub
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20.06.2011 23:19
#20 RE: Zitat des Tages: Völkerrecht und Gaza-"Hilfsflotte"
Die Frage ist, ob die Diagnose Antisemitismus auch in der Tragweite tatsächlich trägt. Ich bezweifle nicht, dass Antisemitismus am steigen ist. Aber ist es Antisemitismus, wenn man aufgrund falscher Informationen urteilt? Mir fehlt da bei weiten Teilen in der Bevölkerung das bewusste grundlos gegen Juden etwas haben. Ist es Antisemitismus, wenn man die bedrohliche Lage des Staates Israel falsch einschätzt, weil die Medien suggerieren, dass da nur schwache friedliebende Menschen, nicht anders wie man selber, drum herum leben? Es ist ja nun auch so, dass Israel durchaus auch Dinge tut, die wir hier in Europa für inakzeptabel halten, weil die Lage es nicht erfordert und es nicht politisch korrekt ist. Wenn man diese Lage nicht versteht, dann versteht man Israel (und die USA) nicht und hält sie für Schurken. So wie ein Polizist und ein Schurke sich nicht so eindeutig unterscheiden lassen, wenn man nur einzelne Aktionen anschaut. Wie könnte der, der S21-Gegner "niederknüppelt" und Augen aus den Demonstranten mit Wasserwerfern rausspritzt eigentlich der Gute sein? Wie könnte der mit kleinen Fehlern besser als der mit großen Fehlern sein?
Zitat von janaHab (leider!) keine Zeit, mich an dieser interessanten Diskussion zu beteiligen, möchte aber auf einen Artikel verweisen, über den ich, zufällig, gestolpert bin. Er dürfte alle interessieren, die sich für Mentalitäten (oder "Einstellungen von langer Dauer") beschäftigen: http://www.welt.de/wirtschaft/article134...ittelalter.html
Vielen Dank für den Link. Der „Welt“-Artikel zeigt anschaulich auf, wie das menschliche Hirn gestrickt ist. Es konstruiert sich Zusammenhänge, wo bei Licht besehen, keine sind und ordnet die Welt. Es würde mich nicht wundern, wenn es (das Gehirn) selbst in einer großen Reihe zufälliger Zahlen noch eine Art Ordnung „entdecken“ würde.
Bei Verschwörungstheorien, denen ich spontan „glaube“, andererseits aber auch „sehe“, dass sie unsinnig sind, fällt mir das besonders auf. Ich muss also bewusst Kraft (Verstand?) aufwenden, um Unsinn als Unsinn zu deklarieren, obwohl mein Hirn diesem Unsinn einen Sinn unterstellt.
Mit freundlichem Gruß
-- „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann
Zitat von BlubDie Frage ist, ob die Diagnose Antisemitismus auch in der Tragweite tatsächlich trägt. Ich bezweifle nicht, dass Antisemitismus am steigen ist. Aber ist es Antisemitismus, wenn man aufgrund falscher Informationen urteilt? Mir fehlt da bei weiten Teilen in der Bevölkerung das bewusste grundlos gegen Juden etwas haben. Ist es Antisemitismus, wenn man die bedrohliche Lage des Staates Israel falsch einschätzt, weil die Medien suggerieren, dass da nur schwache friedliebende Menschen, nicht anders wie man selber, drum herum leben? Es ist ja nun auch so, dass Israel durchaus auch Dinge tut, die wir hier in Europa für inakzeptabel halten, weil die Lage es nicht erfordert und es nicht politisch korrekt ist. Wenn man diese Lage nicht versteht, dann versteht man Israel (und die USA) nicht und hält sie für Schurken.
Selbst dann ist Israel ja bei weitem nicht der einzige Staat, der so etwas tut. China etwa verletzt Menschenrechte viel systematischer und viel brutaler als Israel, ebenso der Iran und einige arabische Länder. Ich warte immer noch auf Demonstrationen und Konferenzen, die unter reger Beteiligung deutscher Prominenz Freiheit für Ostturkestan fordern.
Stratfor meldet jetzt, daß die "Hilfsflotte" am Donnerstag oder Freitag dieser Woche von Kreta aus in See stechen wird. Insgesamt sollen sich neun oder zehn Schiffe im Libyschen Golf treffen und dann vereint Richtung Gaza fahren. Es wird also ernst.
Zitat Stratfor meldet jetzt, daß die "Hilfsflotte" am Donnerstag oder Freitag dieser Woche von Kreta aus in See stechen wird. Insgesamt sollen sich neun oder zehn Schiffe im Libyschen Golf treffen und dann vereint Richtung Gaza fahren. Es wird also ernst.
Israeli official: Turkey wants UN to tone down report on Gaza flotilla raid Official says Erdogan government 'very worried' over criticism of Turkey the report is expected to contain; Toning down report is proposed in deal to heal diplomatic rift between the two countries.
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