In der Meldung, aus der das Zitat stammt, werden Politkriminelle als "Aktivisten" bezeichnet. Nun gut, warum nicht, mag man fragen.
Deshalb nicht, weil dasselbe Wort auch für Menschen verwendet wird, die sich friedlich politisch engagieren. Daß ein und derselbe Begriff gesetzestreues Handeln und Kriminalität umfaßt, ist ungewöhnlich; leider hier aber auch bezeichnend.
Übrigens habe ich den Begriff "Aktivist" noch nie als Bezeichnung für rechtsextreme Politkriminelle gelesen. Er ist, warum auch immer, sozusagen links gefärbt.
An den "Aktivisten" in der DDR kann es eigentlich nicht liegen, denn activist ist ein international gebräuchlicher Begriff.
Zitat von ZettelDaß ein und derselbe Begriff gesetzestreues Handeln und Kriminalität umfaßt, ist ungewöhnlich; leider hier aber auch bezeichnend.
Ungewöhnlich vielleicht, aber nicht ohne Beispiel. Ich sehe das eher im gleichen Zusammenhang wie die Bezeichnung "Aufständische" für Terroristen im Irak, die Bombenanschläge auf Marktplätze und Moscheen begangen haben. Bezeichend ist es aber in der Tat, vor allem für die Haltung der Autoren zu den jeweils kriminellen Personen und ihren Taten, die da durchscheinen. Anstatt sich klar davon zu distanzieren, verschleiert man das mit neutralen und unauffälligen Begriffen.
Zitat von ZettelDaß ein und derselbe Begriff gesetzestreues Handeln und Kriminalität umfaßt, ist ungewöhnlich; leider hier aber auch bezeichnend.
Ungewöhnlich vielleicht, aber nicht ohne Beispiel. Ich sehe das eher im gleichen Zusammenhang wie die Bezeichnung "Aufständische" für Terroristen im Irak, die Bombenanschläge auf Marktplätze und Moscheen begangen haben.
Es gibt da aber, glaube ich, einen Unterschied, lieber Elmar:
Bürgerkriege und bürgerkriegsähnliche Zustände haben es nun einmal an sich, daß dieselben Taten je nach politischer Bewertung als Widerstand und Freiheitskampf oder aber als Terrorismus angesehen werden. (Manchmal wechselt auch die Bezeichung für ein- und denselben Sachverhalt; zum Beispiel wurde aus dem Terrorismus der Mau-Mau in Kenia später ihr Freiheitskampf).
In einem Rechtsstaat gibt es aber keine verschiedenen Sichtweisen, was Straftaten angeht. Ob etwas eine Straftat ist, bestimmt das Gesetz und nicht die persönliche politische Sichtweise. Politkriminelle sind kriminell nicht aus einer politischen Perspektive heraus, sondern aufgrund eines objektiven Umstands.
Aktivist bezeichnet ja in erster Linie eine Person, die aktiv (für oder gegen etwas) wird bzw. ist. Von daher ist die flächendeckende Benennung all derer, die für ihre Sache - wie auch immer - eintreten, sicherlich nicht falsch. Erstaunlich finde ich eher, daß in diesem unseren Staate, wo Gesinnungsschnüffler sonst an jeder Ecke eine Nazikontaminierung wittern, ein derart "vorbelasteter" Begriff eine solche Karriere hinlegen konnte. Als Aktivist bezeichnete man schließlich in beiden unserer Diktaturen jene Menschen, die im Sinne des Systems aktiv wurden und durch ihre Tätigkeit den gesamten Staatsapparat überhaupt am Laufen hielten.
Wobei, so erstaunlich nun auch wieder nicht. Der Schulzwang hat es ja auch problemlos in das bundesrepublikanische Schulsystem geschafft.
~~~ Die zunehmende Armut, welche allenthalben beklagt wird, scheint mir zuvörderst geistiger Natur.
Zitat von VogelfreiAktivist bezeichnet ja in erster Linie eine Person, die aktiv (für oder gegen etwas) wird bzw. ist. Von daher ist die flächendeckende Benennung all derer, die für ihre Sache - wie auch immer - eintreten, sicherlich nicht falsch.
Dann wäre auch der Papst ein Aktivist? War der Graf Stauffenberg ein Aktivist, oder Charles de Gaulle?
Ich glaube, lieber Vogelfrei, daß die übliche Bedeutung des Worts doch viel enger ist. Und deshalb aus meiner Sicht problematisch, weil der Begriff sich unterschiedslos auf legales und auf gesetzloses Handeln bezieht.
Zitat von VogelfreiErstaunlich finde ich eher, daß in diesem unseren Staate, wo Gesinnungsschnüffler sonst an jeder Ecke eine Nazikontaminierung wittern, ein derart "vorbelasteter" Begriff eine solche Karriere hinlegen konnte. Als Aktivist bezeichnete man schließlich in beiden unserer Diktaturen jene Menschen, die im Sinne des Systems aktiv wurden und durch ihre Tätigkeit den gesamten Staatsapparat überhaupt am Laufen hielten.
Ja, das wundert mich auch. Als ich für den Artikel recherchiert habe, habe ich herauszufinden versucht, wie der Begriff in der heutigen Bedeutung eigentlich aufkam und ob nicht doch eine direkte Linie zu Aktivisten à la Hermann Kant führt. Ich bin aber leider nicht fündig geworden.
Zitat von ZettelDaß ein und derselbe Begriff gesetzestreues Handeln und Kriminalität umfaßt, ist ungewöhnlich; leider hier aber auch bezeichnend.
Ungewöhnlich vielleicht, aber nicht ohne Beispiel. Ich sehe das eher im gleichen Zusammenhang wie die Bezeichnung "Aufständische" für Terroristen im Irak, die Bombenanschläge auf Marktplätze und Moscheen begangen haben.
Es gibt da aber, glaube ich, einen Unterschied, lieber Elmar:
Bürgerkriege und bürgerkriegsähnliche Zustände haben es nun einmal an sich, daß dieselben Taten je nach politischer Bewertung als Widerstand und Freiheitskampf oder aber als Terrorismus angesehen werden. (Manchmal wechselt auch die Bezeichung für ein- und denselben Sachverhalt; zum Beispiel wurde aus dem Terrorismus der Mau-Mau in Kenia später ihr Freiheitskampf).
Die Bewertungen mögen sich ändern, die Taten bleiben aber die gleichen. Im einen Falle akzeptabel oder friedlich, im anderen kriminell. Das sollte man in keinem Fall verwischen.
... wobei die Bezeichnung "Aktivist" auch anderweitig inakzeptabel ist. Es muss "AktivistInnen" heißen
Was aus solchen Bezeichnungen und ihren Assoziationen werden kann, konnte ich selber vor ein paar Tagen erleben. Hess-Natur-Verkauf: Genossen bekommen Absage Genossen? Ich dachte erst, die SPD oder Linken wollten in Marktwitschaft machen und den Laden übernehmen aber dann wars nur eine neugegründete Genossenschaft der Mitarbeiter, die Hess Natur in Eigenregie weiterführen wollten.
Momentan ist meine Assoziation eines Aktivisten noch ein friedlicher Mitbürger, aber vielleicht muss ich mich da demnächst umstellen.
Zitat Als ich für den Artikel recherchiert habe, habe ich herauszufinden versucht, wie der Begriff in der heutigen Bedeutung eigentlich aufkam und ob nicht doch eine direkte Linie zu Aktivisten à la Hermann Kant führt. Ich bin aber leider nicht fündig geworden.
Lieber Zettel, wäre es nicht möglich, dass es sich trotz eines existierenden historischen, deutschen Begriffs lediglich um eine schlechte Übersetzung handelt? Ich verbinde den Ursprung des heutigen deutschen 'Aktivisten' eher mit dem Auftauchen von Greenpeace in den Medien, und der nordamerikanische 'activism' ist politisch eher neutral.
Vermutlich haben die deutschen Medien das einfach schlecht eingedeutscht; die können ja heute alle noch kein ordentliches englisch, in den 70ern konnten sie es vermutlich noch weniger.
Zitat von F.AlfonzoIch verbinde den Ursprung des heutigen deutschen 'Aktivisten' eher mit dem Auftauchen von Greenpeace in den Medien, und der nordamerikanische 'activism' ist politisch eher neutral.
Vermutlich haben die deutschen Medien das einfach schlecht eingedeutscht; die können ja heute alle noch kein ordentliches englisch, in den 70ern konnten sie es vermutlich noch weniger.
Das könnte gut der Fall sein, lieber F. Alfonzo. Ich habe eben einmal im Archiv des "Spiegel" nachgesehen: Bis Ende der sechziger Jahre kommt das Wort fast ausschließlich in seiner DDR-Bedeutung vor (die auch im übertragenen Sinn verwendet wird); im Lauf der siebziger Jahre erscheint die heutige Bedeutung.
Wie ich inzwischen herausgefunden habe, wurde es allerdings bereits bei der Entnazifizierung benutzt: Es gab die vier Kategorien "I. Hauptschuldige, etwa Angehörige der SS oder der Gestapo, II. Belastete wie NS-Aktivisten, III. Minderbelastete, IV. Mitläufer und V. Entlastete".
Es scheint also, daß das Wort dreimal ins Deutsche gelangt ist: Bei der Entnazifizierung, in der DDR und im Rahmen des Öko-Aktivismus ab den siebziger Jahren.
Zitat Als ich für den Artikel recherchiert habe, habe ich herauszufinden versucht, wie der Begriff in der heutigen Bedeutung eigentlich aufkam und ob nicht doch eine direkte Linie zu Aktivisten à la Hermann Kant führt. Ich bin aber leider nicht fündig geworden.
Ich habe zufällig erst vor ganz wenigen Tagen in einer englischsprachigen Quelle gelesen, woher der Begriff "activist" ursprünglich kommt (bzw. laut dieser Quelle komme soll). Ich zermartere mir jetzt schon die ganze Zeit das Hirn, komme aber nicht mehr darauf, wo genau ich das gelesen habe. Daher nun also leider ohne Quelle:
Anscheinend kam der Begriff "activist" zu Erst in den USA im 1. Weltkrieg auf. Er bezeichnete Leute, die für eine aktivere Rolle der USA im Weltkrieg eintraten. Letztlich also für deren Kriegseintritt.
Klingt fast zu gut, um wahr zu sein, oder? Dummerweise habe ich für diese Theorie auf die Schnelle auch keine Bestätigung ergoogeln können.
Danke für diesen Beitrag. Heute morgen in den ARD-Frühnachrichten schoss mir exakt das gleiche durch den Kopf. In der ARD waren es allerdings "Demonstranten", die wahrscheinlich aus Versehen einen Bauzaun umgeschmissen hatten und einige Polizisten verletzten. Der ARD-Kommentar bemühte sich dann noch zu sagen, dass diese verletzten Polizisten "nach Polizeiangaben verletzt wurden" also wohl gar keine richtigen Verletzten seien bzw. man solche Angaben ja nicht gleich glauben müsse.
Zitat von FlorianIch habe zufällig erst vor ganz wenigen Tagen in einer englischsprachigen Quelle gelesen, woher der Begriff "activist" ursprünglich kommt (bzw. laut dieser Quelle komme soll). Ich zermartere mir jetzt schon die ganze Zeit das Hirn, komme aber nicht mehr darauf, wo genau ich das gelesen habe. Daher nun also leider ohne Quelle:
Anscheinend kam der Begriff "activist" zu Erst in den USA im 1. Weltkrieg auf. Er bezeichnete Leute, die für eine aktivere Rolle der USA im Weltkrieg eintraten. Letztlich also für deren Kriegseintritt.
Klingt fast zu gut, um wahr zu sein, oder? Dummerweise habe ich für diese Theorie auf die Schnelle auch keine Bestätigung ergoogeln können.
Ich habe mit Hilfe Ihres Hinweises diese interessante Diskussion gefunden und schreibe dazu jetzt einen Nachtrag zum Artikel; mit Dank an Sie.
Auch Terroristen werden heutzutage als Aktivisten bezeichnet. Man kann haufenweise Schlagzeilen ergoogeln wie "Gaza-Aktivisten" (die Terroristen auf den Schiffen letztes Jahr) oder auch "Israelische Armee tötet im Westjordanland sechs Hamas-Aktivisten". Damit ist die Sache wieder klar: Armee (böse) tötet Aktivisten (das sind die Leute mit dem guten Herzen und die fürs Gute sind).
Zitat von ZettelDas könnte gut der Fall sein, lieber F. Alfonzo. Ich habe eben einmal im Archiv des "Spiegel" nachgesehen: Bis Ende der sechziger Jahre kommt das Wort fast ausschließlich in seiner DDR-Bedeutung vor (die auch im übertragenen Sinn verwendet wird); im Lauf der siebziger Jahre erscheint die heutige Bedeutung.
Wie ich inzwischen herausgefunden habe, wurde es allerdings bereits bei der Entnazifizierung benutzt: Es gab die vier Kategorien "I. Hauptschuldige, etwa Angehörige der SS oder der Gestapo, II. Belastete wie NS-Aktivisten, III. Minderbelastete, IV. Mitläufer und V. Entlastete".
Den Aktivisten gab es in der DDR von Anfang an zweimal. Beide waren für die Propaganda unverzichtbar.
Da waren einmal die Aktivisten der sozialistischen Arbeit. Diese Auszeichnung war (sofern das im totalitären System möglich ist) politisch neutral. Mit dieser Medaille wurden Leute für fleißige Arbeit belohnt. Die Auszeichnungszeremonie war regelmäßig der Beweis für die „enge Verbundenheit“ usw.
Ebenso wichtig war der Volksentscheid über die entschädigungslose Enteignung der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten. Ein Gründungsmythos. Denn dabei haben die Menschen (so die propagandistische Darstellung) en passant der ewig währenden SED-Herrschaft ihre Zustimmung erteilt. Das klingt absurd, war auch absurd. Nichtsdestotrotz wurde es ständig wiederholt, wiederholt, wiederholt. Diese Krücke war notwendig um aufzuzeigen, dass die SED wenigstens einmal bei einer freien Wahl die Mehrheit der Stimmen bekam (die Landtagswahlen 1946 fielen dann nicht mehr so toll aus).
Auch heute sind Aktivisten aus der Propaganda nicht mehr wegzudenken. Google findet (Friedensaktivisten Bundeswehr Blockade -gaza -Arabischen -zionistischen) 5.000 mal. Im Mai haben die Genossen wieder mal ein paar Bundeswehrfahrzeuge in Brand gesteckt. Wie die Täter bestraft werden (gem. dem Grundsatz der durchgängigen Rechtsprechung genauso wie alle linken Brandstifter) wissen wir bereits. Aber mal angenommen (man wird ja wohl noch träumen dürfen), die Täter werden vor Gericht gestellt. Unter welcher Headline werden die Zeitungen berichten? - Mutmaßliche Brandstifter vor Gericht oder - Friedensaktivisten vor Gericht. Die Frage stellen heißt sie beantworten.
Dann ist mir noch was aufgefallen. Das Wort „Rechtsradikale“ hat in der heutigen Verwendung mit der ursprünglichen Bedeutung nichts mehr zu tun. Darunter werden heute alle Nichtlinken subsummiert, Google findet das Wort 2.670.000 mal, (Rechtsradikal Sarrazin) 186.000 mal. Aber „Naziaktivisten“ im heutigen Sprachgebrauch findet google ungefähr (je nach Ausschlusskriterien) 2.600 mal. Dieses Wort wird (soweit wie ich die Google-Treffer überflogen habe) für Leute verwendet, die man schon als politisch braune Aktivisten einschätzen würde.
Mir ist eben bei der BBC noch aufgefallen, dass das Wort "activist" im Englischen ja auch eine rege Verbreitung zu haben scheint in ähnlichen zusammenhängen. Könnte es sich eventuell um eine schlichte Übersetzung handelt? Es wäre ja nicht das erste Wort was so als fragwürdige Übersetzung den Weg in die deutsche Sprache gefunden hat.
edit:Entschuldigt, hatte nicht die komplette Diskussion verfolgt, daher nicht gesehen, dass die Idee schon vorher aufkam.
Zitat Momentan ist meine Assoziation eines Aktivisten noch ein friedlicher Mitbürger, aber vielleicht muss ich mich da demnächst umstellen.
Lieber Elmar, das finde ich eine interessante Äußerung. Bei mir sind die Assoziationen genau andersrum. Das Wort "Aktivist" ist mir zuerst bewußt aufgefallen im Zusammenhang mit Aktionen von Greenpeace und anderen "Friedens"- und Öko"bewegten". Und sehr schnell wurde deren zumindest recht entspanntes Verhältnis zur Gewaltanwendung (wenn die Gewalt denn von der "richtigen" Seite ausging) deutlich.
Im Straßenverkehr wird ja schnell "Nötigung" gerufen, wenn mal einer dicht auffährt oder gar die Lichhupe einsetzt. Dabei hat da der Vornewegfahrende ja zumindest noch die freie Wahl, ob er dem Drängeln nachgeben will. Blockadeaktionen sind ja typischerweise eher so gestaltet, daß es für den Blockierten keinerlei Wahlmöglichkeit mehr gibt. Und "schotternde" "Aktivisten", die sind auch nicht schlimm? Geht doch nur um einen Zug, der verunfallen soll... Und dazu noch ein Zug mit irgendwas mit Atomen als Ladung, das kann nun wirklich nicht schlimm sein... Daher bei mir immer der erste Eindruck Aktivist = Gewaltbereit, etwas überspitzt ausgedrückt, "Schmalspurterrorist"
Diese Diskussion ist für mich insofern bereichernd, als ich erkenne, daß es tatsächlich auch mal als Aktivisten bezeichnete Leute geben kann, die NICHT gewalttätig sind.
Für mich gibt es für die in D übliche Anwendung des Begriffes "Aktivist" eine naheliegende Erklärung. Und die hat weder mit den DDR-"Aktivisten" noch mit anderen Herleitungen etwas zu tun. Nein, viel einfacher.
Unsere Medienschaffenden und Nachrichtenmacher haben eine Agenda, und diese Agenda ist links. Thematisch umfaßt das ein breites Spektrum: Umweltthemen, Klimawandel, Energiewende, Islam, Kampf gegen Rechts, Quotenregelungen, u.v.a.m. Nun gibt es auch jede Menge linker Krimineller im weitesten Sinne, die je nachdem als Guerilleros gegen böse Diktatoren kämpfen, Raketen auf das böse Israel schießen, böse deutsche Polizisten oder Anti-Islam-Demonstranten verprügeln, den Christopher-Street-Day in sämtlichen Städten der Welt einführen, oder oder oder.
Man müßte diese Kriminellen nun in den Nachrichten und Zeitungsartikeln, wiederum je nach ihrer Tätigkeit, als Terroristen, Schläger, Linksextremisten, Kommunisten, Antisemiten, Freischärler, Politkriminelle oder als etwas anderes negativ Konnotiertes benennen. Aber die Medienmacher haben ja ihre Agenda, möchten ihre Brüder im Geiste keinesfalls so bloßstellen, und dafür lassen sie sich immer etwas einfallen. Immer.
Flugs wurde also aus allen diesen Gruppen, im Prinzip stets Kriminelle, der "Aktivist" destilliert. Und das tönt doch schon mal viel neutraler, ja beinahe positiv. Denn der Aktivist, so lernen wir, ist einer, der nicht nur ein schlechtes Gewissen schiebt (wie wir alle), sondern der auch etwas tut, um die Gesellschaft zu verbessern, einer, der aktiv wird. Und das ist doch allemal wünschenswert und legitim.
Ich hänge noch die Überlegung an, wie denn das den deutschen Journalisten beigebracht wird. Hat man ihnen das jemals in einem Kursus so explizit erklärt? Oh nein, mitnichten. Die Begriffsklärung läuft relativ unbewußt und automatisch ab. Jeder Neuling orientiert sich ja an der Wort- und Begriffswahl der Sprecher und Schreiber vor ihm. Er lernt ganz schnell, was "Aktivisten" sind - und daß man die konkreten Begriffe besser vermeidet. Ebenso lernt er ja auch, daß jede nicht-linke Demo, seien es katholische Abtreibungsgegner, Pax Europa oder die NPD, nichts anderes ist als ein "Aufmarsch der Rechtsextremen". Keine Demo - ein "Aufmarsch". Hat man das Schema einmal erkannt, so läßt sich trefflich über die Wortfindungsstrategien der Medienmacher räsonnieren. Der Teufel steckt da im Detail, der Teufel arbeitet subtil. Aber höchst wirksam.
Zitat von Thanatos(…) Ich hänge noch die Überlegung an, wie denn das den deutschen Journalisten beigebracht wird. Hat man ihnen das jemals in einem Kursus so explizit erklärt? Oh nein, mitnichten. Die Begriffsklärung läuft relativ unbewußt und automatisch ab. Jeder Neuling orientiert sich ja an der Wort- und Begriffswahl der Sprecher und Schreiber vor ihm. Er lernt ganz schnell, was "Aktivisten" sind - und daß man die konkreten Begriffe besser vermeidet. Ebenso lernt er ja auch, daß jede nicht-linke Demo, seien es katholische Abtreibungsgegner, Pax Europa oder die NPD, nichts anderes ist als ein "Aufmarsch der Rechtsextremen". Keine Demo - ein "Aufmarsch". Hat man das Schema einmal erkannt, so läßt sich trefflich über die Wortfindungsstrategien der Medienmacher räsonnieren. Der Teufel steckt da im Detail, der Teufel arbeitet subtil. Aber höchst wirksam.
Das liegt auch daran, dass die »Aktivisten« (a) eine sehr geschickte Bündnispolitik und (b) eine sehr erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Journalisten sind schnell im Kopieren und Abschreiben, sie stehen oft auch unter einem enormen Zeitdruck. So gelangen viele Formulierungen aus PR/Pressemitteilungen der »Aktivisten« direkt in die gedruckte Zeitung. Und dann wird munter weiterkopiert. Manchmal denke ich: wenn wir eine anständige (lokale) Zeitung ohne solche Nacheile haben wollten, müsste sie fast schon drei Euro pro Tag kosten.
Zitat Momentan ist meine Assoziation eines Aktivisten noch ein friedlicher Mitbürger, aber vielleicht muss ich mich da demnächst umstellen.
Lieber Elmar, das finde ich eine interessante Äußerung. Bei mir sind die Assoziationen genau andersrum. Das Wort "Aktivist" ist mir zuerst bewußt aufgefallen im Zusammenhang mit Aktionen von Greenpeace und anderen "Friedens"- und Öko"bewegten". Und sehr schnell wurde deren zumindest recht entspanntes Verhältnis zur Gewaltanwendung (wenn die Gewalt denn von der "richtigen" Seite ausging) deutlich.
Im Straßenverkehr wird ja schnell "Nötigung" gerufen, wenn mal einer dicht auffährt oder gar die Lichhupe einsetzt. Dabei hat da der Vornewegfahrende ja zumindest noch die freie Wahl, ob er dem Drängeln nachgeben will. Blockadeaktionen sind ja typischerweise eher so gestaltet, daß es für den Blockierten keinerlei Wahlmöglichkeit mehr gibt. Und "schotternde" "Aktivisten", die sind auch nicht schlimm? Geht doch nur um einen Zug, der verunfallen soll... Und dazu noch ein Zug mit irgendwas mit Atomen als Ladung, das kann nun wirklich nicht schlimm sein... Daher bei mir immer der erste Eindruck Aktivist = Gewaltbereit, etwas überspitzt ausgedrückt, "Schmalspurterrorist"
Diese Diskussion ist für mich insofern bereichernd, als ich erkenne, daß es tatsächlich auch mal als Aktivisten bezeichnete Leute geben kann, die NICHT gewalttätig sind.
Gruß, H_W
Meine Einschätzung von Aktivist ist wohl eher im Sinn von "sich aktiv für eine Sache einsetzen" geprägt worden, z.B. Umweltschutz, NGOs etc. allerdings immer die gewaltfreie Version. Gewalt ging dann immer von Chaoten, Hooligans, Randalieren, usw. aus. Der eigentliche Aktivist war immer ein eher neutraler Teilnehmer.
Mittlerweile verschiebt sich das in dieser Richtung: Gewaltfrei -> Gewalt akzeptieren -> Gewaltbereit -> Gewalttätig
Bisher war ich bei "Gewalt akzeptieren" angekommen aber die letzten Monate haben eher einen gewaltbereiten Aktivisten gezeigt. Vielleicht ist unsere unterschiedliche Einschätzung ein rein zeitlicher Unterschied der ursprünglichen persönlichen Prägung des Begriffs.
-------------------------- Zum Thema woher der Begriff Aktivist kommt:
Zitat von ElmarVielleicht ist unsere unterschiedliche Einschätzung ein rein zeitlicher Unterschied der ursprünglichen persönlichen Prägung des Begriffs.
Lieber Elmar, das scheint mir eine durchaus plausible Erlärung zu sein.
Wie gesagt, mein erstes Aufmerksamwerden auf den Begriff des Aktivisten liegt nun schon einige Jahrzehnte zurück. Vielleicht gab es auch bei mir eine Zeit, in der ich den als Aktivisten bezeichneten Leuten deren Anspruch gewaltfernstehend zu sein abgenommen habe. Das kann dann aber nur sehr kurz gewesen sein, da die Praxis immer wieder Einzelfälle zeigte, die diesem Anspruch zuwiderliefen.
Somit kam für mich sehr schnell der Automatismus "Aktivist= mindestens Nötiger, oft auch schlimmer" zustande.
Daß die Linksgrün_Innenszene den Begriff gern als positiv besetzt behauptet, ist für mich kein Beweis, daß das tatsächlich positiv ist. Genau genommen, bewirkt es bei mir eher das Gegenteil, es verfestigt die negativen Assoziationen.
An vielen Stellen d'accord, was den Zweck der Verwendung des Begriffs Aktivist angeht. Erinnert mich an meinen Deutschunterricht, wo der Lehrer sich darüber mokiert hat, dass die Presse liebe Punks als Autonome verunglimpft und Stimmung zu machen. Inhaltlich hat mich das etwas verwundert, weil der Begriff ja recht niedlich und freundlich verwendet worden ist und wie Aktivist etwas freiheitlich positiv Engagiertes vermittelt hat, gerade verglichen mit, wie über andere z.B. CDUler berichtet worden ist. Habs damals trotzdem gefressen. Die böse konservative Presse (wie heute, ist ja nicht so lang her) in Deutschland verbreitet nur üble Stimmungsmache und man müsse kritisch lesen. Hör das heute noch oft von Leuten, dass die Zeitungen nicht vertrauenswürdig sind, da fest in rechter CDU/CSU-Hand. Verwundert mich zwar, aber bei so Leuten kann man nichts mehr mit Argumenten und Fakten machen.
Was den erwähnten Christopher-Street-Day angeht, so ist der aus Sicht linker Aktivisten ein konsumorientiertes neoliberal geprägtes Kommerzspektakel für unsoziale Mainstream-Schwule, die möglicherweise sogar Deutschland mögen. Nicht umsonst gibt es vereinzelt alternative CSDs.
Ja, geschätzter Thanatos, das geht auf jeden Fall in die richtige Richtung.
Aus meiner Sicht hat das aber noch einen etwas anderen Spin. Viele Linke vertreten ein, so würde ich es nennen, "aktivistisches" Demokratieverständnis. Dort hat dessen Stimme mehr Gewicht, der, aus welchen Gründen auch immer, mehr Zeit, mehr Lust, mehr Ressourcen hat, sich persönlich aktiv für eine Sache einzusetzen, als die vielen eher Desinteressierten oder anderweitig Beschäftigten. Deutlich wird das in der hervorgehobenen Stellung von Demonstrationen. Diese nehmen in der öffentlichen Berichterstattung einen ebenso dominanten wie eigentlich anachronistischen Platz ein, denn heutzutage gibt es natürlich viel mehr und sinnvollere Möglichkeiten, abweichende Meinungen zu verbreiten, als auf eine Straße zu laufen und dort Parolen zu skandieren oder Transparente mit Slogans in die Luft zu halten. Demonstrationen verdienen diesen besonderen Platz, weil sie - eben durch die "Aktivisten" - physisch wirken. Es kommt zu Blockaden, Plünderungen und Gewalttaten. NIcht immer, aber ähnlich wie bei der Formel 1 die Vorfreude auf den nächsten brennenden Rennwagen, trägt die voyeuristische Lust an Ausschreitungen zur Attraktivität von Demonstrationen bei. Wie auch die Anreize: Wer einfach nur friedlich durch die Gegend läuft, ist aus Sicht der Medien langweilig. Dessen Meinung kann getrost ignoriert werden. Wer aber ein wenig kriminell wird, der hat gute Chancen, dass die Meinung, die er gerne in die Welt setzen möchte, von Tagesschau & Co. gerne aufgegriffen wird. Der "Aktivist" ist also immer einer, der etwas mehr tut als die anderen, und der damit auch Erfolg hat.
Ähnlich bei den Quoren für Volksabstimmungen. Warum empört es manche Freunde der direkten Demokratie, wenn man Quoren verlangt? Weil dann die Stimme der "Aktivisten" an Mehrwert gegenüber der Stimme der Masse verliert, für die man gerne spricht, deren Beharrungswillen man aber verachtet.
Kurz: "Aktivisten" im Sprech des heutigen Medien-Deutschland sind vielleicht bessere, auf jeden Fall aber wichtigere Menschen, weil sie ihre Aktivität auf das Feld öffentlichkeitswirksamer Politik verlagert haben. Im Gegensatz zu der Art "Aktivisten", die - wie hier schön beschrieben - im DDR-Sprachgebrauch weit verbreitet waren, also denen, die ihre ganze Kraft dafür einsetzen, sich und ihrer Familie durch Arbeit oder unternehmerisches Schaffen ein besseres Leben zu ermöglichen.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
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