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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 958 mal aufgerufen
 Pro und Contra
C. Offline




Beiträge: 2.639

14.01.2007 01:34
Zu:Mündige Bürger? Vollmundige, jedenfalls Antworten
Was Deutschland auszeichnet, lieber Sparrowhawk, das ist meines Erachtens eine große Neigung, zu meckern, statt zu handel.

Und das liegt wohl an der Untertanen-Mentalität, die bis 1919 bestand, die zwischen 1933 und 1945 bestand, und die in der DDR bis 1989 bestand.


Da bin ich ja dann doch etwas verblüfft oder hältst Du Untertanen-Mentalität für genetisch bedingt? Vielleicht ist es etwas missverständlich ausgedrückt, aber, wenn ich den obigen Satz richtig verstehe, war die jahrtausendealte Untertanenementalität schwuppdiwupp 1919 weg, um plötzlich und unerwartet 1933 wie Phönix aus der Asche wieder aufzusteigen, um sich wieder in Luft auszulösen, in der Bundesrepublik zumindest, mit nicht näher begründeter Verspätung dann auch in der Ostzone.

Nicht die Mentalität bestand oder besteht, sondern die Repression. Schiller flüchtete deswegen nach Oggersheim, vor 1919, Büchner schrieb im Hessischen Landboten:

In Antwort auf:
Vorbericht
Dieses Blatt soll dem hessischen Lande die Wahrheit melden, aber wer die Wahrheit sagt, wird gehenkt, ja sogar der, welcher die Wahrheit liest, wird durch meineidige Richter vielleicht gestraft. Darum haben die, welchen dies Blatt zukommt, folgendes zu beobachten:

Sie müssen das Blatt sorgfältig außerhalb ihres Hauses vor der Polizei verwahren;

sie dürfen es nur an treue Freunde mitteilen;

denen, welche sie nicht trauen, wie sich selbst, dürfen sie es nur heimlich hinterlegen;

würde das Blatt dennoch bei Einem gefunden, der es gelesen hat, so muß er gestehen, daß er es eben dem Kreisrat habe bringen wollen;

wer das Blatt nicht gelesen hat, wenn man es bei ihm findet, der ist natürlich ohne Schuld.


http://gutenberg.spiegel.de/buechner/landbote/landbote.htm


In Antwort auf:
Bürger, auf die Barrikaden !Deutschland auf dem Weg zu einer westlichen DDR


schreibt Arnulf Baring, dafür vielgescholten, um später fortzuführen:


In Antwort auf:
Dieser Umgang mit dem Staatsvolk erbost. Wofür halten uns die Leute, die uns repräsentieren? Selbst Unmündige darf man nicht hinters Licht führen.


http://nickelklaus.de/baring.htm

Roman Herzog, auch nicht völlig bildungsfern und noch weniger als Meckerer bekannt in der Welt, allerdings mit Blick auf die EU:

In Antwort auf:
Es stellt sich die Frage, ob man die Bundesrepublik Deutschland überhaupt noch uneingeschränkt als parlamentarische Demokratie bezeichnen kann“, heißt es in einem Beitrag, den Herzog als Kuratoriumsmitglied des Centrums für Europäische Politik (CEP) gemeinsam mit dem CEP-Direktor Lüder Gerken für die „Welt am Sonntag“ geschrieben hat. Die Politik der Europäischen Union „leidet in besorgniserregender Weise unter einem Demokratiedefizit und einer faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung“, schreiben Herzog und Gerken in der „Welt am Sontag“. Der Bundestag sei in die für Deutschland relevante EU-Gesetzgebung nicht so eingebunden, wie es das Grundgesetz für das deutsche Parlament verlange.


http://www.welt.de/data/2007/01/13/1176142.html

Eine unheilige Allianz von Selbstdarstellern in Politik, Wirtschaft und Medien maßt sich die Deutungshoheit über die Demokratie an, die ohne die Bevölkerung stattfindet, die lediglich deswegen noch nicht abgeschafft wurde, weil irgendjemand dieses bunte Treiben alimentieren muss, aber ansonsten nur als störend wahrgenommen wird und die Möglichkeiten weitestgehend beschnitten sind.

Nicht meckern, sondern handeln, als wäre es nicht Handeln genug, wenn ein Drittel der Bevölkerung aka sozialversicherungspflichtige Beschäftigte für zwei Drittel aufkommen, Tendenz fallend und sich dafür auch noch beleidigen und gängeln lassen muss.

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

14.01.2007 15:07
#2 RE: Zu:Mündige Bürger? Vollmundige, jedenfalls Antworten

"Eine unheilige Allianz von Selbstdarstellern in Politik, Wirtschaft und Medien maßt sich die Deutungshoheit über die Demokratie an, die ohne die Bevölkerung stattfindet, die lediglich deswegen noch nicht abgeschafft wurde, weil irgendjemand dieses bunte Treiben alimentieren muss, aber ansonsten nur als störend wahrgenommen wird und die Möglichkeiten weitestgehend beschnitten sind."


So ist es.


"Nicht meckern, sondern handeln,"

Die Frage ist, wie... das Volk hat die Möglichkeit, politisch zu handeln nicht...
wie denn auch,wenn es stets übergangen wird oder wenn mal Bürgerbegehren eingebracht werden, diese, wie weiland in Berlin, nach Gutsherrenart weggebügelt werden.


Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.01.2007 20:15
#3 RE: Zu:Mündige Bürger? Vollmundige, jedenfalls Antworten

Dear C.,

Zitat von C.
Was Deutschland auszeichnet, lieber Sparrowhawk, das ist meines Erachtens eine große Neigung, zu meckern, statt zu handel. Und das liegt wohl an der Untertanen-Mentalität, die bis 1919 bestand, die zwischen 1933 und 1945 bestand, und die in der DDR bis 1989 bestand.

Da bin ich ja dann doch etwas verblüfft oder hältst Du Untertanen-Mentalität für genetisch bedingt? Vielleicht ist es etwas missverständlich ausgedrückt, aber, wenn ich den obigen Satz richtig verstehe, war die jahrtausendealte Untertanenementalität schwuppdiwupp 1919 weg, um plötzlich und unerwartet 1933 wie Phönix aus der Asche wieder aufzusteigen, um sich wieder in Luft auszulösen, in der Bundesrepublik zumindest, mit nicht näher begründeter Verspätung dann auch in der Ostzone.

Deine Kritik ist berechtigt, das war sehr lasch von mir formuliert gewesen. Also, jetzt a bisser klarer gesagt: Es gibt diese Mentalität, die in Jahrhunderten gewachsen ist. Zweitens gab es Zeiten, in denen sie von den Umständen befördert, durch sie gefestigt wurde. Das sind (für das Zwanzigste Jahrhundert) die Zeiten, die ich aufgezählt habe.

Und es gab und gibt Perioden - die der Weimarer Republik, die der Bundesrepublik -, in denen sich diese Mentalität eher abgemildert hat. Verschwunden ist sie freilich auch in der heutigen Bundesrepublik nicht; das war ja der Hauptpunkt meiner Antwort auf Sparrowhawk.
In Antwort auf:
Nicht die Mentalität bestand oder besteht, sondern die Repression. Schiller flüchtete deswegen nach Oggersheim, vor 1919, Büchner schrieb im Hessischen Landboten ...

Naja, das war natürlich eine Wechselwirkung zwischen Mentalität und Repression. Das eine ermöglichte das andere.

Übrigens wäre auch darüber nachzudenken, ob nicht eine vergleichsweise geringe Unterdrückung diese Untertanenmentalität gefördert haben könnte.

Preußen war im 18. Jahrhundert ein ungewöhnlich rechtsstaatliches Staatswesen; der Adel lebte bescheidener als zB in den süddeutschen Ländern. Gerade das dürfte den Typus des "treuen Untertanen" gefördert haben. Der auch noch, wenn er Revolution machen will, zu seinem König fährt und ihn bittet, sich doch vielleicht zu überlegen, ob er nicht beim Revoltieren mitmachen will.

Daß die Revoluzzer, die du erwähnst, gerade Süddeutsche waren (wie ihr großes Vorbild Schubart), könnte schon etwas damit zu tun gehabt haben, daß dort die Unterdrückung härter war als in Preußen; und eben auch der Lebensstil der Duodez-Fürsten aufwendiger.
In Antwort auf:
Roman Herzog, auch nicht völlig bildungsfern und noch weniger als Meckerer bekannt in der Welt, allerdings mit Blick auf die EU:
In Antwort auf:
Es stellt sich die Frage, ob man die Bundesrepublik Deutschland überhaupt noch uneingeschränkt als parlamentarische Demokratie bezeichnen kann

Eine unheilige Allianz von Selbstdarstellern in Politik, Wirtschaft und Medien maßt sich die Deutungshoheit über die Demokratie an, die ohne die Bevölkerung stattfindet, die lediglich deswegen noch nicht abgeschafft wurde, weil irgendjemand dieses bunte Treiben alimentieren muss, aber ansonsten nur als störend wahrgenommen wird und die Möglichkeiten weitestgehend beschnitten sind.



Mag sein, daß das stimmt, was du als deine eigene Meinung schreibst (ich bin, wie du weißt, nicht dieser Meinung). Aber Herzog kannst du dafür nicht als Zeugen anführen. Das Zitat bezieht sich nämlich nicht auf die innere Situation, die du ansprichst, sondern ausschließlich auf die Übertragung von Kompetenzen auf europäische Institutionen und Behörden. Hier ist der vollständige Beitrag von Herzog und Gerken. Sehr interessant, also danke für den Hinweis!
In Antwort auf:
Nicht meckern, sondern handeln, als wäre es nicht Handeln genug, wenn ein Drittel der Bevölkerung aka sozialversicherungspflichtige Beschäftigte für zwei Drittel aufkommen, Tendenz fallend und sich dafür auch noch beleidigen und gängeln lassen muss.

Da sind wir derselben Meinung. Nur ging es ja in der Diskussion mit Sparrowhawk, die du kommentierst, um politisches Handeln.

Zum politischen Handeln haben alle Bürger, die das wollen, jede Möglichkeit. Deshalb kann ich eben Sparrowhawks Beschreibung der Zustände in unserem Land nicht nur nicht nachvollziehen, sondern ich kann sie noch nicht einmal verstehen. Wir leben in einem freien Land, und ich halte es für nachgerade absurd, irgendwelche Ähnlichkeiten mit Ländern wie China zu behaupten.

Herzlich, Zettel




C. Offline




Beiträge: 2.639

16.01.2007 00:51
#4 RE: Zu:Mündige Bürger? Vollmundige, jedenfalls Antworten
In Antwort auf:
Zum politischen Handeln haben alle Bürger, die das wollen, jede Möglichkeit.


Wer will denn sowas?

Spaß beiseite, de iure hast Du recht, de facto, naja, da gibt es schon eine Reihe von Einschränkungen, die "jede" Möglichkeit ausschließen. Sicherlich kann ich mich mit etwas Aufwand und Eigenengagement dafür einsetzen, dass nach drei Jahren harter Überzeugungsarbeit ein Radweg so weit ausgebessert wird, dass er wieder nutzbar ist, wenn er nicht gerade zum Hundeausführen zweckentfremdet wird, Schnuffi darf nämlich nicht aufs Trottoir scheissen. Darüber hinaus wird es aber schwer und man muss schon eine hohe Frustrationstoleranz besitzen um sich das Ränkespiel eines banalen Ortsvereins zuzumuten, nicht umsonst sind die Mitgliedszahlen in Parteien und Gewerkschaften stark rückläufig. Vielleicht ein Kennzeichen eines freien Landes, wenn es auch ohne Parteibuch geht und auch ein Kennzeichen von Mündigkeit, womit ich jetzt galant die Kurve zu Deinem Ausgangspunkt bekomme und zu unserem gemeinsamen Hobby, der Demoskopie zurückkehre.

Nicht der treu antwortende Bürger hat die Prügel verdient, sondern die Forschungsgruppe Wahlen und vor allen Dingen Das ZDF für Auswahl der Fragen und der Veröffentlichung des Ergebnisses. Die grassierende Umfrageritis ist die Vorspiegelung einer Pseudodemokratie mit stark manipulativem Charakter. Auch nicht unbedingt komplexe Sachverhalte werden in unzulässiger Weise verkürzt, in der Regel emotional berührend, vorgetragen, wohingegen das Ergebnis je nach Gusto aufgeblasen wird, um Handlungsbedarf zu signalisieren. Das ZDF-Politbarometer ist ein Unterhaltungsformat und Bettina Schausten, die den Unsinn mit unerschütterlich ernster Miene vorträgt meine Topkandidatin für den deutschen Comedy-Preis 2007. Da war man in der Vorzeit schon weiter:

Kräht der Hahn auf'm Mist, ändert sich's Wetter oder es bleibt wie's ist!

Und das ganze ohne Mojib Latif:

- Kräht der Hahn heut' auf dem Huhn, hat das mit Wetter nix zu tun.

Witzig , witzig , jetzt wird es aber etwas seriöser mit BamS, bildblog und Nachdenkseiten

Mehrheit der Deutschen für Atomkraft



Wie im Wetterbeispiel haben alle Unrecht, da sich alle drei mit den ungefragten Fragen kaprizieren.

Im Bundeswirtschaftsministerium wird die Stimmung in der Bevölkerung registriert. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) zu BamS:

„Wir müssen für Deutschland auf dem Energiesektor für Versorgungssicherheit sorgen. Dabei wird in Zukunft die Kernkraft unverzichtbar sein.


Das mag zwar so sein, hat aber nix mit der Umfrage zu tun, gelle

 Sprung  



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