Als ich am Samstag die ersten Meldungen zu dieser Preisverleihung las, hatte ich erwogen, das zu kommentieren; aber dann hatten erst einmal andere Artikel den Vorrang. Ich dachte danach eigentlich, das Thema werde schnell "durch" sein und ich könnte nichts schreiben, was nicht inzwischen auch schon anderswo zu lesen ist.
Jetzt habe ich aber festgestellt, daß der Verein "Werkstatt Deutschland" samt der Quadriga gGmbH doch eine nähere Betrachtung wert sind. Und das Kuratorium, das den Preis an Putin verliehen hat.
Wenn ein langjäriger KGB-Agent, 6 Jahre davon in Deutschland, einen Preis für seine Vorbildwirkung bekommt, finde ich es erwähnenswert, dass der zweite Vorsitzende Lothar de Maiziere IM war und ein enger Freund Gregor Gysis ist. Und der Beisitzer Richard Schroeder ist außerdem Vorsitzender der Stasi-Unterlagenbehörde und hatte mit dem neuen Chef derselben, Roland Jahn, einen Streit um die Versetzung von 47 ehemaligen IM, die eine von ihm zuvor so noch nicht geäußerte Sicht auf Stasi-Agenten offenbarte. http://m.welt.de/article.do?id=%252Fprin...queme-Mann.html
Richtig interessant ist für mich: Wer hält die Laudatio? Gibt es in Deutschland jemanden der sich das traut? Hoffentlich lässt er seinen Hund zu Hause.
Dass Richard Schröder an dieser Entscheidung beteiligt war, ist nach Zettels Recherche wohl eher unwahrscheinlich. Seine Rolle im Streit um die ehemaligen IM in der Stasi-Unterlagenbehörde wird an der genannten Stelle m.E. völlig verkürzt wiedergegeben.
Zitat von Spiegel"Seit Ihrem Amtsantritt ist die Beschäftigung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter in der Behörde das wichtigste Thema geworden, das derzeit mit der Behörde verbunden wird", schrieb Schröder. "Dies ist ausgesprochen misslich und schädlich für die Aufgabe der Aufarbeitung der SED-Diktatur."
Die in der Behörde beschäftigten ehemaligen Stasi-Mitarbeiter hätten sich, so Schröder weiter, "in den letzten zwanzig Jahren nichts zuschulden kommen lassen, sie waren loyal. Wenn sie jetzt trotzdem gegen ihren Willen aus der Behörde entfernt werden sollen, ist das schon wieder symbolische Politik auf dem Rücken Unschuldiger, wie wir sie in der DDR massenhaft erlebt haben. Wir müssen sehr aufpassen, dass wir unserem Gegner nicht - mit anderem Vorzeichen, versteht sich - ähnlich werden".
Man muss ja diese Beurteilung nicht teilen, nachvollziehbar ist sie m.E. schon. Im übrigen hat bereits Joachim Gauck in seinen Lebenserinnerungen darüber geschrieben, dass und warum seinerzeit einige Mitarbeiter von der Stasi übernommen worden sind.
Für die persönliche Integrität Richard Schröders, dem ich als einem meiner theologischen und philosophischen Lehrer viel verdanke, würde ich jederzeit meine Hand ins Feuer legen.
Bis zu den besagten Äußerungen habe ich jeden, von ihm verfassten Essay mit Interesse gelesen und lehrreich waren sie allemal. Die persönliche Integrität von Richard Schröder stelle ich wegen des BStU-Streits auch nicht in Frage. Aber was mich früher beeindruckt hatte, war seine analytische Schärfe und sein Urteilsvermögen. Dies ist enttäuscht worden. Ich erspare mir drastische Beschreibungen von Schicksalen nur um die Deplaziertheit des Wortes "Unschuldiger" zu verdeutlichen, selbst wenn es im juristischen Sinn zutrifft. Es gibt wohl in Deutschland nicht einen Mitarbeiter des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit das nicht ein Mass an Fairness geniesst, dass es in der DDR keinem ausserhalb seiner Firma zugestanden hätte. Das Spiegel-Zitat ändert für mich gar nichts, ich hätte es auch genommen. Trotzdem respektiere ich unterschiedliche Perspektiven. Die Umweltbibliothek bei der ich mitarbeitete und die ich in einem anderen Zusammenhang schon erwähnte, verdankt ihrerseits, und ich damit auch, Roland Jahn eine Menge. Wie die gesamte Oppositionsbewegung in der ehemaligen DDR. Sein Einsatz war mit einem hohen persönlichen Risiko, für Leib und Leben, verbunden. MfG Erling Plaethe
Noch begrüßenswerter wäre es allerdings gewesen, wenn er das in der betreffenden Sitzung getan hätte oder unmittelbar danach. Statt erst jetzt, wo die Kritik wächst.
Als ich am Wochenende darüber nachgedacht hatte, zu dem Thema etwas zu schreiben, hatte ich erwogen, Özdemir in den Mittelpunkt zu stellen: Erst hat er nicht mit "nein" gestimmt, sondern sich enthalten. Dann hat er öffentlich erklärt, daß er nicht einverstanden gewesen sei.
So benimmt man sich normalerweise nicht als Mitglied einer Jury. Entweder trägt man deren Entscheidungen nach außen mit, auch wenn man in Diskussion und Abstimmung dagegen gewesen war. Oder man kann das nicht - dann gebietet es der Anstand, zugleich mit der öffentlichen Kritik an der betreffenden Jury diese zu verlassen.
Kurioserweise wundert sich Michael Sontheimer darüber, daß es auf der Linken keinen Widerspruch gegen diese Preisverleihung gegeben hat. Ja, warum sollten denn Linke etwas gegen Putin haben?
immerhin. Damit die BRD weiterhin glaubwürdig bleibt, sollte man nunmehr das Quadriga-Kuratorium auflösen und die Mitarbeiter dem Arbeitsmarkt zu Verfügung stellen. Die Wirtschaft sucht nämlich händeringend Schuhputzer und Bauarbeiter.
Zitat von ZettelJetzt habe ich aber festgestellt, daß der Verein "Werkstatt Deutschland" samt der Quadriga gGmbH doch eine nähere Betrachtung wert sind. Und das Kuratorium, das den Preis an Putin verliehen hat.
Allmählich scheinen sich Journalisten mit den Hintergründen und Entscheidungsabläufen zu befassen; so Stefan Tomik in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" dieses Wochenendes.
Nach seinem Bericht gab es zu der Entscheidung für Putin einen langen Vorlauf, und man hat sogar ein externes Beratungsunternehmen hinzugezogen, "um die Wirkung auf die Öffentlichkeit abzuschätzen".
Es hat offenbar keine besonders gute Arbeit geleistet.
Immer noch dubios erscheint mir der Hintergrund dieses Vereins mit irgendwie angeschlossener gGmbH; miteinander verknüpft durch die Doppelvorsitzende Marie-Luise Weinberger. In Michael Sontheimers Bericht wird "Quadriga" als "aus dem Verein Werkstatt Deutschland hervorgegangen" bezeichnet. In den anfänglichen Berichten hieß es - und ich habe das auch so übernommen -, daß dieser Verein den Quadriga-Preis verleihe. Inzwischen frage ich mich, ob es diesen Verein überhaupt noch gibt.
Putin jedenfalls dürfte not amused sein. Dienstag kommt er nach Deutschland, nach Hannover. In Stratfor hat gerade George Friedman in einem Video ein Bild von Putin gezeichnet - ein kraftstrotzender, erfolgreicher Politiker, der es fertiggebracht hat, Osteuropa wieder unter russischen Einfluß zu bringen und der nach allen seinen Erfolgen jetzt auch großzügig sein könne. Man wird sehen.
Zitat von ZettelAllmählich scheinen sich Journalisten mit den Hintergründen und Entscheidungsabläufen zu befassen; so Stefan Tomik in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" dieses Wochenendes.
Tomik schreibt in dem Artikel, daß Putin demnächst nach Hannover komme. Ich habe das von ihm übernommen und, glaube ich, irgendwo erwähnt.
Und wo habe ich gelesen, wie es in Wahrheit ist, nämlich daß Medwedew kommt? In der New York Times. Dort wird man noch immer über deutsche Themen oft besser informiert als durch die deutschen Medien; vor allem, seit Nicolas Kulish der Berliner Korrespondent ist.
In der New York Times ist der Quadriga-Skandal im Augenblick eines der Themen, auf die auf der Titelseite verwiesen wird. In dem Artikel von Kulish - detailliert, objektiv und kenntnisreich, wie man es von ihm kennt - wird erwähnt, worauf auch Stratfor immer wieder eingeht: Die wachsende deutsche Abhängigkeit von Rußland:
Zitat Germany is particularly sensitive about its relationship with Russia. The two countries have significant trade and economic ties, and Germany is dependent on Russian natural gas for its energy needs — all the more as it phases out nuclear energy after the disaster in Japan. The war of words over the Quadriga prize comes at an awkward moment, with the Russian president, Dmitri A. Medvedev, arriving in Germany next week to meet with Mrs. Merkel in Hanover.
Unter den Aspekten des Falls, auf die ich erst durch den Artikel von Kulish aufmerksam geworden bin, ist auch derjenige der Präsidentschaftswahl im kommenden März. Kulish zitiert den deutschen Rußland-Experten Hans-Henning Schröder, der fragt, ob das Kuratorium gewußte habe, was es tat, als es einen der Kandidaten unterstützte.
Möglicherweise war man sich dessen nicht bewußt, sondern dachte realistisch: Putin ist und bleibt der Führer Rußlands, ob er sich nun der Formalität einer Wahl zum Staatspräsidenten unterzieht oder nicht.
Hinter dem einen (Putin) Skandal verbirgt sich übrigens noch ein anderer. Wie ich bei Deutsche Werte: Was macht Salam Fayyad zum “Vorbild für Deutschland”? » tw_24:blog lesen konnte (eine unabhängige Bestätigung dafür habe ich nicht gefunden - ich hab da mal angefragt) ist neben Putin auch der palarabische Ministerpräsident Salam Fayyad nominiert worden.
Boris Tadić, Peter Gabriel, Jimmy Wales und Pater Eckart Höfling, Gerhard Schröder, Aicha El-Wafi, Phyllis Rodriguez, Der Spiegel, I. M. Silvia Königin von Schweden, Viktor Juschtschenko, Shimon Peres, Dr. Ricardo Illy, Florian Henckel von Donnersmarck, Sebastian Koch und Ulrich Mühe, Dr. Helmut Kohl, Sir Timothy Berners-Lee, S.H. der Aga Khan, Catherine McCartney, Claire McCartney, Donna McCartney, Gemma McMahon, Paula Arnold und Bridgeen Hagans,Recep Tayyip Erdogan, Eric-Emmanuel Schmitt, Prof. Thomas Quasthoff, Šimon Pánek und S.E. Hamid Karzai
Mein Vorschlag: Alle Preise abschaffen (vor allem Selbstbeweihräucherung im GEZ-Fernsehen und dann die Kabarett/Comedy-Orden) In Aachen gibt es allein drei: Tierischer Ernst (Guttenberg z.B.), Karlspreis und Friedenspreis (damit wurde der Judenhasser Herrmann, der vor dem Kölner Dom eine Dauer-Anti-Israel-Demo durchführt geehrt.
Bundespräsident Köhler hat in Osnabrück den lokalen Friedenspreis dem schwedischen antisemitischen Krimiautor Mankell überreicht, der sich dann mit einer Anti-Bundeswehr-in-Afghanistan-Philippika "bedankte". Köhler schwieg dazu..
Oettinger und Palmer (Grüner OB Tübingen) besorgten der überzeugten Kommunistin Felicia Langer das Bundesverdienstkreuz...
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